Der derzeitige Stand der Diskussion zur Frage der Haftung für fremde Inhalte infolge der Setzung eines Links

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  • vom 17.03.2000
  • Sonstiges: Artikel "Linken auf Nummer sicher" für die Initiative Freedom For Links
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Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Stadler im Jahre 1999 für die Initiative Freedom For Links verfaßt und dort unter dem Titel "Linken auf Nummer sicher" veröffentlicht.

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Das Verfahren Steinhöfel ./. Best hat in der Netzgemeinde zu großer Verunsicherung geführt. Es herrscht teilweise die Vorstellung vor, derjenige, der einen Hyperlink setzt, würde unbeschränkt für die Inhalte auf der fremden Seite haften.

Ziel dieses Beitrags ist es, die Haftung für Links, oder besser gesagt die Haftung für fremde Inhalte, anhand des Teledienstegesetzes (TDG) zu erläutern, um vorhandene Mißvertändnisse und Fehlvorstellungen aufzuklären.

Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung des § 5 TDG eine Haftungsprivilegierung eingeführt, die auch für Links gilt.

Die Haftungsgrundlage ergibt sich zunächst aus den allgemeinen Gesetzen, also für privatrechtliche Ansprüche regelmäßig aus dem BGB, für die strafrechtliche Verantwortlichkeit aus dem StGB.

Diese Regelungen für die zivilrechtliche bzw. strafrechtliche Verantwortlichkeit werden durch die Vorschrift des § 5 TDG modifiziert.

Die Regelung des § 5 TDG unterscheidet 3 Fallgruppen:

1. Für eigene Inhalte haftet der Dienstanbieter voll nach den allgemeinen Gesetzen (§ 5 I TDG). Für Webseiten bedeutet dies, daß der Betreiber der Site für seine Inhalte voll verantwortlich ist.

2. Für fremde Inhalte die der Diensteanbieter zur Nutzung bereithält, ist er nur dann verantwortlich, wenn er von diesen Inhalten positive Kenntnis hat und es ihm technisch möglich und zumutbar ist, die Nutzung zu verhindern (§ 5 II TDG) Diese Vorschrift meint vor allem den sogenannten Host-Provider der Webspace vermietet und deshalb die Inhalte seiner Kunden auf seinem Server bereithält.

3. Für fremde Inhalte zu denen der Dienstanbieter lediglich den Zugang zur Nutzung vermittelt, ist er nicht verantwortlich (§ 5 III 1 TDG) Diese Regelung bezieht sich vor allem auf den sogenannten Accessprovider.

Gleichgestellt ist eine automatische und kurzzeitige Vorhaltung fremder Inhalte aufgrund Nutzerabfrage (§ 5 III 2 TDG). Diese Ergänzung betrifft vor allem die Problematik der Proxyserver und Caches. Der Gesetzgeber wollte damit klarstellen, daß der Provider auch im Falle der vorübergehenden Bereithaltung fremder Inhalte auf dem eigenen Proxyserver nicht haftet.

Unter welche dieser Regelungen der Hyperlink zu fassen ist, ist noch nicht endgültig geklärt.

Die überwiegende Auffassung geht dahin, den Link grundsätzlich als Zugangsvermittlung im Sinne von § 5 III TDG zu verstehen, was bedeutet, daß eine Verantwortlichkeit für die fremden Inhalte auf die verlinkt wird, grundsätzlich nicht gegeben ist.

Eine Ausnahme wird aber dann gemacht, wenn bewußt und gewollt auf rechtswidrige bzw. strafbare Inhalte verlinkt wird. In diesen Fällen wird dann, sofern sich aus dem Kontext ableiten läßt, daß man den fremden Inhalt wie einen eigenen wiedergibt, davon ausgegangen, daß man sich den fremden Inhalt zu eigen gemacht hat und deshalb nach § 5 I TDG wie für eigene Inhalte vollumfänglich haftet.

Diese Argumentation liegt auch dem erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts Hamburg in der Sache Steinhöfel ./. Best zugrunde, auch wenn das Landgericht nicht auf § 5 TDG Bezug nimmt, weil es diese Norm offensichtlich nicht gesehen hat.

Nach den Informationen von Rechtsanwalt Dr. Gießler neigte das OLG Hamburg in der mündlichen Berufungsverhandlung ebenfalls dieser Auffassung zu.

Eine andere Auffassung geht davon aus, daß derjenige, der Links setzt, grundsätzlich nach § 5 II TDG haftet. Dies bedeutet, daß eine Haftung für einen Link nur in Frage kommt, wenn der Linkende von dem fremden rechtswidrigen Inhalt positive Kenntnis hat.

Beide Auffassungen setzen also für eine Haftung des Linkenden zumindest eine positive Kenntnis von den rechtswidrigen fremden Inhalten voraus, fahrlässige Unkenntnis genügt nicht.

Auf der sicheren Seite befindet man sich dann, wenn man sich den Inhalt der fremden Seite genau ansieht, bevor der Link gesetzt wird.

Für nachträgliche Veränderungen der fremden Seite kann der Linkende grundsätzlich nicht verantwortlich gemacht werden, da eine Nachforschungspflicht nicht besteht.

Sobald man allerdings nachträglich Kenntnis von den rechtswidrigen Inhalten erlangt, ist es ratsam den Link sofort zu entfernen.

Eine Haftung dürfte auch nur dann in Betracht kommen, wenn sich auf der konkreten Seite, auf die gelinkt wird, rechtswidrige Inhalte befinden. Linkt man also z. B. auf eine Startseite und befindet sich der rechtswidrige Inhalt auf irgendeiner Unterseite, so kommt eine Haftung nur dann in Frage, wenn der Linkende gerade die Inhalte dieser Unterseite kennt.

Insgesamt etwas anders fällt die rechtliche Beurteilungen bei automatisch per Software erzeugten Links, wie man sie in Suchmaschinen findet, aus.

Die Verweise, die von Suchmaschinen ausgehen, fallen zunächst ebenfalls unter § 5 III TDG, was bedeutet, daß der Suchmaschinenbetreiber grundsätzlich nicht haftet.

Als Besonderheit gilt aber hier, daß im Gegensatz zu manuell erzeugten Links, ein Zueigenmachen der fremden Inhalte und damit eine Haftung nach § 5 I TDG grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Ein Zueigenmachen fremder Inhalte kann nämlich allenfalls dann bejaht werden, wenn bewußt und gewollt auf Seiten mit rechtswidrigen Inhalten gelinkt wird. Dies setzt aber eine Willensentscheidung eines Menschen voraus.

Da Suchmaschinen aber regelmäßig auch den Seitentitel sowie eine Kurzbeschreibung der Seite, die regelmäßig aus dem Description-Tag stammt, in ihren eigenen Inhalt mit aufnehmen, kommt, sofern sich der rechtswidrige Inhalt bereits aus dem Titel oder der Beschreibung ergibt, eine Haftung nach § 5 II TDG in Betracht.

Den Seitentitel und die Beschreibung hält der Suchmaschinenbetreiber nämlich als fremden Inhalt auf seinen Seiten zur Nutzung bereit. Wie gesagt, besteht aber hier eine Haftung nur im Falle positiver Kenntnis und nicht im Falle von Fahrlässigkeit. Dies bedeutet, daß der Suchmaschinenbetreiber nicht die Pflicht hat, sein Verzeichnis nach strafbaren oder rechtswidrigen Inhalten zu durchforsten.

Die Betrachtung kann freilich anders ausfallen in den Fällen von Inlinelinks oder des Inframing. Hier können sich zusätzlich urheberrechtliche und wettbewerbsrechtliche Fragen stellen, auf die ich an dieser Stelle nicht eingehen möchte.

Eine Haftung aufgrund eines Hyperlinks setzt also, unabhängig davon, wo man den Link in die Systematik des § 5 TDG einordnet, zumindest positive Kenntnis des Linkenden von den fremden rechtswidrigen Inhalten voraus. Dieser Erkenntnis werden sich auch die Gerichte nicht verschließen (können).

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