Monatsinfo Januar 2005

Onlinerecht:

  • Kein Auskunftsanspruch gegen Internet-Provider bei Urheberrechtsverletzung

Arbeitsrecht:

Baurecht:

Familien- und Erbrecht:

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG):

Verbraucherrecht:

Verkehrsrecht:

Abschließende Hinweise:

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Arbeitsrecht


Insolvenzbedingte Kündigung: Keine Wiedereinstellung, wenn Erwerber den Betrieb fortführt

Findet nach Ablauf der Frist einer insolvenzbedingten Kündigung ein Betriebsübergang statt, besteht kein Anspruch auf Wiedereinstellung bzw. Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) in folgendem Fall hin: Über das Vermögen des Arbeitgebers wurde am 1.7.00 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit Schreiben vom 27.9.00 zum 31.12.00. Diese Kündigung war rechtswirksam. Ab dem 4.1.01 wurde der Beschäftigungsbetrieb von einem Betriebserwerber fortgeführt. Er übernahm von den ursprünglich im Betrieb beschäftigten 100 Arbeitnehmern lediglich 35. Der gekündigte Arbeitnehmer, der nicht zu den Übernommenen zählte, klagte daraufhin gegen den Betriebserwerber auf Wiedereinstellung.

Das BAG hat die klageabweisende Entscheidung der Vorinstanz bestätigt. Erfolge nach Ablauf der Kündigungsfrist des Arbeitnehmers im Insolvenzverfahren über das Vermögen des bisherigen Betriebsinhabers ein Betriebsübergang, bestehe kein Wiedereinstellungs-/Fortsetzungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Betriebserwerber. Der Anspruch lasse sich nicht auf die Einhaltung einer Fürsorgepflicht oder auf Treu und Glauben stützen. Ein solcher Anspruch wäre mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses untergegangen. Ein Anspruch auf Wiedereinstellung/Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach der insolvenzbedingten Kündigung ergebe sich auch nicht aus einer (europa-)richtlinienkonformen Auslegung des § 613a BGB. Eine extensive Auslegung der Vorschrift sei nicht angebracht, da die Zubilligung des vom Kläger geltend gemachten Wiedereinstellungsanspruchs dem Konzept der Insolvenzordnung widerspräche. Diese ziele auf schnelle Abwicklung und Sanierung. Die Insolvenzordnung beruhe auf dem Konzept, dass der Insolvenzverwalter einen erforderlichen Personalabbau unter erleichterten Bedingungen vornehmen könne, um den Erwerber nicht damit zu belasten. Hierzu diene auch die Vermutung zu Gunsten der Wirksamkeit von Kündigungen und die kurze Klagefrist. Würde ein Wiedereinstellungsanspruch zugelassen, würde dies die erstrebte Rechtssicherheit beseitigen oder gefährden. Folge wäre nämlich, dass die Wirksamkeit und Unangreifbarkeit von Kündigungen durch den Insolvenzverwalter dem Erwerber nicht nützte, weil er sich auch und gerade nach wirksamen Kündigungen Wiedereinstellungsansprüchen gegenübersähe (BAG, 8 AZR 198/03).

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Betriebsratsmitglied: Anspruch auf Freizeitausgleich für Reisezeiten

Nimmt ein Betriebsratsmitglied wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung außerhalb seiner Arbeitszeit an einer für die Betriebsratsarbeit erforderlichen Schulungsveranstaltung teil, besteht ein Anspruch auf entsprechenden Freizeitausgleich.

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitglieds hin, das an einer Betriebsratsschulung teilnahm, die freitags um 12:00 Uhr endete. Die Heimreise erfolgte am selben Tag in der Zeit von 14 bis 18 Uhr. Die persönliche Arbeitszeit des Betriebsratsmitglieds endete, ebenso wie diejenige vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer seiner Abteilung, freitags um 12 Uhr.

Das BAG wies die Klage auf Gewährung von Freizeitausgleich im Umfang von vier Stunden für die Dauer der Rückreise von der Schulung dennoch ab. Der Umfang des Freizeitausgleichs sei pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Dabei komme es auf die konkrete zeitliche Lage der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers an dem betreffenden Schulungstag an. Im vorliegenden Fall bestehe kein Anspruch auf Freizeitausgleich, weil die Arbeitszeit vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer in der Abteilung ebenfalls freitags um 12:00 Uhr ende (BAG, 7 AZR 131/04).

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Betriebsübergang: Wer schuldet bei Widerspruch des Arbeitnehmers dessen Vergütung?

Der Arbeitnehmer kann bei einem Betriebsübergang dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen. Arbeitet er gleichwohl an seinem bisherigen Arbeitsplatz weiter, stellt sich die Frage, gegen wen er Anspruch auf Vergütung für seine Tätigkeit hat.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat diese Frage nun beantwortet. Der Arbeitnehmer kann für die Zeit zwischen Betriebsübergang und Erklärung des Widerspruchs seine Vergütung vom Betriebserwerber verlangen. Dies folgt aus den Grundsätzen des faktischen Arbeitsverhältnisses. Ein Anspruch gegen den Veräußerer aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs besteht dagegen nicht.

Das LAG stützt sich bei seiner Entscheidung auf folgende Argumentation:

  • Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers geht durch den Betriebsübergang auf den Betriebserwerber über. Durch den Widerspruch des Arbeitnehmers ist es jedoch wieder aufgelöst worden. Diese Auflösung erfolgte rückwirkend.

  • Wegen der Rückwirkung des Widerspruchs hat zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber ein faktisches Arbeitsverhältnis bestanden.

    • Durch den Widerspruch ist das Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber rückwirkend beseitigt worden. Der Betriebsveräußerer ist Arbeitgeber geblieben.

    • Insoweit ist die Rechtswirkung nicht anders als bei einer Anfechtung eines Arbeitsvertrags. Bei dieser findet eine Abwicklung nach den Grundsätzen des faktischen Arbeitsverhältnisses statt. Der Arbeitnehmer wird für die Vergangenheit so behandelt, als sei das Arbeitsverhältnis wirksam gewesen. Dies bedeutet insbesondere, dass er trotz der Fehlerhaftigkeit des Arbeitsverhältnisses Vergütung für die geleistete Arbeit beanspruchen kann.

    • Die Interessenlage ist vorliegend nicht anders. Der Arbeitnehmer hat die Arbeitsleistung nicht für den Veräußerer, sondern für den Erwerber erbracht, der daraus die entsprechenden Vorteile gezogen hat. Das Grundanliegen des Rechtsinstituts des faktischen Arbeitsverhältnisses entspricht typischerweise dem sich aus dieser Situation ergebenden Regelungsbedürfnis.

    • Ansonsten liefe der Arbeitnehmer zudem Gefahr, seine Arbeit überhaupt nicht bezahlt zu bekommen. Für den Veräußerer hat er nicht gearbeitet. Ob er gegen diesen einen Anspruch auf Verzugslohn hat (§ 615 S. 1 BGB), ist zweifelhaft angesichts der Tatsache, dass diesem gegenüber ein Arbeitsangebot nicht erfolgt ist.

  • Wegen dieses faktischen Arbeitsverhältnisses ist der Betriebserwerber Schuldner des Vergütungsanspruchs.

(LAG Köln, 12 Sa 374/04)

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Beamtenrecht: Rücktritt von Altersteilzeit ist nur im Ausnahmefall möglich

Der Dienstherr muss die genehmigte und bereits angetretene Altersteilzeit eines Beamten nur ausnahmsweise rückgängig machen.

Hierauf wies das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt im Fall einer Lehrerin hin, die Altersteilzeit im Blockmodell in Anspruch nahm. Dabei schloss sich an eine Arbeitsphase eine Freistellungsphase unter Weiterzahlung reduzierter Dienstbezüge bis zur Pensionierung an. Als Beginn ihres Ruhestands wählte die Lehrerin die Vollendung des 63. Lebensjahres, obwohl sie als Schwerbehinderte auch schon mit 60 Jahren in den Ruhestand hätte gehen können. Sie hatte bereits den Großteil ihrer Arbeitsphase abgeleistet, als sie erfuhr, dass eine im Versorgungsausgleich nach ihrer Scheidung erworbene Altersrente der BfA erst ausgezahlt wird, wenn sie sich im Ruhestand befindet, nicht schon in der Freistellungsphase der Altersteilzeit. Deswegen beantragte sie, dass der Dienstherr sie nun doch als Schwerbehinderte schon mit 60 Jahren in den Ruhestand versetzen und dementsprechend ihre Altersteilzeit rückgängig machen solle.

Das VG stellte fest, dass der Dienstherr ihren Antrag zu Recht abgelehnt hatte. Die Änderung des Dienstverhältnisses durch die bewilligte und angetretene Altersteilzeit sei sowohl für den Dienstherrn als auch für den Beamten verbindlich. Nur aus Fürsorgegründen könne in Härtefällen eine Ausnahme gemacht werden. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn eine Entwicklung eintrete, die für den Beamten unvorhersehbar sei und die das Festhalten an der Altersteilzeit für ihn unzumutbar erscheinen lasse. Diese Voraussetzungen sah das VG hier nicht als erfüllt an. Der Irrtum der Lehrerin über die Voraussetzungen für die Auszahlung der BfA-Rente läge in ihrem Risikobereich. Da sie in der mittlerweile begonnenen Freistellungsphase keinen Unterricht als Lehrerin mehr leisten müsse, komme es auf ihre gesundheitlichen Einschränkungen auf Grund der Schwerbehinderung nicht an (VG Neustadt, 6 K 813/04.NW, n.rkr.).

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Baurecht


Architektenhaftung: Hinweis auf drohende Verjährung muss erfolgen

Der Architekt, dem die Leistungsphasen acht und neun übertragen sind, muss den Bauherrn nicht über Einzelheiten einer gegen einen Sonderfachmann (hier: Statiker) drohenden Verjährung belehren. Ist eine Verantwortlichkeit des Statikers nicht fernliegend und ist eine Verjährung möglicher Ansprüche gegen diesen denkbar, muss der Architekt den Bauherrn allerdings auf das Risiko einer Verjährung hinweisen. Gegebenenfalls muss er ihm die Einholung von Rechtsrat dringend empfehlen. Er darf jedoch einem weiteren Nachbesserungsversuch, dem keine verjährungshemmende oder gar unterbrechende Wirkung zukommt, nicht das Wort reden.

Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart in einem erst jetzt veröffentlichten Urteil im Rechtsstreit eines Bauherrn mit seinem Architekten. Das OLG wies darauf hin, dass der mit den Leistungsphasen acht und neun beauftragte Architekt die Auflistung der Gewährleistungsfristen vornehmen müsse. Darüber hinaus müsse er Ansprüche des Auftraggebers während der Gewährleistungsfrist gegenüber den Unternehmern feststellen und bei Vorliegen von Mängeln deren Beseitigung veranlassen und überwachen. Über diese Tätigkeit müsse er den Auftraggeber in den Grundzügen unterrichten. Soweit schwierige rechtliche Prüfungen erforderlich seien, müsse er jedoch den Auftraggeber hierüber informieren, damit dieser ggf. qualifizierten Rechtsrat einholen könne. Verstoße er gegen diese Beratungspflicht, mache er sich schadenersatzpflichtig. Trete trotz der Mängelverantwortlichkeit des betreffenden Handwerkers die Verjährung ein, müsse der Architekt dem Bauherrn für den dadurch entstandenen Schaden persönlich haften (OLG Stuttgart, 2 U 209/01).

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Vertragsrecht: Architekt kann Bauhandwerkersicherung fordern

Auch der lediglich planende Architekt kann Sicherheit gem. § 648a BGB verlangen, ohne dass seine Planungsleistungen in einem konkreten Bauerfolg oder sonst in einer Werterhöhung des Bauwerks Niederschlag gefunden haben müssen.

Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Rechtsstreit zwischen einem Architekten und einem Bauherrn. Der Architekt hatte vor Baubeginn eine Vorschussrechnung gestellt, die der Bauherr nicht bezahlte. Als der Bauherr auch auf die Forderung nach einer Bauhandwerkersicherung für das Architektenhonorar nicht reagierte, stellte der Architekt seine Arbeiten ein und erstellte eine Schlussrechnung. Den darin ausgewiesenen Betrag klagte er im vorliegenden Verfahren ein.

Das OLG bescheinigte dem Architekten die richtige Vorgehensweise. Auch ein Architekt könne eine Bauhandwerkersicherung gem. § 648a BGB verlangen. Der Unternehmerbegriff in § 648a BGB entspreche nicht dem des § 648 BGB. Er setze nicht voraus, dass die nach dem Vertrag zu erbringende Bauwerksleistung mit einer Werterhöhung des Grundstücks einhergehe. Es würden vielmehr auch solche unternehmerischen Tätigkeiten mitumfasst, die als nicht wegzudenkender Teil der Gesamtleistung der Herstellung des Bauwerks dienen, ohne sich in diesem unmittelbar verkörpern zu müssen. Daher könne auch der lediglich planende Architekt Sicherheit gem. § 648a BGB verlangen. Sie müsse ihm auch gewährt werden, wenn der Bauherr mit der Bauausführung noch nicht begonnen hat. Stelle der Bauherr die Sicherheit nicht innerhalb der gesetzten Frist bereit, dürfe der Architekt die Arbeiten ankündigungsgemäß einstellen. Der Vertrag gelte dann als gekündigt. Als weitere Rechtsfolge der nicht fristgerechten Bereitstellung der verlangten Sicherheit könne der Architekt die vertraglich vereinbarte Vergütung für die tatsächlich von ihm erbrachten (Planungs-)Leistungen beanspruchen (OLG Düsseldorf, 21 U 26/04).

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Enteignung: Stadt kann Grundstücke zu Gunsten eines geplanten Gewerbegebiets enteignen

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz hat in drei Normenkontrollverfahren klargestellt, unter welchen Voraussetzungen die Enteignung eines bislang landwirtschaftlich genutzten Grundstücks zur Schaffung von Gewerbeflächen möglich ist.

Geklagt hatten mehrere Grundstückseigentümer, die enteignet worden waren. Nach ihrer Ansicht sei die Stadt nicht berechtigt gewesen, die Grundstücke zu enteignen und dann an den Investor eines großen Möbelhauses zu veräußern. Sie seien zwar zur Veräußerung der benötigten Flächen grundsätzlich bereit gewesen, allerdings nicht zu den Preisvorstellungen der Stadt. Das OVG hielt die Enteignung für rechtmäßig. Hierfür sprächen folgende Gründe:

  • Die umstrittene Entwicklungsmaßnahme biete der Stadt in den nächsten Jahren eine große qualitative Entwicklungschance. Das geplante Möbelhaus sei geeignet, eine nachhaltige Entwicklung im dortigen Wirtschaftsraum einzuleiten.

  • Das Wohl der Allgemeinheit erfordere die Entwicklungsmaßnahme, um einen erhöhten Bedarf an Arbeitsstätten zu decken. Ein solcher Bedarf werde bezüglich der Einzelhandelsflächen bereits durch die konkrete Nachfrage des Möbelhauses dokumentiert. Diese Nachfrage sei nicht etwa dadurch künstlich hervorgerufen worden, dass die Stadt dem Unternehmen Flächen zu "Dumpingpreisen" angeboten hätte. Die Beweisaufnahme habe vielmehr ergeben, dass der in den Verträgen festgelegte Preis angemessen sei.

  • Eine einvernehmliche Lösung durch freihändigen Verkauf der erforderlichen Flächen an die Stadt habe sich nicht als realistische Perspektive abgezeichnet. Denn eine Vielzahl von Grundstückseigentümern sei nicht bereit gewesen, ihre Grundstücksflächen zu einem angemessenen Preis an die Stadt zu veräußern. Die Preisvorstellungen dieser Eigentümer seien offensichtlich weit über einen angemessenen Preis hinausgegangen.

  • Schließlich seien die betroffenen privaten und öffentlichen Belange von der Stadt vertretbar abgewogen worden. Insbesondere die möglichen nachteiligen Auswirkungen der innenstadtrelevanten Sortimente des Möbelhauses auf Betriebe in der Innenstadt seien keineswegs unberücksichtigt geblieben.

(OVG Rheinland-Pfalz, 1 C 11712/02.OVG, 1 C 11924/02.OVG und 1 C 10966/03.OVG)

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Familien- und Erbrecht


Aktuelle Gesetzgebung: Novelle des Lebenspartnerschaftsgesetzes

Am 1. Januar 2005 ist die Novelle des Lebenspartnerschaftsgesetzes in Kraft getreten. Die Neuregelungen umfassen folgende Punkte:

  • Zukünftig werden Lebenspartner - wie Ehegatten - ohne gesonderte Vereinbarung im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben.

  • Im Unterhaltsrecht nach der Trennung erfolgt weitgehende Gleichbehandlung.

  • Zudem wird das Verlöbnis auch für homosexuelle Partner eingeführt.

  • Homosexuelle können das leibliche Kind ihres Lebenspartners adoptieren. Damit wird die so genannte Stiefkindadoption ermöglicht. Wenn ein Lebenspartner ein leibliches Kind hat und der andere Lebenspartner sich um dieses Kind kümmert und weiter kümmern will, so soll diese Verbindung dauerhaft verrechtlicht werden können. Die Rechte des anderen leiblichen Elternteils werden nicht beeinträchtigt. Es gelten die allgemeinen Regelungen des Adoptionsrechts, wonach der andere leibliche Elternteil der Adoption des Kindes durch die Lebenspartnerin oder den Lebenspartner zustimmen muss. Die zuständigen staatlichen Stellen müssen darüber hinaus in jedem Einzelfall prüfen, ob die Stiefkindadoption dem Wohl des Kindes entspricht.

  • Mit dem Gesetz werden die Regelungen der Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung auch auf Lebenspartner erstreckt.

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Steuererklärung: Getrennt lebender Ehegatte kann Zusammenveranlagung verlangen

Ein getrennt lebender Ehegatte kann von seinem Ehepartner die Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung verlangen. Die Zustimmungspflicht besteht unabhängig davon, ob die steuerlichen Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung gegeben sind.

Diese Entscheidung traf jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall zweier getrennt lebender Ehegatten. Der Ehemann hatte behauptet, es habe für das betreffende Steuerjahr noch wirtschaftliche Gemeinsamkeiten zwischen den Parteien gegeben. Daher forderte er von der Ehefrau die Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung. Er erklärte sich auch bereit, der Frau alle daraus etwa entstehenden steuerlichen Nachteile zu ersetzen. Für ihn selbst war die Zusammenveranlagung mit einem wirtschaftlichen Vorteil von rund 5.000 EUR verbunden.

Der BGH gab seiner Klage statt. Ein Ehegatte sei verpflichtet, einer vom anderen Ehegatten gewünschten Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer zuzustimmen. Das gelte selbst, wenn es zweifelhaft erscheine, ob die Wahlmöglichkeit der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung nach § 26 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EstG) bestehe. Es müsse nämlich unterschieden werden:

  • Die Frage, ob die steuerlichen Voraussetzungen für eine gemeinsame Veranlagung tatsächlich vorlägen oder nicht, sei nicht von den Zivilgerichten, sondern von den Finanzgerichten zu beurteilen. Diese Frage habe daher auf den vorliegenden Rechtsstreit zwischen den Ehegatten keinerlei Auswirkung.

  • In dem vorliegenden Zivilrechtsstreit zwischen den Ehegatten könne daher lediglich die Frage entschieden werden, ob die verlangte Zustimmung erteilt werden müsse. Für beide Ehepartner gelte die familienrechtliche Verpflichtung, dabei mitzuwirken, dass die finanziellen Lasten des anderen Ehegatten möglichst vermindert würden. Dieses Ziel könne nur erreicht werden, wenn dem betreffenden Ehegatten die Möglichkeit eröffnet werde, eine Entscheidung der zuständigen Finanzbehörden bzw. der Finanzgerichte darüber herbeizuführen, ob für einen bestimmten Veranlagungszeitraum eine Zusammenveranlagung erfolgen könne.

Eigene Interessen der Ehefrau würden durch die Zustimmung nicht verletzt. Denn die Verurteilung hierzu habe nicht zum Inhalt, dass sie dem Finanzamt gegenüber wahrheitswidrig Umstände anzugeben hätte, aus denen sich ein Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft im betreffenden Steuerjahr ergeben würde. Ein solches Verhalten, das in der Tat als Beteiligung an einer Steuerhinterziehung zu bewerten wäre, habe der Ehemann auch nicht verlangt. Die Zustimmungserklärung stelle vielmehr lediglich die Voraussetzung dafür dar, dass das Finanzamt überprüfen könne, ob eine gemeinsame steuerliche Veranlagung vorzunehmen sei (BGH, XII ZR 128/02).

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Unterhaltsverpflichtung: Nebenerwerb muss möglich sein

Ein Unterhaltsverpflichteter kann sich nicht darauf berufen, dass sein Arbeitgeber ihm jede Nebentätigkeit verboten hat.

Das ist das Ergebnis eines Verfahrens vor dem Oberlandesgericht (OLG) Naumburg. Hier hatte der Unterhaltsberechtigte geltend gemacht, der Unterhaltspflichtige müsse zusätzlich zu seiner regulären Tätigkeit noch eine Nebentätigkeit aufnehmen, da er mit seinem Verdienst nicht alle Unterhaltsleistungen abdecken könne. Der Unterhaltspflichtige berief sich darauf, dass sein Arbeitsvertrag ein Verbot jeder Nebentätigkeit vorsehe und er daher keine zusätzliche Verdienstmöglichkeit habe.

Das OLG konnte er hiermit jedoch nicht überzeugen. Es schrieb ihm vielmehr ins Stammbuch, dass die Vereinbarungen im Arbeitsvertrag keine Auswirkungen auf seine Unterhaltsverpflichtung hätten. Eine Nebenerwerbstätigkeit dürfe auch keinem generellen Verbot unterliegen. Ein solches Verbot verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Hierdurch werde nicht nur das Recht eines jeden geschützt, jede Tätigkeit zu ergreifen und zur Grundlage seiner Lebenssituation zu machen, sondern auch die Freiheit, eine nebenberufliche Tätigkeit zu ergreifen. Das OLG wies ferner darauf hin, dass es am Unterhaltspflichtigen liege, seinen Arbeitgeber gelegentlich auf seine gesteigerte Erwerbsobliegenheit und auf die Rechtslage zum Nebenerwerb hinzuweisen (OLG Naumburg, 3 WF 86/04).

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Namensrecht: Namensänderung nach Übernahme des Sorgerechts durch Vater

Stirbt die sorgeberechtigte Mutter, deren Namen das Kind trägt, kann der Vater dem Kind seinen eigenen Namen erteilen, wenn ihm die elterliche Sorge übertragen wird.

Dieses Recht musste sich ein Vater vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) erstreiten, weil der Standesbeamte die Eintragung der Namensänderung im Geburtenbuch verweigert hatte. Das BayObLG wies darauf hin, dass das Gesetz verschiedene Möglichkeiten vorsehe, in denen die Änderung des Kindesnamens gestattet sei. Der vorliegende Fall sei dabei allerdings nicht berücksichtigt. Dennoch müsse auch hier die Namensänderung möglich sein, da eine Regelungslücke im Gesetz vorliege. Zu berücksichtigen sei, dass das Kind den Namen des überlebenden Elternteils erhalte, mit dem es in familiärer Gemeinschaft zusammenlebe. Eine Schutzbedürftigkeit des verstorbenen Elternteils, der die Namensidentität mit dem Kind verliere, müsse dahinter zurücktreten (BayObLG, 1Z BR 112/03).

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Nichteheliche Lebensgemeinschaft: Wie können die Partner wirksam testieren?

In der Bundesrepublik leben rund 2,3 Millionen Paare in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Im Verhältnis zur Ehe und zur gleichgeschlechtlichen Partnerschaft ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft benachteiligt, da die Partner kein gemeinschaftliches Testament errichten können. Im Folgenden wird aufgezeigt, wie sich nichteheliche Lebenspartner für den Erbfall gegenseitig absichern können.

Das Einzeltestament für den Partner
Jeder Partner kann ein privatschriftliches Testament errichten und den anderen zum Alleinerben einsetzen oder andere Erben mit einem Vermächtnis zu Gunsten des Partners beschweren. Nachteilig ist dabei, dass ein Testament nicht verbindlich ist. Jede Seite kann es ohne Rücksicht auf den anderen ändern und vernichten. Ein Partner kann es auch ohne Absprache mit dem anderen widerrufen. Es besteht also keine wechselseitige Absicherung beim Erbfall.

Wechselbezügliches Testament durch nichteheliche Lebenspartner?
Nach der aktuellen Rechtslage können Eheleute und gleichgeschlechtliche Lebenspartner gemeinschaftliche Testamente errichten, während diese Gestaltungsmöglichkeit für nichteheliche Lebenspartner nicht gilt. Aber auch die nichtehelichen Lebenspartner können zumindest den Willen zur gemeinschaftlichen Testamentserrichtung haben, was zur Frage führt, welche Rechtsfolgen sich aus einer Urkunde ergeben, die die Form des § 2267 BGB wahrt.

Beispiel: Das Testament der Lebensgefährten E (Erblasser) und M wurde von E eigenhändig geschrieben und von beiden unterschrieben. Es lautete: "Ich (E) bestimme, dass M bei meinem Ableben Alleinerbin meines ganzen Nachlasses ist. Sollte uns beiden ein Unglück mit tödlichem Ausgang zustoßen, setzen wir Tochter W ein". E verstarb und hinterließ Sohn S. M verstirbt später und hinterlässt W. W sieht sich als Alleinerbin, S glaubt auf Grund gesetzlicher Erbfolge Erbe zu sein. Wer hat Recht?

Lösung: Das OLG hat die Wechselbezüglichkeit des Testaments verneint. Es sieht darin aber ein Einzeltestament des E, das die Voraussetzungen des § 2247 Abs. 1 BGB erfüllt. Die Unwirksamkeit der Verfügung der M hindert die Wirksamkeit des Testaments des E nicht. W ist Alleinerbin.

Erbvertrag zwischen nichtehelichen Lebenspartnern?
Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft können aber einen Erbvertrag schließen. Hier gelten im Wesentlichen dieselben Grundsätze wie bei Ehegatten. Bei Letzteren wird der Erbvertrag spätestens mit der Ehescheidung unwirksam. Eine entsprechende "Unwirksamkeits-Regelung" für den Fall der Trennung existiert für die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht. Deswegen besteht hier Regelungsbedarf. Möglich sind Rücktrittsregelungen für den Fall der endgültigen Trennung, deren Überprüfung in der Praxis aber problematisch sein kann.

Praxishinweis: Für nichteheliche Lebenspartner gilt das Pflichtteilsrecht nicht, so dass sie mit eigenen Pflichtteilsrechten nicht kalkulieren können. Hat der (nichteheliche) Erblasser Kinder aus einer früheren Verbindung, kann der überlebende und erbberechtigte Partner Pflichtteilsrechten ausgesetzt sein. Hier bieten sich Pflichtteilsverzichtsregelungen an.

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Testamentsauslegung: Nichtehelicher Sohn des verstorbenen Ehemanns als Erbe

Wird in einem Testament der nichteheliche Sohn des Ehemanns als Erbe eingesetzt, kann dies dahin auszulegen sein, dass bei einem Vorversterben des Erben dessen Abkömmlinge Ersatzerben sein sollen.

Hierauf wies das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) im Fall einer Erblasserin hin, die verwitwet und kinderlos war. Sie hatte eine handschriftliche "Vereinbarung" verfasst und unterschrieben, nach der der nichteheliche Sohn ihres Ehemanns ausschließlicher Erbe ihres Vermögens sein sollte. Dieser wurde in der Familie als ihr Neffe bezeichnet. Der Neffe ist vorverstorben und hinterlässt drei Kinder. Diese hatten vergeblich die Erteilung eines Erbscheins beantragt. Mit ihrer Beschwerde machen sie geltend, dass die "Vereinbarung" eine testamentarische Erbeinsetzung zu Gunsten ihres Vaters sei, die sinngemäß ihre Einsetzung als Ersatzerben beinhalte.

Das BayObLG teilt ihre Rechtsansicht. Bei dem mit "Vereinbarung" überschriebenen Schriftstück handele es sich um ein Testament. Unter Beachtung des Wortlauts und der Umstände müsse von einem ernstlichen Testierwillen der Erblasserin ausgegangen werden. Die Formulierung "... soll als ... Erbe ... eingesetzt werden" könne nicht nur als Absichtserklärung, sondern als unmittelbare Erbeinsetzung mit feierlichen Worten verstanden werden. Die Auslegung des Testaments ergebe zudem, dass die Kinder als Ersatzerben eingesetzt worden seien. Das Testament enthalte keine ausdrückliche Regelung für den Fall, dass der eingesetzte Erbe vor der Erblasserin versterbe. Habe der Erblasser eine Person eingesetzt, die kein Abkömmling von ihm ist, könne nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass dessen Abkömmlinge als Ersatzerben gelten sollen. Dies müsse vielmehr durch Auslegung ermittelt werden. Das gute Verhältnis der Erblasserin zum Erben und dessen Familie spreche im vorliegenden Fall dafür, dass sie für den Fall seines Vorversterbens seine Kinder bedenken wollte. Dafür spreche auch, dass die Erblasserin den Bedachten als "Neffe" bezeichnet habe. Auch dies zeige, dass sie ihn nicht nur als Person, sondern vor allem in seiner Eigenschaft als einziger Blutsverwandter ihres Ehemanns zum Erben einsetzen wollte (BayObLG, 1Z BR 44/04).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)


Das neue Digitalfernsehen: Die zwölf häufigsten Fragen und ihre Antworten

In zahlreichen Ballungsgebieten wurde bzw. wird das terrestrische Fernsehen eingeführt. Es ermöglicht digitalen Empfang, wobei oft schon eine Zimmerantenne genügt. Hier die häufigsten dabei auftretenden Probleme.

Zunächst ist zu unterscheiden: Terrestrisches Fernsehen und Digitalisierung sind Erscheinungen, die ursprünglich nichts miteinander zu tun haben.

  • Einerseits gibt es drei Empfangsmöglichkeiten: Kabel, Antenne (Parabol- oder Dachantenne) und terrestrisches "Überallfernsehen".

  • Andererseits variiert die Art der Datenübertragung. Derzeit wird die überwiegende Zahl der Sender noch analog übertragen. Voraussichtlich 2006 werden viele Sender nur noch digital empfangbar sein, was mit besserer Qualität verbunden ist. Die Fernsehgeräte selbst können weiterhin genutzt werden, jedoch ist eine so genannte Set-Top-Box notwendig, die die digitalen Daten für das Fernsehgerät aufbereitet.

Die Fragen im Zusammenhang mit der Digitalisierung lassen sich in drei Gruppen unterteilen: Verhältnis des Nutzers zu Dritten, Verhältnis des Vermieters zum Mieter und Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander.

Verhältnis des Nutzers zu Dritten
1. Kann der Nutzer eines Kabelanschlusses seinen Vertrag vorzeitig kündigen?
Nein, und zwar weder wegen des terrestrischen Empfangs noch wegen der Digitalisierung. Letztere ist unabhängig von der Empfangsvariante. Bereits jetzt besteht die Möglichkeit, unabhängig vom Kabel, z.B. mittels Parabolantenne, Fernsehsender zu empfangen.

Verhältnis des Vermieters zum Mieter
2. Sind anfallende Betriebskosten bei bestehender Gemeinschaftsantenne weiterhin umlagefähig?
Ja. Die Nutzung bestimmter Einrichtungen durch den Mieter ist nicht maßgeblich für die Frage, ob Betriebskosten anteilig getragen werden müssen.

3. Ist der Vermieter zur Umrüstung der Gemeinschaftsantenne verpflichtet, um digitalen Empfang zu ermöglichen?
Nein. Die Nutzungsmöglichkeit der Gemeinschaftsantenne ist Vertragsinhalt des Mietverhältnisses. Vertragsgegenstand ist allein die Empfangsmöglichkeit für mittels Antenne empfangbare analoge Sender, nicht die Gewährleistung umfassenden Programmempfangs. Entschließt sich der Vermieter gleichwohl hierzu und werden bauliche Maßnahmen notwendig, kann er hierauf eine Mieterhöhung stützen. Es handelt sich um Maßnahmen, die wegen nicht vom Vermieter zu vertretenden Umständen durchgeführt werden.

4. Muss eine Mieterhöhung weiter bezahlt werden, wenn der Mieter bei Einrichtung der Gemeinschaftsantenne eine Erhöhung erhalten hat?
Ja. Auch hier ist es unerheblich, ob der Mieter die Einrichtung (weiter) nutzt.

5. Darf der Mieter die Miete mindern, wenn nun analoge Sender nicht mehr zu empfangen sind?
Nein. Die wegfallende Ausstrahlung analoger Fernsehsender ist kein Mangel der Mietsache.

6. Wer trägt die Kosten für die Set-Top-Box?
Der Mieter. Werden digitale Signale in die Hausanlage eingespeist, hat der Vermieter alles getan, wozu er verpflichtet sein kann. Schließlich muss er auch nicht das Fernsehgerät zur Verfügung stellen.

7. Hat der Vermieter bisher keine Gemeinschaftsantenne zur Verfügung gestellt, muss er dies zukünftig tun?
Nein. Errichtet er nun aber eine Gemeinschaftsantenne, handelt es sich um eine Modernisierungsmaßnahme und ermöglicht eine entsprechende Mieterhöhung.

8. Kann der Vermieter vorhandene Parabolantennen erfolgreich bekämpfen?
Dies muss sich noch zeigen. Das terrestrische Fernsehen wird aber zumindest in den ersten Jahren keine ausreichende Anzahl ausländischer Programme zur Verfügung stellen, so dass diese Empfangsmöglichkeit in absehbarer Zeit keinen rechtlich relevanten Ersatz bietet. Die Digitalisierung an sich hat keinen Einfluss auf die Zulässigkeit verschiedener Empfangsmöglichkeiten. Die Errichtung einer Gemeinschaftsparabolantenne wäre gangbar, sofern die verschiedenen Satelliten, die für eine ausreichende Versorgung mit gängigen ausländischen Programmen notwendig sind, einbezogen werden.

Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander
9. Bleiben vorhandene Einzelparabolantennen zulässig?
Hier kann auf Nr. 8 bei den Ausführungen zum Mietverhältnis verwiesen werden. Die rechtliche Wertung ist hier nicht anders zu ziehen.

10. Steht eine Gemeinschaftsantennenanlage im Gemeinschaftseigentum?
Ja. Gleichwohl stellt der Fernsehempfang keine gemeinschaftliche Nutzung des Gemeinschaftseigentums dar, sondern ist, wie der Bezug von Kaltwasser, als individuelle Nutzung des Sondereigentums zu bewerten.

11. Besteht ein Anspruch einzelner Eigentümer auf Umrüstung/Erweiterung einer vorhandenen Gemeinschaftsantennenanlage für den Empfang digitalen Fernsehens?
Nein. Es handelt sich nicht um eine Frage ordnungsgemäßer Verwaltung. Konsequenterweise fehlt es bereits an einer Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft. Entsprechende Beschlüsse wären daher nichtig.

12. Gilt dies auch für die Neuerstellung einer Gemeinschaftsantenne?
Ja. Käme man zum Ergebnis, dass die Gemeinschaft doch eine Beschlusskompetenz zur Errichtung/Umrüstung einer Gemeinschaftsantennenanlage hat, wäre dies eine bauliche Veränderung, die der Zustimmung aller Eigentümer bedarf. Ob hier die bisher hoch gehaltene Grenze der nicht hinzunehmenden Beeinträchtigungen nach § 14 WEG als Korrelat zum Zustimmungserfordernis gesenkt werden müsste, um eine Errichtung oder Umrüstung zu ermöglichen, ist noch ungeklärt. Nicht ausdrücklich zustimmende Eigentümer wären jedenfalls nicht an den anfallenden Kosten zu beteiligen. Dies senkt in der Praxis die Zahl der Zustimmungen immer wieder.

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Betriebskostenabrechnung: Fehlerhafter Umlageschlüssel wahrt die Abrechnungsfrist

Der Vermieter kann die gesetzliche Frist von längstens zwölf Monaten zur Abrechnung über Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters auch mit einer Abrechnung wahren, in der ein anderer Umlageschlüssel verwendet und angegeben wird, als dies im Mietvertrag vereinbart ist. Es handelt sich dabei um einen inhaltlichen Fehler der Abrechnung, der später korrigiert werden kann und muss. Nach Ablauf der Frist ist allerdings eine Korrektur zu Lasten des Mieters ausgeschlossen.

Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Mietverhältnis, in dem eine Umlage der Betriebskosten nach Miteigentumsanteilen vorgesehen war. Der Vermieter hatte jedoch für 2001 im Laufe des Jahres 2002 eine Abrechnung nach dem Verhältnis der Wohnflächen vorgelegt und damit zunächst 658,01 EUR gefordert. Auf den Widerspruch der Mieter übersandte er erst im Februar 2003 eine auf der Grundlage der Miteigentumsanteile geänderte Abrechnung. Diese endete mit einer Nachforderung von 694,14 EUR.

Der BGH entschied, dass die Mieter zur Nachzahlung des 2002 abgerechneten geringeren Betrags von 658,01 EUR verpflichtet seien. Der Vermieter müsse dem Mieter die Betriebskostenabrechnung spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitteilen. Diese Verpflichtung sei mit der im Jahr 2002 übersandten Abrechnung für 2001 erfüllt gewesen. Die Abrechnungsfrist werde mit einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung gewahrt, auf die inhaltliche Richtigkeit komme es für die Einhaltung der Frist nicht an. Die Verwendung eines anderen als des vertraglich vereinbarten Umlageschlüssels stelle zwar einen inhaltlichen Fehler, aber keinen formellen Mangel der Abrechnung dar. Dies ergebe sich aus Sinn und Zweck der Abrechnung. Die Abrechnung soll den Mieter in die Lage versetzen, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen, also gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen. Dabei komme es auf das Verständnis des durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieters an. Diesem sei bei einer Kontrolle der Abrechnung klar erkennbar, dass diese im Hinblick auf den verwendeten Umlageschlüssel einen inhaltlichen Fehler aufweise und korrigiert werden müsse. Allerdings sei nach Ablauf der Abrechnungsfrist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, soweit dieser die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten habe. Im Februar 2003 sei deshalb eine Korrektur der Abrechnung für das Jahr 2001 zu Lasten des Mieters ausgeschlossen gewesen. Der Vermieter habe insofern nicht mehr als die zunächst geforderten 658,01 EUR verlangen können (BGH, VIII ZR 115/04).

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WEG: Bezeichnung "Bodenraum" in Teilungserklärung ist verbindliche Zweckbestimmung

Bei der in der Teilungserklärung enthaltenen Bezeichnung "Bodenraum" handelt es sich um eine verbindliche Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter dahin, dass dieser Raum nicht zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt ist. Eine Nutzung als Ferienwohnung, Gästezimmer oder auch als Büro oder Gewerberaum ist danach nicht möglich.

Dies musste sich ein Wohnungseigentümer vom Oberlandesgericht (OLG) Schleswig sagen lassen. Er war Eigentümer einer Wohnung, von der es in der Teilungserklärung heißt: "Miteigentumsanteil von 98/1000, verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Dachgeschoss auf der Westseite gelegenen Bodenraum, der im Aufteilungsplan mit 7 bezeichnet ist und der nicht zu Wohnzwecken bestimmt ist". Als er beabsichtigte, den Bodenraum als Ferienwohnung zu nutzen, lehnte die Wohnungseigentümerversammlung dies ab.

Das OLG wies die hiergegen gerichtete Klage des Wohnungseigentümers zurück. Es machte deutlich, dass die in der Teilungserklärung enthaltene Regelung nicht nur eine Lagebeschreibung darstellen würde. Dafür hätte es ausgereicht, die fraglichen Räume als Räume im Dachgeschoss zu bezeichnen. Darin erschöpfe sich die Beschreibung in der Teilungserklärung jedoch nicht. Sie enthalte vielmehr noch zusätzlich die Bezeichnung "Bodenraum". Dies rechtfertige den Schluss, dass es sich dabei um eine verbindliche Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter handele. Die Formulierung "Bodenraum" sei dafür hinreichend bestimmt, da der Begriff ein Synonym für Speicher oder Dachboden sei. Der Begriff Bodenraum bedeute daher nichts anderes als Dachbodenraum oder Speicherraum. Ein solcher Raum werde typischerweise als Abstellraum, Wäschetrockenbereich und gegebenenfalls noch als Hobbyraum genutzt. Er sei nicht zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt. Eine Nutzung als Ferienwohnung, Gästezimmer oder auch Büro oder Gewerberaum sei nach der in der Teilungserklärung enthaltenen Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter daher nicht möglich (OLG Schleswig, 2 W 49/04).

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WEG: Beschluss zur Stilllegung eines Müllschluckers ist unwirksam

Die Stilllegung eines Müllschluckers stellt keine Gebrauchsregelung, sondern einen Gebrauchsentzug dar. Sie ist daher einem Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer nicht zugänglich.

Mit dieser Entscheidung gab das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt einem Wohnungseigentümer Recht. Dieser hatte einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung angefochten, mit dem die Stilllegung des Müllschluckers beschlossen worden war.

Das OLG machte deutlich, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung zur Schließung der Müllabwurfanlage unwirksam sei. Die Eigentümerversammlung könne nach § 15 WEG eine Gebrauchsreglung für das Gemeinschaftseigentum aufstellen. Diese müsse aber eine Konkretisierung des Gebrauchs zum Inhalt haben. Ein Gebrauchsentzug sei jedoch keine Regelung des Gebrauchs, weil der vorausgesetzte Mitgebrauch gerade ausgeschlossen werde. Der Gebrauchsentzug habe vielmehr gesetzesändernden Inhalt. Eine solche Regelung sei dem Mehrheitsprinzip von vornherein nicht zugänglich (OLG Frankfurt, 20 W 440/01).

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Verbraucherrecht


Aktuelle Gesetzgebung: Verbraucherschutz beim Vertrieb von Finanzdienstleistungen

Am 8.12.04 ist das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen in Kraft getreten. Es setzt die EU-Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher in deutsches Recht um.

Neu: Informationspflicht und Widerrufsrecht
Durch die Neuregelungen sollen Verbraucher besser geschützt werden, die z.B. Kredite per Post aufnehmen, eine Versicherung oder einen Rentenvertrag im Internet abschließen oder eine Geldanlage per Fax erwerben. Die Anbieter sind zu umfassender Information verpflichtet. Dem Verbraucher steht nun grundsätzlich ein vierzehntägiges Widerrufsrecht - wie auch im Versandhandel - zu. Die bisher geltenden Vorschriften über Fernabsatzverträge klammerten nach der "allgemeinen" Fernabsatzrichtlinie von 1997 Finanzdienstleistungen aus. Die Neuregelung schließt diese Lücke im Verbraucherschutz. Die Auswirkungen in der Praxis stellen sich wie folgt dar:

  • Ein Verbraucher will im Internet ein Sparkonto eröffnen. Er erhält vor Vertragsschluss umfassende Informationen vom Anbieter, z. B. zu Ansprechpartnern, Produkt (z. B. Zinssätze, Kündigungsfristen) und Vertragsmodalitäten. Diese können ihm auch in Textform (z.B. per E-Mail) mitgeteilt werden. Alle sonstigen Anforderungen an das Geschäft, bei der Kontoeröffnung etwa hinsichtlich der Identifizierung, gelten weiter.

  • Der Verbraucher kann den Vertrag grundsätzlich binnen zwei Wochen widerrufen. Hat er nicht alle Informationen ordnungsgemäß erhalten, besteht sein Widerrufsrecht unbegrenzt. Hat er den Widerruf fristgemäß erklärt, wird der Vertrag rückabgewickelt. Wenn er in dem genannten Beispiel bereits Beträge auf das Konto eingezahlt hat, erhält er diese zurück. Sollte ein Verbraucher ein Darlehen aufgenommen haben, muss er den Kreditbetrag zurückzahlen; die zwischenzeitlich angefallenen Kreditzinsen muss er allerdings nur bezahlen, wenn er zuvor darauf hingewiesen worden ist.

  • Kein Widerrufsrecht hat ein Verbraucher, der etwa Aktien oder andere handelbare Wertpapiere per Telefon oder im Internet gekauft hat. Deren Preis unterliegt auf dem Finanzmarkt Schwankungen, die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können. Das Widerrufsrecht soll den Verbraucher nur vor übereilter Entscheidung schützen, ihm jedoch keine Gelegenheit zur Spekulation geben. Er kann den Vertrag auch nicht widerrufen, wenn er bereits beiderseitig erfüllt worden ist und er dem ausdrücklich zugestimmt hat.

  • Sollten Streitigkeiten aus dem Geschäft entstehen, kann der Verbraucher eine Schlichtungsstelle nach der Schlichtungsstellenverfahrensordnung anrufen. Diese wird bei der Deutschen Bundesbank eingerichtet. Einbezogen werden auch die Verbände des Kreditgewerbes, die bisher bei der Schlichtung von Streitigkeiten aus Überweisungen beteiligt waren. Damit wird das aus dem Überweisungsbereich bekannte Streitbeilegungsmodell weiter ausgedehnt.

Besonderheiten bei Versicherungsverträgen
Auch wenn Versicherungsverträge im Fernabsatz - z. B. am Telefon oder durch E-Mail - abgeschlossen werden, sind die Informationspflichten zu beachten. Bei nicht vollständiger oder fehlerhafter Information kann der Versicherungsnehmer den Vertrag auch nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist widerrufen, sofern er noch keine Versicherungsleistungen in Anspruch genommen hat. Die für das erste Jahr gezahlten Prämien und die auf die Zeit nach dem Widerruf entfallenden Prämien sind zurückzuerstatten. Für Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Fernabsatz von Versicherungen erfolgt die außergerichtliche Streitschlichtung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht oder die Versicherungsombudsmänner.

Rücksendekosten bei Widerruf
Geändert wurde auch die bisherige Regelung zu den Rücksendekosten im Versandhandel bei Ausübung des Widerrufsrechts. Nun können dem Verbraucher die regelmäßigen Kosten der Rücksendung vertraglich auferlegt werden, wenn der Preis der zurückzusendenden Sache 40 Euro nicht übersteigt oder bei einem höheren Preis der Besteller die Gegenleistung oder eine Teilzahlung zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht erbracht hat.

Eine Belastung mit den Rücksendekosten ist jedoch ausgeschlossen, wenn die gelieferte Ware nicht der bestellten entspricht. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass einzelne Kunden Ware in großem Stil bestellen, um sie dann postwendend zurückzuschicken.

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Skiunfall: Opfer hat Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld

Wer bei einem Zusammenprall auf einer Skipiste geschädigt wird, hat Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld, sofern er nicht gegen die Verhaltensvorschriften auf Skipisten (FIS-Regeln) verstoßen hat.

Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Dresden im Rechtsstreit zweier Skifahrer. Der Kläger war auf einer Skipiste an einem beginnenden Steilhang stehen geblieben. Dem kurze Zeit danach herannahenden Beklagten war es nicht mehr gelungen, rechtzeitig zu bremsen. Er fuhr den Kläger um und schlug ihm dabei mit dem Skistock zwei Schneidezähne aus. Das Landgericht (LG) hat in erster Instanz die Klage abgewiesen, da es ein alleiniges Verschulden des Klägers annahm. Nach Auffassung des LG hätte er nicht an einer unübersichtlichen Stelle stehen bleiben dürfen.

Das sah das OLG anders. Nach FIS-Regel 2 müsse jeder Skifahrer auf Sicht fahren, d.h., seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem Können und den Gelände- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte anpassen. An kritischen Stellen müsse so gefahren werden, dass bei Auftreten von Hindernissen noch gebremst oder ausgewichen werden könne. Hiergegen habe der Beklagte verstoßen. Den Kläger trifft nach Meinung des Senats hingegen kein Mitverschulden. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung verbiete FIS-Regel 6 nicht das Anhalten auf der Piste. Lediglich an unübersichtlichen oder engen Stellen dürfe man sich nicht ohne Not aufhalten. Um eine derartige Stelle habe es sich hier aber nicht gehandelt. Es sei durchaus zweckmäßig, vor steileren Streckenabschnitten anzuhalten, um sich einen Überblick über das Gelände zu verschaffen. Dies gelte umso mehr, da ein Halten im Steilhang selbst naturgemäß erheblich schwerer falle (OLG Dresden, 7 U 1994/03).

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Telefondaten: Telefonkunden haben Anspruch auf Geheimhaltung ihrer Telefondaten

Telefonkunden haben gegenüber ihrer Telefongesellschaft einen Anspruch auf Geheimhaltung ihrer Telefondaten. Eine Verletzung dieses Rechts auf Geheimhaltung stellt einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar, der unter Umständen zu Schadenersatzansprüchen des Telefonkunden führen kann.

Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Thüringen in einem aktuellen Urteil entschieden. Es hatte über die Klage eines Polizeibeamten zu entscheiden, der seine Telefongesellschaft gebeten hatte, von der Veröffentlichung seiner Telefonnummer abzusehen. Gleichwohl fand er sich im "Örtlichen Telefonbuch" und in der im Internet veröffentlichten "Online-Ausgabe" des Telefonbuchs wieder. Dies hatte für ihn erhebliche psychische Beeinträchtigungen zur Folge. Um seine Familie vor einer aktuellen Bedrohung zu schützen, hatte er sich in eine andere Stadt versetzen lassen. Durch die Veröffentlichung seiner Daten wurde dieser Umzug nun nutzlos.

Das OLG war der Überzeugung, dass das Recht über die Bekanntgabe oder Nichtbekanntgabe der Daten für eine telefonische Kontaktaufnahme wie auch das Recht zur Bekanntgabe oder Nichtbekanntgabe der Adresse absoluten Schutz gegenüber jedermann genießen müsse. Es sei mithin als Bestandteil des Persönlichkeitsrechts anzusehen. Wenn die Daten leicht zugänglich seien, sei die Organisation des Privaten als Ruhezone nur noch von der Zurückhaltung und dem Desinteresse der Mitbürger abhängig. In einer modernen Massengesellschaft mit abnehmenden Achtungsabständen erscheine dies aber unzureichend. Daher bestehe ein Anspruch auf Geheimhaltung der Daten. Allerdings könne nicht jede Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu einem Schmerzensgeldanspruch führen. Erforderlich sei vielmehr eine schwerwiegende Verletzung dieses Rechts. Dies hat das OLG im vorliegenden Fall verneint und dabei insbesondere auch berücksichtigt, dass bei 37 Millionen Telefonbucheinträgen und etwa 30 % Änderungen im Jahr Fehler unvermeidlich seien. Dennoch bekam der Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 EUR zugesprochen. Dieser Anspruch gründe aber nicht auf der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Ausschlaggebend sei vielmehr gewesen, dass die Gesundheit des Klägers in Form von psychischen Beeinträchtigungen und Schlafstörungen durch die Veröffentlichung seiner Telefondaten in erheblicher Weise beeinträchtigt worden sei (OLG Thüringen, 2 U 1038/03).

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Kontoauszüge: Kunden haben Anspruch auf Anzeige des Kontostands ohne irreführende Angaben

Kontoauszugsvordrucke, die in der Rubrik "neuer Kontostand" auch solche Gutschriften ausweisen, die zwar gebucht, aber noch nicht wertgestellt sind, verstoßen gegen die Regeln des Wettbewerbs, selbst wenn sie in den Spalten "Buchungstag" und "Tag der Wertstellung" zutreffende Angaben enthalten.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Celle hin. Hintergrund der Entscheidung war die Klage eines Verbraucherschutzverbands gegen eine Sparkasse. Ziel der Klage war es, der Sparkasse die Verwendung der betreffenden Vordrucke zu verbieten, da diese nach Ansicht des klagenden Verbands irreführend seien.

Das OLG bestätigte diese Rechtsansicht. Auch wenn die Angaben auf den Kontoauszügen objektiv richtig seien und der Bankkunde anhand der angegebenen Wertstellungsdaten rückrechnen könne, über welchen Betrag seines "aktuellen Kontostands" er tatsächlich sofort zinsfrei verfügen könne, bestehe eine erhebliche Irreführungsgefahr. Der durchschnittliche Verbraucher interessiere sich nämlich vor allem für den ausgewiesenen Kontostand, der auf den betreffenden Kontoauszügen auch optisch hervorgehoben sei. Es bestehe die Gefahr, dass er dabei die spätere Wertstellung einzelner Beträge nicht realisiere und irrtümlich davon ausgehe, er könne über den ausgewiesenen Tagessaldo sofort in voller Höhe ohne das Risiko, Überziehungszinsen zahlen zu müssen, verfügen. Gegen die Entscheidung wurde zwischenzeitlich Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt (OLG Celle, 3 U 38/04, Revision beim BGH unter I ZR 87/04 eingelegt).

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Verkehrsrecht


Verkehrsunfall: Geschädigter hat Schadenersatzanspruch auf Kostenpauschale

Verkehrsunfallgeschädigte können zusätzlich zu ihren übrigen Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüchen eine Unfallkostenpauschale in Höhe von 25 EUR geltend machen.

Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Celle. Damit sollen dem Geschädigten die durch den Unfall entstandenen Kosten für Porto, Telefon und Wege abgegolten werden. Diese könnten vor Gericht regelmäßig nur geschätzt werden. Die Höhe dieser Pauschale werde daher von den Gerichten - auch bundesweit - bisher unterschiedlich bemessen. Sie schwanke meist zwischen 20 und 25 EUR. Zumindest für den Bezirk des OLG Celle stelle das Urteil daher eine Klarstellung und Vereinheitlichung dar. Es sei zu erwarten, dass die erstinstanzlichen Gerichte des Bezirks sich dem anpassen werden (OLG Celle, 14 U 32/04).

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Verschlechterungsverbot: Senkung der Geldbuße und Verhängung eines Fahrverbots

Die Herabsenkung der Geldbuße bei gleichzeitiger erstmaliger Verhängung eines Fahrverbots stellt eine unzulässige Verschlechterung dar.

Mit dieser Begründung erklärte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm das Urteil gegen einen Autofahrer für unwirksam. Das Amtsgericht hat gegen ihn wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße in Höhe von 300 EUR festgesetzt, von der Verhängung eines Fahrverbots hingegen abgesehen. Die Rechtsbeschwerde des Autofahrers gegen dieses Urteil war erfolgreich. In der neuen Hauptverhandlung wurde er nur noch wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 100 EUR verurteilt. Nun wurde gegen ihn allerdings ein Fahrverbot verhängt.

Die Rechtsbeschwerde des Autofahrers hatte vor dem OLG erneut Erfolg. Das zweite Urteil des Amtsgerichts verstoße nämlich nach Ansicht des OLG gegen das Verschlechterungsverbot. Da nur der Autofahrer und nicht auch die Staatsanwaltschaft gegen das ursprüngliche Urteil des Amtsgerichts ein Rechtsmittel eingelegt habe, dürfe die seinerzeit angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Rechtsfolgen nicht zum Nachteil des Autofahrers geändert werden. Die Herabsenkung der Geldbuße bei gleichzeitiger erstmaliger Verhängung eines Fahrverbots stelle aber eine unzulässige Verschlechterung dar. Im Ordnungswidrigkeitenverfahren sei nämlich die Verhängung eines Fahrverbots gegenüber der Geldbuße die härtere Reaktion (OLG Hamm, 4 Ss OWi 418/04).

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Kinderunfall: Keine Haftung der Eltern für unbeaufsichtigtes neunjähriges Kind

Kinder unter zehn Jahren haften bei Unfällen mit Kfz-Beteiligung grundsätzlich nicht für den fahrlässig angerichteten Schaden. Diese Haftungsbegrenzung hat der Gesetzgeber im August 2002 in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen. Mit der Beschränkung der Haftung zu Gunsten unfallbeteiligter Kinder geht aber keine erhöhte Aufsichtspflicht der Eltern einher.

Dies hat nunmehr das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg entschieden. In dem zu Grunde liegenden Fall hatte ein neunjähriger Junge versucht, eine Straße zu überqueren. Dabei hatte er nicht auf den Verkehr geachtet. Ein Motorradfahrer musste sein Motorrad herumreißen und auf die Seite legen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Dabei wurden Motorrad und Kleidung beschädigt und der Fahrer verletzt. Dieser verklagte die Eltern sodann auf Schadenersatz, da sie nach seiner Ansicht ihre Aufsichtspflicht verletzt hätten.

Das OLG wies die Klage jedoch ab. Es sei keine Aufsichtspflichtverletzung der Eltern erkennbar. Die Aufsichtspflicht sei insbesondere nicht dadurch verletzt, dass die Eltern ihren Sohn allein ohne präsente Aufsicht im öffentlichen Straßenverkehr hätten Fahrrad fahren lassen. Üblicherweise würden Kinder jedenfalls zu Beginn der allgemeinen Schulpflicht mit sechs Jahren an die Teilnahme am Straßenverkehr herangeführt und gewöhnt. Es entspreche daher gesicherter Rechtsprechung, dass ein neunjähriges Kind, das ein Fahrrad hinreichend sicher fahren könne, über Verkehrsregeln eindringlich unterrichtet worden sei und sich gewisse Zeit im Verkehr bewährt habe, auch ohne Überwachung durch die Eltern mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teilnehmen könne. Die Gesetzesänderung, nach der Kinder bis zehn Jahre nunmehr von einer Eigenhaftung ausgenommen seien, gebe keinen Anlass, von diesen Grundsätzen abzuweichen und eine verschärfte Aufsichtspflicht der Eltern anzunehmen. Der Gesetzgeber habe durch die Neuregelung lediglich dem typischen Fehlverhalten von Kindern der Altersgruppe unter zehn Jahren Rechnung tragen wollen. Es sei ihm dagegen nicht darum gegangen, die Haftung der Eltern zu verschärfen und damit letztlich nur die Haftungsrisiken innerhalb der Familie umzuschichten. Es sei auch weiterhin erforderlich, dass Kinder der genannten Altersgruppe nach den dargestellten Grundsätzen an eine eigenverantwortliche Teilnahme am Straßenverkehr herangeführt würden - entsprechend ihrer Entwicklung auch in Abwesenheit der Eltern. Hierin könne dann keine Aufsichtspflichtverletzung gesehen werden (OLG Oldenburg, 1 U 73/04).

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Straßenverkehrsgefährdung: Begriff des öffentlichen Straßenverkehrs

Eine Verurteilung wegen rauschbedingter Fahruntüchtigkeit setzt ein Verhalten im öffentlichen Verkehrsraum voraus. Zumindest muss ein unmittelbarer Bezug des Geschehens zum öffentlichen Verkehr gegeben sein.

Mit dieser Begründung hat es das Landgericht (LG) Bonn abgelehnt, einem Autofahrer vorläufig die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dieser hatte mit einem Pkw im fahruntüchtigen Zustand den Garagenhof eines Mehrfamilienhauses befahren, der nur über eine schmale Zufahrt von der Straße erreicht werden konnte. Der Garagenhof war der Nutzung der Mieter des Hauses bzw. des Eigentümers vorbehalten.

Das LG führte aus, dass der Autofahrer keiner der Katalogtaten dringend verdächtig sei, die zum Entzug der Fahrerlaubnis führen würden. Eine Verurteilung wegen rauschbedingter Fahruntüchtigkeit scheide aus, da es sich bei dem Garagenhof vor dem Mehrfamilienhaus nicht um öffentlichen Verkehrsraum handelt. Verkehrsflächen seien ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse

  • öffentlich i.S. des Straßenverkehrsrechts, wenn sie entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten jedermann oder zumindest einem nicht näher bestimmten Personenkreis zur verkehrsmäßigen Benutzung zur Verfügung stünden;

  • nicht öffentlich, wenn der Verfügungsberechtigte ihre Nutzung nur einem beschränkten Personenkreis gestatte, sofern dieser Kreis so eng gezogen sei, dass die Öffentlichkeit des Verkehrsraums mit Recht als ausgeschlossen betrachtet werde.

Zwar werde der Begriff "im Straßenverkehr" in verschiedenen Straftatbeständen weiter gefasst. Es könnten daher auch Vorfälle erfasst werden, die sich nicht im öffentlichen Verkehrsraum auswirken, wie z.B. im Straßengraben oder einem angrenzenden Feld. Es müsse aber auch in diesen Fällen ein unmittelbarer Bezug des Geschehens zum öffentlichen Verkehr gegeben sein. Das sei hier angesichts der örtlichen Verhältnisse nicht der Fall (LG Bonn, 34 Qs 187/04).

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Abschließende Hinweise


Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 beträgt 1,21 Prozent.
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 6,21 Prozent

  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 3,71 Prozent

  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 9,21 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent

  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent

  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent

  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent

  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent

  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent

  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent

  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent

  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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