Monatsbrief Januar 2017

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 01/2017:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht & WEG

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

Arbeitsschutz: Im Homeoffice gelten die gleichen Richtlinien für Arbeitssicherheit wie im Büro

| Jeder dritte Arbeitnehmer würde gerne von zu Hause aus arbeiten, jeder zehnte macht es bereits in einzelnen Fällen. Im Zeitalter der digitalen Vernetzung ist das Konzept Homeoffice in immer mehr Berufen möglich und hat viele Vorteile: mehr Flexibilität, keine zeitaufwendigen Arbeitswege und eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie. In Deutschland besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Arbeit im Homeoffice. Arbeitgeber und Arbeitnehmer entscheiden individuell nach Absprache, ob und in welchem Umfang der Job in die eigenen vier Wände verlegt werden kann. Damit die Arbeit dort genauso reibungslos und sicher wie im Büro abläuft, müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestimmte Regeln befolgen. Die wichtigsten Regeln geben das Arbeitsschutzgesetz und die Bildschirmarbeitsverordnung vor. |

Individuelle Gefährdungsbeurteilung nötig

Mögliche Gefährdungen und Belastungen werden in einer Gefährdungsbeurteilung ermittelt. Um diese zu erstellen, benötigt entweder der Arbeitgeber eine Fachkraft für Arbeitssicherheit oder der Betriebsarzt ein Zutrittsrecht zur Wohnung des Arbeitnehmers. „Im Homeoffice gelten die gleichen sicherheitstechnischen und ergonomischen Standards wie im Büro“, sagt Werner Lüth, Fachgebietsleiter für Arbeitssicherheit bei TÜV Rheinland. „Ein Notebook ist aus ergonomischer Sicht eher ungeeignet zum täglichen Arbeiten“, so der Experte. Ein externer Bildschirm und eine externe Tastatur müssen in diesem Fall vom Arbeitgeber bereitgestellt, Arbeitsmittel wie Drucker oder Aktenvernichter in geeigneten Intervallen geprüft und gewartet werden.

Gesetzliche Unfallversicherung

Telearbeitnehmer genießen grundsätzlich den vollen Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Ausführung ihrer beruflichen Tätigkeit. Sinnvoll für erfolgreiches, gesundes Arbeiten im Homeoffice ist die klare Trennung zwischen Wohn- und Arbeitsplatz. Zudem sollten auch Ruhe- und Pausenzeiten bewusst eingeplant werden.

Quelle | TÜV Rheinland AG

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Kündigungsrecht: Hitlergruß rechtfertigt fristlose Kündigung

| Einem ArbN, der dem Betriebsratsvorsitzenden mit einem Hitlergruß gegenübertritt, darf fristlos gekündigt werden. Diese Geste ist ein nationalsozialistisches Kennzeichen, das in einem Arbeitsverhältnis nicht hingenommen werden muss. |

So entschied es das Arbeitsgericht Hamburg im Fall eines Transportfahrers. Dieser nahm Ende 2015 an einer Betriebsversammlung teil. Hierbei kam es zu einer Auseinandersetzung mit dem Betriebsratsvorsitzenden. Kurze Zeit später traf der Arbeitnehmer auf den Betriebsratsvorsitzenden und hob seinen ausgestreckten Arm zum Hitlergruß. Gleichzeitig sagte er: „Du bist ein Heil, du Nazi!“ Nachdem der Betriebsrat der Kündigung zustimmte, beendete der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich.

Nach Ansicht des Arbeitsgerichts beendete die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Der Hitlergruß durch Erheben des ausgestreckten Armes ist aus Sicht der Kammer ein wichtiger Kündigungsgrund. Diese Geste sei ein nationalsozialistisches Kennzeichen, das in einem Arbeitsverhältnis nicht hingenommen werden muss. Dies gelte umso mehr, wenn man noch die Aussage hinzuziehe: „Du bist ein Heil, du Nazi“. Hierdurch werde der Adressat grob beleidigt.

Soweit der ArbN meint, dass eine solche Handlung für ihn „nur“ als beleidigend und nicht rechtsradikal zu werten sei, da er türkischer Abstimmung sei, und deshalb kein deutsch-nationalsozialistisches Gedankengut aufweisen könne, vermochte die Kammer dieser Ansicht nicht zu folgen. Die Frage der Abstammung beinhalte keine Antwort auf die Frage der inneren Haltung.

Quelle | Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 20.10.2016, 12 Ca 348/15, Abruf-Nr. 190036 unter www.iww.de.

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Abmahnung: Keine Pflicht zur Teilnahme an einem Personalgespräch während der Arbeitsunfähigkeit

| Ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, muss er nicht auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb erscheinen, um dort an einem Gespräch zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit teilzunehmen. |

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Krankenpflegers. Dieser war nach einem Unfall über ein Jahr arbeitsunfähig krank. Der Arbeitgeber lud ihn während der Arbeitsunfähigkeit zweimal zu einem Personalgespräch ein. Hier sollte die weitere Beschäftigungsmöglichkeit geklärt werden. Der Krankenpfleger sagte beide Termine unter Hinweis auf seine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit ab. Er legte auch das für den zweiten Termin geforderte spezielle ärztliche Attest nicht vor. Daraufhin mahnte ihn der Arbeitgeber ab.

Zu Unrecht, entschied das BAG. Grundsätzlich müsse der Arbeitnehmer zwar an einem Personalgespräch teilnehmen, in dem Inhalt, Ort und Zeit der zu erbringenden Arbeitsleistung besprochen werden sollen. Allerdings muss der erkrankte Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen. Daher ist er grundsätzlich nicht verpflichtet, im Betrieb zu erscheinen oder sonstige, mit seiner Hauptleistung unmittelbar zusammenhängende Nebenpflichten zu erfüllen.

Während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist es dem Arbeitgeber allerdings nicht schlechthin untersagt, mit dem erkrankten Arbeitnehmer in einem zeitlich angemessenen Umfang in Kontakt zu treten, um mit ihm im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Möglichkeiten der weiteren Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu erörtern. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber hierfür ein berechtigtes Interesse aufzeigt. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist jedoch nicht verpflichtet, hierzu auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn dies ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen unverzichtbar ist und der Arbeitnehmer dazu gesundheitlich in der Lage ist. Dabei muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass das Erscheinen im Betrieb unverzichtbar ist.

Das konnte der Arbeitgeber im vorliegenden Fall nicht. Darum musste der Krankenpfleger der Anordnung nicht nachkommen, im Betrieb zu einem Personalgespräch zu erscheinen. Die Abmahnung ist daher zu Unrecht erfolgt. Der Krankenpfleger kann daher verlangen, dass sie aus der Personalakte entfernt wird.

Quelle | BAG, Urteil vom 2.11.2016, 10 AZR 596/15, Abruf-Nr. 190038 unter www.iww.de.

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Mindestlohn: Mindestlohn für Pflegehilfs- und alle Betreuungskräfte in der Altenpflege steigt zum 1.1.17

| Zum 1.1.2017 steigt der Mindestlohn in der Altenpflege für die gut 400.000 Pflegehilfskräfte der voll- und teilstationären sowie der ambulanten Altenpflege und für die nahezu 45.000 Betreuungskräfte erneut deutlich an. |

Der Mindestlohn, also die absolute Untergrenze, die mindestens bezahlt werden muss, liegt dann bei 10,20 EUR je Zeitstunde im Westen und bei 9,50 EUR im Osten. Aktuell beträgt der Pflegemindestlohn 9,75 EUR in den alten und 9,00 EUR in den neuen Bundesländern. Mit der erneuten Erhöhung ab 1.1.2017 liegt der Pflege-Mindestlohn weiter deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn, der zum 1.1.2017 bundesweit einheitlich von 8,50 EUR auf 8,84 EUR angehoben wurde.

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Beamtenrecht: Kein Islamisches Gedankengut bei der Bundespolizei

| Ein Bewerber um eine Ernennung zum deutschen Beamten muss gewährleisten, dass er sich jederzeit durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des GG bekennt und für deren Erhaltung eintritt. Auch muss ein Beamter jeden Schein der Identifikation mit einem dem freiheitlichen Rechtsstaat zuwiderlaufenden Gedankengut vermeiden. |

Zu diesem Ergebnis kam das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz. Damit lehnte es den Eilantrag eines Mannes ab, der seine Ausbildung zum Bundespolizeibeamten erzwingen wollte. Durch sein Verhalten bestünden berechtigte Zweifel an dessen Verfassungstreue. Er habe ein Video und andere Dokumente radikal-islamistischen Inhalts in das Internet eingestellt, anderen zugänglich gemacht und sich davon nicht distanziert. Daher entstehe der Eindruck, er identifiziere sich mit den Inhalten.

Quelle | VG Koblenz, Urteil vom 3.11.2016, 2 L 1159/16.KO, Abruf-Nr. 190035 unter www.iww.de.

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Baurecht

Nachbarschutz: Stiftung darf „Hoffnungshaus“ zur Anschlussunterbringung von Flüchtlingen bauen

| Das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart hat den Eilantrag von Nachbarn gegen die der Hoffnungsträger Stiftung erteilten Baugenehmigung zur Errichtung eines „Wohngebäudes zur integrativen Unterbringung von Flüchtlingen in Anschlussunterbringung, Bewohnern mit Wohnberechtigungsschein und Obdachlosen“ und sechs Stellplätzen in Berkheim/Esslingen abgelehnt. |

Die Nachbarn hatten darauf verwiesen, dass ihr Gebietserhaltungsanspruch durch das geplante Bauvorhaben verletzt werde. Das VG führte aus, dass das genehmigte Vorhaben aller Voraussicht nach nicht gegen nachbarschützende Vorschriften verstoße. Mit dem Gebietserhaltungsanspruch können die Antragsteller nicht durchdringen. Da das geplante Vorhaben und das Grundstück der Antragsteller nicht in demselben Baugebiet lägen, hätten sie keinen Anspruch auf Bewahrung der dort festgesetzten Gebietsart.

Auch das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt. Es dürfe zwar zutreffen, dass das geplante Vorhaben massiver sei als die im angrenzenden Baugebiet vorhandenen Gebäude. Es gebe jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Vorhaben eine das Nachbargrundstück geradezu „erdrückende Wirkung“ entfalten könne. Zwischen dem Grundstück der Antragsteller und dem geplanten Flüchtlingswohnheim liege ein Abstand von 12,5 m. Wie sich angesichts dieser beachtlichen Entfernung aus der Masse des Gebäudes eine unzumutbare Beeinträchtigung ergeben solle, erschließe sich dem Gericht nicht.

Quelle | VG Stuttgart, Beschluss vom 2.11.2016, 2 K 5230/16, Abruf-Nr. 190528 unter www.iww.de.

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Bauordnungsrecht: Ein blickdichter Zaun ist nicht zwingend verunstaltend

| Einen blickdichten Zaun zum Nachbargrundstück zu errichten, muss nicht zwingend gegen das baurechtliche Verunstaltungsverbot verstoßen. |

Das machte das Verwaltungsgericht (VG) Berlin im Fall des Eigentümers einer Doppelhaushälfte deutlich. Die andere Doppelhaushälfte befindet sich auf dem Nachbargrundstück. Rückwärtig befindet sich eine ähnlich wie das Doppelhaus über beide Grundstücke errichtete Remise. Es entsteht so ein zu den Seiten offener Hofraum, durch dessen Mitte die Grundstücksgrenze verläuft. Der Kläger errichtete ohne Genehmigung auf der Grundstücksgrenze einen ca. 1,70 m hohen und 9,90 m langen Metallzaun mit Kunststofflamellen (Marke „Guck nicht“), weil er sich von der Eigentümerin des Nachbargrundstücks belästigt fühlte. Auf deren Anzeige gab das Bezirksamt dem Kläger auf, jede zweite horizontale Kunststofflamelle aus dem Metallzaun zu entfernen, da die Abschirmung verunstaltend wirke.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem VG Berlin Erfolg. Zwar könne die Baubehörde die teilweise Beseitigung von Anlagen anordnen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet worden seien. Die Voraussetzungen lägen aber nicht vor. Verunstaltend sei eine bauliche Anlage nur, wenn sie aus der Sicht eines für ästhetische Eindrücke aufgeschlossenen Menschen eine das Maß der bloßen Unschönheit überschreitende, den Geschmacksinn verletzende Hässlichkeit aufweise. Daran fehle es hier. Eine Verunstaltung des Orts- oder Landschaftsbildes könne aufgrund der eher geringen Abmessungen des Zauns und seines Standorts inmitten einer Hofsituation nicht angenommen werden. Im Übrigen habe der Gesetzgeber blickdichte Einfriedungen unabhängig von ihrer Länge privilegiert, um soziale Distanz zu schaffen. Diese Wertung dürfe nicht durch eine zu extensive Ausdehnung der Rechtsprechung zur Verunstaltung unterlaufen werden. Allerdings sei es dem Verordnungsgeber unbenommen, strengere ästhetische Maßstäbe in einer entsprechenden Verordnung festzulegen.

Quelle | VG Berlin, Urteil vom 20.10.2016, VG 13 K 122.16, Abruf-Nr. 190527 unter www.iww.de.

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Architektenvertrag: Unterschreiben, eingescannt und per E-Mail verschickt: Schriftform der Kündigung ist so gewahrt

| Die Kündigung eines Werkvertrags kann grundsätzlich formlos erfolgen. Die Parteien eines Planervertrags können aber vereinbaren, dass die Kündigung des Vertragsverhältnisses der Schriftform bedarf. Um die durch Vertrag bestimmte schriftliche Form zu wahren genügt auch die telekommunikative Übermittlung. |

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. Nach Ansicht des Gerichts zählen hierzu aufgrund des inzwischen modernen technischen Standards und der mittlerweile weiten Verbreitung nicht nur das Telegramm oder Telefax, sondern auch die E-Mail und das Computerfax.

Quelle | OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 16.3.2015, 4 U 265/14, Abruf-Nr. 146608 unter www.iww.de.

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Baumängel: Der Verkäufer eines Hausgrundstücks muss den Erfolg von Mängelbeseitigungen nicht kontrollieren

| Hat der Verkäufer eines Hausgrundstücks mit der Beseitigung eines Baumangels (Befall mit Holzbock beseitigen) ein Fachunternehmen beauftragt, muss er nicht kontrollieren, ob die Sanierungsbemühungen erfolgreich waren. Mit dem Verzicht auf eine Erfolgskontrolle nach Ausführung der Arbeiten nimmt er nicht billigend in Kauf, dass der Mangel später wieder auftritt. |

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter stellten klar: Kennt der Verkäufer dagegen konkrete Umstände, die den Verdacht begründen, die Mangelbeseitigung habe keinen Erfolg gehabt und teilt er diese Umstände dem Käufer nicht mit, nimmt er das Vorliegen eines Mangels in Kauf und handelt arglistig.

Gegenüber dem Käufer des Hausgrundstücks muss der Verkäufer im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast, die Einzelheiten der von ihm ergriffenen Mangelbeseitigungsmaßnahmen näher erläutern.

 

Quelle | BGH, Urteil vom 19.02.2016, V ZR 216/14, Abruf-Nr. 184780 unter www.iww.de.

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Familien- und Erbrecht

Kindesunterhalt: Kein Unterhaltsanspruch für Studium, wenn volljähriges Kind lange im erlernten Beruf arbeitet

| Hat der Vater eines volljährigen Kindes keine Kenntnis über dessen Absicht, ein Studium aufzunehmen, hat das Kind keinen Anspruch auf weitergehenden Unterhalt. Das gilt zumindest, wenn das Kind nach der Hochschulreife eine studiennahe Berufsausbildung absolviert hat und über einen nicht unerheblich langen Zeitraum (hier über zwei Jahre) in dem erlernten Beruf gearbeitet hat. |

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. Nacht Ansicht der Richter sei es dem Vater unzumutbar, das Studium zu finanzieren. Dafür spreche vor allem der Umstand, dass der Vater angesichts des Alters seiner Tochter nicht mehr damit rechnen musste, dass diese noch ein Studium aufnehmen würde. Dies würden auch die finanziellen Dispositionen zeigen, die der Vater gemeinsam mit seiner jetzigen Ehefrau getroffen hat, wie etwa der Erwerb eines Eigenheims oder die Inanspruchnahme verschiedener Konsumkredite. Dies lasse darauf schließen, dass er darauf vertraut hat, nicht mehr für weiteren Kindesunterhalt in Anspruch genommen zu werden. Auch sei es nicht von vornherein naheliegend, bei einer Abiturnote von 2,3 ein Medizinstudium anzustreben. Die Tochter habe wegen des insoweit bestehenden Numerus Clausus durchaus damit rechnen müssen, auch dauerhaft keinen Studienplatz zu erhalten.

Quelle | OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 28.7.2016, 5 UF 370/15, Abruf-Nr. 190496 unter www.iww.de.

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Immobilienrecht: Immobilie kaufen: Ja! – Heiraten: Nein!

| Ein gemeinsamer Immobilienkauf von unverheirateten Paaren birgt viele rechtliche Risiken. Um Interessenkonflikte zu vermeiden und auch ohne Trauschein Rechtssicherheit zu haben, sollten sich die Paare vor dem Kauf einer Immobilie beraten lassen und vertragliche Regelungen treffen. |

Käufer von Immobilien sind immer öfter unverheiratete Paare. Oft merken sie erst bei einer Trennung, welche Rechte und Pflichten sie eingegangen sind, da das Gesetz für Unverheiratete – anders als für Ehepaare – die Vermögensauseinandersetzung bei einer Trennung nicht regelt. „Die Situation wird dann häufig als ungerecht empfunden“, erklärt Lisa Sönnichsen, Geschäftsführerin der Hamburgischen Notarkammer, und rät zu einem vorherigen „selbstbestimmten Ausgleich durch individuelle Verträge“. So kann verhindert werden, dass Auseinandersetzungen der Ex-Partner über die Aufteilung des gemeinsamen Vermögens nach der Trennung zum Verlust des Immobilieneigentums führen.

Wer ist Eigentümer der Immobilie – vor und nach der Trennung?

Wer der gesetzliche Eigentümer einer Immobilie ist, bestimmt sich danach, was im Grundbuch steht. Erwerben zwei Personen eine Immobilie, können sie beispielsweise zu gleichen Teilen eingetragen werden. Die Immobilie gehört dann beiden je zur Hälfte. Finanziert einer der Partner mehr als der andere, besteht alternativ die Möglichkeit, die Miteigentumsanteile an der Immobilie entsprechend anzupassen. Soll unterschiedlichen Finanzierungsbeiträgen flexibel Rechnung getragen werden, kann eine Immobilie zudem in Gesellschaft bürgerlichen Rechts erworben werden. Schließlich besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass einer der Partner die Immobilie alleine erwirbt und als alleiniger Eigentümer im Grundbuch eingetragen wird. Egal, welches Erwerbsmodell im Einzelfall gewählt wird: die im Grundbuch eingetragenen Eigentumsverhältnisse bleiben von Finanzierungsmodellen, Absprachen der Partner bezüglich der Nutzung der Immobilie und möglichen Trennungen unberührt.

Wer haftet in welchem Umfang für die eingegangenen Darlehen?

Obwohl ebenso getrennte Darlehen aufgenommen werden könnten, bestehen Banken meistens auf dem Abschluss eines Darlehensvertrags. „Die Bank kann dann in der Regel beide Partner unabhängig voneinander und in Höhe der gesamten Darlehenssumme in die Haftung nehmen“, erklärt Sönnichsen. Dies gilt unabhängig davon, wer Eigentümer des Grundstücks ist. Auch eine Trennung oder ein Auszug aus dem finanzierten Objekt ändert nichts an der Rechtslage.

Was sollten unverheiratete Paare beim Immobilienkauf beachten?

Vor diesem Hintergrund und weil bei einem Immobilienerwerb beide Partner meistens erhebliche finanzielle Beiträge und/oder persönliche Arbeitsleistungen leisten, sollten Nutzungsrechte und Ausgleichsansprüche zwischen den Partnern, insbesondere für den Fall der Trennung, im Vorfeld geregelt werden. Darüber hinaus kann zwischen den Partnern in einer Miteigentümervereinbarung oder einem Gesellschaftsvertrag geregelt werden, wie die Lasten zu verteilen sind und wer im Fall einer Trennung in der Immobilie verbleibt. „Ratsam ist darüber hinaus, Vorsorge für den Todesfall zu treffen“, so Sönnichsen, denn das Gesetz sieht Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht als Erben vor.

Quelle | Hamburgische Notarkammer

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Ehescheidung: Voraussetzungen für die Scheidung einer Ehe vor Ablauf des Trennungsjahres

| Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Ausspruch der Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres nicht vor, wird ein Scheidungsantrag zurückgewiesen. |

Das stellte das Amtsgericht Langenfeld noch einmal klar. Das Gericht verwies darauf, dass eine Ehe geschieden werden könne, wenn sie gescheitert ist. Eine Ehe ist nach den Vorschriften des BGB gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen. Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben. Das Getrenntleben setzt aber voraus, dass die häusliche Gemeinschaft aufgehoben ist. Voraussetzung für ein Getrenntleben innerhalb der Ehewohnung ist, dass kein gemeinsamer Haushalt geführt wird und zwischen den Ehegatten keine wesentlichen persönlichen Beziehungen mehr bestehen.

Das sei nach der Entscheidung des Gerichts vorliegend nicht der Fall gewesen. Beide Eheleute hätten bestätigt, dass sie bis kurz vor dem Gerichtstermin noch in der gemeinsamen Ehewohnung zusammengelebt haben. Während dieser Zeit habe man gemeinsam in einem Bett geschlafen, zudem habe es „ganz normale sexuelle Kontakte“ zwischen den Ehegatten gegeben. Zwar könne die Ehe auch geschieden werden, wenn die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt leben. Dann müsse aber nachgewiesen werden, dass es für den Antragsteller eine unzumutbare Härte sein müsse, die Ehe fortzusetzen. Die Gründe dafür müssten in der Person des anderen Ehegatten liegen. Auch dies sei vorliegend nicht nachgewiesen worden. Daher sei der Scheidungsantrag zurückzuweisen.

Quelle | Amtsgericht Langenfeld, Urteil vom 11.8.2016, 8 F 69/12, Abruf-Nr. 190497 unter www.iww.de.

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Erbrecht: Gradualsystem in § 1928 Abs. 3 BGB ist verfassungsgemäß

| Wenn Urgroßeltern nicht mehr leben, bestimmt § 1928 Abs. 3 BGB, dass von deren Abkömmlingen alleine derjenige erbt, der mit dem Erblasser dem Grade nach am nächsten verwandt ist. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. hält diese Regelung für verfassungsgemäß. |

Der Verwandtschaftsgrad wird durch die Zahl der Geburten bestimmt, aus denen sich die Verwandtschaft zum Erblasser ergibt. Um den nächsten Verwandten zu ermitteln, genügt Folgendes: Ausgehend von den Urgroßeltern sind die vermittelnden Geburten zu zählen.

Dieser Übergang vom Parentelsystem zum Gradualprinzip für die gesetzlichen Erben ab der vierten Ordnung ist nach Ansicht des OLG verfassungsgemäß. Verfassungsrechtlich garantiert wird ohnehin nur die gesetzliche Erbfolge der engeren Familie. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Auswahl der Verwandten anhand des Grades der Verwandtschaft zum Erblasser für gesetzliche Erben ab der vierten Ordnung unterfällt nicht der verfassungsrechtlichen Garantie des in Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Erbrechts. Auch Art. 6 GG schützt nur die engere Familie.

Quelle | OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 21.7.2016, 21 W 82/16, Abruf-Nr. 189595  unter www.iww.de.

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Mietrecht & WEG

WEG: WEG-Versammlung darf grundsätzlich nicht unterbrochen werden

| Die Unterbrechung einer Eigentümerversammlung, um den von einem Beschlussanfechtungsverfahren betroffenen Wohnungseigentümern ein Informationsgespräch mit ihrem Rechtsanwalt zu ermöglichen, entspricht regelmäßig nicht einer ordnungsmäßigen Durchführung der Versammlung. Eine solche Unterbrechung kann nur unter besonderen Umständen gerechtfertigt sein, etwa wenn der Beratungsbedarf erst aufgrund der in der Versammlung geführten Diskussion entsteht. |

Dies hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Er hat ausgeführt, dass auch ein rechtsmissbräuchliches Ausnutzen formaler Gestaltungsmöglichkeiten nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses führen würde. Er hat offengelassen, ob eine ermessensfehlerhafte Unterbrechung der Eigentümerversammlung den Beschluss anfechtbar machen kann.

Quelle | BGH, Urteil vom 8.7.2016, V ZR 261/15, Abruf-Nr. 189581 unter www.iww.de.

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Mietmangel: Baustellenlärm ist kein Mangel, wenn ihn auch der Vermieter dulden muss

| Baustellenlärm ist als Mangel der Mietsache anzusehen, wenn er die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch mindert. Auf die Frage der Üblichkeit des Lärms kommt es nur an, wenn die Parteien bei Abschluss des Mietvertrags eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben, aufgrund derer der Mieter den – darin näher zu definierenden – „üblichen“ Lärm dulden muss. |

Hierauf wies das Landgericht (LG) München hin. Die Richter machten zudem deutlich, dass aber auch ohne eine solche Beschaffenheitsvereinbarung nachträglich erhöhte Geräuschimmissionen, die von einem Nachbargrundstück ausgehen, grundsätzlich keinen zur Mietminderung berechtigenden Mangel begründen, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen muss.

Für die Beweislast hinsichtlich der einen Mangel begründenden Lärmimmissionen gilt,

  • der Mieter muss beweisen, dass der Mietgebrauch durch den Lärm tatsächlich beeinträchtigt ist,
  • der Vermieter trägt umgekehrt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen muss, also kein Mangel vorliegt.

Quelle | LG München, Urteil vom 27.10.2016, 31 S 58/16, Abruf-Nr. 190500 unter www.iww.de.

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Kosten: Streitwert einer Untermieterlaubnis

| Es ist streitig, wie das Interesse des Klägers zu bewerten ist, eine Untermieterlaubnis zu erlangen. Das Kammergericht (KG) hat sich jetzt dazu positioniert. |

Teilweise wird auf den Jahresbetrag der erwarteten Untermiete abgestellt. Teilweise wird der Streitwert (bei unbestimmter Dauer des Untermietverhältnisses) in Anlehnung an § 9 ZPO nach dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag der erwarteten Miete bemessen. Das KG schließt sich nun der letztgenannten Ansicht an und legt nach den allgemeinen Vorschriften für den Streitwert den dreieinhalbfachen Jahresbetrag zugrunde.

Quelle | KG, Urteil vom 25.10.2016, 8 W 48/16, Abruf-Nr. 190501 unter  www.iww.de. 

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WEG: Fällen von prägenden Bäumen: Mehrheitsbeschluss reicht nicht

| Möchte eine Wohnungseigentümergemeinschaft auf dem im Gemeinschaftseigentum stehenden Grundstück Bäume fällen lassen, ist stets zu prüfen, ob hier eine bauliche Veränderung vorliegt, die nicht mit Stimmenmehrheit beschlossen werden kann. |

Darauf wies das Amtsgericht Hamburg-Blankenese hin. Vorliegend hatte eine Wohnungseigentümergemeinschaft per Mehrheitsbeschluss beschlossen, zwei den Charakter der Außenanlage prägende Bäume zu fällen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass diese zum Zeitpunkt der Beschlussfassung krank waren oder die Tiefgarage gefährdeten.

Das Amtsgericht hat hierin eine bauliche Veränderung gesehen, da eine vorhandene Bepflanzung radikal beseitigt und damit der optische Eindruck und Charakter der Außenanlage deutlich verändert werden sollte. Eine solche Veränderung könne nicht mit Stimmenmehrheit beschlossen werden.

Quelle | Amtsgericht Hamburg-Blankenese, Urteil vom 18.5.2016, 539 C 32/15, Abruf-Nr. 189390 unter www.iww.de.

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Mietgebrauch: Auf gemieteter Loggia dürfen keine Bäume gepflanzt werden

| Der Vermieter kann verlangen, dass der Mieter einen auf der zur gemieteten Wohnung gehörenden Loggia gepflanzten Baum (hier: Bergahorn) beseitigt. |

Diese Entscheidung traf das Landgericht (LG) München. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass das Pflanzen von Bäumen auf einem Balkon bzw. einer Loggia nicht mehr vom üblichen Mietgebrauch gedeckt ist.

Quelle | LG München, Urteil vom 8.11.2016, 31 S 12371/16, Abruf-Nr. 190502  unter www.iww.de.

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Verbraucherrecht

Autokauf: Auch bei Bagatellschäden dürfen Käufer die Abnahme verweigern

| Selbst bei einem geringfügigen Mangel wie einer Delle im Lack kann ein Käufer die Abnahme des Fahrzeugs und Zahlung des Kaufpreises verweigern. Das hat der BGH entschieden. |

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Fall entschieden, in dem ein Neuwagen kostenfrei am Wohnsitz des Käufers ausgeliefert werden sollte. Als die vom Autohändler beauftragte Spedition das Fahrzeug übergab, wies es einen Lackschaden an der Fahrertür auf. Im Lieferschein ist notiert: „Kleine Delle Fahrertür, Kosten der Ausbesserungen werden von ... (Name des Händlers) übernommen“. Noch am selben Tag erklärte der Käufer, dass er das Fahrzeug zurückweise und den Kaufpreis nicht freigebe. Der Händler bot einen Nachlass von maximal 300 EUR an, obwohl ein Lackierbetrieb die Kosten auf mehr als 500 EUR geschätzt hatte. Darauf ließ sich der Käufer nicht ein.

Nach einigem Hin und Her musste der Händler den Wagen aus Wangen/Allgäu zu sich nach Oberbayern holen, ausbessern und ein zweites Mal ausliefern lassen. Seine Klage auf Ersatz von Transportkosten, Standgeld sowie Verzugszinsen blieb in allen drei Instanzen ohne Erfolg.

Quelle | BGH, Urteil vom 26.10.2016, VIII ZR 211/15, Abruf-Nr. 189686 unter www.iww.de.

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Bausparvertrag: Bausparkasse darf Bausparvertrag nicht vor Zuteilungsreife kündigen

| Eine Bausparkasse darf einen Bausparvertrag nicht vor dessen Zuteilungsreife kündigen. Das gilt auch, wenn der Vertrag bereits zuteilungsreif ist. Tut sie es doch, ist die Kündigung unwirksam. |

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hin. Geklagt hatte ein Ehepaar, das bereits im Jahr 1991 einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 23.000 DM abgeschlossen hatte. Der Bausparvertrag war seit 2002 zuteilungsreif. Das Darlehen wurde allerdings von den Klägern nicht abgerufen. Das Bausparguthaben wird nach den vertraglichen Vereinbarungen mit 2,5 Prozent verzinst. Im Jahr 2015 hatte die Bausparkasse den Vertrag gekündigt. Gegen diese Kündigung wandten sich die Kläger, die den Vertrag fortsetzen wollen.

 

Bereits das Landgericht Karlsruhe hatte den Klägern recht gegeben. Die Berufung der Bausparkasse gegen dieses Urteil blieb vor dem OLG erfolglos. Anders als bei vollständiger Ansparung der Bausparsumme stehe der Bausparkasse im vorliegenden Fall kein gesetzliches Kündigungsrecht zu. Dessen Voraussetzungen lägen nicht vor, da die Bausparkasse – in der Ansparphase rechtlich in der Rolle der Darlehensnehmerin – das Darlehen nicht „vollständig empfangen“ habe. Vollständig empfangen habe die Bausparkasse das Darlehen, wenn die Bausparsumme erreicht sei, nicht bereits wenn der Bausparvertrag zuteilungsreif sei.

Das gesetzliche Kündigungsrecht könne im Hinblick auf die Besonderheiten des Bauspargeschäfts auch nicht entsprechend angewendet werden. Die Bausparkasse sei nicht schutzlos. Sie könne ihren Anspruch durchsetzen, dass der Vertrag bespart werde, bis die Bausparsumme erreicht sei. Kommt der Bausparer dieser Verpflichtung nicht nach, besteht nach den vertraglichen Vereinbarungen ein Kündigungsrecht.

 

Das OLG Karlsruhe hat sich mit dieser Entscheidung der Ansicht des OLG Stuttgart (30.3.2016, 9 U 171/15) angeschlossen. Da die Frage des Kündigungsrechts von Bausparkassen bei nicht vollständig angesparter Bausparsumme von den Obergerichten unterschiedlich beantwortet wird, hat der Senat die Revision zugelassen.

 

Quelle | OLG Karlsruhe, Urteil vom 8.11.2016, 17 U 185/15, Abruf-Nr. 189748 unter www.iww.de.

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Pflegestärkungsgesetz: Aktuelle Informationen zur Pflegereform und Begutachtung

| Das Informationsportal der Medizinischen Dienste (www.pflegebegutachtung.de) stellt umfassende Fachinformationen zur Pflegebegutachtung ab 2017 bereit und erläutert die dann gültigen Begutachtungs-Richtlinien. Das Themenportal des Bundesgesundheitsministeriums bietet zu den Pflegestärkungsgesetzen umfassende, aktualisierte Publikationen an. |

Zum 1.1.2017 gelten Neuerungen im Rahmen des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II). Das Fachmagazin Finanztest weist in seiner aktuellen Ausgabe darauf hin, dass Versicherte, die eine Pflegetagegeld-, Pflegekosten- oder Pflegerentenpolice besitzen, wegen der Pflegereform nichts unternehmen müssen. Es spielt dabei auch keine Rolle, ob bereits Leistungen bezogen werden oder nicht. Will der Anbieter seinen Tarif zum Jahresbeginn 2017 anpassen oder die Beiträge ändern, muss er den Versicherten benachrichtigen.

Ab 2017 sind für Hilfsmittel wie Gehhilfen oder Duschstühle auch keine Anträge mehr nötig, sofern der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) diese empfiehlt.

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Rechtsschutzversicherung: Versicherungsnachträge werden nicht automatisch Vertragsinhalt

| Rechtsschutzversicherer können die für Altverträge geltenden Versicherungsbedingungen nicht zu ihren Gunsten ändern, indem sie einen Nachtrag übersenden. So können sie Versicherungsschutz für Kapitalanlagen nicht einseitig durch Versicherungsnachträgen beigefügte Versicherungsbedingungen ausschließen. |

Das hat das Landgericht (LG) Berlin entschieden. Eine Bankkundin, die seit 2003 in einem Altvertrag ihres Ehemanns aus dem Jahr 1992 mitversichert war, benötigte für einen Rechtsstreit gegen ihre Bank Leistungen ihrer Rechtsschutzversicherung. Der Versicherer lehnte den Versicherungsschutz mit der Begründung ab, seit dem Jahr 2008 seien Streitigkeiten aus Kapitalanlagen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Der Altvertrag sei geändert worden. Die Kundin hätte mehrere Versicherungsnachträge erhalten, denen die neueren – ungünstigeren – Bedingungen beigefügt waren.

Dagegen klagte die Kundin mit Erfolg. Das LG erteilte der Vertragsänderung „durch die Hintertür“ eine Absage. Ohne eine ausdrückliche Änderungsvereinbarung könne der Rechtsschutzversicherer seine Versicherungsbedingungen nicht anpassen. Darüber hinaus hätte der Versicherer seinem Kunden ausdrücklich die Nachteile vor Augen führen müssen, die sich aus einer solchen Änderung der Versicherungsbedingungen für ihn ergeben. Da es weder eine ausdrückliche Vereinbarung noch einen Hinweis gab, blieb es bei den ursprünglichen Versicherungsbedingungen.

Quelle | LG Berlin, Urteil vom 11.2.2016, 7 O 46/15, Abruf-Nr. 187785 unter www.iww.de.

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Vereinsmitgliedschaft: Der Erbe wird nicht Vereinsmitglied, nur weil er den Beitrag weiter zahlt

| Nur weil der Erbe Mitgliedsbeiträge einer Erblasserin an einen Verein ohne den Hinweis auf deren Tod weitergezahlt hat, wird er nicht selbst Vereinsmitglied. |

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht München. Nach der Vereinssatzung endet die Mitgliedschaft durch Tod mit Ablauf des Geschäftsjahres. Die Erben sind jedoch berechtigt, die Mitgliedschaft fortzusetzen. Der Beklagte bezahlte die Mitgliedsbeiträge für die Erblasserin für die Jahre 2005 bis 2009. Ab 2010 wurden keine Mitgliedsbeiträge mehr gezahlt. Der Verein erfuhr erst durch das Gericht in 2013 vom Tod seines Mitglieds. Er meint, dass der Beklagte die Mitgliedschaft der Erblasserin übernommen habe, weil der die Mitgliedsbeiträge weitergezahlt hat.

Das Amtsgericht sah dies anders. Zwar seien nach der Vereinssatzung Erben berechtigt, die Mitgliedschaft fortzuführen. Dies setze jedoch eine Willenserklärung des Erben voraus. Eine ausdrückliche Willenserklärung liege nicht vor. Als konkludente Willenserklärung reiche es auch allein nicht aus, dass der Mitgliedsbeitrag weitergezahlt werde. Aus der reinen Zahlung könne nicht mit der erforderlichen Bestimmbarkeit darauf geschlossen werden, dass der Beklagte selbst den Vertrag mit dem Verein fortsetzen wolle. Auch sei der Erbe nicht verpflichtet gewesen, den Verein vom Tod der Erblasserin zu informieren.

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 23.3.2016, 242 C 1438/16, Abruf-Nr. 190303 unter www.iww.de.

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Verkehrsrecht

OWi-Recht: Werbeanhänger sind unerlaubte Straßennutzung

| Wer einen Werbeanhänger an einer Straße abstellt ohne eine Sondernutzungserlaubnis dafür zu haben begeht eine Ordnungswidrigkeit. |

Das musste sich der Geschäftsführer eines FKK-Clubs vor dem Amtsgericht München sagen lassen. Er hatte über mehrere Wochen zwei Pkw-Anhänger an Ausfallstraßen in München abgestellt. Die Seitenflächen der Anhänger waren vollständig mit Plakaten beklebt, auf denen deutlich sichtbar der Namen, die Anschrift und die Öffnungszeiten des Clubs angegeben waren. Außerdem war auf den Plakaten eine leicht bekleidete Frau zu sehen, die mit gespreizten Beinen posiert und mit einer Hand ihren Schambereich verdeckt. Halter der Anhänger ist eine Projektfirma in der Leopoldstraße in München.

Das Amtsgericht München verurteilte den Geschäftsführer wegen der Ordnungswidrigkeit des vorsätzlichen unerlaubten Gebrauchs einer Straße zur Sondernutzung zu einer Geldbuße in Höhe von 150 EUR. Der zuständige Richter war davon überzeugt, dass die Anhänger an den beiden Ausfallstraßen abgestellt wurden, um die daran vorbeifahrenden Verkehrsteilnehmer auf den FKK Club aufmerksam zu machen und für diesen Betrieb zu werben. Dafür wäre jedoch eine Sondernutzungserlaubnis nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz notwendig gewesen. Die lag aber nicht vor.

Der Geschäftsführer hatte in der Gerichtsverhandlung zugegeben, einen der Anhänger leer und unversperrt abgestellt zu haben. Der Anhänger gehöre jedoch einer Projektfirma und werde regelmäßig benutzt, um Bauschutt, Müll, Laub und Ähnliches zu beseitigen. Er selbst habe den Anhänger vor dem Abstellen für eine Müllentsorgung verwendet und ihn zur Weiternutzung durch die Halterin abgestellt. Für die Plakate an den Anhängern werde extra bezahlt. Ein Verantwortlicher der Halterin der Anhänger wurde als Zeuge vernommen. Er gab an, dass es fünf oder sechs Anhänger mit Werbeaufdrucken des FKK Clubs gäbe, die durch die Halterin selbst oder durch andere Firmen benutzt würden. Das Gericht glaubte der Einlassung nicht, dass der Anhänger zum Transport von Bauschutt und Abfällen verwendet werde. Der Anhänger sei seiner äußeren Gestaltung nach, insbesondere durch den verhältnismäßig hohen kastenförmigen Aufbau, dafür prädestiniert, auf seinen Seitenflächen großflächige Werbeplakate anzubringen. Im Gegensatz dazu ist der Zugang zu dem Laderaum des Anhängers über die beiden rückwärtigen Flügeltüren denkbar ungeeignet, um den Anhänger mit Abfällen und insbesondere mit Bauschutt zu beladen. Gerade für den Transport von Bauschutt werden üblicherweise Container verwendet, die von oben befüllt werden, so das Urteil.

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 15.2.2016, 1123 OWi 239 Js 100247/16, Abruf-Nr. 190498 unter www.iww.de.

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Unfallregulierung: Nichtberührungsunfall im Begegnungsverkehr: Geschädigter muss unfallursächliche Betriebsgefahr beweisen

| Stürzt ein Radfahrer auf einer schmalen breiten Straße ohne ein entgegenkommendes Fahrzeug zu berühren, muss der geschädigte Radfahrer beweisen, dass sein Sturz durch die Betriebsgefahr des Fahrzeugs mit beeinflusst wurde. Die bloße Anwesenheit eines fahrenden Fahrzeugs an der Unfallstelle reicht insoweit nicht aus. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer 75-jährigen Frau entschieden. Diese war mit ihrem Fahrrad einen drei Meter breiten Weg gefahren. Dabei kam ihr eine Pkw-Fahrerin mit einem 1,70m breiten Mercedes-Benz entgegen. Noch bevor sich die beiden begegneten, stürzte die Radfahrerin. Dabei fiel sie mit dem Kopf auf die Fahrbahn. Die Pkw-Fahrerin wich aus und geriet mit ihrem Fahrzeug in den rechtsseitigen Bewässerungsgraben. Bei dem Geschehen berührten sich Pkw und Fahrrad bzw. Radfahrerin nicht. Die Radfahrerin erlitt durch den Sturz schwere Kopfverletzungen, durch die sie ins Koma fiel. Ein Jahr später verstarb sie. Die für sie zuständige Krankenkasse und die Pflegekasse verlangten von der Fahrerin, der Fahrzeughalterin sowie der Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs aufgewandte Behandlungs- und Pflegekosten erstattet. Die Haftpflichtversicherung regulierte diese außergerichtlich zu einem Viertel. Im Rechtsstreit machen die klagenden Kassen weitere Behandlungskosten in Höhe von ca. 14.000 EUR sowie Pflegekosten in Höhe von ca. 16.000 EUR geltend.

Ihre Klage blieb jedoch erfolglos. Es stehe nicht fest, so die Richter, dass sich die von dem Pkw ausgehende Betriebsgefahr beim Sturz der Radfahrerin ausgewirkt habe. Hierzu müsse das Fahrzeug durch seine Funktion als Fortbewegungs- und Transportmittel den Unfall in irgendeiner Form mit beeinflusst haben. Bei einem Unfall ohne Berührung der Verkehrsteilnehmer müsse ein Fahrzeug durch seine Fahrweise dazu beigetragen haben, dass der Unfall entsteht. Die bloße Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Fahrzeugs an der Unfallstelle reiche hierzu nicht aus.

Dass sich beim Unfall die Betriebsgefahr des Fahrzeugs ausgewirkt habe, müssten im Streitfall die klagenden Kassen beweisen, weil es um eine Haftungsvoraussetzung gehe. Dieser Nachweis sei nicht geführt. Nach der Darstellung der beklagten Fahrerin sei die Geschädigte bereits in einer Entfernung von ca. 30 bis 35 Metern von ihrem Fahrzeug gestürzt. Hiernach habe das Fahrzeug den Sturz nicht mit veranlasst. Ein abweichender Unfallhergang, nach welchem ein Zusammenhang zwischen der vom Beklagtenfahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr und dem Sturz der Radfahrerin anzunehmen sei, etwa ein vom Pkw veranlasstes Ausweichmanöver der Radfahrerin, sei nicht feststellbar.

Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 2.9.2016, 9 U 14/16, Abruf-Nr. 190499 unter www.iww.de.

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Unfallschaden: Kosten für einen Reparaturablaufplan sind erstattungsfähig

| Verlangt der gegnerische Haftpflichtversicherer die Vorlage eines Reparaturablaufplans, darf die Werkstatt für die Erstellung dieses Dokuments einen Betrag berechnen. |

Diese Kosten muss der Versicherer erstatten, entschied das Amtsgericht Schwandorf. Im konkreten Fall ging es um 73,90 EUR. Der Versicherer wandte ein, es gehöre zu den Nebenpflichten aus dem Werkvertrag, einen Reparaturablaufplan zu erstellen. Die Werkstatt dürfe dafür gar nichts berechnen. Außerdem dauere das Ausfüllen nur wenige Minuten.

Das Gericht verneinte die Nebenpflicht zur kostenlosen Erstellung des Plans und ergänzte, dass es darauf schadenrechtlich gar nicht ankomme. Entscheidend sei nur, dass die Werkstatt die Kosten an den Geschädigten berechne. Und selbst wenn das Ausfüllen selbst nur Minuten dauere, so müssten doch zuvor die Informationen recherchiert werden.

Quelle | Amtsgericht Schwandorf, Urteil vom 3.11.2016, 1 C 653/16, Abruf-Nr. 189810 unter www.iww.de.

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Unfallschaden: Pauschale für Kleinersatzteile muss erstattet werden

| Enthält die Reparaturrechnung eine Pauschale für Kleinteile, muss der gegnerische Haftpflichtversicherer diese erstatten. |

So urteilte das Amtsgericht Schwandorf in einem Fall, in dem die Werkstatt zwei Prozent aus den Ersatzteilkosten für Kleinteile berechnet hatte. Das gilt nach Ansicht des Gerichts erst recht, wenn die Pauschale vom Schadengutachter ebenfalls kalkuliert wurde.

Quelle | Amtsgericht Schwandorf, Urteil vom 3.11.2016, 1 C 653/16, Abruf-Nr. 189810 unter www.iww.de.

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Mietwagen: Berufsfeuerwehrmann: Mietwagen bei weniger als 20 km pro Tag

| Wer bei der Berufsfeuerwehr tätig ist und auch in der Freizeit Verpflichtungen aus einem Alarmplan hat, darf auch dann einen Mietwagen nehmen, wenn er im Ergebnis weniger als 20 km/Tag damit fährt. |

So entschied es das Amtsgericht Schwabach. Das Gericht machte deutlich, dass es im Alarmfall nicht zielführend sei, Bus, Bahn oder Taxi zu benutzen.

Quelle | Amtsgericht Schwabach, Urteil vom 9.11.2016, 2 C 671/16, Abruf-Nr. 189809 unter www.iww.de.

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Abschließende Hinweise

Berechnung der Verzugszinsen

| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten. |

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2016 bis zum 31. Dezember 2016 beträgt - 0,88 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,12 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 1,12 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,12 Prozent

Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).

Übersicht / Basiszinssätze

Zeitraum

Zinssatz

01.01.2016 bis 30.06.2016

-0,83 Prozent

01.07.2015 bis 31.12.2015

-0,83 Prozent

01.01.2015 bis 30.06.2015

-0,83 Prozent

01.07.2014 bis 31.12.2014

-0,73 Prozent

01.01.2014 bis 30.06.2014

-0,63 Prozent

01.07.2013 bis 31.12.2013

-0,38 Prozent

01.01.2013 bis 30.06.2013

-0,13 Prozent

01.07.2012 bis 31.12.2012

0,12 Prozent

01.01.2012 bis 30.06.2012

0,12 Prozent

01.07.2011 bis 31.12.2011

0,37 Prozent

01.01.2011 bis 30.06.2011

0,12 Prozent

01.07 2010 bis 31.12.2010

0,12 Prozent

01.01.2010 bis 30.06.2010

0,12 Prozent

01.07 2009 bis 31.12.2009

0,12 Prozent

01.01.2009 bis 30.06.2009

1,62 Prozent

01.07.2008 bis 31.12.2008

3,19 Prozent

01.01.2008 bis 30.06.2008

3,32 Prozent

01.07.2007 bis 31.12.2007

3,19 Prozent

01.01.2007 bis 30.06.2007

2,70 Prozent

01.07.2006 bis 31.12.2006

1,95 Prozent

01.01.2006 bis 30.06.2006

1,37 Prozent

01.07.2005 bis 31.12.2005

1,17 Prozent

01.01.2005 bis 30.06.2005

1,21 Prozent

01.07.2004 bis 31.12.2004

1,13 Prozent

01.01.2004 bis 30.06.2004

1,14 Prozent

01.07.2003 bis 31.12.2003

1,22 Prozent

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Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 01/2017

| Im Monat Januar 2017 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 10.1.2017
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 10.1.2017

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 13.1.2017. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Januar 2017 am 27.1.2017.

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