Monatsbrief April 2016

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 04/2016:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht & WEG

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

Aktuelle Gesetzgebung: Gesetz gegen Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen 

| Der Bundesrat möchte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser vor Ausbeutung schützen. Er fordert daher die Bundesregierung auf, zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen, um den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen zu verhindern. |

Der Gesetzentwurf solle unter anderem eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten einführen, den sogenannten „Equal-Pay“-Grundsatz etablieren und dem Betriebsrat mehr Informationsrechte einräumen. Die Länderkammer möchte auch den Einsatz von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher verbieten und die „Vorratsverleiherlaubnis“ abschaffen.

In der Vergangenheit seien Leiharbeit und Werkverträge verstärkt zum Einfallstor für Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen genutzt worden, heißt es in der Entschließung. Stammbelegschaften würden durch Werkvertragsbeschäftigte ersetzt, die meist noch schlechtere Löhne erhielten als Leiharbeitskräfte. Diese wiederum bekämen schon durchschnittlich 43 Prozent weniger als Festangestellte. Etwa die Hälfte der Leiharbeit-Jobs ende nach weniger als drei Monaten und führe die Betroffenen damit oftmals direkt in den Hartz-IV-Bezug.

Der Bundesrat hatte bereits im September 2013 einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Missbrauchsbekämpfung (BR-Drs. 687/13(B)) beschlossen, den der Deutsche Bundestag bislang nicht aufgegriffen hat. Die Entschließung wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die sich in den nächsten Wochen mit ihr befassen wird.

Quelle | Bundesrat, Plenum kompakt

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Aktuelle Gesetzgebung: Bundesrat billigt Wissenschaftszeitvertragsgesetz

| Der Bundesrat hat die Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes gebilligt. Das Gesetz möchte Fehlentwicklungen in der Befristungspraxis junger Wissenschaftler entgegentreten und planbare Karrierewege fördern. Die bislang geltenden Sonderregelungen führten zu einem hohen Anteil kurzer Beschäftigungsverhältnisse an Hochschulen – dort haben über 50 Prozent der Nachwuchswissenschaftler nur Ein-Jahres-Verträge. |

 

Künftig muss sich die Dauer der Befristung an der angestrebten Qualifizierung orientieren, beispielsweise an einem Doktortitel. Unsachgemäße Kurzbefristungen für Wissenschaftler sollen so verhindert werden. Wissenschaftliche Mitarbeiter mit Daueraufgaben sind nun ausschließlich auf der Grundlage des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zu beschäftigen.

Zentrales Ziel des Gesetzes ist es, verlässliche Karrierewege zu schaffen, um Deutschland attraktiver für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu machen. Die Novelle berücksichtigt, dass die Hochschulen gleichzeitig Flexibilität und damit Sonderregelungen brauchen, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Das Gesetz wird am Tag nach seiner Verkündung durch den Bundespräsidenten in Kraft treten, voraussichtlich im März.

Quelle | Bundesrat, Plenum kompakt

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Beihilfe: Aufwendungen für ein laktasehaltiges Präparat bei Laktoseintoleranz

| Das Land Rheinland-Pfalz ist verpflichtet, einem Beamten, der an einer Laktoseintoleranz mit Krankheitswert leidet, Beihilfe zu seinen Aufwendungen für das laktasehaltige Präparat LaktoStop 3300 FCC zu gewähren. |

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Beamten. Dieser leidet nach ärztlicher Diagnose unter einer primären Laktoseintoleranz. Die äußert sich bei ihm darin, dass er bereits erhebliche klinische Symptome (z.B. Darmkoliken, osmotische Diarrhoe, Übelkeit u.a.) zeigt, wenn er nur kleine Mengen Lactose zu sich nimmt. Er machte bei der Beihilfestelle des Beklagten Aufwendungen in Höhe von jeweils 17,49 EUR für 100 Tabletten für das ärztlich verordnete Präparat LaktoStop 3300 FCC geltend. Der dort enthaltene Wirkstoff Laktase wird eingesetzt, um Laktose (Milchzucker) in verdauliche Einfachzucker aufzuspalten und dadurch die genannten klinischen Symptome zu vermeiden oder abzuschwächen. Das Land lehnte die Beihilfefähigkeit ab. Das Präparat sei nicht als Arzneimittel zugelassen oder registriert und werde als diätetisches Lebensmittel vertrieben. Das Mittel diene der erhöhten Versorgung des menschlichen Körpers mit bestimmten Nähr- oder Wirkstoffen.

Das Verwaltungsgericht verpflichtete das Land, dem Beamten die beantragte Beihilfe zu gewähren. Eine Laktoseintoleranz stelle auch unter Berücksichtigung der Verbreitung jedenfalls dann eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts dar, wenn – wie beim Kläger – bereits geringe Mengen aufgenommener Laktose zu erheblichen klinischen Symptomen führe. Das Präparat sei als beihilfefähiges Arzneimittel anzuerkennen. Es unterfiele nicht dem gesetzlichen Ausschluss von Aufwendungen für Mittel, die geeignet seien, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung machte das Land geltend, dass zugunsten der Verwaltungspraxis im Grenzbereich zwischen Arznei- und Lebensmitteln objektiv leicht nachprüfbare Kriterien erforderlich seien. Bei dem Mittel LaktoStop 3300 FCC handle es sich um Diätkost und nicht um ein Arzneimittel. Des Weiteren sei das Präparat geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, und auch deshalb von der Beihilfe ausgeschlossen. 

Das OVG bestätigte das Urteil des Verwaltungsgerichts und wies die Berufung des Landes zurück. Das Präparat LaktoStop 3300 FCC sei ein Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. Wie das Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes eingeordnet werde, sei unerheblich. Bei der Zuordnung zum beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff und gleichzeitig zur Abgrenzung von Lebensmitteln, zu denen insbesondere Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Kost gehörten, sei auf die materielle Zweckbestimmung nach wissenschaftlicher und allgemeiner Verkehrsanschauung abzustellen. Nicht zu beachten sei dabei, wie das Mittel im Verkehr bezeichnet werde. LaktoStop 3300 FCC sei auch nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, und sei deshalb von der Beihilfefähigkeit nicht ausgenommen. Vielmehr werde mithilfe des Präparats ein körpereigenes, nicht in üblichen Nahrungsmitteln enthaltenes Verdauungsenzym zugeführt. Die Ernährung als Gut des täglichen Bedarfs selbst werde durch die Einnahme des Enzyms jedoch weder ganz noch in Teilen ersetzt. Die Aufwendungen für das beihilfefähige Präparat seien im Fall des Klägers, bei dem der Laktoseintoleranz Krankheitswert zukomme, notwendig und – mangels anderweitiger Anhaltspunkte – auch der Höhe nach angemessen.

Quelle | OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.12.15, 2 A 10542/15.OVG, Abruf-Nr. 146544 unter www.iww.de.

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AGG: Arbeiter und Angestellte in unterschiedlichen Versorgungsgruppen

| Es ist zulässig, Arbeiter und Angestellte unterschiedlich zu behandeln. Erforderlich ist aber, dass der Statusunterschied gleichzeitig mit einem Lebenssachverhalt verknüpft wird, der es sachlich rechtfertigt, die jeweiligen ArbN ungleich zu behandeln. | 

Zu diesem Ergebnis kam das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitgebers, bei dem eine als Betriebsvereinbarung abgeschlossene Versorgungsordnung gilt. Danach hängt die Höhe der Betriebsrente u. a. davon ab, in welche der 21 Versorgungsgruppen der Arbeitnehmer eingruppiert wird. Angestellte werden nach sogenannten Rangstufen den Versorgungsgruppen zugeordnet. Bei Arbeitern sind Arbeitswerte entscheidend. Bis zur Versorgungsgruppe 14 können in die Versorgungsgruppen sowohl Arbeiter als auch Angestellte eingereiht werden.

Der Arbeitnehmer ist in die Versorgungsgruppe 10 eingereiht. Er wollte in eine höhere Versorgungsgruppe eingeordnet werden. Seine Klage blieb erfolglos. Die Versorgungsordnung des Arbeitgebers verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Arbeitgeber knüpft beim Zuordnen der Arbeiter und Angestellten zu den Versorgungsgruppen an die bei Erlass der Versorgungsordnung geltenden unterschiedlichen Vergütungssysteme für beide Beschäftigtengruppen an.

Quelle | BAG, Urteil vom 10.11.2015, 3 AZR 575/14, Abruf-Nr. 145907 unter www.iww.de.

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Kündigungsrecht: Illoyales Verhalten rechtfertigt fristlose Kündigung ohne Abmahnung 

| Legt eine Arbeitnehmerin in exponierter Stellung einseitig die Vergütung und das Ruhegehalt ihres Ehemanns fest, verletzt sie damit erheblich ihre arbeitsvertraglichen Loyalitätspflichten. | 

Das musste sich eine Arbeitnehmerin vor dem Arbeitsgericht Berlin sagen lassen. Sie hatte als Leiterin Personal und Organisation unter anderem die Höhe der Vergütungen und Ruhegehälter der Mitarbeiter anhand der getroffenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen festzulegen. Sie setzte die Vergütung bzw. das Ruhegehalt ihres Ehemanns, der seinerzeit als Vorstandsvorsitzender des Arbeitgebers tätig war, zu hoch an. Sie wies zuvor nicht auf einen möglichen Interessenkonflikt hin.

Das Arbeitsgericht hat in diesem Verhalten einen erheblichen Verstoß der Arbeitnehmerin gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten gesehen. Dieser berechtige auch ohne eine vorherige Abmahnung dazu, das Arbeitsverhältnis sofort aufzulösen. Die Arbeitnehmerin habe ihre Befugnisse überschritten. Sie habe vorsätzlich ihrem Ehemann vermögenswerte Vorteile verschaffen wollen und sich damit gegenüber ihrem Arbeitgeber grob illoyal verhalten.

Quelle | Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 2.2.2016, 16 Ca 10908/15 und 16 Ca 932/16, Abruf-Nr. 146390 unter www.iww.de.

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Baurecht

Aktuelle Gesetzgebung: Bundeskabinett billigt Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus

| Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung gebilligt, mit dem eine steuerliche Förderung des Mietwohnungsneubaus eingeführt werden soll. Mit einer zeitlich befristeten Sonderabschreibung soll steuerlich gefördert werden, wenn neue Mietwohnungen im unteren und mittleren Preissegment in ausgewiesenen Fördergebieten geschaffen werden. |

Neue Wohnungen für mittlere und untere Einkommensgruppen

Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll eine zeitlich befristete, degressiv ausgestaltete Sonderabschreibung für die Anschaffung oder Herstellung neuer Mietwohngebäude in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt geschaffen werden. 

Der Fokus der Maßnahme liegt auf der Errichtung neuer Mietwohnungen, die auch für mittlere und untere Einkommensgruppen bezahlbar sind. Der Eigentümer muss die begünstigten Flächen mindestens zehn Jahre zu Wohnzwecken vermieten. Wohnungen mit hohem Standard werden dagegen steuerlich nicht gefördert. Sie bleiben vollständig von der Maßnahme ausgeschlossen. 

Ausgewiesene Fördergebiete

Die Förderung der Investitionen ist auf ein ausgewiesenes Fördergebiet beschränkt, das an die Mietenstufen des Wohngelds anknüpft (Anlage zu § 1 Abs. 3 der Wohngeldverordnung). 

Gemeinden mit Mietenstufen IV bis VI, deren Mietenniveau um mindestens fünf Prozent oberhalb des Bundesdurchschnitts liegt, sollen zum Fördergebiet gehören. Zusätzlich werden auch Gebiete mit Mietpreisbremse (aufgrund des § 556d BGB) und Gebiete mit abgesenkter Kappungsgrenze (aufgrund des § 558 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB) in das förderfähige Gebiet einbezogen.

Baukostenobergrenzen

Für die Förderung muss eine Baukostenobergrenze von 3.000 EUR je Quadratmeter Wohnfläche eingehalten werden. Davon werden maximal 2.000 EUR je Quadratmeter Wohnfläche gefördert. Damit insbesondere private Investoren angeregt werden, möglichst zeitnah in entsprechenden Wohnraum zu investieren, wird die Förderung zeitlich auf Baumaßnahmen begrenzt, mit denen in den Jahren 2016 bis 2018 begonnen wird. Maßgebend ist der Bauantrag oder die Bauanzeige. Die Sonderabschreibung wird letztmalig im Jahr 2022 möglich sein. Auch diese Begrenzung soll dafür sorgen, dass zügig investiert und der Wohnungsmarkt schnell entlastet wird.

Quelle | Bundesministerium der Finanzen

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Gewährleistung: Eine Mängelbeseitigung kann für den Auftragnehmer unverhältnismäßig sein

| Arbeitet der Unternehmer mangelhaft, kann der Bauherr Nacherfüllung verlangen. Der Unternehmer muss dann entweder den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen. Er kann die Nacherfüllung aber verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. |

Was unter unverhältnismäßigen Kosten zu verstehen ist, musste nun das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf entscheiden. Die Richter urteilten, dass ein unverhältnismäßiger Aufwand vorliege, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bauherrn an einer mangelfreien Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenüberstehe. Habe der Bauherr objektiv ein berechtigtes Interesse daran, dass der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt werde, könne ihm der Unternehmer regelmäßig die Nachbesserung wegen hoher Kosten der Mängelbeseitigung nicht verweigern. Gleiches gelte, wenn die Funktionsfähigkeit des Werkes spürbar durch Mängel beeinträchtigt werde. 

Quelle | OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.4.2015, 21 U 182/14, Abruf-Nr. 146545 unter www.iww.de.

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Denkmalschutz: Sicherungsanordnung darf nur bei nachgewiesener Gefahr erlassen werden

| Die denkmalschutzrechtliche Anordnung, das Dach des Saalbaus des ehemaligen Hotel-Restaurants Riviera in Berlin-Grünau mit einem Gerüst zu sichern, ist rechtswidrig. |

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin entschieden. Das seit 1992 leer stehende Gebäude hat bis heute erhebliche Schäden erlitten. Unter anderem gefährdet ein undichtes Dach die denkmalgeschützte Stuckdecke. Nachdem die Eigentümerin in der Vergangenheit ihren Verpflichtungen zum Schutz des Denkmals nicht in ausreichendem Maße nachgekommen war, veranlasste die Denkmalschutzbehörde im Jahr 2013 eine erste Sicherungsanordnung. Mit einer zweiten Sicherungsanordnung wurde der Eigentümerin Ende 2014 aufgegeben, ein Stützgerüst zu errichten. Damit sollte ein befürchteter Dacheinsturz vermieden werden. Für den von der Denkmalschutzbehörde veranlassten Aufbau des Gerüsts sind Kosten von rund 112.000 EUR angefallen. Die Eigentümerin klagte gegen die Sicherungsverfügung. Die Stahlkonstruktion des Dachs sei nicht einsturzgefährdet.

Die Klage hatte Erfolg. Die 13. Kammer des Verwaltungsgerichts hat die Anordnung der Sicherungsmaßnahme für das Dach aufgehoben. Die Denkmalschutzbehörde habe zu Unrecht das Dach bloß in Augenschein genommen und allein daraus geschlossen, dass das ganze Dach nicht mehr tragfähig sei. Eine unmittelbare Einsturzgefahr habe nicht bestanden. Nach den zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden Erkenntnissen hätte die Eigentümerin lediglich verpflichtet werden dürfen, ein Gutachten einzuholen, um den Zustand und die Tragfähigkeit des Dachs zu klären.

Quelle | VG Berlin, Urteil vom 28.1.2016, VG 13 K 442.14, Abruf-Nr. 146546 unter www.iww.de.

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Bauplanungsrecht: Pferdepensionsbetrieb ist im Außenbereich zulässig

| Die Betreiberin einer Pferdepension im Außenbereich hat einen Anspruch darauf, dass eine bereits errichtete Reithalle mit Stallungen und Mistanlage nachträglich genehmigt wird, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. |

Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt entschieden. Geklagt hatte die Eigentümerin eines im Außenbereich gelegenen Grundstücks. Dieses ist mit einer Scheune mit Stallungen und Futterlage sowie einem Offenstall bebaut. Auf dem Nachbargrundstück befinden sich ein Reitplatz sowie ein Longierplatz. Die Grundstücke liegen etwas mehr als 500 m östlich einer Landesstraße. Sie sind über einen Landwirtschaftsweg zu erreichen. Die Eigentümerin verfügt über Grundstücksflächen von über 5 ha Eigenland. Daneben hat sie langfristige Pachtverträge über Grundstücksflächen von mehr als 10 ha in verschiedenen Gemarkungen geschlossen. Im Mai 2014 beantragte sie, dass ihr der „Neubau einer Reithalle mit Stallungen und Mistanlage zur Pensionstierhaltung als landwirtschaftlich privilegiertes Vorhaben“ genehmigt werde. Die Gemeinde versagte ihr Einvernehmen zu diesem Antrag. Daraufhin lehnte es der beklagte Rhein-Pfalz-Kreis ab, die Baugenehmigung zu erteilen. Weil das Widerspruchsverfahren ohne Erfolg blieb, rief die Eigentümerin das Gericht an. Sie ist der Ansicht, dass ihr Pferdepensionsbetrieb als landwirtschaftlicher Betrieb zulässig sei. Er werde über den Wirtschaftsweg auch ausreichend erschlossen. Die Gemeinde sah demgegenüber in der Pferdepension einen gewerblichen Betrieb, der zudem nicht ausreichend über den Wirtschaftsweg erschlossen werde.

Das VG gab der Klage mit folgender Begründung statt: Die Eigentümerin habe einen Anspruch darauf, dass ihr die beantragte Baugenehmigung für den bereits erfolgten Neubau einer Reithalle mit Stallungen und Mistanlage zur Pensionstierhaltung erteilt werde. Die gesetzlichen Voraussetzungen seien gegeben. Bei dem Pferdepensionsbetrieb handele es sich um einen nach dem Baugesetzbuch privilegiert im Außenbereich zulässigen landwirtschaftlichen Betrieb. Ein landwirtschaftlicher Betrieb könne gegeben sein, wenn der Betriebsgegenstand allein oder überwiegend in der „Tierhaltung“ bestehe. Die Tierhaltung könne auch die Pensionstierhaltung umfassen. Sie gehöre dann zur Landwirtschaft, „soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden könne“. Dies sei hier der Fall. Eine überwiegende eigene Futtergrundlage setze nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung für eine landwirtschaftliche Pferdehaltung voraus, dass 0,35 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche für jedes der gehaltenen Pferde zur Verfügung stünden. Dies sei hier der Fall, denn die Eigentümerin verfüge über weit mehr als die bei 28 Pferden verlangten 4,9 ha Eigentums- bzw. Pachtflächen.

Die Reithalle mit Stallungen und Mistanlage zur Pensionstierhaltung diene auch dem landwirtschaftlichen Betrieb der Eigentümerin. Sie sei seit 25 Jahren in der Turnierreiterei versiert und mit dem silbernen Reitabzeichen ausgezeichnet. Damit besitze sie hinreichende Sachkunde. Auch sei davon auszugehen, dass sie den Betrieb nachhaltig und dauerhaft betreiben könne. Dem Vorhaben stünden ferner keine öffentlichen Belange entgegen. Entgegen der Auffassung der Gemeinde fehle es dem Bauvorhaben auch nicht an der erforderlichen gesicherten Erschließung. Die im Außenbereich auf Wirtschaftswegen geforderte Mindestfahrbahnbreite von 2,5 m sei gegeben. Der Wirtschaftsweg sei durchgehend drei bis vier Meter breit. Das sei ausreichend, um den Besucherverkehr aufzunehmen.

Quelle | VG Neustadt, Urteil vom 22.2.2016, 3 K 325/15, Abruf-Nr. 146547 unter www.iww.de

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Familien- und Erbrecht

Namensrecht: Straftäter kann nicht verhindern, dass sein Kind den Namen der Mutter annimmt

| Lebt ein Kind bei seiner alleinerziehenden Mutter und möchte deren Namen annehmen, kann der Vater dies nicht verhindern, wenn er wegen mehrerer Gefängnisaufenthalte keine Beziehung zu dem Kind aufgebaut hat. |

Diese Entscheidung traf das Verwaltungsgericht (VG) Münster und wies die Klage eines Vaters ab, der sich gegen die Änderung des Familiennamens seines Sohnes gewandt hatte. Der Mann ist mehrfach wegen verschiedener Straftaten zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt worden. Er befindet sich seit 2010 fast durchgängig in Haft. Ende 2013 beantragte sein 2008 geborener Sohn, seinen Familiennamen in den seiner Mutter zu ändern. Hiergegen wandte sich der Vater unter anderem mit der Begründung: Er habe mit der Namensgebung seine Verbundenheit zu seinem Sohn dokumentiert. Dieser solle langfristig Kontakt zu seiner Familie väterlicherseits haben. Dieses ihm als Vater zustehende Recht sei durch die Namensänderung verletzt.

Dem folgte das Gericht jedoch nicht. Es begründete das im Wesentlichen mit folgenden Argumenten: 

  • Es sei aus Gründen des Kindeswohls erforderlich, den Familiennamen zu ändern. Das bringe dem Kind so erhebliche Vorteile, dass es nicht zumutbar erscheine, das Namensband zum Vater aufrechtzuerhalten. Ein gleicher Nachname wie die Mutter werde dem Sohn ein Gefühl von Zugehörigkeit und Sicherheit vermitteln. Hauptbezugsperson sei seit seiner Geburt dessen Mutter. Sie habe auch das alleinige Sorgerecht. Die Namensänderung entspreche dem Wunsch des Kindes und seinem Bedürfnis, auch namensmäßig mit der Mutter verbunden zu sein. 
  • Demgegenüber habe der Sohn keine persönliche Beziehung zu seinem Vater. Eine solche habe sich nicht entwickeln können. Bei der Trennung der Eltern im Oktober 2009 sei er erst ein Jahr alt gewesen. Bedingt durch die wiederholten Inhaftierungen des Vaters bestand auch nur wenig persönlicher Kontakt. 
  • Der inzwischen fast 8-jährige Junge möchte aufgrund des kriminellen Verhaltens des Vaters in der Vergangenheit auch keinen persönlichen Kontakt. Darüber hinaus bringe die Namensänderung dem Sohn den erheblichen Vorteil, sich von der kriminellen Vergangenheit des Vaters distanzieren zu können. Es sei unbestritten, dass der Familienname des Vaters auch noch nach längerer Zeit mit seinen Straftaten in Verbindung gebracht werde. Würde der bisherige Familienname beibehalten, wären Nachteile für die schulische und berufliche Entwicklung des Kindes nicht auszuschließen. Das Interesse des Vaters an einer Beibehaltung des Namens habe demgegenüber zurückzutreten. 
  • Der Vater habe sich um das Wohlergehen seines Sohnes nur wenig gekümmert. Zwar habe er sich immer mal wieder um Kontakt zu ihm bemüht. Diesen Kontakt auch zu halten, sei aber an dessen eigenem Verhalten, nämlich an seiner kriminellen Lebensweise, gescheitert.

Quelle | VG Münster, Urteil vom 27.1.2016, 1 K 190/14, Abruf-Nr. 146548 unter www.iww.de

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Nichteheliche Lebensgemeinschaft: Voraussetzungen für Ausgleichsansprüche nach Ende der nichtehelichen Lebensgemeinschaft

| Kann ein Partner die Voraussetzungen für sogenannte „gemeinschaftsbezogene Zuwendungen“ nicht nachweisen, kann er nach der Trennung eines unverheirateten Paares Zuwendungen nicht erstattet verlangen. |

So entschied es das Landgericht (LG) Coburg im Falle eines Paares, dass von 2012 bis 2014 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammenlebte. Sie wohnten im Haus der Frau, die monatlich ca. 1000 EUR Finanzierungskosten zahlte. Der Mann beteiligte sich an den Nebenkosten. Miete zahlte er nicht. Stattdessen sollte er sich durch verschiedene Anschaffungen finanziell beteiligen. So bezahlte er jeweils ca. 3.000 EUR für ein neues Esszimmer und für einen neuen Terrassenbelag sowie knapp 1.000 EUR für einen Trockner. Weiterhin ließ er für mehr als 15.000 EUR eine Doppelgarage für seine beiden Fahrzeuge errichten. Vor Gericht behauptete der Mann weitere Zahlungen für die Gartenbepflanzung, für Garagenfundamente und weitere Bauarbeiten. Insgesamt forderte er von seiner Ex-Partnerin knapp 30.000 EUR zurück.

Die Frau lehnte jegliche Zahlung ab. Das Esszimmer, den Terrassenbelag und den Trockner habe der Mann ihr geschenkt. Die Kosten für die Gartenbepflanzung habe man sich hälftig geteilt. Und die Doppelgarage könne der Mann abholen, sie habe hierfür keine Verwendung.

Das LG wies die Klage vollständig ab. Der Mann könne schon nicht ausreichend nachweisen, dass er die Garagenfundamente und die weiteren Bauarbeiten bezahlt habe. So habe er im Prozess die dazugehörigen Rechnungen nicht vorlegen können.

Bei den anderen, unstrittigen Aufwendungen konnte sich das Gericht nicht davon überzeugen, dass es sich um sogenannte „gemeinschaftsbezogene Zuwendungen“ handelte. Das sind Aufwendungen, die über die Leistungen im Rahmen des täglichen Zusammenlebens hinausgehen und in der Erwartung gemacht werden, dass die Lebensgemeinschaft Bestand haben wird. Diese Voraussetzungen konnte der Mann jedoch im Prozess nicht nachweisen. Daher wertete das Gericht die fraglichen Aufwendungen als Geschenke an die Frau.

Der Betrag für die Doppelgarage sei nach Ansicht der Richter jedenfalls zum größten Teil Ersatz für die nicht gezahlte Miete. Den Mietwert schätzte das Gericht dabei auf monatlich 500 EUR, für die fraglichen zwei Jahre also auf insgesamt 12.000 EUR. Nach einer umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Frau auch den diesen Betrag übersteigenden Teil der Garagenkosten nicht zurückzahlen muss. Der Mann habe die Garage gerade im Hinblick auf den gemeinsamen Sohn errichten lassen. Wegen der komfortablen Einkommens- und Vermögenssituation des Mannes wäre es unbillig, die nunmehr alleinerziehende Mutter des gemeinsamen Kindes zum Vermögensausgleich zu verurteilen. Dieser müsste womöglich aus dem Unterhalt des Kindes geleistet werden.

Hinweis | Die Entscheidung führt die Probleme bei der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung von beendeten nichtehelichen Lebensgemeinschaften deutlich vor Augen. Die Partner stehen im Falle der Trennung nicht selten erheblichen Nachweisproblemen für geleistete Zahlungen bzw. aufgewandte Arbeitszeiten und deren jeweiligen konkreten Zweck gegenüber. Vor gemeinsamen umfangreicheren oder längerfristigen Investitionen sollten die Partner daher Hilfe in Form einer rechtlichen Beratung ernsthaft in Erwägung ziehen. So können teu re und meist emotional geführte Rechtsstreitigkeiten vermieden werden.

Quelle | LG Coburg, Urteil vom 17.12.2015, 22 O 400/15, Abruf-Nr. 146549 unter www.iww.de.

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Betreuungsrecht: Wer zu sinnlosen Verfahren neigt, kann unter Betreuung gestellt werden

| Ein Betreuungsbedarf kann auch vorliegen, wenn nur die Gefahr besteht, dass der Betroffene Verbindlichkeiten begründet, die er aktuell nicht erfüllen kann und mit denen er sich verschuldet. |

Hierauf machte der Bundesgerichtshof (BGH) aufmerksam. In dem Fall ging es um einen Betroffenen, der krankheitsbedingt dazu neigte, eine Vielzahl von sinnlosen Verfahren bei Behörden und Gerichten zu betreiben. Hierdurch schädigte er sich selbst finanziell erheblich. Zudem drohte er zu seinen Lasten erhebliche weitere Kosten zu verursachen, wie etwa Gerichtsgebühren, die Kosten der gegnerischen Rechtsvertretung oder auch die Auferlegung von Verschuldenskosten bei missbräuchlicher Rechtsverfolgung in sozialgerichtlichen Verfahren. In einem solchen Fall könne nach Ansicht der Richter davon ausgegangen werden, dass die für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts erforderliche erhebliche Gefahr für sein Vermögen bestehe. Es könne daher ein Betreuer bestellt werden, der den Betroffenen in dem Aufgabenkreis „gerichtliche und außergerichtliche sozialrechtliche Angelegenheiten sowie alle weiteren gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsstreitigkeiten, die die Geltendmachung jeglicher Ansprüche des Betroffenen betreffen“ vertritt. 

Quelle | BGH, Beschluss vom 27.1.2016, XII ZB 519/15, Abruf-Nr. 183990 unter www.iww.de

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Erbrecht: Kleiner Zettel und zusammengefaltetes Papier spricht gegen gültiges Testament

| Ein ernsthafter Testierwillen kann nicht feststellbar sein, wenn das vermeintliche Testament nicht auf einer üblichen Schreibunterlage, sondern auf einem Stück Papier oder einem zusammengefalteten Pergamentpapier errichtet worden ist. |

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hin. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass ein ernstlicher Testierwille des Erblassers Voraussetzung dafür sei, ein Testament zu errichten. Er müsse eine rechtsverbindliche Anordnung für seinen Todesfall treffen wollen. Reine Entwürfe eines Testaments reichten nicht aus. 

Hier bestanden Zweifel am ernstlichen Testierwillen. Die angeblichen Testamente waren nicht auf einer üblichen Schreibunterlage, sondern auf einem ausgeschnittenen Stück Papier und einem gefalteten Bogen Pergamentpapier geschrieben worden. Nach der äußeren und der inhaltlichen Gestaltung war ein Testament ebenfalls fraglich. Die Überschrift enthielt gravierende Schreibfehler, im Text fehlte ein vollständiger Satz. Dabei sei die Erblasserin der deutschen Sprache in Schrift und Grammatik hinreichend mächtig gewesen. Die Richter gingen daher nicht von einem wirksamen Testament aus und wiesen den Antrag des vermeintlichen Erben auf einen Erbschein zurück.

Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 27.11.2015, 10 W 153/15, Abruf-Nr. 146303 unter www.iww.de.

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Mietrecht & WEG

Kündigungsrecht: Vermieter kann kündigen, wenn Wohnung unberechtigt an Dritte überlassen wird

| Wird eine Mietwohnung unberechtigt an Medizintouristen überlassen, kann der Vermieter außerordentlich kündigen. |

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Amtsgericht München. Ausgangspunkt des Streits war eine Mietwohnung in München. Diese hatte der Mieter zu einem monatlichen Betrag von 1.230 EUR angemietet. Bei Abschluss des Mietvertrags hatte er gegenüber dem Vermieter erklärt, dass er mit seiner Ehefrau dort einziehen wolle. In der Folgezeit nutzten immer wieder neue Personen aus dem arabischen Kulturkreis die Wohnung. Daraufhin kündigte der Vermieter wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung der Wohnung an dritte Personen. Der Mieter räumte die Wohnung nicht. Der Vermieter erhob Klage vor dem Amtsgericht. Es stellte sich heraus, dass der Mieter tatsächlich nicht in der Wohnung lebte, sondern an seiner alten Anschrift, die er im Mietvertrag angegeben hatte.

Der Mieter bestreitet die Untervermietung. Er könne es sich dank seiner guten finanziellen Verhältnisse leisten, in der Wohnung ausschließlich Gäste, Geschäftspartner und Freunde, die sich zu Besuch in München befinden, kostenlos unterzubringen.

Das Gericht glaubte ihm nicht. Es führte eine Beweisaufnahme durch und verurteilte ihn dann, die Wohnung zu räumen. Ausschlaggebend waren die folgenden Gründe:

  • Die angemietete Wohnung ist 10 Kilometer von der vom Mieter tatsächlich genutzten Wohnung entfernt, also keine unerhebliche Strecke. Die Höhe der Miete steht auch nicht im Verhältnis für die Verwendung der Wohnung als bloßes Gästezimmer. 
  • Der Mieter unterhielt Geschäftsbeziehungen zu einem arabischstämmigen Mann, der gerichtsbekannt wiederholt und in zahlreichen Fällen privat angemietete Wohnungen in München an sogenannte Medizintouristen aus dem arabischen Raum weitervermietet.
  • Gegen den Mieter ist ein weiteres Verfahren vor dem Amtsgericht mit nahezu identischem Vorwurf anhängig.

Das Gericht führte weiter aus, dass schon nach dem eigenen Vortrag des Mieters feststehe, dass regelmäßig mehrere Personen in seiner Wohnung untergebracht wurden. Es sei keinerlei Anspruch auf die Erteilung einer so weitreichenden Gebrauchsüberlassung ersichtlich. Werden in einer Zwei-Zimmer-Wohnung immer wieder wechselnd gleich mehrere Personen untergebracht, ist dies mit erheblichen Beeinträchtigungen verbunden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Wohnung verstärkt abgenutzt wird. Auch werden die Wohnungsnachbarn gesteigert beeinträchtigt (z.B. durch Lärm). Eine solche (gewerbliche oder auch nicht gewerbliche) Überlassung der Mieträume an Dritte ist ein derart schwerwiegender Pflichtverstoß, dass dem Vermieter nicht zuzumuten ist, das Mietverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Der Mieter muss die Wohnung daher räumen.

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 29.9.2015, 432 C 8687/15, Abruf-Nr. 146550 unter www.iww.de.

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Hausfriedensbruch: Polizei darf Hausrecht in einer Studenten-WG zwangsweise durchsetzen

| Die Mutter eines Studenten darf sich gegen den Willen anderer Mitglieder einer Studenten-Wohngemeinschaft (WG) nicht dauerhaft in den Räumen der WG aufhalten. Polizeibeamte dürfen das Hausrecht der Mitbewohner zwangsweise durchsetzen, wenn die Mutter auch nach vorheriger, polizeilicher Aufforderung die Räume der WG nicht freiwillig verlässt. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines WG-Bewohners entschieden. Weil er Urlaub machen wollte, hatte er seine Mutter gebeten, seine Katzen und sein Meerschweinchen zu versorgen und auf sein WG-Zimmer aufzupassen. Das tat die Mutter, indem sie sich während seiner Abwesenheit in der Wohnung aufhielt. Einem anderen Mitbewohner der WG gefiel das nicht. Er widersprach dem dauernden Aufenthalt und forderte die Frau auf, die Wohnung zu verlassen. Da die Frau der Aufforderung nicht nachkam, verständigte der Mitbewohner die Polizei. Weil die Frau in der Wohnung nicht amtlich gemeldet war, forderten die Polizeibeamten sie auf, die Wohnung zu verlassen. Die Frau weigerte sich. Es kam zu einem Tumult, bei dem die Polizisten die Frau u.a. an den Armen festhielten. 

Die Frau hielt den Polizeieinsatz für rechtswidrig und verlangte ein Schmerzensgeld wegen einer vermeintlichen Amtspflichtverletzung.

Mit ihrer Klage blieb sie jedoch erfolglos. Die Richter am OLG entschieden, dass ihr aufgrund des Polizeieinsatzes kein Schadenersatzanspruch zustehe. Selbst wenn sie verletzt worden sei, seien diese Verletzungen keine Folge eines amtspflichtwidrigen Handelns der Polizeibeamten. Diese hätten vielmehr rechtmäßig gehandelt. Sie seien berechtigt gewesen, gegen die Frau einen Platzverweis auszusprechen und diesen sodann mit unmittelbarem Zwang durchzusetzen.

Die Frau habe die öffentliche Sicherheit und Ordnung gestört. Ihr dauerhafter Aufenthalt in der Wohnung habe das Hausrecht des Mitbewohners verletzt. Dieser durfte die Frau aus der Wohnung verweisen. Der Sohn habe ihr zwar die Schlüssel überlassen und ihr erlaubt, die Wohnung zu betreten, um die Haustiere zu versorgen. Er habe ihr aber keinen dauerhaften Aufenthalt von mehreren Tagen auch in den Gemeinschaftsräumen der Wohnung erlauben können. Eine studentische Wohngemeinschaft sei auf das Zusammenleben regelmäßig jüngerer Erwachsener in einer vergleichbaren Lebenssituation ausgerichtet. Neben Räumen, die ein einzelner allein nutze, verfüge sie über von allen Mitbewohnern gemeinsam zu nutzende Räume. Der dauerhafte Aufenthalt von Angehörigen einer anderen Generation in diesen Räumen sei ihr fremd. In einer Wohngemeinschaft suchten zudem ihre Mitglieder neue Mitbewohner aus. Das lasse es nicht zu, einen Mitbewohner durch seine Mutter, und sei es auch nur über einige Tage, auszutauschen.

Die hinzugerufenen Polizeibeamten hätten das dauerhaft verletzte Hausrecht des Mitbewohners durchsetzen dürfen. In den Abendstunden des Polizeieinsatzes habe der Mitbewohner sein Hausrecht nicht selbst kurzfristig zivilrechtlich schützen können. Darüber hinaus habe das Verhalten der Frau den Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt, nachdem sie auch nach der Aufforderung des Mitbewohners zum Verlassen der Wohnung dort verblieben sei. 

Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 22.1.2016, 11 U 67/15, Abruf-Nr. 146551 unter www.iww.de.

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Unwirksame Klausel: Mieter muss keine Mieterwechselpauschale zahlen

| Muss ein Mieter nach einer Mietvertragsklausel eine Mieterwechselpauschale an die Hausverwaltung bezahlen, ist dies ein Verstoß gegen das Wohnungsvermittlungsgesetz (WoVermG). |

Diese Entscheidung zugunsten des Mieters traf das Amtsgericht Münster. Das Gericht begründete dies damit, dass der Mieter unangemessen benachteiligt werde. Die Hausverwaltung erhalte nämlich bereits vom Vermieter eine Vergütung für ihre Tätigkeit.

Quelle | Amtsgericht Münster, Urteil vom 31.7.2015, 55 C 1325/15, Abruf-Nr. 145989  unter www.iww.de.

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Privathaftpflichtversicherung: Wohnungsschäden durch einen drogenabhängigen Mieter

| Verursacht ein Mieter in schuldunfähigem Zustand wegen Halluzinationen aufgrund von Drogenkonsum Schäden an der Wohnung, kann ein Anspruch auf Deckungsschutz gegen seinen Privathaftpflicht-VR bestehen. |

So entschied es das Landgericht (LG). Es machte deutlich, dass sich der Versicherer nicht auf den Ausschluss der Haftung für Abnutzung, Verschleiß und übermäßige Beanspruchung der angemieteten Sache berufen könne. Auch greife kein Ausschluss wegen einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung. Eine solche liege weder in der eigentlichen Beschädigungshandlung, noch in dem Drogenkonsum an sich. Schließlich seien die Schadensfolgen nicht vorsätzlich herbeigeführt worden. Daher sei die Eintrittspflicht des VR auch nicht wegen einer Vorsatztat ausgeschlossen.

Quelle | LG Dortmund, Urteil vom 22.10.2015, 2 O 203/13, Abruf-Nr. 146222 unter www.iww.de.

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Gemeinschaftsantenne: Eigentümergemeinschaft muss keine GEMA-Gebühren zahlen

| Überträgt eine Wohnungseigentümergemeinschaft über Satellit ausgestrahlte und mit einer Gemeinschaftsantenne der Wohnanlage empfangene Fernseh- oder Hörfunksignale zeitgleich, unverändert und vollständig durch ein Kabelnetz an die angeschlossenen Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungseigentümer weiter, ist dies keine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urhebergesetzes. |

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH). Deshalb bestehen weder Schadenersatzansprüche oder Wertersatzansprüche von Urhebern, Künstlern, Sendeunternehmen oder Filmherstellern noch Vergütungsansprüche der ausübenden Künstler gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft.

Quelle | BGH, Urteil vom 17.9.2015, I ZR 228/14, Abruf-Nr. 182143 unter www.iww.de.

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Verbraucherrecht

Krankenversicherung: Krankenkasse muss zahlen, wenn sie zu spät reagiert

| Krankenkassen sind verpflichtet, die Kosten für eine Therapie zu tragen, wenn sie über einen entsprechenden Leistungsantrag des Versicherten verspätet entscheiden. |

Dies hat das Sozialgericht (SG) Dortmund im Falle eines Versicherten der Barmer GEK aus Witten entschieden, der nach einem Unfall an schweren chronischen Schmerzzuständen leidet und über eine betäubungsmittelrechtliche Sondergenehmigung zum Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten verfügt.

Die Krankenkasse holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) ein und lehnte die Kostenübernahme erst zweieinhalb Monate nach Antragstellung ab – mit der Begründung, dass es sich bei Cannabisblüten weder um ein Arzneimittel noch um eine Rezepturvorbereitung handele. Auch stünden für den Versicherten geeignete analgetisch wirksame Medikamente zur Verfügung.

Krankenkasse hält Fristen nicht ein

Auf die Klage des Versicherten hat das SG die Barmer GEK verurteilt, die Kosten für die monatliche Versorgung des Klägers mit 56g Cannabisblüten entsprechend der Verordnung des behandelnden Arztes zu tragen. Zur Begründung führte das Gericht aus, die Barmer GEK habe die gesetzliche Fünf-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a SGB V zur Entscheidung über den Leistungsantrag des Patienten nicht eingehalten. Es habe ihn auch nicht rechtzeitig schriftlich über die Gründe hierfür informiert. 

Genehmigungsfiktion greift ein

Damit trete eine Genehmigungsfiktion ein. Diese greife unabhängig davon, ob die Krankenkasse tatsächlich leistungspflichtig sei. Durch die gesetzlich fingierte Leistungsgenehmigung mit Fristablauf sei die Leistungsberechtigung wirksam verfügt. Die Krankenkasse sei ab diesem Zeitpunkt mit allen Einwendungen ausgeschlossen. Eine nachträgliche inhaltliche Überprüfung sei nicht mehr möglich. Es laufe dem Zweck der Genehmigungsfiktion des Patientenrechtegesetzes aus dem Jahre 2013 entgegen, den Inhalt nachträglich zu überprüfen. Das Gesetz wolle generalpräventiv die Zügigkeit des Verwaltungsverfahrens der Krankenkassen verbessern.

Beachten Sie | Selbstverständlich gilt diese Regelung auch, wenn eine Krankenkasse beispielsweise über die Kostenübernahme zahnärztlicher Behandlungen zu spät entscheidet.

Quelle | SG Dortmund, Urteil vom 22.1.2016, S 8 KR 435/14, Abruf-Nr. 146438 unter www.iww.de.

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Gesetzliche Unfallversicherung: Unfallversichert bei der Flüchtlingshilfe in Kirchengemeinden

| Ehrenamtlich Helfende im Auftrag einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft sind über die gesetzliche Unfallversicherung VBG gegen die Folgen von Arbeits- und Wegeunfällen gut abgesichert. Darauf weist die VBG in Hamburg hin. |

Viele regionale Kirchengemeinden engagieren sich zurzeit besonders intensiv in der Flüchtlingshilfe, indem sie zum Beispiel Kleiderspenden sammeln, sortieren und verteilen oder Essen zubereiten und ausgeben. In solchen Fällen sind nicht nur die Beschäftigten der Kirchen, sondern auch ehrenamtlich Helfende bei ihrer Tätigkeit gesetzlich gegen Arbeits- und Wegeunfälle und gegen die Folgen von Berufskrankheiten versichert.

Der Versicherungsschutz besteht, wenn ein Unfall in direktem Zusammenhang zur ausgeübten ehrenamtlichen Tätigkeit steht, das heißt, wenn er während der Tätigkeit oder auf dem direkten Weg dorthin, beziehungsweise auf dem direkten Weg zurück nach Hause geschieht. Sollte es zu einem Unfall kommen, ist dieser von der Kirchengemeinde der zuständigen VBG-Bezirksverwaltung zu melden. Über www.vbg.de ist die Unfallmeldung auch online möglich. Die ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen erhalten dann die gleichen Rehabilitationsleistungen wie die Beschäftigten.

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Versicherungsrecht: Nach Alter gestaffelter Abzug bei gestohlenem Navi ist unwirksam

| Sieht eine Klausel im Teilkaskoversicherungsvertrag vor, dass ab einem Alter von 18 Monaten vom Ersatz für ein gestohlenes Navigationssystem pro Monat ein Prozent des Neupreises abgezogen wird, verstößt diese Klausel gegen die Regeln der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Sie ist unwirksam. |

So entschied das Amtsgericht Düsseldorf. Grundsätzlich, so sagt das Gericht, hat der bestohlene Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Neuersatz. Wenn eine Altersstaffelungsklausel aber ohne Rücksicht darauf, ob das Navigationssystem gebraucht seriös beschaffbar ist, einen rechnerischen Neu-für-alt-Abzug vorsieht, ist das eine unzumutbare Klausel. Bestärkt fühlte sich das Gericht auch dadurch, dass der Versicherer auch im Rechtsstreit keine Bezugsquelle für ein gebrauchtes Navigationssystem benennen konnte.

Quelle | Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2015, 53 C 233/15, Abruf-Nr. 146172 unter www.iww.de.

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Sozialrecht: Hartz IV: Ehrenamt schützt nicht vor Leistungskürzung

| Die Ausübung eines Ehrenamts ist kein wichtiger Grund, Termine beim Jobcenter abzusagen. |

Das hat das Sozialgericht (SG) Stuttgart bei einer Hartz-IV-Empfängerin festgestellt. Das Jobcenter hatte ihr die Leistungen gekürzt, weil sie zu einem Gesprächstermin nicht erschienen war. Dagegen klagte die Dame vor dem SG. Tätigkeiten im Ehrenamt seien ein wichtiger Grund, um solche Termine verpassen zu können. Das SG Stuttgart sah das anders. Aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit ergeben sich keine äußeren, unabwendbaren und schwerwiegenden Umstände, den Termin nicht wahrzunehmen. Ehrenamtliches Engagement ist zwar begrüßenswert, wird aber freiwillig ausgeübt. Wer Leistungen bezieht, muss sich aber dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen. Dazu gehört es auch, entsprechende Termine beim Jobcenter wahrzunehmen.

Quelle | SG Stuttgart, Beschluss vom 1.4.2015, S 2 AS 790/15 ER, Abruf-Nr. 146232 unter www.iww.de.

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Ordnungswidrigkeitenrecht: Trommeln ist in der Fußgängerzone nicht erlaubt

| Wer ohne Sondernutzungserlaubnis in der Fußgängerzone eine Musikaufführung gibt, muss mit einem Bußgeld rechnen. |

Das musste sich ein Musiklehrer vor dem Amtsgericht München sagen lassen. Er war Verantwortlicher einer circa 20-köpfigen Trommlergruppe. Diese musizierte auf dem Marienplatz in München. Der Musiklehrer hatte keine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis bei der Stadt München beantragt. Die Fußgängerzone darf nach der Widmung durch die Stadt nur für den Fußgängerverkehr genutzt werden. Die Gruppe wurde von Polizeibeamten kontrolliert. Dabei gab sich der Musiklehrer als Verantwortlicher zu erkennen. Gegen ihn erging ein Bußgeldbescheid in Höhe von 100 EUR. Dagegen legte er Einspruch ein, weil er die Buße als unangemessen hoch empfand. 

Das Gericht gab ihm teilweise recht. Es änderte den Bußgeldbescheid der Landeshauptstadt München ab und verurteilte den Musiklehrer zu einer Geldbuße von 50 EUR. Der Bußgeldrahmen beträgt zwischen 5 und 1.000 EUR. Das Gericht stellt in den Urteilsgründen fest: Das Musizieren stellt eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung dar, die der Erlaubnis der Landeshauptstadt bedarf. Bei der Höhe der Geldbuße wurde zugunsten des Musiklehrers berücksichtigt, dass er geständig war. Außerdem habe die Trommlergruppe sofort nach polizeilicher Monierung der Sondernutzung das Musizieren eingestellt.

Quelle | Amtsgericht München, Beschluss vom 14.12.2015, 1125 OWi 247 Js 218141/15, Abruf-Nr. 146552 unter www.iww.de.

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Verkehrsrecht

Mietwagen: Bei altem Fahrzeug darf die Mietwagengruppe nicht abgestuft werden

| Auch bei einem zum Unfallzeitpunkt 16 bzw. 23 Jahre alten Pkw ist der Geschädigte nicht verpflichtet, einen viel kleineren Mietwagen zu nehmen. Das Alter des Fahrzeugs spielt bei der Gruppeneinstufung keine Rolle. |

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Hannover und wies damit eine Versicherung in ihre Grenzen. Die Richter erläuterten, dass immer wieder Versicherer versuchen würden, die Rechtsprechung zur Altersabstufung bei der Nutzungsausfallentschädigung auch auf die Mietwagenkostenerstattung zu übertragen. Damit würden sie aber überwiegend bei den Gerichten nicht durchkommen. Entsprechend scheiterte der Versicherer auch vor dem LG. 

Das Urteil folgt der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle, das dem LG Hannover übergeordnet ist. Das OLG lehnt die Gruppenabstufung ebenfalls ab. Es macht allerdings auch eine Ausnahme. So könne eine Abstufung in Betracht kommen, wenn über das Alter hinaus im Fahrzeugzustand begründete Nutzungseinschränkungen vorlägen. Dazu müsse jedoch der Versicherer Fakten vortragen und beweisen.

Quelle | LG Hannover, Urteil vom 5.10.2015, 2 O 347/14, Abruf-Nr. 146340 unter www.iww.de; OLG Celle, Urteil vom 1.4.2015, 14 U 199/14, Abruf-Nr. 146348 unter www.iww.de

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Haftungsrecht: Ersatzanspruch des Parkplatzeigentümers gegen Parker ohne Parkschein (Halteranfrage)

| Bei einem Vertrag über die kurzzeitige Nutzung eines jedermann zugänglichen privaten Parkplatzes ist eine unbedingte Besitzverschaffung durch den Parkplatzbetreiber nicht geschuldet. Macht er das Parken davon abhängig, dass eine Parkgebühr gezahlt und ein Parkschein ausgelegt wird, begeht derjenige verbotene Eigenmacht, der sein Fahrzeug abstellt, ohne sich daran zu halten. |

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH). In dem betreffenden Fall hatte sich der Halter darauf berufen, dass er das Fahrzeug nicht benutzt hatte. Mit dieser Argumentation konnte er sich nach Ansicht des BGH aber nicht völlig aus der Sache herausziehen. Habe er nämlich sein Fahrzeug einer anderen Person überlassen, könne er als Zustandsstörer unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Das gelte zumindest in dem Fall, in dem er auf die Aufforderung des Parkplatzbetreibers, den für eine Besitzstörung verantwortlichen Fahrer zu benennen, schweigt.

Allerdings haben die Richter auch den Parkplatzbetreiber in seinem Tun stärker eingeschränkt: Er soll nun von dem Fahrzeughalter, den er als Zustandsstörer in Anspruch nehmen will, die Kosten der Halteranfrage nicht mehr erstattet bekommen. Damit gibt der BGH seine anderslautende bisherige Rechtsprechung auf (BGH NJW 2012, 3781)

Quelle | BGH, Urteil vom 18.12.2015, V ZR 160/14, Abruf-Nr. 183417 unter www.iww.de.

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Versicherungsrecht: Bei Unfall durch Öffnen der Beifahrertür muss Kfz-Versicherung zahlen

| Öffnet der Beifahrer beim Aussteigen die Beifahrertür unvorsichtig und verursacht dadurch einen Unfall, muss der Kfz-Versicherer den Schaden ersetzen. Die Privathaftpflicht des Beifahrers tritt dagegen nicht für den Schaden ein. |

So entschied es das Landgericht (LG) Saarbrücken. In solchen Fällen wird oft versucht, den Schaden rabattunschädlich über die Privathaftpflicht des Beifahrers abzuwickeln, zumal dem Beifahrer der Vorgang ja unangenehm ist. Da das Aussteigen, auch das Aussteigen der Mitfahrer, noch zum Betrieb des Kraftfahrzeugs gehört, ist der Privathaftpflichtversicherer aber nicht in der Pflicht. Solche Fälle sind im Vertrag ausgeschlossen. Nicht anders wäre es, wenn ein Mitfahrer eine der hinteren Türen öffnet.

Quelle | LG Saarbrücken, Urteil vom 20.11.2015, 13 S 117/15, Abruf-Nr. 146396 unter www.iww.de.

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Verkehrssicherungspflichtverletzung: Land muss für nicht griffigen Fahrbahnbelag haften

| Das Land Nordrhein-Westfalen kann aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung für einen Fahrbahnbelag haften, der eine unzureichende Griffigkeit aufweist, wenn es aufgrund dieser Gefahrenquelle zu einem Motorradunfall kommt. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer Motorradfahrerin entschieden, die bei regennasser Fahrbahn gestürzt war. An dem Motorrad entstand ein Sachschaden in Höhe von ca. 2.100 EUR. Diesen hat die Frau vom beklagten Land ersetzt verlangt. Sie beruft sich dabei auf eine Verkehrssicherungspflichtverletzung. Sie sei gestürzt, weil die Fahrbahnoberfläche im Bereich der Unfallstelle nicht griffig genug gewesen sei.

Die Klage hatte überwiegend Erfolg. Das OLG hat der Frau einen 75-prozentigen Schadenersatz in Höhe von ca. 1.600 EUR zugesprochen. Dabei hat es die ihr anzurechnende Betriebsgefahr des Motorrads mitberücksichtigt. Das beklagte Land habe, so die Richter, die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Im Bereich der Unfallstelle sei der Fahrbahnbelag mindestens seit dem Jahre 2008 nicht griffig genug gewesen. Deswegen sei nicht mehr gewährleistet gewesen, dass auch ordnungsgemäß fahrende Motorradfahrer den Streckenabschnitt bei Nässe gefahrlos passieren könnten. Die fehlende Griffigkeit sei 2008 im Rahmen einer Straßenzustandserhebung festgestellt und dem Landesbetrieb Straßenbau spätestens im Jahre 2010 bekannt gewesen. Das Land sei gehalten gewesen, im Bereich der Unfallstelle durch eine Beschilderung auf die bei Nässe bestehende Schleuder- und Rutschgefahr hinzuweisen und die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei Nässe auf maximal 30 km/h zu begrenzen. Diese Beschilderung sei vorwerfbar unterblieben. Bereits deswegen hafte das Land. Ob das Land darüber hinaus auch gehalten gewesen wäre, den betreffenden Fahrbahnabschnitt baulich zu sanieren, könne im vorliegenden Fall dahinstehen.

Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 18.12.2015, 11 U 166/14, Abruf-Nr. 146557 unter www.iww.de.

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Fahrtauglichkeit: Schwerhörigkeit ist allein kein Grund um die Fahrerlaubnis zu entziehen

| Sogar Gehörlosigkeit ist kein Mangel, der generell und allein fahruntauglich macht. |

Hierauf wies das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt im Fall eines 1930 geborenen Mannes hier. Dieser wollte seine 1962 erworbene Fahrerlaubnis in die neuen Führerscheinklassen umschreiben lassen. Dabei stellte eine Mitarbeiterin der Behörde fest, dass er ein Hörgerät trug. Allein daher verlangte sie von dem Mann, ein ärztliches Attest zu seinem Hörvermögen vorzulegen. Dieser legte ein Attest seines HNO-Arzts vor. Danach erreiche er aufgrund des Hörgeräts ein altersnormales Hörvermögen. Beeinträchtigungen im Straßenverkehr seien nicht zu erwarten. Der Behörde reichte dies nicht. Sie forderte darüber hinaus ein Gutachten eines Arzts einer Begutachtungsstelle für Fahreignung. Da der Mann dieses nicht beibrachte, entzog ihm die Behörde die Fahrerlaubnis. 

Das VG hielt das für offensichtlich rechtswidrig. Selbst eine hochgradige Schwerhörigkeit oder gar Gehörlosigkeit sei kein Mangel, der generell und allein für das Führen von Fahrzeugen ungeeignet mache. Die Orientierung im motorisierten Straßenverkehr erfolge überwiegend über das optische System, da verkehrsrelevante Informationen maßgeblich über visuelle Signale vermittelt würden. Da durch eine vorhandene Hörminderung andere sensorische Leistungen gesteigert werden könnten, seien hörgeminderte oder gehörlose Fahrer in der Lage, durch besondere Umsicht, Aufmerksamkeit und Gewissenhaftigkeit sicher am Straßenverkehr teilzunehmen.

Quelle | VG Neustadt, Urteil vom 28.1.2016, 3 L 4/16.NW, Abruf-Nr. 146351 unter www.iww.de.

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Abschließende Hinweise

Berechnung der Verzugszinsen

| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten. |

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 30. Juni 2016 beträgt - 0,83 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,17 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 1,17 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,17 Prozent

Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).

Übersicht / Basiszinssätze

Zeitraum

Zinssatz

01.07.2015 bis 31.12.2015

-0,83 Prozent

01.01.2015 bis 30.06.2015

-0,83 Prozent

01.07.2014 bis 31.12.2014

-0,73 Prozent

01.01.2014 bis 30.06.2014

-0,63 Prozent

01.07.2013 bis 31.12.2013

-0,38 Prozent

01.01.2013 bis 30.06.2013

-0,13 Prozent

01.07.2012 bis 31.12.2012

0,12 Prozent

01.01.2012 bis 30.06.2012

0,12 Prozent

01.07.2011 bis 31.12.2011

0,37 Prozent

01.01.2011 bis 30.06.2011

0,12 Prozent

01.07 2010 bis 31.12.2010

0,12 Prozent

01.01.2010 bis 30.06.2010

0,12 Prozent

01.07 2009 bis 31.12.2009

0,12 Prozent

01.01.2009 bis 30.06.2009

1,62 Prozent

01.07.2008 bis 31.12.2008

3,19 Prozent

01.01.2008 bis 30.06.2008

3,32 Prozent

01.07.2007 bis 31.12.2007

3,19 Prozent

01.01.2007 bis 30.06.2007

2,70 Prozent

01.07.2006 bis 31.12.2006

1,95 Prozent

01.01.2006 bis 30.06.2006

1,37 Prozent

01.07.2005 bis 31.12.2005

1,17 Prozent

01.01.2005 bis 30.06.2005

1,21 Prozent

01.07.2004 bis 31.12.2004

1,13 Prozent

01.01.2004 bis 30.06.2004

1,14 Prozent

01.07.2003 bis 31.12.2003

1,22 Prozent

01.01.2003 bis 30.06.2003

1,97 Prozent

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Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 04/2016

| Im Monat April 2016 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 11.4.2016
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 11.4.2016

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen. 

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 14.4.2016. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat April 2016 am 27.4.2016.

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