Monatsbrief April 2015

Webcontent Recht Basis 04-2015

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 04/2015:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht & WEG

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

Zum Anfang



Arbeitsrecht

Arbeitsunfähigkeit: Arbeitnehmer hat bei Observation durch einen Detektiv mit heimlichen Videoaufnahmen Anspruch auf Schmerzensgeld

| Ein Arbeitgeber, der wegen des Verdachts einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit einem Detektiv die Überwachung eines Arbeitnehmers überträgt, handelt rechtswidrig, wenn sein Verdacht nicht auf konkreten Tatsachen beruht. Für dabei heimlich hergestellte Abbildungen gilt dasselbe. Eine solche rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann einen Geldentschädigungsanspruch („Schmerzensgeld“) begründen. |

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Sekretärin der Geschäftsleitung. Sie war ab dem 27. Dezember 2011 arbeitsunfähig erkrankt, zunächst mit Bronchialerkrankungen. Für die Zeit bis 28. Februar 2012 legte sie nacheinander sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, zuerst vier eines Facharztes für Allgemeinmedizin, dann ab 31. Januar 2012 zwei einer Fachärztin für Orthopädie.

Der Arbeitgeber bezweifelte den zuletzt telefonisch mitgeteilten Bandscheibenvorfall und beauftragte einen Detektiv mit der Observation der Klägerin. Diese erfolgte von Mitte bis Ende Februar 2012 an vier Tagen. Beobachtet wurden u.a. das Haus der Klägerin, sie und ihr Mann mit Hund vor dem Haus und der Besuch der Klägerin in einem Waschsalon. Dabei wurden auch Videoaufnahmen erstellt. Der dem Arbeitgeber übergebene Observationsbericht enthält elf Bilder, neun davon aus Videosequenzen.

Die Klägerin hält die Beauftragung der Observation einschließlich der Videoaufnahmen für rechtswidrig und fordert ein Schmerzensgeld, dessen Höhe sie in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Sie hält 10.500 EUR für angemessen. Sie habe erhebliche psychische Beeinträchtigungen erlitten, die ärztlicher Behandlung bedürften.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 1.000 EUR stattgegeben. Die Revisionen beider Parteien blieben vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg.

Die Richter dort waren der Ansicht, dass die Observation einschließlich der heimlichen Aufnahmen rechtswidrig war. Der Arbeitgeber hatte keinen berechtigten Anlass zur Überwachung. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen war weder dadurch erschüttert, dass sie von unterschiedlichen Ärzten stammten, noch durch eine Änderung im Krankheitsbild oder weil ein Bandscheibenvorfall zunächst hausärztlich behandelt worden war. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Schmerzensgeldes war in der Revisionsinstanz nicht zu beanstanden.

Hinweis | Es war nicht zu entscheiden, wie Videoaufnahmen zu beurteilen sind, wenn ein berechtigter Anlass zur Überwachung gegeben ist.

Quelle | BAG, Urteil vom 19.2.2015, 8 AZR 1007/13, Abruf-Nr. 143970 unter www.iww.de.

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EuGH-Vorlage: Anwendung griechischer Spargesetze in Deutschland

| Die Spargesetze Griechenlands sind nun auch in der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit angekommen. Fraglich ist, ob die griechischen Gesetze als sogenannte Eingriffsnormen auf das in der Bundesrepublik Deutschland zu erfüllende und deutschem Recht unterliegende Arbeitsverhältnis unmittelbar oder mittelbar Anwendung finden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Frage an den EuGH weitergegeben. |

Der Kläger in dem betreffenden Fall ist griechischer Staatsangehöriger. Er ist als Lehrer an der von der beklagten Republik Griechenland getragenen Griechischen Volksschule in Nürnberg beschäftigt. Er fordert weitere Vergütung für den Zeitraum Oktober 2010 bis Dezember 2012 i.H.v. insgesamt 20.262,32 EUR sowie Lohnabrechnungen. Die streitigen Teile der laufenden Vergütung und der Jahressonderzahlungen hat die beklagte Republik unter Berufung auf die griechischen Spargesetze von der gezahlten Bruttovergütung abgesetzt. Diese hatte sich zuvor an das deutsche Tarifrecht des öffentlichen Dienstes angelehnt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil es die Zuständigkeit deutscher Gerichte verneinte. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt die beklagte Republik die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Für den Senat ist es streitentscheidend, ob die griechischen Spargesetze als sogenannte Eingriffsnormen auf das in der Bundesrepublik Deutschland zu erfüllende und deutschem Recht unterliegende Arbeitsverhältnis unmittelbar oder mittelbar Anwendung finden. Ausgangsfrage ist, ob das im Jahr 1996 begründete und jedenfalls bis Ende 2012 fortbestehende Arbeitsverhältnis der Parteien dem Geltungsbereich der Rom I-Verordnung oder noch dem alten IPR Deutschlands (Art. 27 ff. EGBGB a.F.) unterfällt. Um das abzuklären, hat das BAG den EuGH angerufen. Dieser muss nun die offenen Fragen klären.

Quelle | BAG, Beschluss vom 25.2.2015, 5 AZR 962/13 (A), Abruf-Nr. 143971 unter www.iww.de.

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Kündigungsrecht: Auflösungsantrag beendet Arbeitsverhältnis nicht sofort

| Das Arbeitsverhältnis besteht auch dann fort, wenn der Arbeitnehmer einen Auflösungsantrag angekündigt hat, über den das Arbeitsgericht noch nicht entschieden hat. |

Hierauf hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hingewiesen. Auch wenn die Auflösung rückwirkend erfolgen kann, ändere dies nichts an dem Umstand, dass das Gericht die Auflösung nicht lediglich feststellt, sondern das Arbeitsverhältnis durch Urteil erst auflöst. Dies bedeute, dass das Arbeitsverhältnis und damit die sich aus ihm ergebenden wechselseitigen Pflichten bestehen, solange das Arbeitsverhältnis nicht durch (rechtskräftiges) gestaltendes Urteil des Arbeitsgerichts aufgelöst ist.

Quelle | LAG Köln, Urteil vom 12.11.2014, 5 Sa 420/14, Abruf-Nr. 174336 unter www.iww.de.

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Vollstreckungsrecht: Unpfändbarkeit von Ansprüchen auf Zeitzuschläge

| Die Ansprüche des Arbeitnehmers auf Schichtzulagen sowie auf Zuschläge für Nachtarbeit-, Sonntags- und Feiertagsarbeit sind unpfändbar und können nicht abgetreten werden. |

Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg im Fall eines Angestellten entschieden. Dieser war bei dem beklagten Landkreis beschäftigt. Er trat im Rahmen eines Privatinsolvenzverfahrens seine pfändbaren Bezüge an eine Treuhänderin ab. Mit seiner Klage hat er die Auszahlung von tariflichen Wechselschichtzulagen sowie Zuschlägen für Dienste zu ungünstigen Zeiten verlangt. Er meint, die Zuschläge seien unpfändbar.

Das LAG hat der Klage – wie bereits das Arbeitsgericht – entsprochen. Nach der Zivilprozessordnung sind u.a. „Schmutz- und Erschwerniszulagen“ unpfändbar. Dabei werde zwischen verschiedenen Erschwernissen der Arbeit nicht unterschieden. Erschwernisse für den Arbeitnehmer könnten sich sowohl aufgrund der Art der auszuübenden Tätigkeit als auch regelmäßig wechselnden Dienstschichten oder einer Arbeitsleistung in der Nacht oder an Feiertagen ergeben. Dies führe zur Unpfändbarkeit von Schichtzulagen und von Zuschlägen für Arbeiten zu ungünstigen Zeiten. Das Bürgerliche Gesetzbuch bestimmt, dass unpfändbare Forderungen nicht abgetreten werden können. Hieraus folge, dass die Zuschläge dem Arbeitnehmer auszuzahlen seien. Die Treuhänderin könne sie nicht einziehen und an die Gläubiger verteilen.

Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9.1.2015, 3 Sa 1335/14, Abruf-Nr. 143918 unter www.iww.de.

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Betriebsratswahl: Keine nachträgliche Anpassung der Geschlechterquote

| Die Besetzung eines nach Geschlechterproporz gewählten Betriebsrats ist nicht nachträglich anzupassen, wenn die Geschlechterquote im Nachrückverfahren übererfüllt wird. |

Zu diesem Ergebnis kam das Arbeitsgericht Köln. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz muss das Geschlecht der Minderheit in einem Betriebsrat mindestens seinem zahlenmäßigen Anteil an der Belegschaft entsprechend vertreten sein. Dies wird durch entsprechende Verfahrensregeln sichergestellt. Im entschiedenen Fall war nach diesen Verfahrensregeln eine Bewerberin (Geschlecht der Minderheit) in den Betriebsrat eingezogen. Sie hatte einen Bewerber, der im direkten Vergleich mehr Stimmen erzielt hatte, „verdrängt“. Später schied ein (anderes) männliches Mitglied aus dem Betriebsrat aus. Dieses wurde im Nachrückverfahren durch eine Bewerberin ersetzt. Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, dass die Minderheitenquote nunmehr übererfüllt sei. Die zunächst in den Betriebsrat eingezogene Bewerberin müsse aus dem Betriebsrat ausscheiden und der zunächst „verdrängte“ Bewerber Mitglied des Betriebsrats werden.

Das Arbeitsgericht Köln ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Es hat festgestellt, dass die zunächst in den Betriebsrat eingezogene Bewerberin Mitglied des Betriebsrats bleibt. Sie wird nicht durch den „verdrängten“ Bewerber ausgetauscht.

Quelle | Arbeitsgericht Köln, Beschluss vom 12.11.2014, 17 BV 296/14, Abruf-Nr. 143871 unter www.iww.de.

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Baurecht

Vertragsgestaltung: Kein Baubeginn vereinbart: Wann muss der Auftraggeber die Leistung abrufen?

| Wird im Bauvertrag festgelegt, dass mit der Ausführung „innerhalb von 12 Werktagen nach Zugang der Aufforderung durch den Auftraggeber“ zu beginnen ist und „die Aufforderung [...] voraussichtlich bis zum 3.2.2009 zugehen“ wird, haben die Parteien keine verbindliche Ausführungsfrist vereinbart. |

Das bestätigte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Fall und wies die Nichtzulassungsbeschwerde des Auftraggebers zurück. Damit hat die ursprüngliche Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a.M. Bestand. Dort hatten die Richter entschieden, dass bei einer solchen Vertragsgestaltung dem Auftragnehmer auf Verlangen Auskunft über den voraussichtlichen Beginn der Arbeiten zu erteilen sei. Allerdings dürfe der Auftraggeber den Abruf der Leistung nicht auf unbestimmte Zeit hinausschieben. Er müsse vielmehr dem Auftragnehmer die Möglichkeit geben, die Leistung zu bewirken. Ein zu langes Hinauszögern der Aufforderung zum Beginn der Ausführung sei dem Auftragnehmer nicht zumutbar.

Quelle | OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 12.6.2012, 11 U 102/10, Abruf-Nr. 143831 unter www.iww.de; BGH, Beschluss vom 13.11.2014, VII ZR 175/12, Abruf-Nr. 143972 unter www.iww.de.

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Beschaffenheitszusage: Abdichtungsunternehmer ist an Aussagen im Werbeprospekt gebunden!

| Ein Abdichtungsunternehmer muss sich hinsichtlich der Beschaffenheit der von ihm angebotenen Werkleistungen wie ein Verkäufer an öffentlichen Werbeäußerungen festhalten lassen. |

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Die Richter machten deutlich, das die Aussagen im Werbeprospekt des Unternehmers zu den Abdichtungswirkungen seiner Leistung grundsätzlich zu einer stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung führen. Voraussetzung sei, dass sie für den Besteller von erheblicher Bedeutung sind und dieser Umstand für den Unternehmer erkennbar ist.

Nur ausnahmsweise komme eine stillschweigende Beschaffenheitsvereinbarung nicht zustande. Das sei der Fall, wenn der Unternehmer die Aussagen seines Werbeprospekts vor dem Vertragsschluss gegenüber dem Besteller in einer Art und Weise einschränkt oder berichtigt, die vom laienhaften Empfängerhorizont des Bestellers aus verständlich ist. Berufe sich der Unternehmer auf diese Ausnahme, müsse er im Prozess auch deren Voraussetzungen beweisen.

Quelle | OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.1.2015, 22 U 154/14, Abruf-Nr. 143973 unter www.iww.de.

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Nachbarrecht: Weinstubeninhaber ist Lärm vom Kinderspielplatz zumutbar

| Ein in der Nähe einer Weinstube liegender Kinderspielplatz muss wegen des Kinderlärms weder verlegt noch eingestellt werden. |

So entschied es das Verwaltungsgericht (VG) Trier. Der klagende Anwohner und Betreiber einer Weinstube müsse den Spielplatz hinnehmen. Kinderlärm stehe unter einem besonderen Toleranzgebot der Gesellschaft. Geräusche spielender Kinder seien Ausdruck der kindlichen Entwicklung und Entfaltung und daher grundsätzlich zumutbar. Das Bundesimmissionsschutzgesetz enthalte deshalb die Vorgabe, dass die von Kinderspielplätzen ausgehenden Geräuscheinwirkungen im Regelfall nicht als schädliche Umwelteinwirkungen gelten.

Ein vom Regelfall abweichender Sonderfall liege nicht vor. Ein Sonderfall bestehe nur bei Vorliegen besonderer Umstände, wie z.B. die unmittelbare Nachbarschaft zu sensiblen Nutzungen wie Krankenhäuser oder Pflegeanstalten oder bei Spielplätzen, die sich nach Art und Größe sowie Ausstattung nicht in das vorhandene Wohngebiet einfügten. Nichts davon treffe jedoch hier zu. Insbesondere handele es sich nicht etwa um einen überdimensionierten Spielplatz. Es sei vielmehr ein für Wohngebiete absolut üblicher Spielplatz mit üblichen Spielgeräten. Schließlich habe die beklagte Stadt bei der Wahl des Standorts des Spielplatzes sowie der Platzierung der einzelnen Spielgeräte nicht gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme verstoßen. Sie habe nachvollziehbar dargelegt, dass sich eine Verlagerung des Spielplatzes auf einen anderen Standort desselben Grundstücks nicht anbiete, weil diese Flächen anderweitig benötigt würden. Nicht zuletzt habe die Stadt den schutzwürdigen Belangen der unmittelbaren Nachbarn durch eingeschränkte Nutzungszeiten (8-13 und 14-20 Uhr) und durch eine Altersbegrenzung des Nutzerkreises (Kinder bis 12) Rechnung getragen. Soweit der Kläger schließlich auf die Beeinträchtigung seiner Weinstube verweise, führe dies zu keiner anderen Betrachtung. Gewerbliche Nutzungen seien im Vergleich zur Wohnnutzung weniger schutzbedürftig.

Quelle | VG Trier, Urteil vom 28.1.2015, 5 K 1542/14, Abruf-Nr. 143974 unter www.iww.de.

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Bauplanungsrecht: Pferdestall darf nicht um Personalwohnungen aufgestockt werden

| Die Aufstockung eines in einem Bebauungsplangebiet mit der Festsetzung von Sportnutzung belegenen Pferdestalls um zwei Personalwohnungen ist bauplanungsrechtlich nicht zulässig. |

Dies hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Trier entschieden. Zur Begründung führten die Richter aus, der Bebauungsplan sehe Flächen für Wohnnutzung nicht vor. Entgegen der vom Kläger im Verfahren vertretenen Auffassung handele es sich bei den geplanten Wohnungen auch nicht um genehmigungsfähige untergeordnete Nebenanlagen. Bei der Wohnnutzung handele es sich vielmehr um eine in den einschlägigen Vorschriften geregelte Hauptnutzungsart. Daher könne es sich nicht zugleich um eine Nebenanlage handeln. Zudem scheitere die erforderliche Unterordnung an der Größe der mit einer Fläche von insgesamt 335 qm geplanten Wohnungen. Als Wohnungen für Aufsichts-/Bereitschaftspersonal seien sie damit überdimensioniert und fügten sich deshalb nicht in die Nutzung der Umgebungsbebauung ein.

Quelle | VG Trier, Urteil vom 28.1.2015, 5 K 1624/14, Abruf-Nr. 143975 unter www.iww.de.

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Familien- und Erbrecht

Kindesunterhalt: Keine gesteigerte Unterhaltspflicht der Eltern für 20-jähriges Kind in der Berufsvorbereitung

| Der Besuch einer primär der Verbesserung der allgemeinen Fähigkeiten dienenden berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme durch ein volljähriges Kind begründet keine gesteigerte Erwerbspflicht der Eltern. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer 20-jährigen Antragstellerin entschieden. Die Frau lebt bei ihrem Vater, der selbst erwerbsunfähig ist und Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II bezieht. Ihre Mutter – die Antragsgegnerin – ist geringfügig beschäftigt und erhält ergänzend Leistungen nach dem SGB II. Die Antragstellerin hat die Hauptschule ohne Abschluss beendet. Sie möchte eine Berufsschule besuchen, dort den Hauptschulabschluss und darauf aufbauend den Realschulabschluss erreichen, um Altenpflegerin zu werden. Derzeit absolviert sie eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme der Stadt, um ihre Lese-, Rechtschreib- und Lernkompetenzen zu verbessern. Sie erhält eine monatliche Ausbildungsbeihilfe von ca. 250 EUR.

Von der Antragsgegnerin begehrt sie monatlichen Volljährigenunterhalt in Höhe von ca. 300 EUR. Sie meint, ihre Mutter treffe eine gesteigerte Erwerbspflicht, weil sie, die Antragstellerin, sich noch in der allgemeinen Schulbildung befinde. Mit dieser Begründung hat sie Verfahrenskostenhilfe für eine Unterhaltsklage gegen ihre Mutter begehrt.

Der Antrag der jungen Frau blieb jedoch erfolglos. Nach der einschlägigen gesetzlichen Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs, so der 2. Senat für Familiensachen, sei die Antragstellerin bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres nur dann privilegiert und einem minderjährigen unverheirateten Kind gleichzustellen, wenn sie im Haushalt eines Elternteils lebe und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinde. Letzteres sei nicht der Fall. Die Frau absolviere eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme. Mit dieser solle sie gerade nicht primär auf den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses oder eines gleichwertigen Schulabschlusses vorbereitet werden. Die Maßnahme diene vielmehr vorrangig der beruflichen Integration. Sie solle es der Antragstellerin ermöglichen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Interessen für die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung zu überprüfen, zu bewerten und zu erweitern und eine Berufswahlentscheidung zu treffen. Es gehe mithin um eine allgemeine Verbesserung vorhandener Fähigkeiten der Antragstellerin und nicht primär darum, dass sie die Schulzeit mit einem qualifizierten Abschluss beende. Im Übrigen enthalte die Maßnahme auch einen Berufsschulteil, der nicht mehr zur allgemeinen Ausbildung zähle, weil berufsbezogene Ausbildungsinhalte vermittelt würden.

Aufgrund ihrer Einkommenssituation sei die Antragsgegnerin gegenüber der somit nicht privilegierten, volljährigen Antragstellerin wegen des dann geltenden höheren Selbstbehalts nicht leistungsfähig. Sie schulde daher keinen Unterhalt.

Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 3.12.2014, 2 WF 144/14, Abruf-Nr. 143976 unter www.iww.de.

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Gewaltenschutzverfahren: „Stinkefinger“ nicht bewiesen – 500 EUR Ordnungsgeld „gespart“

| Mit dem Zeigen eines sog. „Stinkefingers“ verstößt ein Antragsgegner gegen die im Rahmen eines Gewaltschutzverfahrens eingegangene Verpflichtung, jegliche Kontaktaufnahme zum Antragsteller zu unterlassen. Ein Ordnungsgeld kann das Gericht für einen derartigen Verstoß allerdings nur verhängen, wenn der Antragsteller die in Frage stehende Beleidigung zur Überzeugung des Gerichts nachweisen kann. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden. Die beiden Verfahrensbeteiligten, zwei erwachsene Männer, wohnen in etwa gegenüberliegenden Häusern in einer Straße. Nach einer anfänglichen Bekanntschaft entstand zwischen ihnen ein nachbarschaftlicher Konflikt. Im Jahre 2011 führten beide ein Gewaltschutzverfahren. Darin verpflichtete sich der Antragsgegner im Rahmen eines Vergleichs, eine Kontaktaufnahme zum Antragsteller zu unterlassen. In der Folgezeit behauptete der Antragsteller wiederholt, dass der Antragsgegner der Verpflichtung zuwiderhandle. Wenn er, der Antragsteller, sein Haus verlasse, müsse er Beleidigungen des Antragsgegners ertragen. Dieser würde ihm u.a. durch sein geöffnetes Fenster die Faust mit dem nach oben gestreckten Mittelfinger, den sog. „Stinkefinger“, zeigen.

Ein deswegen auf Antrag des Antragstellers vom Familiengericht Ende 2011 verhängtes Ordnungsgeld von 100 EUR nahm der Antragsgegner hin. Ein zweiter Ordnungsgeldantrag hatte mangels hinreichend genau bezeichneter Verstöße keinen Erfolg. Auf einen dritten Antrag, den der Antragsteller mit Mitte 2013 begangenen Zuwiderhandlungen begründete, verhängte das Familiengericht ein Ordnungsgeld von 500 EUR. Diesen Beschluss hat der Antragsgegner mit der Beschwerde angefochten und geltend gemacht, die ihm zur Last gelegten Verstöße nicht begangen zu haben.

Die Beschwerde hatte Erfolg. Die Richter am OLG haben den Ordnungsgeldbeschluss nach der persönlichen Anhörung der Beteiligten aufgehoben. Die in Frage stehenden Beleidigungen habe der Antragsteller, so der Senat, nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen können. Sie seien nach der Anhörung der Beteiligten zwar überwiegend wahrscheinlich. Das genüge aber nicht, um im Vollstreckungsverfahren ein Ordnungsgeld zu verhängen.

Neutrale Beweismittel seien nicht vorhanden. Aus der persönlichen Anhörung der Beteiligten ergäben sich konträre Schilderungen. Es möge zwar eher unwahrscheinlich sein, dass der Antragsteller Handbewegungen des Antragsgegners beim Zigarettenrauchen als „Stinkefinger“ missverstanden habe. Mit der für das Verhängen eines Ordnungsgelds notwendigen vollen Überzeugung des Gerichts könne es aber auch nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gelte für die Möglichkeit, dass die Vorwürfe des Antragstellers bewusst unwahr seien, um dem missliebigen Nachbarn zu schaden. Dass zu einem derartigen Zweck eigens die Gerichte bemüht würden, sei ein in der Gerichtspraxis nicht gänzlich unbekanntes Phänomen.

Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 30.6.2014, 14 WF 39/14, Abruf-Nr. 143977 unter www.iww.de.

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Betreuungsrecht: Voraussetzungen der Betreuung im Bereich Vermögenssorge

| Auch im Bereich der Vermögenssorge kann die Erforderlichkeit der Betreuung nicht allein mit der subjektiven Unfähigkeit des Betreuten begründet werden, seine diesbezüglichen Angelegenheiten selbst zu regeln. |

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter machten deutlich, dass vielmehr aufgrund konkreter Feststellungen des Tatrichters die gegenwärtige Gefahr begründet sein müsse, dass der Betreute einen Schaden erleidet, wenn man ihm die Erledigung seiner vermögensrechtlichen Angelegenheiten eigenverantwortlich selbst überließe. Allerdings sei dabei nicht zwingend erforderlich, dass ein aktueller Handlungsbedarf zugunsten des Vermögens des Betreuten vorliegt. Es genüge vielmehr, dass dieser Bedarf jederzeit auftreten könne. Zudem müsse für diesen Fall die begründete Besorgnis bestehen, dass ohne die Einrichtung einer Betreuung nicht das Notwendige veranlasst werde.

Quelle | BGH, Beschluss vom 21.1.2015, XII ZB 324/14, Abruf-Nr. 175085 unter www.iww.de.

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Erbvertrag: Erbverzicht durch Abfindungserklärung

| Erklärt ein Abkömmling in einem Übernahmevertrag, er sei nach dem Erhalt eines Geldbetrags „vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden“, kann das als Erbverzicht nach dem überlebenden Elternteil ausgelegt werden. |

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Streit um einen Erbvertrag. Für ihre Ansicht führten die Richter folgende Argumente an:

  • der Begriff „elterliches Vermögen“: hierdurch wird deutlich, dass die Regelung nicht nur den Nachlass des vorverstorbenen Vaters betreffen sollte;
  • die Formulierung „unter Lebenden und von Todes wegen“ und
  • die Formulierung „ein für alle Mal abgefunden“. Diese spricht dafür, dass die Regelung endgültig sein sollte.

PRAXISHINWEIS | Ob ein stillschweigender Erbverzicht möglich ist, ist streitig. Da die Rechtsprechung solche Erbverzichte teilweise für möglich hält, sollten in die notariellen Verträge eindeutige Erklärungen aufgenommen werden.

Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 22.7.2014, I-15 W 92/14, Abruf-Nr. 142939 unter www.iww.de.

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Mietrecht & WEG

Kündigungsrecht: Kündigung bei unverschuldeter Geldnot des Mieters ist rechtmäßig

| Der Vermieter ist zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt, wenn der sozialhilfeberechtigte Mieter seine Miete nicht pünktlich zahlen kann, weil er zwar rechtzeitig einen Antrag auf Sozialhilfe gestellt hat, die zur Mietzahlung erforderlichen Unterkunftskosten jedoch nicht rechtzeitig bewilligt worden sind. |

Hierauf machte der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Mieters aufmerksam. Dieser bezog seit 2011 vom zuständigen Jobcenter Leistungen nach dem SGB II. Seit Januar 2013 leitete er die für seine Wohnung erhaltenen Zahlungen des Jobcenters nicht mehr an den Vermieter weiter. Dieser erklärte daraufhin wegen der Mietrückstände die fristlose Kündigung und erhob im Juni 2013 Räumungsklage. Das zuständige Jobcenter verpflichtete sich aufgrund einer einstweiligen Anordnung des Sozialgerichts, die aufgelaufenen Mietschulden zu übernehmen. Im Juli 2013 wurde das Sozialamt für den Mieter zuständig. Der Mieter beantragte dort Sozialhilfe einschließlich der Übernahme der Wohnungskosten. Das Sozialamt lehnte die Übernahme der Wohnungskosten jedoch ab. Hiergegen erhob der Mieter Widerspruch und beantragte einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht. Dieses verpflichtete den Sozialhilfeträger schließlich im April 2014, die Mieten von September 2013 bis Juni 2014 zu übernehmen. In der Zwischenzeit hatte der Vermieter wegen der ausbleibenden Mietzahlungen erneut die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses erklärt. Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, die Berufung des Mieters ist zurückgewiesen worden.

Auch vor dem BGH hatte der Mieter keinen Erfolg. Die Richter entschieden, dass das Mietverhältnis der Parteien durch die Kündigung im März 2014 wirksam beendet worden ist. Zu diesem Zeitpunkt war der Mieter mit der Mietzahlung für Oktober 2013 bis März 2014 in Verzug. Der für die fristlose Kündigung erforderliche wichtige Grund lag daher vor.

Nach Ansicht der Richter steht dem Verzugseintritt nicht entgegen, dass der Mieter, um die Miete entrichten zu können, auf Sozialleistungen angewiesen war und diese Leistungen rechtzeitig beantragt hatte. Zwar kommt der Schuldner nur in Verzug, wenn er das Ausbleiben der Leistung zu vertreten hat. Bei Geldschulden befreien jedoch wirtschaftliche Schwierigkeiten den Schuldner auch dann nicht von den Folgen verspäteter Zahlung, wenn sie auf unverschuldeter Ursache beruhen. Vielmehr hat jedermann nach dem Prinzip der einer Geldschuld zugrunde liegenden unbeschränkten Vermögenshaftung („Geld hat man zu haben“) ohne Rücksicht auf ein Verschulden für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen. Dieses Prinzip gilt auch für Mietschulden.

Bei einer auf Zahlungsverzug gestützten Kündigung müssen darüber hinaus nicht die im Gesetz genannten zusätzlichen Abwägungskriterien beachtet werden. Vielmehr handelt es sich bei den bestimmten im Gesetz aufgeführten Kündigungsgründen (zu denen auch der vorliegende gehört) um gesetzlich typisierte Fälle der Unzumutbarkeit einer weiteren Fortsetzung des Mietverhältnisses. Soweit deren tatbestandliche Voraussetzungen erfüllt sind, ist danach grundsätzlich auch ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung gegeben. Der Schutz des (nicht rechtzeitig zahlenden) Mieters vor dem Verlust der Wohnung wird vielmehr ausschließlich durch die einmalig innerhalb von zwei Jahren gewährte Schonfrist (§ 569 Abs. 3 BGB) sichergestellt.

Quelle | BGH, Urteil vom 4.2.2015, VIII ZR 175/14, Abruf-Nr. 175108 unter www.iww.de.

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Kündigungsrecht: Bei grundloser Strafanzeige gegen den Vermieter kann fristlos gekündigt werden

| Erstattet der Mieter eine grundlose Strafanzeige gegen den Vermieter, kann dieser das Mietverhältnis fristlos kündigen. |

Das ergibt sich aus einem Urteil des Landgerichts (LG) Düsseldorf. Die Richter machten deutlich, dass ein Vertragspartner seine Treuepflicht schwerwiegend verletze, wenn er gegen den anderen Vertragspartner eine grundlose Strafanzeige erstatte. Wann eine grundlose Strafanzeige vorliege, ergebe sich aus dem Einzelfall. Ausschlaggebend hierfür sei, ob die erstattete Strafanzeige als leichtfertig und unangemessen zu bewerten sei oder wohlmöglich auf erfundenen Tatsachen beruhe. Aber selbst wenn die Anzeige auf wahren Tatsachen beruhe, könne sie eine schwerwiegende Vertragsverletzung sein. Dies sei der Fall, wenn der Anzeigeerstatter nicht seine eigenen Interessen wahren, sondern mit der Anzeige dem Angezeigten einen Schaden zufügen wolle. So sei es im vorliegenden Fall gewesen. Hier sei zwischen den Parteien über die Höhe der Miete und die Berechtigung einer Umlage von Betriebskosten gestritten worden. Eine Strafanzeige sei insofern unangemessen gewesen, da den Parteien der Zivilrechtsweg zur Klärung ihrer Streitigkeiten offengestanden hätte.

Quelle | LG Düsseldorf, Urteil vom 6.11.2014, 21 S 48/14 35 C, Abruf-Nr. 143978 unter www.iww.de.

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WEG: Garagenhof muss nicht von Schnee geräumt werden, weil Passanten ihn als Abkürzung nutzen

| Wer seinen Weg über ein sichtbar vereistes Privatgrundstück abkürzt, läuft auf eigene Gefahr und kann bei einem Sturz keinen Schadenersatz vom Eigentümer verlangen. |

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Fußgängers, der auf einem vereisten Garagenvorplatz gestürzt war. Der Garagenhof gehört zu einer Wohnungseigentumsanlage. Er war von dem Fußgänger betreten worden, um die Kurve einer naheliegenden Straße nebst Bürgersteig abzukürzen. Die Schadenersatzklage des Fußgängers gegen die Eigentümergemeinschaft blieb jedoch erfolglos.

Die Richter am OLG entschieden, dass die Eigentümergemeinschaft ihm gegenüber nicht verkehrssicherungspflichtig gewesen sei. Die auf dem Garagenvorplatz vorhandene Schnee- und Eisglätte habe der Fußgänger gut erkennen können. Das mit ihr verbundene Gesundheitsrisiko sei nicht so groß und unkalkulierbar gewesen, dass schon aus diesem Grunde Sicherungsmaßnahmen geboten gewesen seien. Der Fußgänger sei auch nicht gezwungen gewesen, den nicht geräumten, privaten Vorplatz zu betreten. Er habe auf den öffentlichen Verkehrsflächen der nahen Straße bleiben können. Wenn diese Flächen ebenfalls nicht geräumt gewesen seien, begründe dies keine Verkehrssicherungspflicht der Eigentümergemeinschaft. Andernfalls würden die für öffentliche Flächen geltenden Verkehrssicherungspflichten auf private Grundstücksbesitzer „überbürdet“. Diese könnten zudem auch nicht vorhersehen, wann sie eine auf diese Weise begründete „sekundäre“ Verkehrssicherungspflicht treffen könnte.

Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 16.5.2013, 6 U 178/12, Abruf-Nr. 132628 unter www.iww.de.

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WEG: Wechsel des Bodenbelags und einzuhaltenderSchallschutz in der Wohnungseigentümergemeinschaft

| Möchte ein Wohnungseigentümer den vorhandenen Bodenbelag (Teppichboden) in seiner Wohnung durch einen anderen (Parkett) ersetzen, muss er dabei das Schallschutzniveau einhalten, das bei Errichtung des Gebäudes galt. Seine Renovierungsmaßnahme muss sich nicht an den aktuellen Grenzwerten messen lassen. |

Diese Klarstellung hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Rechtsstreit mehrerer Wohnungserbbauberechtigten getroffen. Die Beklagten erwarben das über der Wohnung der Kläger liegende Appartement im Jahr 2006. In dem Anfang der Siebzigerjahre errichteten Hochhaus befinden sich ein großes Hotel und 320 Appartements, für die jeweils Wohnungserbbaurechte bestehen. Im Jahr 2008 ließen die Beklagten den vorhandenen Teppichboden entfernen und Parkett einbauen. Dagegen wenden sich die Kläger mit der Begründung, der Trittschall habe sich durch den Wechsel des Bodenbelags erhöht.

Das Amtsgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt, in ihrer Wohnung anstelle des Parketts Teppichboden oder einen in der Trittschalldämmung gleichwertigen Bodenbelag zu verlegen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Die Richter am BGH haben die Abweisung der Klage bestätigt. Sie wiesen darauf hin, dass rechtlicher Maßstab für die zwischen den Wohnungseigentümern hinsichtlich des Schallschutzes bestehenden Pflichten § 14 Nr. 1 WEG ist. Die Kläger werden durch den Wechsel des Bodenbelags nicht im Sinne dieser Norm nachteilig betroffen. Grundsätzlich sind die Schallschutzwerte einzuhalten, die sich aus der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Ausgabe der DIN 4109 ergeben. Diese werden gewahrt. Ein höheres Schallschutzniveau kann sich aus der Gemeinschaftsordnung ergeben, nicht aber aus einem sogenannten besonderen Gepräge der Wohnanlage. Die Gemeinschaftsordnung enthält keine solchen Vorgaben. Dass die im Zuge der Errichtung des Hochhauses erstellte Baubeschreibung und der ursprüngliche Verkaufsprospekt eine Ausstattung der Appartements mit Teppichböden vorsahen, hat der Senat als unerheblich angesehen.

Die Entscheidung beruht auf der Überlegung, dass die Auswahl des Bodenbelags die Gestaltung des Sondereigentums betrifft und im Belieben des Sondereigentümers steht. Der Schallschutz muss in erster Linie durch die im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteile gewährleistet werden. Welcher Bodenbelag bei der Errichtung des Gebäudes vorhanden war, ob dieser durch den Bauträger oder durch die Ersterwerber bestimmt worden ist, und ob er in allen Wohnungen einheitlich war oder nicht, sind keine geeigneten Kriterien für das über die gesamte Nutzungszeit des Gebäudes einzuhaltende Schallschutzniveau. Dies ergibt sich schon daraus, dass solche Umstände späteren Erwerbern in aller Regel unbekannt sind. Außerdem spricht gegen ein dauerhaftes Gepräge der Anlage, dass sich die geschmacklichen Vorlieben für bestimmte Bodenbeläge im Laufe der Zeit verändern.

Quelle | BGH, Urteil vom 27.2.2015, V ZR 73/14, Abruf-Nr. 143979 unter www.iww.de.

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Verbraucherrecht

Schadenersatzrecht: Schadenersatzanspruch einer Kundin bei missglückter Haarfärbung

| Kann der Friseur trotz mehrfacher Versuche den gewünschten „Ombré Style“ nicht verwirklichen, muss er der Kundin ein Schmerzensgeld zahlen, wenn deren Haare infolge der Falschbehandlung gekürzt werden müssen. Voraussetzung ist, dass er die Kundin zuvor nicht darüber aufgeklärt hat, dass sich der gewünschte Effekt möglicherweise nicht einstellen wird. |

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Amtsgericht Coburg. Geklagt hatte die Kundin eines Friseursalons. Sie hatte den Wunsch geäußert, ihren Haaransatz schwarz und die Spitzen ihrer langen Haare im fließenden Übergang, dem sogenannten „Ombré Style“, lila färben zu lassen. Einen Hinweis darauf, dass dieser spezielle Effekt bei den lila Haarspitzen der Kundin nicht zu erzielen sei, hatte der Friseur nicht erteilt. Weder bei der ersten Behandlung noch bei zwei weiteren Folgeterminen gelang es dem Friseur, die Haarspitzen der Kundin im „Ombré Style“ lila zu färben.

Mit der Klage macht die enttäuschte Kundin nun im Wesentlichen die aus ihrer Sicht nutzlos aufgewandten Friseurkosten aus dem ersten Termin, Aufwendungen für den Erwerb verschiedener Pflegeprodukte, Kosten für zwei weitere Besuche bei anderen Friseuren und ein Schmerzensgeld in dreistelliger Höhe geltend. Der Friseur ist der Auffassung, es sei ordnungsgemäß gearbeitet worden. Die Kundin habe trotz umfassender Aufklärung die letztlich durchgeführte Haarbehandlung auch gewünscht.

Das Amtsgericht gab der Klage teilweise statt. Der beklagte Friseur muss der Kundin die gesamten Kosten für den ersten Termin in seinem Hause zurückbezahlen. Das folge daraus, dass der versprochene Erfolg, die Haare der Kundin im „Ombré Style“ mit lila Spitzen herzustellen, nicht erreicht wurde. Von den Kosten für eine weitere Haarbehandlung in einem anderen Friseursalon muss der Beklagte lediglich den Teil erstatten, der nach der Schätzung des Gerichts auf das Färben der Haare entfällt, um ein einheitliches Farbergebnis für die Haarlänge der Kundin zu erzielen. Die übrigen Kosten dieses Friseurbesuchs hätte die Kundin sowieso zu tragen gehabt. Mit der gleichen Begründung blieb der Kundin auch die Erstattung der Kosten für die verschiedenen Pflegeprodukte versagt.

Schließlich sprach das Gericht der Kundin ein Schmerzensgeld in zweistelliger Höhe zu, weil ihre Haare durch die erfolglosen Behandlungen im Haus des Beklagten angegriffen wurden und in der Folge in den Spitzen gekürzt werden mussten.

Von den weiteren behaupteten Folgen, wonach die Kundin durch die missglückte Haarbehandlung nachhaltig in ihrem privaten und beruflichen Lebensalltag beeinträchtigt gewesen sein soll, konnte sich das Gericht in der Verhandlung jedoch nicht überzeugen. Es wies die Klage daher im Übrigen ab, insbesondere auch hinsichtlich des von der Kundin begehrten deutlich höheren Schmerzensgelds.

Quelle | Amtsgericht Coburg, Urteil vom 19.3.2014, 12 C 1023/13, Abruf-Nr. 143980 unter www.iww.de.

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Immobilienverkauf: Wie sich Verkäufer einer Gebrauchtimmobilie wirksam vor Haftungsrisiken schützen

| Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) lässt Verkäufer einer gebrauchten Immobilie aufhorchen. Der Fall macht die Haftungsrisiken für Verkäufer deutlich und zeigt, wie wichtig es ist, sich vor einer solchen Haftung effektiv zu schützen. |

Im Fall einer geerbten Immobilie, die später verkauft wurde, stellte sich heraus, dass das Haus schwammbefallen war. Die Verkäuferin verlor infolge des Verkaufs ihr Eigentum und sollte obendrein noch die Kosten der Mängelbeseitigung übernehmen, die weit über den erhaltenen Kaufpreis hinausgingen. „Wenn die Verkäuferin besser vorgesorgt hätte, wäre es dazu nicht gekommen“, so Dr. Steffen Breßler, Geschäftsführer der Notarkammer Koblenz.

„Der private Verkäufer einer gebrauchten Immobilie kann sich vor solchen Haftungsfallen schützen.“ Er rät zunächst zu einem Gewährleistungsausschluss im notariellen Kaufvertrag. „Ein umfassender Gewährleistungsausschluss ist beim Verkauf gebrauchter Immobilien unter Verbrauchern üblich. Verkäufern ist anzuraten, diesen Ausschluss auch nicht zur Verhandlung zu stellen und möglichst keine Garantien zu geben. Welche Altimmobilie gibt es, die gänzlich mangelfrei ist?“

Im entschiedenen Fall hatte eine Studentin ein Haus geerbt und für 260.000 EUR verkauft. Der Käufer verlangte von der Studentin 635.000 EUR für die Schwammsanierung. Während die Vorinstanz dem Käufer dies zusprach, begrenzte der BGH die Haftung der Verkäuferin auf das doppelte der Wertminderung – in dem Fall insgesamt 185.596 EUR. Der Studentin verblieb letztlich noch ein Drittel des ursprünglichen Kaufpreises.

Der BGH hat die Grenzen der Haftung des Verkäufers einer gebrauchten Immobilie abgesteckt. Danach haftet der Verkäufer grundsätzlich in voller Höhe für die Kosten der Sanierung zur Mangelbeseitigung. Grenze ist dabei jedoch die Unverhältnismäßigkeit. Diese kann beispielsweise erreicht sein, so die Richter, wenn die Reparaturkosten mehr als doppelt so hoch sind wie die Wertminderung aufgrund des Mangels, oder die Reparatur mehr kostet, als das Haus im mangelfreien Zustand überhaupt wert wäre.

Mit einem Gewährleistungsausschluss im Vertrag alleine kann sich der Verkäufer noch nicht vollständig beruhigt zurücklehnen. Zum Schutz des Käufers schuldet er darüber hinaus auch Aufklärung über offenbarungspflichtige Mängel. „Die Rechtsprechung weitet die Offenlegungspflichten des Verkäufers stetig aus“, stellt Dr. Breßler fest. Offen zu kommunizieren sind sachliche Mängel, wie z.B. eine Überflutungsgefahr, verbaute Asbestmaterialien oder – wie in dem vom BGH entschiedenen Fall – Hausschwammbefall. Selbst über eine vor Jahren erfolgreich durchgeführte Schwammsanierung muss der Käufer informiert werden.

Ist dem Käufer der Mangel bekannt, entfallen seine diesbezüglichen Gewährleistungsrechte. Kommt es später zum Streit, muss der Verkäufer jedoch vor Gericht die Kenntnis des Käufers beweisen können. Ein weiterer Baustein der Vorsorge beim Immobilienverkauf besteht deshalb darin, die Aufklärung gerichtsfest zu dokumentieren. Dr. Breßler rät: „Mängel, die dem Käufer bekannt sind, sollte man in der notariellen Kaufvertragsurkunde erwähnen.“ Der Verkäufer tut also gut daran, sich im Vorfeld ausführlich beraten zu lassen.

Quelle | Hamburgische Notarkammer; BGH, Urteil vom 4.4.2014, V ZR 275/12, Abruf-Nr. 141430 unter www.iww.de.

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Krankentagegeldversicherung: Anpassungsklausel zulasten des Versicherten bei sinkendem Nettoeinkommen unwirksam

| Die Herabsetzungsklausel in einem Versicherungsvertrag, mit der die Leistung des Versicherers bei sinkendem Nettoeinkommen des Versicherten herabgesetzt werden kann, ist unwirksam. |

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe im Fall eines selbstständigen Handwerkers. Dieser hatte 2006 eine Krankentagegeldversicherung mit einem Tagegeld i.H.v. 100 EUR abgeschlossen. Das entsprach seinem damaligen Nettoeinkommen. 2012 teilte der Versicherer mit, dass das Tagegeld bei entsprechend geminderter Prämienhöhe nur noch 62 EUR betrage. Er berief sich darauf, dass der Handwerker mittlerweile weniger verdiene und die Versicherungsbedingungen eine entsprechende Anpassung zuließen. Der Handwerker bestand auf der Beibehaltung des höheren Tagessatzes. Der Versicherer machte geltend, die strittige Klausel diene dazu, ein erhöhtes Risiko der Inanspruchnahme für den Fall zu begrenzen, dass der Versicherte durch eine Erkrankung und den dann entstehenden Tagegeldanspruch ein höheres Einkommen erzielen könne als durch eigene Erwerbstätigkeit.

Das OLG folgte zwar dieser Argumentation, erklärte die Herabsetzungsklausel in ihrer konkreten Ausgestaltung aber für unwirksam. Der Handwerker behält damit seinen Anspruch auf die vereinbarten 100 EUR Krankentagegeld, obwohl sein Verdienst mittlerweile deutlich unter 100 EUR am Tag liegt. Das Gericht führte aus, die Klausel ermögliche es den Versicherern die Tagegeldhöhe auch dann herabzusetzen, wenn der Versicherte bereits erkrankt sei und Tagegeldansprüche geltend mache. Damit bestehe für den Versicherten die Gefahr, dass das Tagegeld von seiner Versicherung gerade dann einseitig herabgesetzt werde, wenn mit der Erkrankung auch sein Einkommen sinke. Gegen krankheitsbedingte Einkommensverluste habe sich der Versicherte aber gerade schützen wollen. Im Übrigen führe die Herabsetzungsmöglichkeit dazu, dass für einen selbständigen Versicherten mit schwankendem Einkommen die Entwicklung seines Versicherungsschutzes nicht absehbar sei. Auch dies mache die Klausel unzulässig.

Quelle | OLG Karlsruhe, Urteil vom 23.12.2014, 9a U 15/14, Abruf-Nr. 143618 unter www.iww.de.

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Bankrecht: Bank darf Hochzins-Verträge nicht kündigen

| Ein Geldinstitut kann die in Zeiten hoher Zinsen abgeschlossenen hochverzinsten Verträge nicht kündigen, weil sie in der Niedrigzinsphase wirtschaftlich nachteilig sind.|

Diese anlegerfreundliche Entscheidung traf das Landgericht (LG) Ulm im Fall der sog. Scala-Verträge der Sparkasse Ulm. Diese Sparverträge haben eine Laufzeit von 25 Jahren. Die Kunden erhalten Bonuszinsen von bis zu 3,5 Prozent zusätzlich zu dem normalen Zinssatz. Weil dies in der aktuellen Niedrigzinsphase für die Sparkasse wirtschaftlich nachteilig ist, wollte sie die Verträge beenden, notfalls per Kündigung. Das hat das LG nun untersagt. Die Richter entschieden, dass die Verträge nicht wegen des mittlerweile deutlich niedrigeren Zinsniveaus gekündigt werden dürften. Es gebe keine gesetzliche Grundlage für ein ordentliches Kündigungsrecht. Veränderungen des Zinsniveaus würden als Begründung nicht ausreichen. Damit hätte bei Vertragsschluss gerechnet werden müssen.

Quelle | LG Ulm, Urteil vom 26.1.2015, 4 O 273/13, Abruf-Nr. 143981 unter www.iww.de.

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Verkehrsrecht

OWi-Recht: OLG Hamm präzisiert den Tatbestand der Abstandsunterschreitung

| Eine Abstandsunterschreitung kann bereits dann als Verkehrsordnungswidrigkeit geahndet werden, wenn der Fahrer zu irgendeinem Zeitpunkt seiner Fahrt objektiv pflichtwidrig und subjektiv vorwerfbar den in der Bußgeldvorschrift gewährten Abstand unterschreitet. Feststellungen zu einer “nicht ganz vorübergehenden“ Abstandsunterschreitung bedarf es in diesem Fall nicht. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Bielefeld bestätigt. Der 1992 geborene Betroffene aus Hamm befuhr im September 2013 mit einem Pkw Audi die BAB A 2 in Bielefeld in Fahrtrichtung Dortmund. Mit einer Geschwindigkeit von 124 km/h hielt er beim Kilometer 337,5 den erforderlichen Sicherheitsabstand von 62m zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht ein, sein Abstand betrug lediglich 17m. Der Film der mittels einer Videoaufnahme durchgeführten Abstandskontrolle zeigte das Fahrzeug des Betroffenen erst unmittelbar vor Beginn der eigentlichen Messung, die sich über eine Strecke von 100m erstreckt. Die davor aufgenommene Strecke von 400m zeigte nur das vorausfahrende Fahrzeug, welches das Fahrzeug des Betroffenen verdeckte. Einen zwischenzeitlichen Fahrbahnwechsel eines der beiden Fahrzeuge schloss die Aufnahme aus.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstands – der Bußgeldkatalogverordnung folgend – zu einer Geldbuße von 160 EUR und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt. Mit seiner Rechtsbeschwerde hat der Betroffene insbesondere gerügt, eine Abstandsunterschreitung könne nur dann mit einem Bußgeld geahndet werden, wenn sie über eine Strecke von mindestens 140m oder über 3 Sekunden vorliege, was in seinem Fall nicht feststellbar sei.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist erfolglos geblieben. Der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm hat die Verurteilung des Betroffenen durch das Amtsgericht bestätigt. Das Amtsgericht habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Betroffene vorwerfbar den gebotenen Sicherheitsabstand nicht eingehalten habe. Weitergehende Feststellungen zu einer nicht nur vorübergehenden Abstandsunterschreitung habe es nicht treffen müssen.

Nach den einschlägigen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung sei eine Abstandsunterschreitung bereits dann ordnungswidrig, wenn der Fahrer zu irgendeinem Zeitpunkt seiner Fahrt objektiv pflichtwidrig und subjektiv vorwerfbar den in der Bußgeldvorschrift gewährten Abstand unterschreite. Eine nicht nur vorübergehende Abstandsunterschreitung verlange das Gesetz nicht.

Nur bei Verkehrssituationen, wie etwa dem plötzlichen Abbremsen des Vorausfahrenden oder mit einem abstandsverkürzenden Spurwechsel, die kurzzeitig zu einem sehr geringen Abstand führen, ohne dass dies dem Nachfahrenden vorzuwerfen sei, komme es auf die Feststellung einer nicht nur ganz vorübergehenden Abstandsunterschreitung an. Um eine derartige Fallkonstellation gehe es nach den insoweit rechtsfehlerfreien Feststellungen des Amtsgerichts im vorliegenden Fall nicht.

Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 22.12.2014, 3 RBs 264/14, Abruf-Nr. 143932 unter www.iww.de.

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Kfz-Haftpflichtversicherung: Unfall mit Einkaufswagen – wer ist eintrittspflichtig?

| Kommt ein Einkaufswagen, der vom Fahrer eines PKW neben seinem Kofferraum abgestellt wird, beim Befüllen auf einem abschüssigen Gelände ins Rollen und beschädigt das daneben stehende Fahrzeug, haftet nicht die KFZ-Haftpflichtversicherung, sondern derjenige, der den Einkaufswagen ungesichert abgestellt hat. |

So entschied es das Amtsgericht München im Fall eines Mannes, der seinen Fiat Ducato auf dem Parkplatz eines REWE Marktes geparkt hatte, um ihn zu entladen. Er stellte einen Einkaufswagen neben seinen Transporter, um Getränkekisten aus dem Ducato in den Einkaufswagen laden zu können. Dabei kam der Einkaufswagen auf dem abschüssigen Parkplatz ins Rollen und stieß gegen den neben dem Ducato geparkten Kastenwagen der Klägerin. Durch den Anstoß entstanden an der rechten hinteren Seitentüre Kratzer. Der Schaden beträgt insgesamt 1638,43 EUR. Die Eigentümerin des Kastenwagens macht nun gegenüber dem Fahrer des Ducato und gegenüber der Haftpflichtversicherung, bei der der Ducato versichert ist, den Schaden geltend und erhob Klage vor dem Amtsgericht München.

Die zuständige Richterin wies die Klage gegen die KFZ-Haftpflichtversicherung ab, verurteilte jedoch den Fahrer des Fiat Ducato zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 1519,91 EUR. In ihrem Urteil führt sie aus, dass der Versicherer nur einstandspflichtig ist, wenn sich ein Unfall bei Betrieb eines Kraftfahrzeugs ereignet. Nach der Rechtsprechung ereignet sich ein Unfall beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs, wenn er durch die dem KFZ-Betrieb typisch innewohnende Gefährlichkeit adäquat verursacht wurde und sich von dem Fahrzeug ausgehende Gefahren bei seiner Entstehung ausgewirkt haben. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass nach dieser Definition hier kein Unfall vorliegt. Die Tatsache, dass sich der Einkaufswagen in Bewegung gesetzt hat, habe nichts mit den typischen Gefahren bei der Bewegung eines Kraftfahrzeugs zu tun. Die Ursache des Unfalls liege nicht in der Gefahr, die durch den Fiat Ducato ausgeht, sondern darin, dass der Beklagte beim Abstellen des Einkaufswagens nicht darauf geachtete habe, dass dieser einen sicheren Stand hat und nicht wegrollt. Deshalb muss die KFZ-Haftpflichtversicherung nicht für den Schaden aufkommen. Haften muss jedoch der Fahrer des Fiat Ducato. Er hätte dafür sorgen müssen, dass der Einkaufswagen beim Beladen nicht wegrollt.

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 5.2.14, 343 C 28512/12, Abruf-Nr. 143867 unter www.iww.de.

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Haftungsrecht: Fahrzeugschaden in der Waschstraße

| Schließt sich bei einer Waschanlage im Winterbetrieb nach dem Herausfahren des soeben gewaschenen Fahrzeugs das Tor und ist die Einfahrt für das nachfolgende Fahrzeug erst möglich, nachdem die Waschkarte eingesteckt worden ist, muss ein deutliches Hinweisschild außen an der Waschanlage darauf aufmerksam machen. |

Das hat das Amtsgericht Pforzheim entschieden. Das Gericht machte in seiner Entscheidung deutlich, dass der Waschanlagenbetreiber für einen Schaden hafte, wenn ein solcher Warnhinweis fehle und der ahnungslos Einfahrende mit dem sich schließenden Tor zusammenstoße. Dem Einfahrenden sei nicht vorzuwerfen, dass er sich nach vorn orientiert und nicht nach oben schaut, ob sich das Tor schließt.

Quelle | AG Pforzheim, Urteil vom 25.3.2014, 3 C 382/13, Abruf-Nr. 142004 unter www.iww.de.

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Nutzungsausfall: 64 Tage Mietwagen, weil der Versicherer trödelt

| Ist der Geschädigte nachweislich aufgrund fehlender Mittel nicht zur Ersatzbeschaffung in der Lage, sind die Mietwagenkosten auch für einen Zeitraum von 64 Tagen zu erstatten, wenn der Versicherer entsprechend gewarnt wurde. |

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Mönchengladbach. Der Geschädigte war ein Gewerbetreibender, der als einziges Fahrzeug einen Ford Transit hatte. Der war finanziert. Ohne die Schadenzahlung des gegnerischen Versicherers konnte er kein Ersatzfahrzeug beschaffen. Er konnte auch das verunfallte Fahrzeug nicht verkaufen, weil die Bank die Zulassungsbescheinigung Teil II erst gar nicht und dann nur unter nicht zu erfüllenden Auflagen herausgeben wollte. Die zwingend erforderliche Warnung an den Versicherer, aus eigenen Mitteln den Schaden nicht beseitigen zu können, war erfolgt. Am Ende ging es um mehr als 10.000 EUR Mietwagenkosten.

Quelle | LG Mönchengladbach, Urteil vom 10.10.2014, 11 O 139/13, Abruf-Nr. 143235 unter www.iww.de.

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Unfallschadensregulierung: Kein Verweis bei Kalkulation auf Basis mittlerer Preise

| Hat der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige die voraussichtlichen Reparaturkosten auf der Basis durchschnittlicher Arbeitswerte der Region kalkuliert, muss sich der Geschädigte nicht auf noch günstigere Stundenverrechnungssätze verweisen lassen. |Mit diesen klaren Worten wies das Amtsgericht München einen Versicherer in seine Schranken, der die Reparaturkosten eines Unfallgeschädigten nicht vollständig ausgeglichen hatte. Stattdesen hatte er darauf verwiesen, dass eine bestimmte Werkstatt die Reparatur günstiger durchgeführt hätte. Das Gericht hielt diese Argumentation aber nicht für stichhaltig. Es stellte in der Erforderlichkeitsfrage auf die durchschnittlichen ortsüblichen Sätze ab. Damit sei dem Wirtschaftlichkeitsgebot Genüge getan, sodass ein Verweis des VR auf eine noch günstigere Werkstatt ins Leere gehe.

Quelle | AG München, Urteil vom 1.12.2014, 335 C 11782/14, Abruf-Nr. 143426 unter www.iww.de.

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Abschließende Hinweise

Berechnung der Verzugszinsen

| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten. |

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2015 beträgt - 0,83 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,17 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 1,17 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,17 Prozent

Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).

Übersicht / Basiszinssätze

Zeitraum

Zinssatz

01.07.2014 bis 31.12.2014

-0,73 Prozent

01.01.2014 bis 30.06.2014

-0,63 Prozent

01.07.2013 bis 31.12.2013

-0,38 Prozent

01.01.2013 bis 30.06.2013

-0,13 Prozent

01.07.2012 bis 31.12.2012

0,12 Prozent

01.01.2012 bis 30.06.2012

0,12 Prozent

01.07.2011 bis 31.12.2011

0,37 Prozent

01.01.2011 bis 30.06.2011

0,12 Prozent

01.07 2010 bis 31.12.2010

0,12 Prozent

01.01.2010 bis 30.06.2010

0,12 Prozent

01.07 2009 bis 31.12.2009

0,12 Prozent

01.01.2009 bis 30.06.2009

1,62 Prozent

01.07.2008 bis 31.12.2008

3,19 Prozent

01.01.2008 bis 30.06.2008

3,32 Prozent

01.07.2007 bis 31.12.2007

3,19 Prozent

01.01.2007 bis 30.06.2007

2,70 Prozent

01.07.2006 bis 31.12.2006

1,95 Prozent

01.01.2006 bis 30.06.2006

1,37 Prozent

01.07.2005 bis 31.12.2005

1,17 Prozent

01.01.2005 bis 30.06.2005

1,21 Prozent

01.07.2004 bis 31.12.2004

1,13 Prozent

01.01.2004 bis 30.06.2004

1,14 Prozent

01.07.2003 bis 31.12.2003

1,22 Prozent

01.01.2003 bis 30.06.2003

1,97 Prozent

01.07.2002 bis 31.12.2002

2,47 Prozent

01.01.2002 bis 30.06.2002

2,57 Prozent

01.09.2001 bis 31.12.2001

3,62 Prozent

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Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 04/2015

| Im Monat April 2015 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 10.4.2015
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 10.4.2015

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 13.4.2015. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat April 2015 am 28.4.2015.

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