Monatsbrief März 2014

WCR-B-03-2014

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 3/2014:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

Bewerbungsverfahren: Die Suche nach einem „Berufseinsteiger“ ist altersdiskriminierend

Die Suche nach einem „Berufseinsteiger“ in einer Stellenanzeige kann ältere Bewerber diskriminieren und daher zu einem Schadenersatzanspruch führen.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf. Beklagte war eine größere Rechtsanwaltspartnerschaft. Diese hatte in einer Anzeige darauf hingewiesen, dass sie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte suche. Mit dieser Anzeige war ein Link auf ihre Webseite mit konkreten Stellenanzeigen verbunden. Sie suchte dort einen Rechtsanwalt für den Bereich Restrukturierung und Immobilienwirtschaft. In dem Text dieser Stellenausschreibung hieß es u.a.: „Suchen Sie nach einer realen Chance auf eine Partnerschaft in einer renommierten Anwaltskanzlei? Wir bieten eine spannende Alternative zu internationalen Großkanzleien, sowohl in beruflicher, wirtschaftlicher als auch persönlicher Hinsicht. Sie sind Berufseinsteiger oder haben bereits ein bis zwei Jahre als Rechtsanwalt in einer wirtschaftlich ausgerichteten Kanzlei gearbeitet“. Hierauf bewarb sich der Klägerer, ein 60 Jahre alter promovierter Rechtsanwalt, der seit dem Jahre 1988 als Einzelanwalt tätig ist. Die Beklagte lehnte seine Bewerbung ab, weil sie sich anderweitig entschieden habe. Daraufhin begehrte der Kläger eine Entschädigung von 10.000 EUR wegen Altersdiskriminierung. Die darauf gerichtete Klage hatte das Arbeitsgericht Essen abgewiesen.

In der Berufungsverhandlung wies das LAG Düsseldorf darauf hin, dass bei der Stellenanzeige wohl von einem diskriminierenden Sachverhalt auszugehen sein dürfte, in dem Sinne, dass potenzielle Bewerber wegen ihres Alters ausgeschlossen würden. Die Kammer hat aber zu erkennen gegeben, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben werde, weil aufgrund der Gesamtumstände erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers bestünden, d.h. diese wohl als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei. Nachdem die Beklagte sich auf Anregung des Gerichts verpflichtet hatte, an eine gemeinnützige Einrichtung 2.000 EUR zu spenden, hat der Kläger seine Berufung zurückgenommen (LAG Düsseldorf, 13 Sa 1198/13).

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Leiharbeit: Verbot von Leiharbeit bei dauerndem Beschäftigungsbedarf

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verbietet die auch nur befristete Beschäftigung von Leiharbeitnehmern, wenn sie einen dauerhaft anfallenden Bedarf abdecken sollen.

Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein entschieden. In dem betreffenden Fall ging es um ein großes Tochterunternehmen eines weltweit im Bereich der Gesundheitsvorsorge agierenden Konzerns. Dieses beschäftigt u.a. in einer Abteilung zehn festangestellte Ingenieure und vier Führungskräfte. Diese brauchen eine Assistenz, die ihnen regelmäßig zuarbeitet. Dafür ist aber keine Planstelle vorgesehen. Bereits zwei Jahre lang beschäftigte das Unternehmen auf dieser Position befristet eine Leiharbeitnehmerin. Es beantragte 2013 beim Betriebsrat die Zustimmung zur erneuten befristeten Beschäftigung dieser Leiharbeitnehmerin für weitere zwei Jahre. Dieser verweigerte die Zustimmung.

Da eine Einstellung nur mit Zustimmung des Betriebsrats erfolgen darf, hat das Unternehmen die gerichtliche Zustimmungsersetzung beantragt, aber vom Arbeitsgericht nicht erhalten. Dieses gab dem Betriebsrat recht. Die Beschwerde des Unternehmens blieb vor dem LAG ohne Erfolg. Ein Leiharbeitnehmer dürfe bei objektiv dauerhaft anfallender Arbeit nur zu deren aushilfsweiser Wahrnehmung herangezogen werden. Andernfalls sei sein Einsatz nicht mehr „vorübergehend“. Das gelte auch, wenn der Leiharbeitnehmer beim Entleiher - befristet oder unbefristet beschäftigt - Daueraufgaben erfüllt, ohne einen Stammarbeitnehmer abgelöst zu haben. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und die europäische Leiharbeitsrichtlinie würden seit dem 1.12.11 nur eine „vorübergehende“ Beschäftigung von Leiharbeitnehmern zur Abdeckung von Auftragsspitzen oder zeitlich begrenztem Vertretungsbedarf erlauben und den Missbrauch von Leiharbeit verbieten. Mit diesem Argument könne der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung eines Leiharbeitnehmers verweigern (LAG Schleswig-Holstein, 3 TaBV 43/13).

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Arbeitsentgelt: Nachtzuschläge bei Betriebsratstätigkeit in der Tagschicht

Betriebsratsmitglieder haben - auch ohne nachts zu arbeiten - einen Anspruch auf Nachtzuschläge, wenn vergleichbare Arbeitnehmer für ihre Arbeit Nachtzuschläge erhalten haben und das Betriebsratsmitglied ohne die Übernahme der Betriebsratstätigkeit ebenso in der Nacht gearbeitet hätte.

Diese Entscheidung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln im Fall eines Arbeitnehmers in einem Möbelhaus, der zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt worden war. Er war in Vollzeit in der Abteilung Logistik eingesetzt gewesen. Die Arbeitszeit der Vollzeitkräfte in dieser Abteilung beginnt spätestens um 4:00 Uhr morgens. Nach der Wahl vereinbarten das Unternehmen und der Betriebsrat, dass der Kläger täglich für 3,5 Stunden für Betriebsratsarbeit von der Arbeit befreit wurde. Gleichzeitig wurde der Arbeitsbeginn für ihn einvernehmlich auf 6:00 Uhr verschoben, um für die Mitarbeiter die Kontaktaufnahme zu verbessern.

Das LAG sprach dem Kläger die ihm in der Zeit von 4.00 Uhr bis 6.00 Uhr dadurch entgangenen Nachtzuschläge zu und begründete das im Wesentlichen mit den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes. Danach dürfe das Arbeitsentgelt von Betriebsratsmitgliedern nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Das Betriebsratsmitglied müsse daher so gestellt werden, als ob es keine Amtstätigkeit ausgeübt hätte (LAG Köln, 12 Sa 682/13).

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Kirchlicher Arbeitgeber: Entschädigungsanspruch einer konfessionslosen Bewerberin

Eine nicht berücksichtigte Bewerberin um eine Stelle bei einem kirchlichen Arbeitgeber kann eine Entschädigung in Höhe eines Bruttomonatsentgelts verlangen, wenn sie wegen ihrer fehlenden konfessionellen Bindung und damit aus Gründen der Religion benachteiligt worden ist.

Diese Entscheidung traf das Arbeitsgericht Berlin in einem entsprechenden Fall. Der Beklagte - ein Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) - schrieb eine Stelle für einen Referenten/eine Referentin aus, um einen unabhängigen Bericht zur Umsetzung der Antirassismuskonvention der Vereinten Nationen durch Deutschland erstellen zu lassen. In der Stellenausschreibung wurden entsprechend den kirchlichen Bestimmungen die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen angehörenden Kirche sowie die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag vorausgesetzt. Die Klägerin, die nicht Mitglied einer Kirche ist, bewarb sich erfolglos um die Stelle. Zu einem Vorstellungsgespräch wurde sie nicht eingeladen. Mit ihrer Klage hat sie den Beklagten auf Zahlung einer Entschädigung wegen einer Benachteiligung nach dem

Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Anspruch genommen.

Das Arbeitsgericht hat eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer Religion angenommen und den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe eines Bruttomonatsgehalts verurteilt. Der Beklagte dürfe eine Einstellung von einer Kirchenmitgliedschaft nur abhängig machen, wenn es sich um eine „wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung“ handele. Dies könne in Bezug auf die hier fragliche Referententätigkeit nicht festgestellt werden. Das Thema „Antirassismus“ sei zwar auch nach „religiösen und diakonischen Wertvorstellungen“ von Bedeutung. Eine Religionszugehörigkeit sei für die ausgeschriebene Tätigkeit jedoch nicht erforderlich. Der Beklagte könne sich in Bezug auf die Besetzung der Stelle nicht auf das nach Art. 140 Grundgesetz (GG) garantierte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen berufen. Auch liege keine nach § 9 AGG zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der Religion vor (Arbeitsgericht Berlin, 54 Ca 6322/13).

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Baurecht

Vertragsinhalt: Erfordernis eines Gefälles auf einer Hof- und Zugangsfläche

Ob eine Hof- und Zugangsfläche einer Wohnanlage ein Gefälle zum leichteren Abfluss von Oberflächenwasser haben muss, kann nicht allein danach beurteilt werden, dass es in der Baubeschreibung nicht vorgesehen und auch nicht zwingend erforderlich ist.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Streit zwischen einer Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Bauunternehmer, der die Anlage errichtet hatte. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass es vielmehr allein darauf ankomme, ob der Besteller ein solches Gefälle nach den Vertragsumständen, insbesondere dem vereinbarten Qualitäts- und Komfortstandard, erwarten könne. Entsprechende Qualitätsanforderungen könnten sich nicht nur aus dem Vertragstext ergeben. Vielmehr seien auch die sonstigen vertragsbegleitenden Umstände, die konkreten Verhältnisse des Bauwerks und seines Umfelds, der qualitative Zuschnitt, der architektonische Anspruch und die Zweckbestimmung des Gebäudes zu berücksichtigen. Entspreche das versprochene Bauwerk dem üblichen Qualitäts- und Komfortstandard, könne der Besteller in der Regel auch die Ausführung nicht näher beschriebener Details in diesem Standard verlangen und müsse sich nicht mit einem Mindeststandard zufriedengeben (BGH, VII ZR 275/12).

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Gewährleistung: Auch bei Arglist des Unternehmers gilt die Verjährungsfrist von 10 Jahren

Erfolgte die Baumaßnahme vor mehr als zehn Jahren, kann der Bauherr gegen den Bauunternehmer keinen Anspruch auf Mängelbeseitigungskosten mehr durchsetzen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe im Fall eines Mannes hin, der ein Wohnhaus hatte errichten lassen. Erst nach über zehn Jahren stellte er einen Mangel an der Wärmedämmung fest. Die erforderlichen Sanierungskosten wollte er von dem Bauunternehmer ersetzt bekommen. Die Richter am OLG wiesen seine Klage jedoch ab. Es gelte die im Gesetz vorgesehene Verjährungsfrist von zehn Jahren. Diese beginne mit Abnahme der Bauleistung. Dabei sei unerheblich, ob der Bauunternehmer arglistig den Mangel verschwiegen habe. Werde der Mangel erst nach Ablauf der zehn Jahre entdeckt, seien auch in diesem Fall Nacherfüllungs- oder Schadenersatzansprüche verjährt (OLG Karlsruhe, 4 U 149/13).

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Familien- und Erbrecht

Ehescheidung: Scheidung ist auch bei Alzheimererkrankung möglich

Ein an einer Demenz vom Typ Alzheimer Erkrankter kann geschieden werden, wenn die Eheleute seit mehr als einem Jahr getrennt leben, der Erkrankte im Zusammenhang mit der Trennung einen natürlichen Willen zur Scheidung und Trennung gefasst hat und er die Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft abgelehnt hat.

Der Scheidung steht dann nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG Hamm) nicht entgegen, dass der Erkrankte zum Schluss der mündlichen Verhandlung im familiengerichtlichen Verfahren aufgrund der fortgeschrittenen Erkrankung keinen Scheidungswillen mehr fassen kann.

Die Richter äußerten in ihrer Entscheidung die Überzeugung, dass die Ehe gescheitert sei. Die Scheidung sei von dem durch seine Betreuerin vertretenen Antragsteller wirksam beantragt, der Antrag durch das zuständige Betreuungsgericht genehmigt worden. Aus Sicht des Antragstellers sei die Ehe zerrüttet, eine Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht zu erwarten. Nachdem die Eheleute länger als ein Jahr getrennt lebten, lägen die gesetzlichen Scheidungsvoraussetzungen vor, auch wenn die Antragsgegnerin an der Ehe festhalten wolle. Dass sich der Antragsteller mit einer Trennungs- und Scheidungsabsicht von der Antragsgegnerin getrennt habe, habe die vom Familiengericht durchgeführte Beweisaufnahme ergeben. Bei einer im Frühjahr 2012 im Rahmen seines Betreuungsverfahren durchgeführten richterlichen Anhörung habe der Antragsteller seinen Willen zur Trennung und Scheidung klar geäußert und zu diesem Zeitpunkt trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen noch wirksam äußern können. Das habe eine fachärztliche Stellungnahme bestätigt. Im Zeitpunkt seiner Anhörung im familiengerichtlichen Verfahren sei die Erkrankung zwar schon so weit fortgeschritten, dass der Antragsteller die Bedeutung der Ehe und die einer Scheidung nicht mehr habe erfassen können. Das verbiete jedoch nicht die Scheidung, nachdem sich der Antragsteller aufgrund des Fortschritts seiner Erkrankung bereits in einem Zustand äußerster Eheferne befinde und sein zuvor gefasster Scheidungswille sicher feststellbar sei (OLG Hamm, 3 UF 43/13).

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Ehemalige Ehewohnung: „Zahlung oder Auszug“, sonst kein Nutzungsentgelt

Will ein Ehepartner von seinem geschiedenen, in der gemeinsamen Wohnung verbliebenen Partner ein Nutzungsentgelt fordern, muss er ihn vor die Alternative „Zahlung oder Auszug“ stellen.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in dem Fall eines geschiedenen Ehepaars. Diese sind Miteigentümer einer ca. 80 qm großen Eigentumswohnung, die sie während der Zeit ihrer Ehe gemeinsam bewohnten. Nach der Trennung Ende 2003 zog die Frau aus, während der Mann in der Wohnung verblieb. Nach der Scheidung hat die Frau vom Mann für die Nutzung der Wohnung in den Jahren 2008 und 2009 ein Nutzungsentgelt von monatlich 200 EUR verlangt.

Mit dieser Forderung blieb sie vor dem OLG jedoch ohne Erfolg. Die Richter konnten die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Nutzungsentgelt nicht feststellen. Nach ihrem Auszug sei die Frau zwar berechtigt gewesen, vom Mann eine Änderung der bisherigen Vereinbarung über die gemeinsame Nutzung der Wohnung zu verlangen. Das folge daraus, dass sich die Nutzungsverhältnisse grundlegend geändert hätten. Komme der Mann diesem Verlangen nicht nach, könne die Frau ein gerichtliches Verfahren auf Neuregelung der Verwaltung und Benutzung und ggf. auch auf Zahlung eines Nutzungsentgelts anstrengen. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall aber nicht erfüllt. Es fehle an der vom Gesetz verlangten Aufforderung der Frau gegenüber dem Mann, für die gemeinsame Wohnung eine neue Verwaltungs- und Benutzungsregelung zu vereinbaren. Erst hieraus ergebe sich ein Anspruch der Frau auf Nutzungsentschädigung. Diese Aufforderung müsse so deutlich sein, dass der andere Wohnungsteilhaber vor die Alternative „Zahlung oder Auszug“ gestellt werde. Dem nutzenden Wohnungsteilhaber müsse klargemacht werden, dass der andere Wohnungsteilhaber den Fortbestand des bisherigen Zustands keinesfalls mehr hinzunehmen bereit sei. Da die Frau eine derartig deutliche Aufforderung nicht ausgesprochen habe, stehe ihr auch kein Zahlungsanspruch aufgrund der alleinigen Nutzung der Wohnung durch den Mann zu (OLG Hamm, 14 UF 166/13).

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GEZ-Beitragsbefreiung: Heim und Privatwohnung dürfen ungleich behandelt werden

Rundfunknutzer in Behinderten- und Pflegeheimen zahlen keinen Rundfunkbeitrag. Demgegenüber wird von Behinderten und Pflegebedürftigen, die in Privatwohnungen leben, ein - wenn auch ermäßigter - Beitrag erhoben.

Dies verstößt nach einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVG) nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot. Für eine komplette Befreiung von der Beitragspflicht müssen einkommensschwache Personen ihrer Bedürftigkeit durch Vorlage einer Bestätigung oder eines Bescheids der einer hierfür zuständigen Behörde oder des Sozialhilfeträgers nachweisen. Eine nicht in dieser Weise nachgewiesene Bedürftigkeit kann auch nicht als besonderer Härtefall angesehen werden (BayVGH, 7 ZB 13.1817).

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Erbrecht: Bei Versagung persönlicher Pflege im Krankheitsfall kann Pflichtteil nicht entzogen werden

Weigert sich ein Kind, einen Elternteil im Krankheitsfall persönlich zu pflegen, kann ihm deshalb nicht testamentarisch der Pflichtteil entzogen werden.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. im Fall eines Erblassers, der seine Tochter enterbt hatte und ihr den Pflichtteilsanspruch verwehren wollte. Er war nach einem fremdverschuldeten Unfall stark pflegebedürftig, die Tochter verweigerte jedoch eine persönliche Pflege. Die Richter am OLG sahen in dieser Weigerung jedoch keinen Grund, der Tochter auch den Pflichtteilsanspruch zu entziehen. So könne der Erblasser einem Abkömmling nach dem Gesetz den Pflichtteil entziehen, wenn der Abkömmling die ihm gegenüber bestehende gesetzliche Unterhaltspflicht böswillig verletze. Allerdings werde der Unterhalt grundsätzlich nur als Geldleistung geschuldet. Daher könne die Pflichtteilsentziehung nicht auf die Versagung persönlicher Pflege im Krankheitsfall gestützt werden. Außerdem komme hinzu, dass für eine böswillige Verletzung der Unterhaltspflicht die bloße Leistungsverweigerung nicht ausreiche. Diese müsse auch noch auf einer verwerflichen Gesinnung beruhen. Das sei vorliegend nicht nachgewiesen (OLG Frankfurt a.M., 15 U 61/12).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Nebenkostenabrechnung: Die Belegeinsicht

Bei der Nebenkostenabrechnung kommt es oft zu Unstimmigkeiten über die zugrunde liegenden Belege. Der folgende Beitrag zeigt, was für Mieter und Vermieter im Zusammenhang mit der Belegeinsicht gilt.

1. Grundsätze zur Belegeinsicht

Für eine ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung müssen Belege nicht notwendig beigefügt werden. Verweigert jedoch der Vermieter die Belegeinsicht, kann der Mieter die der Abrechnung zugrunde liegenden Tatsachen mit Nichtwissen bestreiten und eine Nachforderung zurückbehalten, bis er Belegeinsicht erhält. Nimmt er umgekehrt die ihm angebotene Belegeinsicht nicht wahr, kann er die Abrechnung oder einzelne Positionen nicht mehr pauschal bestreiten.

2. Praktische Vornahme der Belegeinsicht

Der Mieter hat grundsätzlich nur das Recht, die Originalbelege einzusehen. Ort der Belegeinsicht ist daher der Sitz des Vermieters bzw. seiner Hausverwaltung. Daneben gibt es folgende Ausnahmen:

  • Besteht eine große Entfernung zwischen dem Aufbewahrungsort der Belege und dem Mietobjekt, muss der Mieter sich nicht darauf verweisen lassen, sich „auf die Reise zu den Belegen“ zu begeben. Er kann verlangen, dass die Originalbelege zum Ort der Mieträume gebracht werden und ihm dort Einsicht in Räumen des Vermieters verschafft wird (LG Freiburg NZM 12, 23).
  • Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (WuM 06, 200) kann der Mieter Fotokopien der Belege gegen Erstattung der Kosten verlangen, wenn er nicht am Ort des Sitzes des Vermieters/Hausverwaltung wohnt und es ihm deshalb oder aus anderen Gründen unzumutbar ist, die Originalbelege einzusehen. Dies kann z.B. in einem hohen Alter des Mieters liegen, d.h. die Einsicht in die Belege kann aus gesundheitlichen Gründen für den betagten Mieter nicht möglich sein.
  • Dem Mieter kann es grundsätzlich nicht verwehrt werden, zur Belegeinsicht einen Berater mitzubringen (LG Berlin WuM 06, 617). Er kann auch die Belege an Ort und Stelle fotografieren (AG München NJW 10, 78). Der Vermieter muss die Benutzung seines Kopiergeräts nämlich nicht gestatten (AG Charlottenburg GE 10, 1205).
  • Hat sich der Mieter fachkundiger Hilfe nicht bedient oder dies unterlassen, obwohl er die Möglichkeit dazu gehabt hätte, kann er sich später nicht darauf berufen, sich in den Belegen nicht zurecht gefunden zu haben (LG Berlin WuM 06, 617). Gerade für ältere Mieter wird die Unterstützung bei der Belegeinsicht sinnvoll sein.
  • Auf eine ausschließliche Belegeinsicht durch einen beauftragten Rechtsanwalt oder einen Mieterverein muss sich der Mieter allerdings auch nicht verweisen lassen (BGH NZM 10, 576).
  • Dem Mieter muss eine zumutbare Einsichtnahme in die Unterlagen angeboten werden (BGH WuM 06, 616). Wird ihm nicht ausreichend Zeit gegeben, gilt die Belegeinsicht als verweigert (AG München NZM 06, 929).
  • Eine pauschale Anforderung von Belegen, falls der Mieter Anspruch auf Übersendung hat, ist zu unbestimmt, der Mieter muss die Belege bezeichnen (LG Berlin GE 03, 1492).
  • Erhält der Mieter Kopien der Belege zugesandt, so hat er die Kosten für die Kopien zu erstatten. Diese sind mit 0,25 EUR pro Kopie anzusetzen (AG Brandenburg GE 03, 55). Der Vermieter kann die Übersendung von Vorschusszahlung in Höhe der Kopierkosten abhängig machen (LG Leipzig NZM 05, 944).

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Härtegründe: Duldungspflicht des Mieters bei Modernisierungsmaßnahmen

Der Vermieter kann sich nicht darauf berufen, er sei aufgrund der Energieeinsparverordnung zum Austausch der Fenster verpflichtet. Diese verpflichtet den Bauherrn nur für den Fall der Erneuerung der Fenster zur Einhaltung bautechnischer Standards zum effizienten Energiebedarf.

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Berlin im Fall eines Mieters, der sich wegen der zu erwartenden höheren Miete gegen eine Modernisierung ausgesprochen hatte. Die Richter machten deutlich, dass der Mieter nicht verpflichtet sei, eine Modernisierung (hier Austausch der Fenster) zu dulden. Voraussetzung sei, dass die aufgrund dessen erhöhte Miete für ihn eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und der anderen Mieter nicht zu rechtfertigen sei. Eine Härte liege vor, wenn die nach Modernisierung zu entrichtende Miete mehr als die Hälfte des Einkommens des Mieters betragen würde. Als Vergleichsmaßstab für die Frage, ab wann eine Härte vorliegt, könnten die vom Statistischen Bundesamt aufgrund der Mikrozensus-Erhebung zuletzt veröffentlichten durchschnittlichen Mietbelastungsquoten herangezogen werden. Diese betrugen im Jahr 2010 durchschnittlich 22,8 Prozent. Zulasten des Mieters könne allerdings zu berücksichtigen sein, dass er sich - gemessen an seinen sozialen Verhältnissen - eine viel zu große und teure Wohnung leiste (LG Berlin, 63 S 438/12).

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Mieterhöhung: Stillschweigende Zustimmung durch Zahlung des höheren Betrags

Schon die einmalige Zahlung der geforderten erhöhten Miete, jedenfalls jedoch die mehrmalige Überweisung dieser Miete, kann aus der maßgeblichen objektiven Empfängersicht nur so verstanden werden, dass damit dem Mieterhöhungsverlangen zugestimmt wird.

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht München im Fall eines Paares, dass im Jahre 2006 eine Wohnung angemietet hatte. 2013 verlangte die Vermieterin die Zustimmung zur Mieterhöhung von 950 EUR auf 1.140 EUR ab dem Monat April. Die Mieter rührten sich darauf nicht, überwiesen jedoch ab dem gewünschten Zeitpunkt die erhöhte Miete. Die Vermieterin begnügte sich damit nicht, sondern verlangte die schriftliche Zustimmung zur Mieterhöhung. Sie wolle Sicherheit, schließlich könnten die Zahlungen eingestellt werden. Die Mieter gaben eine derartige Erklärung jedoch nicht ab. Durch die Änderung ihres monatlichen Dauerauftrags sei klar, dass sie stillschweigend zugestimmt hätten, auch wenn das Mieterhöhungsverlangen nicht wirksam gewesen sei. Durch diese Äußerung sah sich die Vermieterin in ihrer Befürchtung, die Zahlungen könnten eingestellt werden, bestätigt und erhob Klage vor dem Amtsgericht München auf Zustimmung zur Mieterhöhung.

Der zuständige Richter wies die Klage jedoch ab. Die Klage sei schon mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, da die Mieter bereits dem Mieterhöhungsverlangen zugestimmt hätten. Die stillschweigende Zustimmung liege in der mehrfachen Überweisung der erhöhten Miete. Schon die einmalige Zahlung der geforderten Miete, jedenfalls jedoch die mehrmalige Überweisung könne aus der maßgeblichen objektiven Empfängersicht nur so verstanden werden, dass dem Mieterhöhungsverlangen zugestimmt wird. Auch einem unwirksamen Mieterhöhungsschreiben könne zugestimmt werden. Daher würden die Hinweise der Mieter, eigentlich sei das Verlangen unwirksam gewesen, kein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage darstellen. Die Mieter hätten ohne Vorbehalt bezahlt und somit diese Rechtsauffassung nicht weiterverfolgt (Amtsgericht München, 452 C 11426/13).

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WEG: Rückforderungsansprüche gegen den Ex-Verwalter

Hat der Ex-Verwalter unberechtigt Gelder vom Konto der Gemeinschaft entnommen, kann er sich nicht darauf berufen, die Eigentümergemeinschaft habe die Jahresabrechnungen, die er „als Verwalter“ erstellt habe, beschlossen und auch „den Verwaltungen“ einstimmig Entlastung erteilt.

Das musste sich ein ehemaliger Verwalter vor dem Landgericht (LG) Hamburg sagen lassen. Werde die Entlastung zusammen mit der Jahresabrechnung erteilt, erstrecke sich diese nach Ansicht der Richter in der Regel nur auf die Tätigkeiten, die aus der Jahresabrechnung hervorgegangen seien. Sonst müsste wegen der gesamten Verwaltung des Gemeinschaftseigentums Entlastung erteilt werden. Dem Schein- bzw. Nichtverwalter stehe gegen die WEG nur ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zu, nicht aber auf originäre Vergütung. Etwas anderes könne gelten, wenn dieser das Geschäft im Rahmen seines Berufs oder Gewerbes geführt hat (LG Hamburg, 318 S 127/11).

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Verbraucherrecht

Karnevalsumzug: Verkehrssicherungspflicht des Veranstalters ist nicht grenzenlos

Der Veranstalter eines Rosenmontagszugs muss aufgrund seiner Verkehrssicherungspflicht dafür sorgen, dass Personen und insbesondere minderjährige Zuschauer nicht zu nahe an die Festwagen kommen können - so etwa durch ausreichende Absperrungen oder andere Sicherungsmaßnahmen. Es sind aber nicht für alle denkbaren und auch entfernt liegenden Möglichkeiten eines Schadeneintritts Vorkehrungen zu treffen. So sind Dritte nur vor den Gefahren zu schützen, die von ihnen erfahrungsgemäß nicht rechtzeitig erkannt und vermieden werden können.

Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz in einem Rechtsstreit hervorgehoben. Anlass dafür war ein Unfall beim Mainzer Rosenmontagszug. Hier war eine Frau vom Anhänger eines Festwagens überrollt und dabei verletzt worden. Daraufhin hatte sie den Veranstalter des Umzugs und den Karnevalsverein auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 EUR in Anspruch genommen. In erster Instanz wurde ihre Klage jedoch abgewiesen.

Auch vor dem OLG hatte ihre Berufung keinen Erfolg. Die Richter wiesen auf die offensichtlich fehlenden Erfolgsaussichten hin. Das Landgericht Mainz habe in seiner angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass aus dem Vortrag der Frau nicht deutlich geworden sei, welche Sicherungsmaßnahmen gefehlt hätten und warum ein für die Haftung erforderliches Verschulden der Beklagten vorgelegen habe. Die Haftung der Beklagten ergebe sich nicht ohne Weiteres aus deren grundsätzlich bestehenden Verkehrssicherungspflichten. Wer eine Gefahrenlage schaffe sei verpflichtet, die nach den jeweiligen Umständen notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu schaffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu vermeiden. Eine lückenlose Überwachung zum Ausschluss jeglichen Risikos für Umzugsteilnehmer und Zuschauer sei aber nicht geschuldet. Versäumnisse der Beklagten seien hier nicht festzustellen. Insbesondere habe eine ausreichende Absperrung bestanden. Die Frau hat auf die Hinweise des OLG ihre Berufung zurückgenommen. Damit ist die klageabweisende erstinstanzliche Entscheidung rechtskräftig (OLG Koblenz, 3 U 985/13).

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Finanzierung: Kündigung eines Darlehens bei Mahnung mit falschen Zahlen

Die Kündigung eines Verbraucherdarlehensvertrags ist unwirksam, wenn der Darlehensgeber in der vorausgehenden Mahnung einen zu hohen Zahlungsrückstand genannt hat.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe. Die Richter machten deutlich, dass der Verbraucher den exakten Betrag kennen müsse. Nur so könne er wissen, mit welcher Zahlung er die Kündigung abwenden kann (OLG Karlsruhe, 9 U 43/12).

Hinweis: Schon geringfügige Zuvielforderungen machen die Kündigungsandrohung unwirksam. Ausnahme: Es handelt sich um „Pfennigbeträge“ oder um einen offensichtlichen „Zahlendreher“.

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Vertragsrecht: Zur Frage des Eigentumsnachweises bei einer behaupteten Schenkung

Ein bloßes Schenkungsversprechen ist nur wirksam, wenn es notariell vereinbart wird. Ansonsten muss eine Schenkung auch vollzogen werden, damit sie wirksam wird. Will der Schenker die Sache weiter nutzen, empfiehlt sich eine genaue schriftliche Dokumentation des Schenkungsvorgangs.

Das ist das Fazit eines Rechtsstreits zwischen drei Brüdern vor dem Landgericht (LG) Coburg. Zwei der Brüder hatten die verstorbene Mutter beerbt. Der dritte Bruder, der Beklagte, schlug das Erbe aus. Die Mutter wurde im Jahr 2011 Eigentümerin eines Fahrzeugs und erhielt den Fahrzeugbrief. Die Mutter erkrankte und beabsichtigte, nach dem Krankenhausaufenthalt zu einem der beiden Kläger zu ziehen. Dorthin wurde auch bereits das Auto verbracht. Dann starb die Mutter noch im Jahr 2011. Die Kläger hatten sämtliche Originalschlüssel, der Beklagte den Fahrzeugbrief. Die Kläger behaupteten, das Auto habe bis zu ihrem Tod der Mutter gehört. Der Beklagte habe vermutlich den Fahrzeugbrief eigenmächtig an sich genommen. Deshalb wollten die Brüder als Erben den Pkw heraus, da ihn der Beklagte zu sich gebracht hatte. Der Beklagte brachte vor, seine Mutter habe ihm im Frühjahr 2011 das Auto geschenkt. Dabei sei ihm der Fahrzeugbrief ausgehändigt worden. Die Mutter habe das Fahrzeug allerdings noch behalten und bis zu ihrem Ableben weiter nutzen wollen.

Das LG gab der Klage statt und verurteilte den einen Bruder, den Pkw an die beiden anderen herauszugeben. Das Gericht kam nach einer Befragung der Zeugen zum Ergebnis, dass deren Aussagen nicht miteinander vereinbar seien. Eine Gruppe von Zeugen berichtete von einer Schenkung, die andere widersprach einer solchen Schenkung vehement. Zeugen der beiden Parteien hatten jedoch bestätigt, dass es wegen des Autos immer wieder Streit zwischen dem Beklagten und seiner Mutter gegeben hatte. Der Beklagte habe von seiner Mutter etwas Schriftliches verlangt. Dies habe die Mutter abgelehnt. Das Gericht nahm an, dass die Mutter einfach ein Testament hätte errichten können, wenn sie dem Beklagten das Fahrzeug hätte zuwenden wollen. Dann wäre auch sichergestellt gewesen, dass sie das Fahrzeug uneingeschränkt bis zu ihrem Tod nutzen kann. Das Gericht konnte sich nicht von einer Schenkung überzeugen. Es nahm an, dass bei einer Schenkung dem Beklagten jedenfalls der Zweitschlüssel zur Legitimation übergeben worden wäre, da die Mutter zur Nutzung des Fahrzeugs nur einen Schlüssel benötigt hätte. Aus dem Besitz des Fahrzeugbriefs vermochte das Gericht keine Eigentümerstellung herzuleiten. Es sei nicht erwiesen, dass die Mutter dem Beklagten tatsächlich den Fahrzeugbrief gegeben hatte. Da der Beklagte das Fahrzeug eigenmächtig vom geplanten Wohnsitz seiner Mutter entfernt hatte, sprach auch nicht für ihn, dass er das Fahrzeug in seinem Besitz hatte (LG Coburg, 22 O 68/13).

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Krankenversicherung: Keine Kostenerstattung für nicht angemeldeten Heilpraktiker

Ist ein Heilpraktiker an der Postadresse des Ortes der Ausübung seiner Heilpraktikertätigkeit nicht angemeldet, übt er diese nicht ordnungsgemäß aus. Der Versicherer muss dann keine Kostenerstattung leisten und kann bereits gezahlte Beträge zurückfordern.

Diese unangenehme Erfahrung musste eine Frau machen, die die Kosten ihrer Heilpraktiker-Behandlung in Höhe von 1.856 EUR von ihrem Versicherer ersetzt erhalten hatte. Als der Versicherer erfuhr, dass die Heilpraktikerin an ihrer Postadresse die Ausübung des Heilpraktikerberufs nicht angemeldet hatte, verlangte er die gezahlten Beträge von der Frau zurück. Die Heilpraktikerin verstoße gegen das Heilpraktikergesetz und könne daher Leistungen nicht verlangen.

Das Amtsgericht München gab dem Versicherer recht und verurteilte die Frau zur Rückzahlung. Die Heilpraktikerin habe keine Niederlassung unterhalten. Eine solche sei jedoch erforderlich, da das Heilpraktikergesetz eine Ausübung der Heilkunde im Umherziehen verbiete. Der Heilpraktikerin sei lediglich nach vorheriger Vereinbarung ein Behandlungsraum zur Verfügung gestellt worden, der auch von Dritten genutzt wurde. Es sei kein Praxisschild angebracht gewesen. Aus diesem Grund habe sie auch bei den Abrechnungen ihre Privatanschrift angegeben. Da sie ihre Tätigkeit nicht ordnungsgemäß ausgeübt habe, hätte sie keinen Anspruch auf Vergütung und der Versicherer müsse keine Kostenerstattung leisten (Amtsgericht München, 132 C 20532/11).

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Verkehrsrecht

Geschwindigkeitsmessung: Erforderliche Urteilsfeststellungen bei Nachfahren zur Nachtzeit

Bei den in der Regel schlechten Sichtverhältnissen zur Nachtzeit bedarf es neben der Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze zur Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren zusätzlich näherer Feststellungen im Urteil.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall eines Pkw-Fahrers, der wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes zur Nachtzeit verurteilt worden war. Das Amtsgericht hatte ihn aufgrund der Aussagen eines Polizeibeamten verurteilt, der hinter ihm hergefahren war. Dem OLG reichte die Begründung des Amtsgerichts für die Verurteilung jedoch nicht. Die Richter machten deutlich, dass das Urteil zu verschiedenen Einzelheiten Stellung nehmen müsse. So müsse geklärt werden, wie die Beleuchtungsverhältnisse waren, ob der Abstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug durch die Scheinwerfer des nachfahrenden Fahrzeugs oder durch andere Lichtquellen ausreichend aufgehellt und damit sicher erfasst und geschätzt werden konnten, und ob für die Schätzung des gleichbleibenden Abstands zum vorausfahrenden Fahrzeug ausreichende und trotz der Dunkelheit zu erkennende Orientierungspunkte vorhanden waren. Auch seien Ausführungen dazu erforderlich, ob die Umrisse des vorausfahrenden Fahrzeugs und nicht nur dessen Rücklichter erkennbar waren. Da das Urteil des Amtsgerichts diese Voraussetzungen nicht erfülle, sei es aufzuheben (OLG Düsseldorf, IV 2 RBs 122/13).

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Trunkenheitsfahrt: Ausnahme von der Regelentziehung der Fahrerlaubnis

Hat der fahruntüchtige Beschuldigte in seinem Fahrzeug übernachten wollen und hat er es dazu nur wenige Meter auf einem Parkplatzgelände bewegt, ist eine Ausnahme von der gesetzlichen Regelwirkung beim Entzug der Fahrerlaubnis nicht fernliegend.

So entschied es das Amtsgericht Verden (Aller). Es hat von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen und das damit begründet, dass der Beschuldigte zwar angetrunken war, er sein Fahrzeug aber nur wenige Meter auf dem Parkplatz einer Disko bewegt habe. Er habe in dem Fahrzeug übernachten und nicht am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen wollen. Das führe nach Auffassung des Gerichts zu einer Ausnahme vom Regelfall des Strafgesetzbuches. Danach gelte derjenige in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, der wegen eines Vergehens der Trunkenheit im Verkehr verurteilt worden ist. Um hier nicht die Fahrerlaubnis entzogen zu bekommen, müsse also ein Ausnahmefall vorliegen. Das sei nach Ansicht des Gerichts hier der Fall gewesen. „Gerettet“ habe den Beschuldigten, dass er in seinem Fahrzeug mehrere Decken mitgeführt hatte. Dies habe seinen Vortrag untermauert (Amtsgericht Verden (Aller), 9a Gs 924 Js 43392/13 (3757/13)).

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Parkplatz: Stellplatz-Inhaber darf die Parkbox in seiner kompletten Breite nutzen

Der Inhaber eines Stellplatzes darf diesen in seiner kompletten Breite ausnützen. Er darf sein Auto auch dann auf der rechten Hälfte parken, wenn dies dem Nutzer der danebenliegenden Parkfläche das Einsteigen erschwert.

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht München im Fall einer Corsa-Fahrerin. Diese parkte ihren Wagen gewöhnlich auf dem Stellplatz, der zu ihrer Wohnung gehört. Der Stellplatz links neben ihr war an die Fahrerin eines Renault Kangoo vermietet. Von Zeit zu Zeit stellte diese ihren Renault nicht mittig auf der Parkfläche, sondern eher auf der rechten Hälfte ab. Dies störte die Fahrerin des Opel Corsa. Sie werde dadurch beim Einsteigen in ihr Fahrzeug behindert. Sie forderte ihre Nachbarin auf, dies zukünftig zu unterlassen und eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Diese weigerte sich. Erstens mache sie das auch nur, wenn der Stellplatz links von ihr ebenso beparkt sei, da sie sonst nicht aus dem Auto aussteigen könne, zweitens könne die andere Autofahrerin ebenfalls weiter rechts parken. Die Besitzerin des Opel Corsa erhob daraufhin Klage und verlangte die Verurteilung der Fahrerin des Renaults dazu, es zu unterlassen, derart weit rechts zu parken, dass eine ungestörte Nutzung des Parkplatzes nicht möglich sei. Zwischen ihrem Fahrzeug (wenn es mittig geparkt sei) und dem anderen Fahrzeug müsse mehr als 50 Zentimeter an Zwischenraum verbleiben. Für den Fall der Zuwiderhandlung verlangte sie 5.000 EUR.

Die zuständige Richterin wies die Klage jedoch ab. Die Klägerin habe keinen Unterlassungsanspruch, da keine Beeinträchtigung ihres Eigentums vorliege. Das Parken der Renaultfahrerin stelle keine solche dar. Diese parke stets innerhalb der Grenzen ihres Parkplatzes. Sie sei zur Nutzung des kompletten Stellplatzes auch berechtigt. Dies ergebe sich schon daraus, dass sie auch ein breiteres Fahrzeug, das eventuell den gesamten Stellplatz benötigen würde, abstellen dürfte. Auch das Rücksichtnahmegebot sei nicht verletzt. Die Renaultfahrerin parke ihren PKW nur dann mehr rechts, wenn auch der Autofahrer auf ihrer linken Seite dies tue. Da das Rücksichtnahmegebot sich in beide Richtungen erstrecke, könne auch die Klägerin in einem solchen Fall nach rechts rücken (Amtsgericht München, 415 C 3398/13).

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Unfallschadensregulierung: Erstattung der Sachverständigenkosten für Kostenkalkulation

Wenn die Oberfläche des Stoßfängers beschädigt ist und der Geschädigte selbst nicht beurteilen kann, ob sich unter der Oberfläche weiterer Schaden befindet, darf er einen Kfz-Gutachter mit der kostenpflichtigen Erstellung einer Kostenkalkulation beauftragen.

Das bekräftigte noch einmal das Amtsgericht Heidenheim. Nach Ansicht des Gerichts spreche auch nicht gegen diese Entscheidung, dass Werkstätten einen solchen Kostenvoranschlag auch kostenlos oder mit Kostenverrechnung bei Auftragserteilung erstellen. In dem betreffenden Fall ging es um Kosten von knapp 100 EUR für die Kostenschätzung, die der Versicherer nicht erstatten wollte. Zu deren Zahlung wurde er aber jetzt verurteilt (Amtsgericht Heidenheim, 5 C 699/13).

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Unfallschadensregulierung: Mitverschulden beim Parken in zweiter Reihe

Parkt ein PKW in zweiter Reihe, beeinflusst er den Verkehr, sodass der Eigentümer des Autos einen Teil seines Schadens nach den Grundsätzen der Betriebsgefahr selbst zu tragen hat, falls ein anderer PKW gegen das geparkte Auto fährt und es dadurch beschädigt.

So entschied es das Amtsgericht München im Fall eines Lkw-Fahrers, der in zweiter Reihe geparkt hatte. Er blockierte dadurch die rechte Fahrspur, Teile seines Aufbaus und der linke Außenspiegel ragten in die linke Fahrspur hinein. Beim Versuch, vorbeizufahren touchierte ein anderer Lkw das parkende Fahrzeug. Dabei entstand ein Schaden von insgesamt 3.827 EUR. Der Schädiger war auch bereit, 75 Prozent des Schadens zu ersetzen. Mehr allerdings nicht, schließlich, so meinte er, sei auch der andere Lkw-Fahrer Mitschuld. Durch das Parken in zweiter Reihe sei die linke Fahrbahn, die wiederum durch einen Bordstein von Trambahnschienen abgegrenzt sei, erheblich verengt gewesen. Der Eigentümer des beschädigten Lkws wollte aber auch den Rest ersetzt bekommen und erhob Klage.

Die zuständige Richterin wies die Klage jedoch ab. Der Geschädigte habe 25 Prozent des Schadens nach den Grundsätzen der Betriebsgefahr selbst zu tragen. Sein Lkw habe den Verkehr trotz des Parkens weiterhin beeinflusst, da er so in zweiter Reihe abgestellt war, dass Teile des Aufbaus und des linken Außenspiegels in die linke Fahrspur hineinragten. Darüber hinaus habe er die rechte Fahrspur blockiert. Beides sei für den Verkehrsunfall auch ursächlich gewesen, da dadurch der linke Fahrstreifen, der wiederum links durch einen Bordstein abgegrenzt werde, derart verengt sei, dass eine Vorbeifahrt für einen Lkw erheblich erschwert werde (Amtsgericht München, 332 C 32357/12).

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Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2013 bis zum 31. Dezember 2013 beträgt - 0,38 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,62 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 1,62 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 7,62 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.012013 bis 30.06.2013: -0,13 Prozent
  • vom 01.07.2012 bis 31.12.2012: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2012 bis 30.06.2012: 0,12 Prozent
  • vom 01.07.2011 bis 31.12.2011 0,37 Prozent
  • vom 01.01.2011 bis 30.06.2011: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2010 bis 31.12.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2010 bis 30.06.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2009 bis 31.12.2009: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2009 bis 30.06.2009: 1,62 Prozent
  • vom 01.07.2008 bis 31.12.2008: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2008 bis 30.06.2008: 3,32 Prozent
  • vom 01.07.2007 bis 31.12.2007: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2007 bis 30.06.2007: 2,70 Prozent
  • vom 01.07.2006 bis 31.12.2006: 1,95 Prozent
  • vom 01.01.2006 bis 30.06.2006: 1,37 Prozent
  • vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent
  • vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 3/2014

Im Monat März 2014 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten:

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): 10.3.2014

  • Lohnsteuerzahler (Monatszahler): 10.3.2014

  • Einkommensteuerzahler (vierteljährlich): 10.3.2014

  • Kirchensteuerzahler (vierteljährlich): 10.3.2014

  • Körperschaftsteuerzahler (vierteljährlich): 10.3.2014

Bei Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei Überweisungen endet am 13.3.2014. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt!

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat März 2014 am 27.3.2014.

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