Monatsbrief November 2013

WCR-B-11-2013

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 11/2013:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

Vertragsrecht: Abgrenzung von Arbeits- und Werkvertrag

Ob zwischen zwei Parteien ein Arbeits- oder ein Werkvertrag vereinbart wurde, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend.

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH) im Falle eines Mannes, der mit Unterbrechungen seit 2005 auf der Grundlage von zehn als Werkvertrag bezeichneten Verträgen tätig geworden ist. Im letzten Vertrag ist die „Vorarbeit für die Nachqualifizierung der Denkmalliste für die kreisfreie Stadt und den Landkreis“ vereinbart. Danach war Aufgabe des Klägers, im Rahmen des Nachqualifizierungs- und Revisionsprojekts des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (BLfD) Bodendenkmäler in einem EDV-gestützten System zu erfassen und nachzuqualifizieren. Abhängig vom Standort der Ortsakten konnte die Tätigkeit nur in den Dienststellen des BLfD erbracht werden. Einen Schlüssel zu diesen Dienststellen besaß der Kläger nicht. Er hat regelmäßig von 7.30 Uhr bis 17.00 Uhr gearbeitet. Über einen zur Verfügung gestellten PC-Arbeitsplatz mit persönlicher Benutzerkennung wurde ihm der Zugang zu den Eingabemasken ermöglicht. Der Termin zur Fertigstellung der vereinbarten Leistungen wurde anhand der Zahl der im Arbeitsgebiet bekannten archäologischen Fundstellen kalkuliert und auf den 30.11.09 festgelegt. Dem Kläger war gestattet, die Vergütung i.H.v. 31.200 EUR incl. Mehrwertsteuer nach Abschluss der Bearbeitung bestimmter Gebiete in Einzelbeträgen von 5.200 EUR abzurechnen.

Die Vorinstanzen haben festgestellt, dass zwischen den Parteien nach dem wahren Geschäftsinhalt ein Arbeitsverhältnis besteht. Die Revision des Beklagten blieb vor dem BAG ohne Erfolg. Die Richter machten dabei die Unterschiede zwischen einem Werk- und einem Dienstvertrag deutlich. So wird der Unternehmer durch einen Werkvertrag zur Herstellung des versprochenen Werks verpflichtet. Gegenstand des Werkvertrags ist die Herstellung oder Veränderung einer Sache oder ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg. Gegenstand eines Dienstvertrags ist dagegen die Tätigkeit als solche. Bei einem Arbeitsverhältnis wird die vereinbarte Tätigkeit weisungsgebunden, d.h. in persönlicher Abhängigkeit geleistet. Welches Rechtsverhältnis vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend. Im vorliegenden Fall lasse bereits die Gestaltung des „Werkvertrags“ erkennen, dass nicht die Herstellung einer Sache oder eines Erfolgs, sondern eine bestimmte Tätigkeit geschuldet werde. Die Würdigung der Vorinstanz, die Kumulation und Verdichtung der Bindung des Klägers sei in einer Gesamtschau als Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit zu werten, sei nicht zu beanstanden (BAG, 10 AZR 282/12).

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Weisungsrecht: Verpflichtung zur Nutzung einer elektronischen Signaturkarte

Ein Arbeitgeber kann von seinem Arbeitnehmer verlangen, eine qualifizierte elektronische Signatur zu beantragen und eine elektronische Signaturkarte zu nutzen. Voraussetzung hierfür ist, dass dies erforderlich ist, um die Arbeitsleistung zu erbringen. Außerdem muss es dem Arbeitnehmer zumutbar sein.

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Rechtsstreit einer Verwaltungsangestellten im Wasser- und Schifffahrtsamt. Zu den Aufgaben der Frau gehörte die Veröffentlichung von Ausschreibungen bei Vergabeverfahren. Seit dem 1.1.2010 erfolgen diese Veröffentlichungen nur noch in elektronischer Form auf der Vergabeplattform des Bundes. Um diese nutzen zu können, wird eine qualifizierte elektronische Signatur benötigt. Diese wird nach den Bestimmungen des Signaturgesetzes (SigG) nur natürlichen Personen erteilt. Der Arbeitgeber wies daraufhin die Frau an, eine solche qualifizierte Signatur bei einer Zertifizierungsstelle, einem Tochterunternehmen der Deutschen Telekom AG, zu beantragen. Dazu müssen die im Personalausweis enthaltenen Daten zur Identitätsfeststellung an die Zertifizierungsstelle übermittelt werden. Die Übernahme der anfallenden Kosten für die Beantragung hatte der Arbeitgeber zugesagt. Die Frau hat die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber könne sie nicht verpflichten, ihre persönlichen Daten an Dritte zu übermitteln. Dies verstoße gegen ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Auch sei nicht sichergestellt, dass mit ihren Daten kein Missbrauch getrieben werde.

Ihre Klage gegen die Anweisung hatte jedoch keinen Erfolg. Die Richter machten deutlich, dass der Arbeitgeber von seinem arbeitsvertraglichen Weisungsrecht angemessen Gebrauch gemacht habe. Der mit der Verpflichtung zur Nutzung einer elektronischen Signaturkarte verbundene Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei der Angestellten zumutbar. Die Übermittlung der Personalausweisdaten betreffe nur den äußeren Bereich der Privatsphäre. Besonders sensible Daten seien nicht betroffen. Der Schutz dieser Daten werde durch die Vorschriften des SigG sichergestellt, sie würden nur durch die Zertifizierungsstelle genutzt. Auch durch den Einsatz der Signaturkarte entstünden für die Frau keine besonderen Risiken. So enthalte die mit dem Personalrat abgeschlossene Dienstvereinbarung ausdrücklich eine Haftungsfreistellung. Die gewonnenen Daten dürfen zudem nicht zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle durch den Arbeitgeber verwendet werden (BAG, 10 AZR 270/12).

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Haftungsrecht: Auszubildender muss Schmerzensgeld für Verletzung des Kollegen zahlen

Wer einen Kollegen bei der Arbeit durch eine betriebsferne Tätigkeit fahrlässig verletzt, muss ihm ein Schmerzensgeld zahlen.

Das musste sich ein Auszubildender in einer Kfz-Werkstatt vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) sagen lassen. Er war mit dem Auswuchten von Autoreifen beschäftigt, als er ohne Vorwarnung ein etwa 10 g schweres Wuchtgewicht aus Aluminium in Richtung eines Kollegen warf. Dieser wurde am linken Auge getroffen. Dabei erlitt er eine Hornhaut- und eine Oberlidrandverletzung. Er wurde mehrfach operiert und bekam eine künstliche Augenlinse eingesetzt. Wegen der verbliebenen Hornhautnarbe leidet er an einer dauerhaften Sehverschlechterung und dem Verlust des räumlichen Sehvermögens. Er hat den Auszubildenden deshalb auf Schmerzensgeld und die Feststellung in Anspruch genommen, dass dieser auch zukünftig jeden Schaden aus dem schädigenden Ereignis ersetzen muss.

Das Arbeitsgericht und ihm folgend das LAG haben der Klage insoweit stattgegeben und den Auszubildenden zu einem Schmerzensgeld von 25.000 EUR verurteilt. Nach der Überzeugung der Richter hat der Auszubildende den Kollegen fahrlässig an dessen Gesundheit geschädigt. Er hätte wissen können und müssen, dass ein kraftvoller Wurf mit einem Wuchtgewicht eine solche Verletzung hervorrufen kann. Auch sei er nicht von seiner Haftung befreit, weil es sich bei dem Wurf gerade nicht um eine betriebliche Tätigkeit im Rechtssinne gehandelt habe, bei der für Personenschäden nur für Vorsatz, nicht aber für Fahrlässigkeit gehaftet wird. Das Herumwerfen von Wuchtgewichten in einem Kfz-Betrieb sei vielmehr dem persönlich-privaten Bereich zuzuordnen, für den ein Arbeitnehmer in vollem Umfang hafte. Bei der Höhe des Schmerzensgeldes ließ sich das LAG insbesondere von den erlittenen Schmerzen, der dauerhaften Beeinträchtigung der Lebensführung und dem Risiko weiterer Verschlechterungen des Augenlichts leiten (Hessisches LAG, 13 Sa 269/13).

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Sachgrundlose Befristung: Auch bei Vorbeschäftigung von mehr als drei Jahren unzulässig

Die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags ist unzulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber auch vor mehr als drei Jahren bereits ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

So entschied jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg und weicht damit bewusst von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ab. In dem betreffenden Fall ging es um einen Arbeitnehmer aus der Metall- und Elektroindustrie. Er war aufgrund jeweils befristeter Arbeitsverträge vom 27.8.2007 bis 30.11.2007 und wieder vom 1.2.2011 bis 31.1.2013 beschäftigt. Mit seiner Klage hat er sich gegen die Befristung des Arbeitsvertrags gewandt.

Das LAG gab dem Arbeitnehmer recht und erklärte das Arbeitsverhältnis für unbefristet. Die Richter verwiesen in ihrer Begründung auf das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Danach ist die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das BAG hat das Tatbestandsmerkmal „bereits zuvor“ in seiner neueren Rechtsprechung dahin ausgelegt, dass in Anlehnung an die regelmäßige gesetzliche Verjährungsfrist Vorbeschäftigungen beim selben Arbeitgeber, die länger als drei Jahre zurückliegen, nicht zu berücksichtigen sind. Von dieser Rechtsprechung weicht das LAG bewusst ab. Es hält die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung gegen den eindeutigen Wortlaut der Norm und den aus dem Gesetzgebungsverfahren erkennbaren Willen des Gesetzgebers, keine Frist in das Gesetz aufzunehmen, durch das BAG für überschritten. Jedenfalls hätte das BAG die Norm dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit vorlegen müssen. Außerdem weiche die Rechtsprechung des 7. Senats des BAG von der des 2. Senats ab, sodass der 7. Senat das Verfahren zur Wahrung der Rechtseinheit nach § 45 ArbGG hätte durchführen müssen. Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen (LAG Baden-Württemberg, 6 Sa 28/13; BAG, 7 AZR 716/09).

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Baurecht

Gewährleistung: Keine Mängelansprüche bei Werkleistungen in Schwarzarbeit

Es bestehen keine Mängelansprüche des Bestellers, wenn Werkleistungen aufgrund eines Vertrags erbracht worden sind, bei dem die Parteien vereinbart haben, dass der Werklohn in bar ohne Rechnung und ohne Abführung von Umsatzsteuer gezahlt werden sollte.

Diese deutlichen Worte sprach der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer Bauherrin, die die Auffahrt zu ihrem Grundstück neu gepflastert haben wollte. Mit dem Unternehmer wurde ein Werklohn von 1.800 EUR vereinbart. Dieser sollte in bar ohne Rechnung und ohne Abführung von Umsatzsteuer gezahlt werden. Später stellte sich heraus, dass das Pflaster nicht die notwendige Festigkeit aufwies. Die Bauherrin verlangte eine Mängelbeseitigung. Weil sich der Unternehmer weigerte, erhob sie Klage auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 6.096 EUR.

Der BGH machte jedoch deutlich, dass sie keine Ansprüche habe. Der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag sei nichtig, weil er gegen ein gesetzliches Verbot verstoße. So verbiete das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) den Abschluss eines Werkvertrags, wenn dieser vorsehe, dass eine Vertragspartei ihre aus dem Vertrag folgende steuerliche Pflicht nicht erfüllt. Das Verbot führe jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrags, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstoße und der Besteller diesen Verstoß kenne und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutze. So habe der Fall hier gelegen. Der beklagte Unternehmer habe gegen seine steuerliche Pflicht verstoßen, weil er nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung ausgestellt hat. Er habe außerdem eine Steuerhinterziehung begangen, weil er die Umsatzsteuer nicht abgeführt hat. Die Bauherrin habe auf diese Weise einen Teil des Werklohns in Höhe der anfallenden Umsatzsteuer gespart. Damit sei der Werkvertrag nichtig. Diese Nichtigkeit führe dazu, dass der Besteller grundsätzlich keine Mängelansprüche habe (BGH, VII ZR 6/13).

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Architektenrecht: Kündigung bei grundloser Weigerung der weiteren Zusammenarbeit

Ein Bauherr darf den Architektenvertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn sich der Architekt grundlos weigert, die Zusammenarbeit mit der Projektleiterin weiterzuführen und ultimativ deren Ablösung fordert.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hin. Die Richter machten deutlich, dass ein Auftraggeber jeden Werkvertrag grundsätzlich aus wichtigem Grund kündigen könne. Das Vorliegen dieses wichtigen Grundes müsse es dem Auftraggeber unmöglich machen, den Vertrag weiterzuführen. Das ergebe sich z.B. aus einer schweren schuldhaften Vertragsverletzung. Möglich sei auch eine sonstige Zerstörung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien. Das sei vorliegend der Fall (OLG Düsseldorf, 23 U 102/12).

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Satzungsrecht: Widmung einer Privatstraße als Gemeindestraße ist rechtswidrig

Ein Straßengrundstück darf nur zur Gemeindestraße gewidmet werden, wenn rechtlich gesichert ist, dass diese grundsätzlich von jedermann befahren werden darf.

Dies hat jetzt das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz entschieden. Geklagt hatten die Eigentümer eines Grundstücks in einem Wochenendhausgebiet. Die Zu- und Abfahrt des Gebiets über eine in geringer Entfernung verlaufende Kreisstraße ist nach dem Bebauungsplan für nicht landwirtschaftliche Fahrzeuge gesperrt. Die wegemäßige Erschließung eines Teils der in dem Gebiet gelegenen Grundstücke verläuft daher zunächst über eine unmittelbar an das Plangebiet angrenzende Straße und von dort aus - gesichert durch eine Baulast - über eine in privatem Eigentum stehende Wegstrecke. 2009 beschloss der Rat der beklagten Ortsgemeinde zunächst eine Satzung zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen und im April 2012 sodann die Widmung der unmittelbar an das Wochenendhaus angrenzenden Straße als Gemeindestraße. Hiergegen erhoben die Kläger nach erfolglosem Widerspruch Klage. Sie machten u.a. geltend, dass die Straße bereits deshalb nicht als Gemeindestraße gewidmet werden dürfe, weil ihre Benutzung nur unter Überquerung privater Grundstücke möglich sei.

Die Klage hatte Erfolg. Gemeindestraßen, so das Gericht, seien nach dem Landesstraßengesetz Straßen, die überwiegend dem örtlichen Verkehr dienten und als öffentliche Straßen grundsätzlich jedermann zur Nutzung offenstünden. Dies sei nur der Fall, wenn rechtlich gesichert sei, dass die Straße - im Rahmen des Gemeingebrauchs und falls nicht ausnahmsweise eine Beschränkung auf bestimmte Benutzungsarten oder Benutzerkreise festgelegt worden sei - von jedermann unter Beachtung der straßenverkehrsrechtlichen Regelungen befahren werden dürfe. Daran fehle es hier aber, weil die - fehlerhaft - gewidmete Straße nicht über eine öffentliche Straße erreicht werden könne. Dies sei nach dem eindeutigen Wortlaut der zugrunde liegenden Baulast nur den Eigentümern bestimmter in dem Wochenendhausgebiet gelegener Grundstücke gestattet (VG Koblenz, 1 K 38/13.KO).

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Familien- und Erbrecht

Umgangsrecht: Betreuender Elternteil muss Umgangskontakte fördern

Der das gemeinsame Kind betreuende Elternteil hat die Pflicht, die Kontakte des Kindes zu dem anderen Elternteil zu fördern.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. in einem Rechtsstreit zum Umgangsrecht. Die Richter wiesen dabei auf die gesetzlich vorgesehene Wohlverhaltenspflicht eines jeden Elternteils hin. Diese verpflichte die Eltern in mehrfacher Hinsicht. So müssten sie einerseits alles unterlassen, was einen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil gefährden könne. Andererseits müssten die Kontakte des Kindes mit dem anderen Elternteil positiv gefördert werden. Unter Umständen müsse diesbezüglich auch erzieherisch auf das Kind eingewirkt werden. Den Vorwurf, gegen die Wohlverhaltenspflicht verstoßen zu haben, kann der betroffene Elternteil nur zurückweisen, wenn ihn kein Verschulden an dem Verhalten des Kindes trifft. Dazu muss er im Einzelfall aufzeigen, wie und in welchem Umfang er auf das Kind eingewirkt hat, um es zum Umgang zu bewegen (OLG Frankfurt a.M., 5 WF 120/13).

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Elterngeld: Grundsätzlich kein Anspruch im geschlossenen Strafvollzug

Anspruch auf Elterngeld hat nur, wer mit dem Kind in einem Haushalt lebt.

Hierauf wies das Bundessozialgericht (BSG) im Fall einer Mutter hin, die mit ihrem Kind in einer Mutter-Kind-Einrichtung des geschlossenen Strafvollzugs untergebracht ist. Ihr stehe nach Ansicht der Richter grundsätzlich kein Elterngeld zu. Denn sie lebe nicht in einem Haushalt, wie ihn das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz verlange. Ein derartiger Haushalt setze eine häusliche, wohnungsmäßige, familienhafte Wirtschaftsführung voraus. Danach sei die Justizvollzugsanstalt als öffentliche Einrichtung kein Haushalt in diesem Sinne. Eine Mutter habe zusammen mit ihrem Kind innerhalb der Justizvollzugsanstalt auch keinen eigenen Haushalt, wenn die Justizvollzugsanstalt sie selbst vollständig und ihr Kind im Rahmen eines vom Jugendamt entrichteten Tagessatzes versorge. Dass die Mutter über gewisse Mittel (Kindergeld, Arbeitseinkünfte) in einem bestimmten Rahmen selbst verfügen könne, reiche zur Begründung eines eigenen Haushalts nicht aus (BSG, B 10 EG 4/12 R).

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Kindergeld: Anspruch besteht auch für verheiratete Kinder in Erstausbildung

Für verheiratete volljährige Kinder in Erstausbildung besteht auch dann ein Kindergeldanspruch, wenn die eigenen Einkünfte des Kindes und die Unterhaltsleistungen des Ehegatten den Grenzbetrag von 8.004 EUR überschreiten.

Das hat das Finanzgericht (FG) Köln entschieden. Im Urteilsfall verwehrte die Familienkasse der Klägerin das Kindergeld ab Januar 2012 für ihre 21-jährige verheiratete Tochter. Begründung: Die Tochter könne selbst ihren Unterhalt finanzieren, da die Summe aus ihrer Ausbildungsvergütung und dem Unterhaltsbeitrag ihres Ehemanns den Grenzbetrag von 8.004 EUR überschreite. Damit läge kein „Mangelfall“ vor und damit keine Unterhaltsbelastung der Klägerin für ihre Tochter.

Dem folgte das FG nicht und gewährte das beantragte Kindergeld. Die Tochter befinde sich in Erstausbildung und habe das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet. Weitere Voraussetzungen fordere das Gesetz nicht für den Bezug von Kindergeld. Insbesondere seien seit der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2012 die eigenen Bezüge der Kinder ohne Bedeutung. Dies gelte genauso für verheiratete Kinder. Daher müsse auch bei diesen - entgegen der früheren Rechtsprechung des BFH - keine „typische Unterhaltssituation“ mehr vorliegen. Die anderslautende Dienstanweisung des Bundeszentralamts für Steuern (31.2.2 DA FamEStG) sei damit rechtswidrig (FG Köln, 9 K 935/13).

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Erbrecht: Wohngeldschulden nach dem Erbfall sind Eigenverbindlichkeiten des Erben

Nach dem Erbfall fällig werdende oder durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft begründete Wohngeldschulden sind (jedenfalls auch) Eigenverbindlichkeiten des Erben.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer Frau, die einen Anteil an einer Eigentumswohnung geerbt hatte. Nachdem sie ins Grundbuch eingetragen worden war, verlangte die Eigentümergemeinschaft die Zahlung von Wohngeldrückständen. Zu Recht, entschied der BGH. Es handele sich hier um eine Eigenverbindlichkeit der Erbin, weil ihr das Halten der Wohnung als ein Handeln bei der Verwaltung des Nachlasses zugerechnet werden könne. Eine solche Zurechnung erfolge in der Regel spätestens, wenn der Erbe die Erbschaft angenommen habe oder die Ausschlagungsfrist abgelaufen sei und ihm faktisch die Möglichkeit zustehe, die Wohnung zu nutzen (BGH, V ZR 81/12).

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Erbrecht: Gutachterkosten zur Grundstücksbewertung sind Nachlassverbindlichkeiten

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die Kosten für ein Sachverständigengutachten zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig sind, wenn sie in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erbe anfallen.

Hinweis: Im Streitfall diente das Gutachten auch als Grundlage für den geplanten Verkauf des Grundstücks. Der BFH hielt dies für unschädlich, da diese weitere Zwecksetzung nichts am unmittelbaren Zusammenhang der Kosten mit der Nachlassregelung ändert (BFH, II R 20/12).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Aktuelle Gesetzgebung: Ab 2014 sind Wärmezähler für Warmwasser vorgeschrieben

Ab dem 1.1.14 muss in verbundenen Zentralheizungsanlagen zwecks Trennung der Wärmemenge für Raumheizung und Warmwasserversorgung ein Wärmezähler eingebaut sein. Die frühere 18-Prozent-Regelung für den Warmwasseranteil wurde gestrichen.

Wärmezähler dürfen dabei nicht mit Warmwasserzählern oder mit den am Heizkörper angebrachten, thermometerähnlich aussehenden Heizkostenverteilern verwechselt werden.

  • Wird das gesetzliche Abrechnungsverfahren nicht beachtet, kann der Mieter seinen Anteil an den Heiz- bzw. Warmwasserkosten um 15 Prozent kürzen.

  • Heizkostenverteiler zur Erfassung des anteiligen Raumwärmeverbrauchs die nach dem 1.1.81 (sozialer Wohnungsbau: 1.8.84) eingebaut wurden, dürfen ohne mieterliches Kürzungsrecht über den 31.12.13 hinaus weiter verwendet werden.

Beim Ersteinbau von Wärmezählern bzw. nach erfolgtem Eichaustausch reicht es nicht, diese Geräte einzuschalten und darauf zu vertrauen, dass alles seine Richtigkeit habe. Die Geräte müssen vielmehr anhand detaillierter Einzelschritte förmlich in Betrieb genommen werden.

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Vermieterinsolvenz: Vermietung unter ortsüblicher Vergleichsmiete ist nicht anfechtbar

Hat der Vermieter eine Wohnung gegen eine deutlich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Kaltmiete vermietet, liegt weder in der fortdauernden Gebrauchsgewährung noch in dem Unterlassen einer Mieterhöhung eine teilunentgeltliche Leistung i.S. der Insolvenzordnung (InsO).

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) München im Fall eines insolventen Vermieters. Die Richter erläuterten, dass die tatsächliche Gebrauchsgewährung nicht auf einer Handlung beruhe, sondern auf dem Unterlassen eines Herausgabeverlangens, zu dem der Vermieter ohnehin nicht berechtigt wäre. Die unterlassene Mieterhöhung beruhe nicht auf einer bewussten Willensbetätigung des Vermieters. Überdies werde es an der Unentgeltlichkeit fehlen, da ein Verzicht auf Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete vielfach wirtschaftlich sinnvoll sein kann. Außerdem dürfe nicht auf die ortsübliche Vergleichsmiete abgestellt werden, weil üblicherweise eine erhebliche preisliche Divergenz zwischen Bestandsmieten und Neuvermietungen besteht (OLG München, 14 U 579/13).

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Unberechtigte Untervermietung: Vermieter kann fristlos kündigen

Vermietet ein Mieter seine Wohnung unberechtigt weiter und leugnet dies noch auf Anfrage des Vermieters, ist das Vertrauensverhältnis zwischen Mieter und Vermieter so zerstört, dass eine fristlose Kündigung auch ohne Abmahnung möglich ist.

So entschied das Amtsgericht (AG) München im Fall einer Vermieterin einer öffentlich geförderten Wohnung. Diese staunte nicht schlecht, als sie im August 2012 die Mitteilung bekam, dass ihr Mieter die Wohnung untervermiete. Die Kriminalpolizei hatte dies festgestellt, als jemand anderes bei einer polizeilichen Befragung diese Wohnung als Wohnsitz angab und auch gleich noch mitteilte, dass er aufgrund der Aufforderung des eigentlichen Mieters sich dort nicht anmelden dürfe. Die Vermieterin forderte ihren Mieter auf, dies zu unterlassen. Als Antwort erhielt sie ein Schreiben, in dem der Mieter die Untervermietung bestritt. Er sei nur krank. Daher kämen Freunde zu ihm zu Besuch. Hieraufhin kündigte die Vermieterin fristlos.

Die zuständige Richterin gab ihr recht und erließ ein Räumungsurteil. Nach Anhörung mehrerer Zeugen stehe fest, dass der Mieter die Wohnung untervermietet habe. Weil er zudem die Untervermietung geleugnet habe, habe er das Vertrauensverhältnis zur Vermieterin zerstört. Der Vermieterin sei nicht zumutbar, das Mietverhältnis fortzuführen. Dabei fiele auch noch ins Gewicht, dass es sich um eine öffentlich geförderte Wohnung handele, die nur von einem bestimmten Personenkreis bewohnt werden dürfe. Diese Vorschrift habe der Mieter umgangen. Auch habe er die Vermieterin über Jahre hinweg getäuscht. Eine vorherige Abmahnung sei daher nicht erforderlich. Die sofortige fristlose Kündigung sei wirksam (AG München, 423 C 29146/12).

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WEG: Katzen dürfen nicht mit ausgelegtem Katzenfutter angelockt werden

Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann einem Mitglied verbieten, Katzenfutter im Gemeinschaftsgarten sowie auf seiner eigenen Gartenterrasse auszulegen, um verwilderte Katzen anzulocken.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht (AG) Bottrop im Streit einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Richter begründete seine Entscheidung damit, dass das Auslegen von Katzenfutter das Rücksichtnahmegebot verletze. Das gelte auch, wenn die Katzen gefangen werden sollen, um eine ärztliche Untersuchung zu ermöglichen. Es entstünden nämlich für die anderen Wohnungseigentümer erhebliche Nachteile. So müssten die Katzen über das Gemeinschaftseigentum laufen, um an das Futter zu gelangen. Hierdurch würde es zu einer erhöhten Verschmutzung durch Tierkot sowie zu einer verstärkten Geräuschentwicklung durch die Tierstimmen kommen (AG Bottrop, 20 C 55/12).

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Verbraucherrecht

Reiserecht: Ausgleichszahlung bei verpasstem Anschlussflug

Fluggäste eines verspäteten Flugs haben einen Ausgleichsanspruch nach der Fluggastrechteverordnung, soweit sie infolge der Flugverspätung ihr individuelles Endziel mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden erreichen. Dies gilt auch, wenn die verspätete Ankunft am Endziel darauf beruht, dass infolge der Flugverspätung ein selbst nicht verspäteter Anschlussflug verpasst wird.

Diese für Reisende vorteilhafte Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Ehepaares, das bei der beklagten Iberia S.A. eine Flugreise von Miami über Madrid nach Düsseldorf gebucht hatte. Der Abflug von Miami nach Madrid verzögerte sich um 1 Stunde 20 Minuten. Die bereits bei Flugantritt in Miami mit Bordkarten für die gesamte Reise versehenen Eheleute erreichten Madrid entsprechend mit Verspätung. Ihr Weiterflug sollte an einem ausgelagerten Terminal des Flughafens erfolgen, den sie nicht mehr rechtzeitig erreichen konnten. Sie kamen infolgedessen mit einem anderen Flug 7 ½ Stunden später als vorgesehen in Düsseldorf an. Die Eheleute beanspruchen daher jeweils eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 EUR.

Der BGH sprach den Eheleuten diese Beträge zu. Er orientierte sich dabei an der aktuellen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Fluggastrechteverordnung. Der EuGH hat den Fluggästen eines verspäteten, wie im Streitfall in den Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung fallenden Flugs einen Ausgleichsanspruch zugesprochen, soweit sie wie vorliegend die Eheleute infolge der Flugverspätung ihr individuelles Endziel mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden erreichen. Dies gelte auch, wenn die verspätete Ankunft am Endziel darauf beruhe, dass infolge der Flugverspätung ein selbst nicht verspäteter Anschlussflug verpasst werde. Bedenken gegen diese Auslegung der Fluggastrechteverordnung ergäben sich nach Ansicht des BGH weder aus dem Primärrecht der Europäischen Union noch aus dem Grundgesetz (BGH, X ZR 123/10).

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Autokauf: Quietschgeräusche von der Gasanlage ist ein Rücktrittsgrund

Rechtsprechung zu Sachmängeln an werkseitig ausgerüsteten Gasfahrzeugen ist noch rar. Ein Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz, das den Käufer wegen Quietschgeräuschen - ausgehend von der Gasanlage - vom Kaufvertrag zurücktreten ließ, verdient deshalb besondere Aufmerksamkeit.

Der Käufer hatte sich einen neuen Chevrolet Aveo mit Gasanlage zugelegt. Bis auf die Quietschgeräusche konnten alle Beanstandungen der Elektronik/Elektrik behoben werden. Für den Händler waren die Geräusche beim Gasbetrieb derzeit technisch nicht vermeidbar, im Übrigen aber auch mit einem Kostenaufwand von nur 49 EUR aus der Welt zu schaffen. Das OLG qualifizierte die Geräusche als Sachmangel und attestierte ihnen obendrein Rücktrittserheblichkeit. Bei Gasfahrzeugen der Konkurrenz träten keine vergleichbaren Quietschgeräusche auf. Da die Ursache der Geräusche im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungeklärt gewesen sei, müsse schon deshalb von einem „erheblichen“ Mangel ausgegangen werden (OLG Koblenz, 3 U 1498/12).

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Vertragsrecht: Wem gehört der verkaufte Pkw nach Ende einer Lebensgemeinschaft?

Der Fahrzeugbrief ist ein wichtiges Indiz für die Eigentümerstellung. Ausnahmsweise kann sich aber aus den Umständen etwas anderes ergeben.

Das ist das Ergebnis aus einem Verfahren vor dem Landgericht (LG) Coburg. Kläger und Beklagte waren bis Anfang des Jahres 2012 Lebensgefährten. Der Kläger studierte im Ausland und hielt sich nur selten in Deutschland auf. Im November 2011 unterschrieb er bei einem Autohaus einen Kaufvertrag für einen gebrauchten BMW zum Preis von 16.100 EUR. Zunächst wurde vereinbart, dass der Wagen auf den Kläger zugelassen wird, die Beklagte das Auto aber abholt. Dann gab es aber Schwierigkeiten mit der Zulassung des Fahrzeugs, weil sich der Kläger im Ausland aufhielt und in seinem Personalausweis eine veraltete Adresse eingetragen war. Schließlich wurde der BMW auf die Beklagte zugelassen, welche das Auto abholte und nutzte. Nach dem Ende der Beziehung verkaufte sie das Fahrzeug an einen Dritten weiter. Der Kläger behauptete, dass er alleiniger Eigentümer des Fahrzeugs war und es seiner damaligen Freundin lediglich zur Nutzung überlassen hatte. Er verlangte den ursprünglichen Kaufpreis als Schadenersatz von der Ex-Freundin. Die Beklagte verteidigte sich damit, dass ihr das Auto geschenkt worden sei. Ihr hätte direkt vom Autohaus Eigentum am BMW verschafft werden sollen. Die Zulassung auf den Kläger habe anfänglich nur deshalb erfolgen sollen, weil sie am Kauftag ihren Personalausweis nicht dabeigehabt habe.

Das LG gab der Klage statt. Es war davon überzeugt, dass der Kläger aufgrund des Kaufvertrags Eigentümer des BMW wurde. Zwar wurde die Beklagte als Halterin im Kraftfahrzeugbrief eingetragen. Dies erfolgte aber nur, weil die eigentlich geplante Zulassung auf den Kläger an dessen unzutreffender Anschrift in seinem Personalausweis scheiterte und er aufgrund seines Auslandsaufenthalts darauf nicht reagieren konnte. Das Gericht war auch nicht von einer Schenkung überzeugt. Wenn der Kläger - wie seine Ex-Freundin angab - ihr von vornherein das Auto schenken wollte, wäre zu erwarten gewesen, dass ihr Name in den Kaufvertrag eingefügt wird. Zudem stellte sich im Rahmen der Anhörung des Autoverkäufers als Zeuge heraus, dass eine Zulassung auf sie nicht an ihrem vergessenen Personalausweis scheitern konnte. Daher war das Gericht nicht von einer Schenkung des Klägers an die Beklagte überzeugt. Es ging davon aus, dass der Kläger seiner damaligen Lebensgefährtin das Fahrzeug lediglich zur Benutzung überlassen hatte. Diese Leihe endete mit der Beziehung und der Rückforderung des Fahrzeugs. Da die Beklagte das Fahrzeug unberechtigt weiterverkauft hatte, wurde sie zu Schadenersatz in Höhe des Kaufpreises verurteilt. (LG Coburg, 23 O 246/12).

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Gesetzliche Unfallversicherung: Verfolgung eines Taschendiebs im Ausland ist versichert

Wer sich bei der Verfolgung eines Taschendiebs verletzt, steht grundsätzlich unter dem Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt auch, wenn sich das Geschehen im Ausland abspielt.

Diese Klarstellung traf das Sozialgericht (SG). Die Richter machten allerdings auch deutlich, dass kein versicherter „Arbeitsunfall“ im Sinne des Gesetzes vorliege, wenn es dem Verfolger nicht in erster Linie um die Festnahme des Straftäters, sondern um die Wiedererlangung des Diebesguts geht.

Hinweis: Die Gesetzliche Unfallversicherung greift nicht nur bei Unfällen am Arbeitsplatz, sondern schützt auch Personen, die sich im Interesse der Allgemeinheit in Gefahr begeben. Versichert ist zum Beispiel, wer bei Unglücksfällen Hilfe leistet, wer Angegriffenen beisteht oder versucht, einen Straftäter festzunehmen (SG Berlin, S 163 U 279/10).

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Verkehrsrecht

Haftungsrecht: Hälftige Haftung für Streifunfall in einer Autobahnbaustelle

Die Beteiligten eines sogenannten Streifunfalls beim Überholvorgang in einer Autobahnbaustelle haften jeweils zur Hälfte für den eingetretenen Schaden.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg im Fall eines Autofahrers, der einen Lkw mit Anhänger in einer Autobahnbaustelle überholen wollte. Vor dem Überholvorgang war der Lkw bereits einmal von der rechten Hauptfahrspur über die Fahrbahnmarkierung teilweise auf den linken Fahrstreifen geraten. Während des Überholvorgangs auf den verengten Fahrbahnen stießen die beiden Fahrzeuge sodann aneinander. Es entstand am Pkw ein Sachschaden in Höhe von mehr als 5.000 EUR.

Das Landgericht Osnabrück hatte die Klage des Autofahrers auf Schadenersatz abgewiesen. Mit seiner Berufung hatte er jetzt zur Hälfte Erfolg. Aus Sicht der Richter am OLG konnte der konkrete Unfallhergang mangels Zeugen nicht aufgeklärt werden. So blieb offen, ob der Lkw zu weit links auf die Überholspur gefahren war oder der Autofahrer nicht aufgepasst hatte. Ein Autofahrer dürfe im Baustellenbereich überholen, solange dies nicht verboten sei, so das OLG. Eine im Verhältnis zum Lkw-Fahrer gesteigerte Sorgfaltspflicht treffe ihn nicht, da auch der Lkw-Fahrer besondere Sorgfalt walten lassen müsse. Selbst wenn der Lkw zuvor bereits seinen Hauptfahrstreifen einmal verlassen habe und zu weit links gefahren sei, könne darauf vertraut werden, dass dies beim Überholvorgang nicht noch einmal passieren werde (OLG Oldenburg, 6 U 64/12).

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Mäharbeiten: Land Brandenburg schuldet Ersatz für Steinschlagschaden

Das Land Brandenburg muss eine Autofahrerin entschädigen, deren Fahrzeug auf einer Bundesstraße durch infolge von Mäharbeiten hochgeschleuderte Steine beschädigt worden ist.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat durch ein jetzt ergangenes Revisionsurteil die Revision des Landes Brandenburg gegen ein entsprechendes Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) zurückgewiesen, das damit rechtskräftig ist. Geklagt hatte eine Frau, die mit ihrem Pkw auf einer Bundesstraße unterwegs war. Am Straßenrand mähten zwei Mitarbeiter der zuständigen Straßenmeisterei die zur Bundesstraße gehörenden Grünstreifen mit sog. Freischneidern. Dabei handelt es sich um Motorsensen, die über keine Auffangkörbe verfügen. Bei den Mäharbeiten hochgeschleuderte Steine beschädigten das vorbeifahrende Fahrzeug der Klägerin. Die Klägerin erhob Klage auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von rund 1.000 EUR. Vor dem OLG hatte sie damit Erfolg.

Zur Begründung haben die Richter am OLG ausgeführt, das Land Brandenburg müsse zwar Grünstreifen an den Bundesstraßen mähen. Dabei habe es jedoch dafür Sorge zu tragen, dass das Hochschleudern von Steinen möglichst vermieden werde. Dies sei keine ganz fernliegende Gefahr sowohl für Autofahrer als auch für Motorradfahrer. Denn der Hersteller der verwendeten Handmotorsensen schreibe vor, dass ein Sicherheitsabstand von 15 Metern einzuhalten sei. Dies sei bei Mäharbeiten am Straßenrand nicht gewährleistet. Der Fahrzeugverkehr werde durch aufgestellte Warnhinweise nicht hinreichend geschützt, weil Autofahrer auf einer Bundesstraße keine Chance hätten, ihr Fahrzeug vor Steinschlag zu schützen. Sie könnten bei Gegenverkehr und hinterherfahrendem Verkehr weder ausweichen noch einfach stehen bleiben. Das Land hätte mit vertretbarem technischem und wirtschaftlichem Aufwand zusätzliche Schutzmaßnahmen durchführen können. So wäre insbesondere das Aufstellen einer mobilen, z.B. auf Rollen montierten, wieder verwendbaren Schutzwand aus Kunststoffplanen möglich gewesen, um die vorbeifahrenden Fahrzeuge vor Steinschlag zu schützen (OLG Brandenburg, 2 U 56/11; BGH, III ZR 250/12).

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Mietwagen: Bei altem Fahrzeug Mietwagengruppe abstufen?

Dass das unfallbeschädigte Fahrzeug bereits 16 Jahre alt ist und nur noch einen Wiederbeschaffungswert von 850 EUR aufweist ist kein Grund, den Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten zu versagen.

Auch muss der Geschädigte kein um ein oder mehrere Gruppen kleineres Fahrzeug anmieten, weil das Fahrzeug bereits so sehr entwertet ist, entschied das Amtsgericht (AG) Köln. Ganz anderer Auffassung ist aber das AG Betzdorf: Weist das unfallbeschädigte Fahrzeug bereits eine Laufleistung von knapp 200.000 km auf, muss der Mietwagen um zwei Gruppen kleiner ausgewählt werden, um Abzüge zu vermeiden.

Hinweis: Die beiden gegensätzlichen Urteile zeigen: Die Herabstufung wegen Alters ist eine umstrittene Frage, bei der die Rechtsprechung völlig uneinheitlich ist. Es empfiehlt sich daher, noch vor der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um nicht auf einem Teil des Schadens sitzen zu bleiben (AG Köln, 271 C 245/12; AG Betzdorf, 32 C 43/13).

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Totalschaden: Benzin im Tank als ersatzfähiger Schaden

Für den Geschädigten ist es unzumutbar, aus seinem bei dem Unfall zum Totalschaden gewordenen Fahrzeug den restlichen Treibstoff abzusaugen und für das Folgefahrzeug aufzubewahren.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht (AG) Solingen. Damit steht fest, dass der restliche Tankinhalt für den Geschädigten verloren ist. Damit ist er eine ersatzpflichtige Schadenposition. Genauso sieht es das Landgericht (LG) Kiel.

Hinweis: Um die Aussage der beiden Urteile in der Praxis umzusetzen, muss der Geschädigte einen nachvollziehbaren Anhaltspunkt für die Benzinrestmenge geben. Die letzte Tankquittung und Angaben zur seither gefahrenen Strecke sind sinnvoll. Das hat dem LG Kiel genügt. Dennoch: Wenn die Instrumente des Fahrzeugs noch funktionieren, sollte der Sachverständige ein Foto machen, das nicht nur den aktuellen Kilometerstand, sondern auch den Zeigerausschlag oder das Balkendiagramm der Tankuhr zeigt. Auf den Liter genau lässt sich das nicht nachvollziehen. Doch genau für solche Fälle ist die Schätzvorschrift der Zivilprozessordnung da. Die geschätzte Restmenge wird mit dem aktuellen Literpreis multipliziert und ergibt so die Schadenposition (AG Solingen, 12 C 638/12; LG Kiel, 13 O 60/12).

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Entziehung der Fahrerlaubnis: Absehen von der Entziehung bei drohender Arbeitslosigkeit

Wird der Verurteilte ohne Fahrerlaubnis auf dem Arbeitsmarkt in seinem Ausbildungsbereich eine neue Anstellung nur schwer finden, kann gegebenenfalls von einer Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen werden.

So entschied es das Landgericht (LG) Essen im Fall eines Angeklagten, dem wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung die Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist für die Wiedererteilung von 12 Monaten entzogen worden war. Das Amtsgericht hatte seinen Antrag abgelehnt, von der Entziehung der Fahrerlaubnis abzusehen. Auch ein vermeintlicher Jobverlust führe nicht zu einer Verkürzung der Sperre.

Das LG hat im Berufungsverfahren die Entziehung der Fahrerlaubnis entfallen lassen und nur noch ein Fahrverbot in Höhe von drei Monaten verhängt. Begründet wurde dies damit, dass der Angeklagte seit nunmehr sieben Monaten auf seinen Führerschein verzichte. Nach seinen glaubhaften Angaben handele es sich bei der Tat um einen einmaligen und außergewöhnlichen Verstoß. Dieser sei auch dadurch bedingt gewesen, dass zum Zeitpunkt der Trunkenheitsfahrt der Vater des Angeklagten schwer erkrankt war. Beeinflusst durch den Zustand seines Vaters habe der Angeklagte in erheblichem Maße Alkohol konsumiert und dennoch für die Fahrt nach Hause den Pkw benutzt. Weitere Straftaten des Angeklagten seien nicht bekannt geworden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass ihm aufgrund der Kündigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeitslosigkeit drohe. Er habe nachvollziehbar geschildert, dass er als Geselle im Gas- und Wasserinstallationsgewerbe auf eine Fahrerlaubnis angewiesen sei. Von einem Gesellen werde in diesem Gewerbe erwartet, dass er eigenständig Termine bei Kunden wahrnimmt und hierbei zum Transport von Werkzeug und Material einen Pkw benutze. Ohne Fahrerlaubnis bleibe dem Angeklagten der Arbeitsmarkt in seinem Ausbildungsbereich nahezu vollständig versperrt. Vor diesem Hintergrund könne insgesamt nicht davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte nach wie vor ungeeignet zum Führen eines Kfz im Straßenverkehr ist (LG Essen, 31 Ns 81/13).

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Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2013 bis zum 31. Dezember 2013 beträgt - 0,38 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,62 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 1,62 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 7,62 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.012013 bis 30.06.2013: -0,13 Prozent
  • vom 01.07.2012 bis 31.12.2012: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2012 bis 30.06.2012: 0,12 Prozent
  • vom 01.07.2011 bis 31.12.2011 0,37 Prozent
  • vom 01.01.2011 bis 30.06.2011: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2010 bis 31.12.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2010 bis 30.06.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2009 bis 31.12.2009: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2009 bis 30.06.2009: 1,62 Prozent
  • vom 01.07.2008 bis 31.12.2008: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2008 bis 30.06.2008: 3,32 Prozent
  • vom 01.07.2007 bis 31.12.2007: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2007 bis 30.06.2007: 2,70 Prozent
  • vom 01.07.2006 bis 31.12.2006: 1,95 Prozent
  • vom 01.01.2006 bis 30.06.2006: 1,37 Prozent
  • vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent
  • vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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Steuertermine im Monat November 2013

Im Monat November 2013 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:

  • Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Barzahlung bis zum 11.11.2013.

  • Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Barzahlung bis zum 11.11.2013.

  • Gewerbesteuerzahler: Barzahlung bis zum 15.11.2013.

  • Grundsteuerzahler: Barzahlung bis zum 15.11.2013.

Bei Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Hinweis: Bei der Grundsteuer kann die Gemeinde abweichend von dem vierteljährlichen Zahlungsgrundsatz verlangen, dass Beträge bis 15 EUR auf einmal grundsätzlich am 15.8.2013* und Beträge bis einschließlich 30 EUR je zur Hälfte am 15.2.2013 und am 15.8.2013* zu zahlen sind. Auf Antrag (war bis zum 1.10.2012 zu stellen) kann die Grundsteuer auch am 1.7.2013 in einem Jahresbetrag entrichtet werden.

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 14.11.2013 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am 18.11.2013 für die Gewerbe- und Grundsteuerzahlung. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!

* In Bayern (bei Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung) und im Saarland jeweils einen Tag später.

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