Monatsinfo Januar 2006

Internetrecht:

Arbeitsrecht:

Baurecht:

Familien- und Erbrecht:

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG):

Verbraucherrecht:

Verkehrsrecht:

Abschließende Hinweise:

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Arbeitsrecht


Geschäftsführer: Kündigungsschutz bei Weiterbeschäftigung nach Abberufung

Ist in einer GmbH & Co. KG ein Arbeitnehmer zum Geschäftsführer der persönlich haftenden GmbH aufgestiegen und wird er dann als Geschäftsführer abberufen, genießt er von Anfang an Kündigungsschutz, sofern er ohne wesentliche Änderung seiner Arbeitsaufgaben weiterbeschäftigt wird.

Diese Klarstellung traf nun das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitnehmers, der zunächst als Sachbearbeiter für die beklagte GmbH & Co. KG tätig war. Nach etlichen Jahren wurde er auf Grund eines "Geschäftsführer-Anstellungsvertrags" zum Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bestellt. Als der Geschäftsführervertrag später gekündigt wurde, einigten sich die Parteien über seine Abberufung als Geschäftsführer und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses entsprechend dem bisherigen Anstellungsvertrag. Fünf Monate später kündigte die KG das Arbeitsverhältnis ordentlich. Die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers wurde von den Vorinstanzen abgewiesen. Zur Begründung hieß es, er habe wegen Nichterfüllung der Wartezeit (sechs Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses) noch keinen Kündigungsschutz gehabt.

Das BAG hob die Entscheidungen auf und gab dem Arbeitnehmer Recht. Zwar lebe nach der Abberufung zum Geschäftsführer das alte Arbeitsverhältnis in der Regel nicht wieder auf. Etwas anderes gelte jedoch, wenn die Parteien nach der Kündigung des Geschäftsführervertrags eine Weiterbeschäftigung ohne wesentliche Änderung seiner Arbeitsaufgaben im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses vereinbaren würden. Dies lasse regelmäßig auf den Willen schließen, dass die Beschäftigungszeit als Geschäftsführer auf das neu begründete Arbeitsverhältnis angerechnet werden solle. Der abberufene Geschäftsführer müsse deshalb in dem neu begründeten Arbeitsverhältnis keine Wartezeit zurücklegen. Er genieße von Anfang an Kündigungsschutz. Ein abweichender Parteiwille, die frühere Beschäftigungszeit als Geschäftsführer unberücksichtigt zu lassen, sei nur beachtlich, wenn er in dem neuen Arbeitsvertrag hinreichend deutlich zum Ausdruck komme (BAG, 2 AZR 614/04).

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Urlaubsrecht: Urlaub für arbeitnehmerähnliche Personen

Nach dem Bundesurlaubsgesetz haben Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Arbeitnehmer i.S. des Gesetzes sind auch Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind.

Dies stellte das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Frau klar, die in einer Klinik als Nachtwache beschäftigt war. Sie hatte geltend gemacht, sie sei Arbeitnehmerin gewesen. Die Arbeitgeberin hatte das verneint, weil die Klinik den Nachtwachendienstplan nicht selbst erstellt hatte. Es war den beschäftigten Nachtwachen überlassen, sich in die monatlichen Dienstpläne einzutragen. Es habe auch kein Dauerschuldverhältnis als arbeitnehmerähnliche Person vorgelegen, sondern allenfalls ein auf den jeweiligen Dienst beschränktes Dienstverhältnis.

Das BAG hat die Arbeitnehmerin gleichwohl zur Zahlung der verlangten Urlaubsvergütung verurteilt. Es sei unerheblich, ob die Frau Arbeitnehmerin der Beklagten war. Sie sei zumindest als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen. Das ergebe sich daraus, dass die Arbeitgeberin ihr ohne zeitliche Beschränkung gestattet habe, sich in die monatlichen Dienstpläne einzutragen. Damit habe sie ihr eine fortlaufende Beschäftigung ermöglicht. Die Frau sei mithin einem Arbeitnehmer vergleichbar tätig geworden. Damit richte sich ihr Urlaubsanspruch grundsätzlich nach denselben Bestimmungen wie der Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer. Sie habe ebenfalls Anspruch auf bezahlte Freistellung. Bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sei der Urlaub abzugelten (BAG, 9 AZR 626/04).

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Einigungsstelle: Spruch zu Arbeitnehmerbeschwerden verpflichtet den Arbeitgeber

Ein Spruch der betrieblichen Einigungsstelle, mit dem die Berechtigung einer Beschwerde von Arbeitnehmern festgestellt wird, verpflichtet den Arbeitgeber, geeignete Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen.

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) hin. Aus dem Spruch müsse deshalb hervorgehen, welche tatsächlichen Umstände die Einigungsstelle als zu vermeidende Beeinträchtigung der Arbeitnehmer angesehen habe. Andernfalls sei der Spruch mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam. Dies sei z.B. bei dem Spruch einer Einigungsstelle in einem Tochterunternehmen der Deutschen Post AG der Fall gewesen. Hier war die Berechtigung der Beschwerden von sieben Bediensteten anerkannt worden, die eine mehrwöchige Unterbesetzung von Schalterplätzen in ihrer Filiale gerügt hatten. Das BAG erklärte den Spruch für unwirksam, da ihm nicht hinreichend zu entnehmen sei, wegen welcher konkreten Beeinträchtigungen die Einigungsstelle die Beschwerden für berechtigt gehalten habe (BAG, 1 ABR 50/04).

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Formulararbeitsvertrag: Unwirksame Widerrufsklausel

Eine Klausel in einem Formulararbeitsvertrag, dass Sonderzuwendungen als "freiwillige, unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs stehende Leistungen gewährt werden", ist mehrdeutig im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB.

Es sei daher nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts (LAG) Brandenburg unklar, ob hiermit ein "echter" Freiwilligkeitsvorbehalt oder ein "bloßer" Widerrufsvorbehalt gemeint sein solle. Anzuwenden seien insofern die Bestimmungen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Danach würden solche unklaren Regelungen dazu führen, dass der Vorbehalt insgesamt entfalle. Dies gelte zumindest für Formulararbeitsverträge, die nach dem 31.12.2001 geschlossen worden seien (LAG Brandenburg, 9 Sa 141/05).

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Beamter: Fahrzeit zum auswärtigen Dienstort ist keine Dienstzeit

Fährt ein Beamter außerhalb der Regelarbeitszeit vom Ort eines auswärtigen Dienstgeschäfts zum Dienstort zurück, handelt es sich hierbei um keinen Dienst im Sinne des Beamtenrechts.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Rechtsstreit eines Beamten, der an zwei Freitagen Dienstgeschäfte außerhalb seines Dienstorts verrichtete. Er benutzte für die Dienstreise als Selbstfahrer ein Dienstfahrzeug. Die Rückreisen konnte er um 15:30 Uhr bzw. um 17:30 Uhr beenden. Die Zeiten, die außerhalb der für den Freitag auf 12:30 Uhr festgesetzten Regelarbeitszeit lagen, wurden ihm nicht als Arbeitszeit angerechnet.

Seine hiergegen erhobene Klage wies das OVG nun ab. Es wies darauf hin, dass Rückfahrten von Orten, an denen Beamte dienstliche Verrichtungen vorgenommen hätten, grundsätzlich keinen Dienst im beamtenrechtlichen Sinne darstellen würden. Dies beruhe auf dem geringeren Grad der dienstlichen Inanspruchnahme während der Reisezeit. Dass vergleichbare Fahrzeiten während der regelmäßigen Dienstzeit demgegenüber als Arbeitszeit berücksichtigt würden, beruhe auf Praktikabilitätserwägungen und verpflichte den Dienstherrn deshalb nicht zu einer Anrechnung der Fahrzeiten außerhalb der Regelarbeitszeit. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, nach der der Bereitschaftsdienst von Ärzten und Mitgliedern des Rettungsdiensts als Arbeitszeit anzusehen sei. Das Typische des Bereitschaftsdiensts sei die enge Verknüpfung der "Wartezeit" mit der eigentlichen Arbeitsleistung, da der Arbeitnehmer diese gegebenenfalls sofort erbringen müsse. Eine solche Verknüpfung mit den eigentlichen Dienstaufgaben weise die Rückfahrt eines Beamten von einem auswärtigen Dienstgeschäft zu seinem Dienstort außerhalb der Regelarbeitszeit jedoch nicht auf (OVG Rheinland-Pfalz, 10 A 10727/05.OVG).

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Baurecht


Subunternehmer: Abtretung des Werklohnanspruchs als Sicherheit ist nicht ausreichend

Verlangt ein Subunternehmer von einem Generalunternehmer eine Sicherheit nach § 648a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), so kann er auf einer Sicherheit bestehen. Er muss sich nicht damit zufrieden geben, wenn ihm der Generalunternehmer eine Bankbürgschaft abtreten will, die seine Werklohnansprüche gegen den Auftraggeber sichern.

Dies stellt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) keine hinreichende Sicherheitsleistung nach § 648a BGB dar. Der Grund: § 648a BGB fordert, dass dem Subunternehmer aus einer Garantie oder einem sonstigen Zahlungsversprechen ein unmittelbarer Zahlungsanspruch gegen den Bürgen entsteht. Dieser Zahlungsanspruch muss unmittelbar seinen Werklohnanspruch sichern. Dies ist nicht der Fall, wenn ihm der Generalunternehmer den Werklohnanspruch gegen den Auftraggeber abtritt, auch wenn dieser Anspruch durch eine Bürgschaft im Sinne des § 648a BGB gesichert ist. Denn in einem solchen Fall könnte der Bürge dem Subunternehmer als Nachunternehmer Einwendungen entgegensetzen, die der abgetretenen Werklohnforderung entgegenstehen. Diese könnten aus einem Vertragsverhältnis resultieren, an dem er nicht beteiligt ist und auf das er keinen rechtlichen Einfluss hat. Außerdem hätte er für seine vertraglichen Ansprüche keine Sicherung mehr, wenn der Auftraggeber des Generalunternehmers die Forderung anerkennt und der Bürge mit befreiender Wirkung an den Generalunternehmer zahlt (BGH, VII ZR 152/05).

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Fußbodenbelag: Verkäufer muss Eignung bestimmter Kleber nicht überprüfen

Den Verkäufer eines Fußbodenbelags trifft üblicherweise keine Überprüfungspflicht hinsichtlich der Eignung bestimmter Kleber.

Mit dieser Begründung verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. den Käufer des Fußbodenbelags zur Zahlung des Kaufpreises. Dieser hatte die Zahlung mit der Begründung verweigert, der Verkäufer habe ihn falsch beraten, so dass ein Schaden entstanden sei.

Das OLG folgte dieser Argumentation jedoch nicht. Der Verkäufer habe keine zum Schadenersatz führende Pflichtverletzung begangen. Der Käufer habe nicht annehmen können, dass der Verkäufer die Verträglichkeit des Bodenbelags mit allen auf dem Markt befindlichen Klebern selbst vornehme. Der Verkäufer könne sich bei einer Beratung seiner Kunden vielmehr auf entsprechende Empfehlungen des Kleberherstellers verlassen. Etwas anderes gelte nur, wenn sich Anhaltspunkte ergäben, dass diese Empfehlungen unzutreffend sein könnten. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall gewesen (OLG Frankfurt a.M., 26 U 67/04).

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Arge: Auseinandersetzung bei Insolvenz eines Arge-Partners

Bei der Abrechnung von Leistungen eines Partners innerhalb einer Arbeitsgemeinschaft (Arge) gilt der Grundsatz "Gesellschaftsrecht bricht Insolvenzrecht".

Diese Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Köln bedeutet für den an einer Arge beteiligten Bauunternehmer: Für Leistungen, die der Arge-Partner im Zeitraum zwischen Insolvenzantrag und -eröffnung erbracht hat, kann der Insolvenzverwalter keine Vergütung außerhalb der Auseinandersetzungsbilanz verlangen. Erst das Ergebnis der Auseinandersetzungsbilanz fällt in die Insolvenzmasse. Ergibt sich aus ihr ein negativer Ergebnisanteil des Arge-Partners (wie im Urteilsfall), hat der Insolvenzverwalter an die Arge überhaupt keine Ansprüche (OLG Köln, 2 U 28/05).

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Familien- und Erbrecht


Unterhalt: Aufwendungen zur angemessenen Altersversorgung müssen berücksichtigt werden

Sowohl dem unterhaltsberechtigten als auch dem unterhaltspflichtigen Ehegatten ist grundsätzlich zuzubilligen, einen Betrag von bis zu vier Prozent seines jeweiligen Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres für eine - über die primäre Altersversorgung hinaus betriebene - zusätzliche Altersvorsorge einzusetzen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat damit entschieden, dass jeder Ehegatte über die gesetzliche Altersvorsorge hinaus eine zusätzliche Altersvorsorge bilden darf. Unerheblich ist die Art der Altersvorsorge. Der BGH hat z.B. Lebensversicherungen und Tilgungsleistungen bei einer Immobilie anerkannt. Damit ist jedem Betroffenen freigestellt, für welche Art der Altersversorgung er sich entscheidet.

Die Grenze der angemessenen Altersversorgung zur einseitigen Vermögensbildung liegt bei 23,5 Prozent (19,5 Prozent - Beitragsbemessungssatz der gesetzlichen Rentenversicherung + 4 Prozent des Jahresbruttoeinkommens des Vorjahres). Sind die Aufwendungen dafür höher, ist der Betrag, der diese Grenze übersteigt, als einseitige Vermögensbildung unterhaltsrechtlich zu bewerten. Dies führt auch dazu, dass bei Immobilien, sei es bei dem Eigenheim, das als Ehewohnung diente, Mehrfamilienhäusern, aus denen Miete erzielt wird, Tilgungsleistungen als Altersversorgung berücksichtigt werden können. Erforderlich ist, dass diese den Grenzbetrag nach Aufstockung um 4 Prozent des Jahresbruttoeinkommens des Vorjahres nicht überschreiten (BGH, XII ZR 211/02).

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Namensrecht: Namensänderung des nichtehelichen Kindes

Der nicht mit der allein sorgeberechtigten Mutter verheirate Vater kann dem Kind seinen Namen nicht erteilen, wenn er nach dem Tod der Mutter die Sorge für das Kind erlangt.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Kindesvaters, der nach dem Tod der allein sorgeberechtigten Kindesmutter die elterliche Sorge für sein nichteheliches Kind übertragen bekam. Das Kind trug zunächst den Namen der Mutter. Als der Vater dem Kind seinen Familiennamen geben wollte, kam es zum Streit mit dem Standesamt. Dieses hielt die Einbenennung des Kindes für unzulässig.

Dessen Rechtsauffassung wurde nun durch den BGH bestätigt. Die Möglichkeit des Namenswechsels bei einem minderjährigen Kind sei stark eingeschränkt und nur in den gesetzlich ausdrücklich genannten Fällen möglich. Der vorliegende Sachverhalt falle nicht hierunter. Damit stehe dem Interesse des Kindes an der namensmäßigen Integration in die Familie seines allein sorgeberechtigt gewordenen Elternteils die gesetzliche Regelung entgegen. Der Gesetzgeber habe bewusst dem Interesse des Kindes an der Kontinuität seiner Namensgebung den Vorrang vor der Möglichkeit eingeräumt, mit dem Wechsel der Sorgerechtszuständigkeit auch den Kindesnamen anzupassen. Für eine analoge Anwendung fehle es an der Vergleichbarkeit der gesetzlich vorgesehenen Situation mit der hier vorliegenden Konstellation. Zwar verkürze das Gesetz damit die Rechte des Vaters eines nichtehelichen Kindes. Es handele sich aber um eine Werteentscheidung, die Fälle der vorliegenden Art ausdrücklich einbeziehe. Sie sei daher unbeschadet rechtspolitischer Kritik hinzunehmen (BGH, XII ZB 112/05).

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Kindesunterhalt: Kosten für Schuljahr im Ausland müssen nicht automatisch gezahlt werden

Die Kosten für ein vollständiges Schuljahr im Ausland überschreiten regelmäßig den angemessenen Ausbildungsbedarf. Sie können daher nur als Sonderbedarf bei entsprechend gesonderter Begründung ihrer Notwendigkeit geltend gemacht werden.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig in einem Unterhaltsrechtsstreit hin. Der unterhaltsverpflichtete Vater war verklagt worden, sich an den Kosten des einjährigen Auslandsschulaufenthalts seines Sohns zu beteiligen.

Das OLG begründete seine Klageabweisung damit, dass keine Verpflichtung des Vaters zur Kostenbeteiligung bestehe. Zwar sei der Aufenthalt in den USA für die Persönlichkeitsentwicklung förderlich. Allerdings müssten die entstehenden Kosten aus Sicht eines objektiven Betrachters als notwendig erscheinen. Es müsse sich um Kosten zur Deckung notwendiger Lebensbedürfnisse handeln. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Es sei nicht unabweisbar oder ohne weiteres berechtigt, dass ein Schüler ein Schuljahr im Ausland verbringe. Die deutlich überwiegende Mehrzahl von Schülern nehme nicht an längerfristigen Auslandsaufenthalten teil. Sei der Aufenthalt ausnahmsweise besonders erforderlich, müsse der Schüler dies nachvollziehbar begründen. Eine beabsichtigte Verbesserung der Englischkenntnisse sei dazu aber noch nicht ausreichend (OLG Schleswig, 15 UF 59/05).

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Erbrecht: Pflichtteilsentzug muss konkret begründet werden

Die Entziehung des Pflichtteils kann nur durch letztwillige Verfügung erfolgen. Dabei muss der Grund der Entziehung in dieser Verfügung angegeben werden.

Mit dieser Klarstellung stärkte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Rechte der erbberechtigten Kinder. Der Entscheidung lag ein Fall zu Grunde, in dem ein Ehepaar verfügt hatte: "Unsere Tochter enterben wir aus folgendem Grund: Wegen schwerer Kränkung und böswilliger Verleumdung." Nach dem Tod des Vaters machte die Tochter Pflichtteilsansprüche geltend. Sie vertrat die Ansicht, dass die Pflichtteilsentziehung unwirksam sei.

Das BVerfG verwies darauf, dass das Pflichtteilsrecht der Kinder nur hinter der Testierfreiheit zurücktreten müsse, wenn in der letztwilligen Verfügung eine hinreichend substanzielle Tatsachengrundlage angegeben werde, die im gerichtlichen Verfahren überprüft werden könne. Es müsse zumindest ein "Kernsachverhalt" angegeben werden, über den das Gericht notfalls Beweis erheben könne. Diese Konkretisierungsanforderungen seien für den Erblasser zumutbar. Das gelte auch, wenn sie im Einzelfall eine gewisse Erschwerung bei der Errichtung einer letztwilligen Verfügung mit sich bringe. Die Konkretisierungsanforderungen seien geeignet und erforderlich, um das Pflichtteilsrecht der Kinder zu schützen. Im vorliegenden Fall erfülle das Testament diese Anforderungen nicht. Die Formulierung lasse nicht erkennen, worin die Verleumdung liegen soll (BVerfG, 1 BvR 62/00).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)


Bürogemeinschaft: Worauf Sie bei den Regelungen zu den Mieträumen achten sollten

Bei der Bürogemeinschaft handelt es sich im Grunde um einen Mietvertrag mit Besonderheiten. Dem Bürogemeinschafter werden vom Praxisinhaber Räumlichkeiten zur Nutzung als Praxis zur Verfügung gestellt. Wie bei der Praxisgemeinschaft bleiben die Praxen des Praxisinhabers und auch des Bürogemeinschafters mit allen Konsequenzen selbstständig.

Höhe des Mietzinses
Zunächst ist zu regeln, welche Räume dem Bürogemeinschafter zur Nutzung bzw. Mitbenutzung überlassen werden. Darauf aufbauend ist die Höhe des Mietzinses zu ermitteln. Denkbar sind folgende Varianten:

  • Eine Möglichkeit besteht darin, einen festen monatlichen Mietzins zu vereinbaren.

    Vorteil: Sowohl der Praxisinhaber, als auch der Bürogemeinschafter haben eine feste Kalkulationsgröße.
    Nachteil: Bei gutem Umsatz des Bürogemeinschafters kann der Praxisinhaber davon nicht profitieren - oder umgekehrt: Der Bürogemeinschafter muss bei vielleicht niedrigem Umsatz eine sehr hohe Miete zahlen.

  • Sie können auch eine Staffelmiete vereinbaren. Das bedeutet, dass die Miete abhängig von der Mietdauer steigt. Dabei wird von einem festen Betrag als Anfangsmiete ausgegangen, der dann jeweils um einen bestimmten Betrag erhöht wird.

  • Eine weitere Möglichkeit ist, eine Indexmiete zu vereinbaren. Das bedeutet, dass die Miete an einen vom statistischen Bundesamt (www.destatis.de) ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung gebunden wird. In dem Maß, in dem der Index steigt, kann auch die Miete erhöht werden.

  • Eine andere Möglichkeit ist es, die Miete lediglich vom Umsatz des Bürogemeinschafters abhängig zu machen.

    Vorteil: Wenn der Bürogemeinschafter gute Umsätze erzielt, zahlt er auch eine hohe Miete.
    Nachteil: Der Praxisinhaber kann seine Mieteinnahmen nicht kalkulieren und hat keine feste Rechengröße.

  • Um die Nachteile der vorgenannten Regelungen auszuschalten, ist eine Kombination aus einer Mindestmiete und einer Umsatzmiete sinnvoll.

    Muster für eine Mietzins-Kombination:
    "Der Mietzins setzt sich aus einer monatlichen Mindestmiete in Höhe von ... Euro und einer umsatzabhängigen Miete zusammen. Als Umsatzmiete zahlt der Bürogemeinschafter eine auf den einzelnen Kalendermonat bezogene Umsatzmiete in Höhe von ... Prozent des von ihm erzielten Umsatzes."

    Hinweis: Sollten Sie eine umsatzabhängige Miete vereinbaren, gibt es auch hier mehrere Möglichkeiten:

    • Umsatzabhängige Miete ab dem ersten Euro
      Hier ist anzuraten, die umsatzabhängige Miete auf die Mindestmiete anzurechnen. So wird der Mieter nicht doppelt belastet.

    • Umsatzabhängige Miete nach Staffelung
      Es kann aber auch vereinbart werden, dass der Mieter erst ab einem bestimmten Umsatz eine umsatzabhängige Miete bezahlt.

      Muster für umsatzabhängige Miete nach Staffelung
      "Erzielt der Bürogemeinschafter einen Umsatz von über ... Euro, beträgt die Umsatzmiete ... Prozent des über diesen Betrag hinausgehenden Umsatzes."

    Hinweis: Wenn Sie Komponenten einer umsatzabhängigen Miete aufnehmen, darf diese nicht die Grenze zum Wuchermietzins - 100 Prozent über der marktüblichen Miete - übersteigen. Gehen Sie auf Nummer sicher und vereinbaren Sie daher auch eine Höchstmiete.

    Beachten Sie: Bei Vereinbarung einer umsatzabhängigen Miete ist eine Vorschrift aufzunehmen, die den Bürogemeinschafter verpflichtet, entsprechende Umsatz-Aufzeichnungen zu erstellen und vorzulegen. Sicherer ist es, wenn sich der Vermieter ein Einsichtsrecht in die Unterlagen verschafft. Im Gegenzug sollte dem Bürogemeinschafter aber eine schriftliche Vertraulichkeitszusage gewährt werden.

Fälligkeit
Hier ist zu regeln, wann die Miete und auch die Umsatzmiete gezahlt werden. Im Fall der Kombination aus Mindestmiete und Umsatzmiete, sollten Sie einen Zeitraum festlegen, wann die Umsatzmiete fällig wird. Praktikabel erscheinen quartalsweise Abrechnungen, damit nicht jeden Monat gerechnet werden muss.

Nebenkosten
Hinsichtlich der Nebenkosten kann eine gesonderte Abrechnung erfolgen. Einfacher ist es, die Nebenkosten wie Gas, Strom, Wasser, Heizung, Versicherungen etc. als Warmmiete auszuweisen.

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Heizkosten: Wann kann der Mieter die abgerechneten Kosten kürzen?

§ 12 Heizkostenverordnung (HeizKV) gibt dem Mieter das Recht, seinen Anteil an den abgerechneten Heizkosten pauschal um 15 Prozent zu kürzen, wenn der Vermieter entgegen einer ihm durch die HeizKV auferlegten Verpflichtung nicht verbrauchsabhängig abgerechnet hat.

Sofern keine der gesetzlichen Ausnahmen vorliegt (§§ 2, 9b Abs. 4, 11 HeizKV), kann der Mieter z.B. in den folgenden Fällen zur Kürzung berechtigt sein:

  • Erfassungsgeräte sind nicht vorhanden.
  • Trotz funktionierender Erfassungsgeräte wird nicht verbrauchsabhängig abgerechnet.
  • Ampullen der Heizkostenverteiler fehlen.
  • Für das Gebäude sind keine einheitlichen Ampullen verwendet worden oder nicht alle Heizkörper des Anwesens sind mit Verdunstungsgeräten ausgestattet.
  • Erfassungsgeräte waren während der Verbrauchsperiode defekt.
  • Handhabungsbedingte Fehler (Fertigungs-, Installations-, Skalierungs-, oder Ablesefehler) liegen vor.
  • Aus vom Vermieter zu vertretenden Gründen ist eine Zwischenablesung bei einem Mieterwechsel unterblieben.

(BGH, VIII ZR 195/04).

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Nebenkosten: Kosten für einen Müllschlucker müssen getragen werden

Ein Mieter muss sich an den Kosten eines Müllschluckers beteiligen, wenn ihm die Nutzung auf Grund der vertraglichen Vereinbarung zur Verfügung steht. Die Kostenbeteiligungspflicht entfällt nicht, wenn er den Müllschlucker tatsächlich nicht nutzt.

Hierauf wies das Kammergericht (KG) im Fall eines Mieters hin, der die entsprechenden Kosten nicht übernehmen wollte. Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Mietvertragsparteien vereinbart hätten, dass der Mieter den Müllschlucker nicht benutzen dürfe und vielmehr eine besondere Mülltonne gebrauchen müsse (KG, 8 U 13/05).

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WEG: Wer auf eigene Kosten einen Wintergarten baut, muss auch die Folgekosten tragen

Gestatten die übrigen Wohnungseigentümer durch Beschluss die Errichtung eines Wintergartens bei "Selbstfinanzierung" durch den die bauliche Veränderung vornehmenden Wohnungseigentümer, so ist dieser allein verpflichtet, die im Bereich der Wintergartenkonstruktion durch Feuchtigkeitsschäden entstehenden Folgekosten zu tragen.

Mit dieser Entscheidung verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf einen Wohnungseigentümer, der die Wohnungseigentümergemeinschaft mit den Kosten der Mängelbeseitigung belasten wollte. Das OLG führte aus, dass eine andere Auslegung des seinerzeitigen Beschlusses im vorliegenden Fall nicht möglich sei. Die anderen Wohnungseigentümer hätten kein Interesse daran, eine von ihnen nicht nutzbare Baumaßnahme zu genehmigen und anschließend mit Folgekosten belastet zu werden. Der Beschluss sei vielmehr dahingehend zu verstehen, dass sie mit keinerlei Kosten der Baumaßnahme - aus welchen Gründen auch immer - belastet werden wollten (OLG Düsseldorf, I-3 Wx 92/05).

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Verbraucherrecht


Haftungsrecht: Feuerwehr haftet nur bei grober Fahrlässigkeit

Die Feuerwehr kann nicht für leichte Fahrlässigkeit haftbar gemacht werden.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg und wies damit die Schadenersatzklage gegen eine Freiwillige Feuerwehr ab. Geklagt hatte ein Mieter, in dessen Haus es zu einem Brand gekommen war. Die herbeigerufene Feuerwehr löschte das Feuer, überprüfte durch Abtasten die Decken und Wände auf verbliebene Glutnester und fuhr dann wieder ab. Eine Stunde später kam es im Dachstuhl des Hauses zu einem erneuten Brand, bei dem das Haus völlig zerstört wurde. Ursache war ein durch Funkenflug erzeugter Schwelbrand in der Holzbalkendecke. Der Mieter warf der Feuerwehr vor, sie habe es versäumt, eine Brandwache abzustellen. Dadurch hätte der weitere Schaden vermieden werden können. Die Gemeinde müsse daher für den Schaden an seinem Hausstand haften.

Das OLG begründete die Klageabweisung damit, dass die Feuerwehr grundsätzlich nur für grobe Fahrlässigkeit hafte. Die habe hier aber nicht vorgelegen. Sie sei nur gegeben, wenn eine besonders schwere Pflichtverletzung vorliege und die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße verletzt worden sei. Dies sei insbesondere der Fall, wenn ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben worden seien. Zwar gehöre es grundsätzlich zu den Pflichten bei der Brandbekämpfung, den Brandherd zweifelsfrei zu löschen. Gleichwohl dürften die Anforderungen an die Amtsausübung der Freiwilligen Feuerwehr nicht überspannt werden. Deren Mitglieder seien Gemeindebürger, die ehrenamtlich neben ihrem Beruf tätig seien. Es erscheine fraglich, ob sie sich hierzu bereit fänden, wenn die Anforderungen an die sich aus dem Dienst ergebenden Amtspflichten überspannt würden. Bei diesem Maßstab stelle der Verzicht auf eine Brandwache keine grobe Fahrlässigkeit dar, zumal die Einsatz- und Ausbildungsanleitungen keine entsprechenden Verhaltensmaßregeln enthielten (OLG Oldenburg, 6 U 231/04).

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Reiserecht: Hinweis auf Baulärm im Prospekt

Betreffen Bauarbeiten am Urlaubsort nicht nur ein Hotel, kann es ausreichend sein, wenn der Reiseveranstalter in seinem Prospekt bei der Ortsbeschreibung auf Bauarbeiten hinweist und nicht bei jeder "Hotelbeschreibung" für im betreffenden Ort liegende Hotels wiederholt.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle entschieden. Im Urteilsfall betrafen die Beeinträchtigungen eine ganze Reihe von Hotels, die sich am gleichen Strandabschnitt befanden, an dem die Bauarbeiten ausgeführt wurden.

Beachten Sie: Das Urteil ermächtigt die Reiseveranstalter nicht dazu, auf Informationsseiten eines Prospekts lediglich allgemein auf Bauarbeiten hinzuweisen, um sich damit gegen Reklamationen verteidigen zu können. Auch der allgemeine Hinweis, dass "mit Bauarbeiten zu rechnen ist", enthebt den Veranstalter nicht von seiner Verpflichtung, auf konkrete Beeinträchtigungen am Urlaubsort hinzuweisen. Das OLG gestand im Urteilsfall lediglich zu, dass der Hinweis, der für den konkreten Urlaubsort einmal gegeben wurde, dann auch für alle Hotels ausreichend ist, die vom Baustellenlärm betroffen sind (OLG Celle, 11 U 268/04).

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Kfz-Zulassung: Zulassung kann von Einzugsermächtigung abhängig gemacht werden

Die Zulassung eines Kraftfahrzeugs darf von der Erteilung einer Ermächtigung zum Einzug der Kraftfahrzeugsteuer vom Girokonto des Fahrzeughalters abhängig gemacht werden.

Diese Entscheidung traf das Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz im Fall eines Pkw-Eigentümers. Die Kreisverwaltung hatte die Zulassung seines Pkw abgelehnt, da er die Erteilung einer Einzugsermächtigung für die Kfz-Steuer verweigerte. Die dagegen gerichtete Klage wurde abgewiesen.

Die Versagung der Zulassung eines Kfz im Falle der Verweigerung einer Einzugsermächtigung für die Kraftfahrzeugsteuer verstoße nach Auffassung des OVG nicht gegen die vom Grundgesetz geschützte allgemeine Handlungsfreiheit. Der Eingriff in dieses Grundrecht sei für einen Fahrzeughalter, der - wie der Kläger - über ein Girokonto verfüge, nicht unverhältnismäßig belastend. Eine Einzugsermächtigung sei im Vergleich zur Ausstellung einer Überweisung oder zur Barzahlung nicht mit höherem Aufwand verbunden. Deshalb sei nicht zu beanstanden, dass die geforderte Einzugsermächtigung neben der Vermeidung von Steuerrückständen auch der Verwaltungsvereinfachung und damit dem Interesse aller Bürger an der Einsparung von Kosten diene (OVG Koblenz, 7 A 10872/05.OVG).

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Grundsteuer: Keine Grundsteuerermäßigung für Familien mit Kindern

Bei der Festsetzung der Grundsteuer muss nicht danach unterschieden werden, ob die Steuerpflicht Eltern mit Kindern oder kinderlose Ehepaare trifft.

In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall des Verwaltungsgerichts (VG) Neustadt hatte sich ein Ehepaar gegen den Grundsteuerbescheid für ihr Einfamilienhaus gewandt. Zur Begründung hatte es vorgetragen, dass sie Eltern dreier Kinder seien und die fünfköpfige Familie allein vom Einkommen des Vaters lebe. Es verstoße gegen den durch Artikel 6 Grundgesetz garantierten besonderen Schutz der Familie, wenn eine Familie ihre Grundsteuer in derselben Höhe zahlen müsse wie ein Ehepaar ohne Kinder, welches über zwei Einkommen verfüge.

Dieser Auffassung ist das VG nicht gefolgt. Eine Ermäßigung oder ein Entfallen der Grundsteuer für Familien mit Kindern sei gesetzlich nicht vorgesehen. Es handele sich um eine Real- bzw. Objektsteuer. Ausgangspunkt der Besteuerung sei der Objektwert, nicht die individuelle Finanzkraft des Eigentümers des zu besteuernden Objekts. Somit unterliege im Rahmen der Einheitsbewertung gleich bemessenes Grundeigentum im Gemeindegebiet grundsätzlich auch einer gleichen steuerlichen Belastung. Auf die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen und seine persönliche Beziehung zum Steuergegenstand komme es nicht an. Aus Artikel 6 Grundgesetz ergebe sich nichts anderes. Dem Staat stehe bei der Umsetzung des Benachteiligungsverbots und des Förderungsauftrags zu Gunsten von Familien ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Er müsse nicht bei sämtlichen Steuerarten danach unterscheiden, ob eine Familie mit Kindern betroffen sei oder nicht. Bei der Grundsteuer könne der Gesetzgeber aus Gründen der Praktikabilität von einer solchen Differenzierung absehen, weil er an anderer Stelle, so z.B. bei der Einkommensteuer, einkommen- und familienbezogene Aspekte berücksichtige (VG Neustadt, 1 K 1285/05.NW).

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Verkehrsrecht


Überholvorgang: Liegen gebliebenes Fahrzeug in unübersichtlicher Kurve

Ein Kraftfahrer darf in einer unübersichtlichen Kurve nur an einem liegen gebliebenen Fahrzeug auf der Gegenfahrbahn vorbeifahren, wenn er dabei besondere Vorsicht walten lässt.

Hierauf machte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz aufmerksam. Es hatte über einen Schadenersatzanspruch nach einem Verkehrsunfall zu entscheiden. Geklagt hatte eine Pkw-Fahrerin, die in einer unübersichtlichen Kurve ein liegen gebliebenes Fahrzeug überholt hatte. Dabei war sie mit einem Pkw zusammengestoßen, der ihr mit überhöhter Geschwindigkeit entgegenkam.

Das OLG hielt eine Haftungsquote von 50:50 für angemessen. Die Pkw-Fahrerin habe den Unfall mitverschuldet. Sie hätte zwar grundsätzlich in der betreffenden Situation überholen dürfen. Dabei hätte sie sich aber darauf einstellen müssen, bei Gegenverkehr sofort anzuhalten, auszuweichen oder die Gegenfahrbahn räumen zu können. Soweit sie trotz besonders langsamer Fahrweise nicht auf ein entgegenkommendes Fahrzeug innerhalb einer möglichen Reaktionszeit reagiere, treffe sie ein erhebliches Mitverschulden an der Kollision (OLG Koblenz, 12 U 1240/04).

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Unfallschaden: Haftpflichtversicherer kann "Stundenverrechnungssätze" nicht vorschreiben

Wer seinen Fahrzeugschaden fiktiv auf Gutachtenbasis abrechnet, kann vom Haftpflichtversicherer nicht auf eine freie Werkstatt verwiesen werden, die zu Stundensätzen abrechnet, die deutlich unter den Verrechnungssätzen von Markenwerkstätten laut Gutachten liegen.

Diese Klarstellung traf nun das Landgericht (LG) Bochum im Fall eines Autofahrers, dessen Pkw bei einem unverschuldeten Unfall beschädigt wurde. Die gegnerische Versicherung kürzte die auf einem Gutachten basierende Abrechnung des Fahrzeugschadens um 851 EUR. Zur Begründung hieß es, dass der örtliche Fachbetrieb X die Arbeiten wesentlich billiger ausführe. Der Autofahrer müsse sich hierhin verweisen lassen, zumal sein Fahrzeug schon acht Jahre alt sei. Das ließ sich der Autofahrer nicht gefallen und zog vor Gericht.

Zu Recht, urteilte das LG. Schon aus grundsätzlichen Erwägungen müsse er sich nicht auf diese Werkstatt bzw. die dortigen Sätze verweisen lassen. Das Argument "für alte Autos nicht das Beste" sei nicht stichhaltig. Ebenso zurückgewiesen wurde der Hinweis der Versicherung, die genannte Alternativwerkstatt sei ein Fachbetrieb. Gleichwertigkeit der Reparaturmöglichkeit bedeute in der Regel eine markengebundene Fachwerkstatt. Dieses Kriterium habe die "Versicherungswerkstatt" unstreitig nicht erfüllt (LG Bochum, 5 S 79/05).

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Nötigung: Dichtes Auffahren mit Lichthupe muss keine Nötigung sein

Kurzzeitiges dichtes Auffahren - auch unter Betätigung der Lichthupe - erfüllt regelmäßig den Nötigungstatbestand noch nicht. Das gilt auch für kurzes Bedrängen des Aufschließenden in offensichtlicher Überholabsicht bei Zurücklegung einer Strecke von nur wenigen 100 Metern.

Mit dieser Entscheidung sprach das Oberlandesgericht (OLG) einen Autofahrer frei, dem ein entsprechender Tatvorwurf gemacht worden war. Das OLG wies außerdem darauf hin, dass der Tatrichter in seinem Urteil die Intensität der Nötigungshandlung nachprüfbar darstellen müsse. Dazu sei die Angabe der Länge der Fahrstrecke oder die Dauer der Einwirkung des Zwangsmittels erforderlich. Zudem sei eine Nötigungshandlung im Straßenverkehr erst verwerflich, wenn sich das Handeln massiv und ohne vernünftigen Grund darstelle, etwa bei Schikane, Mutwillen, Erziehungsabsicht oder beharrlicher Reglementierung aus Ärger und eigensüchtigen Motiven (OLG Hamm, 3 Ss 304/05; OLG Hamm, 4 Ss 308/05).

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Parkverstoß: Fehlendes Kleingeld entschuldigt nicht

Bei einer funktionsbereiten Parkuhr bzw. funktionsbereitem Parkautomaten kann es den Betroffenen nicht entlasten, wenn er aus Gründen, die in seinem Risikobereich liegen, den Lauf der Uhr oder die Erteilung des Parkscheins nicht bewirken kann.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es den Betroffenen nicht entlastet, wenn er nicht über die entsprechende Menge oder Sorte Kleingeld verfüge oder das vorhandene Münzgeld infolge Abnutzung, Beschädigung oder Fehlprägung die Münzvorrichtung im Parkautomaten/in der Parkuhr irritiert und nicht auslöst. Dem Betroffenen obliege es vielmehr, die entsprechende Funktion des Geräts durch richtigen Münzeinwurf auszulösen. Andernfalls werde das eingeschränkte Halteverbot nicht aufgehoben. Anders zu beurteilen sei indes der Fall eines Defekts der Parkuhr oder des Parkscheinautomaten. Hier liege die mangelnde Funktion nicht im Risikobereich des Betroffenen (OLG Hamm, 3 Ss OWi 576/05).

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Abschleppen: Langer Zeitraum zwischen Feststellung eines Verstoßes und Einschreiten der Behörde

Vergehen beim Abschleppen eines verkehrswidrig abgestellten Kfz-Anhängers zwischen der Feststellung des ordnungswidrigen Zustands und dem behördlichen Einschreiten vier Stunden, ohne dass zuvor die tatsächliche Situation noch einmal überprüft worden ist, fällt es in den Verantwortungsbereich der Behörde, wenn die Abschleppmaßnahme aus tatsächlichen Gründen nicht durchgeführt werden kann und durch eine überflüssige Leerfahrt vermeidbare Kosten anfallen.

Mit dieser Begründung hob das Verwaltungsgericht (VG) Aachen den Gebührenbescheid gegen einen Autofahrer auf. Es begründete seine Entscheidung damit, dass sich die Behörde noch einmal vergewissern müsse, dass die beabsichtigte Maßnahme zur Gefahrenbeseitigung noch geeignet sei, wenn eine sofortige Gefahrenbeseitigung aus zwingenden Gründen nicht möglich sei und die Maßnahme erst zu einem erheblich später liegenden Zeitpunkt erfolge. Geschehe das nicht, sei die Anordnung der Abschleppmaßnahme unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. So war es auch im vorliegenden Fall, da bei einem späteren Abschleppversuch das Fahrzeug zugeparkt war und nicht abgeschleppt werden konnte (VG Aachen, 6 K 1236/03).

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Abschließende Hinweise


Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2005 beträgt 1,17 Prozent.
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 6,17 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 3,67 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 9,17 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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