Monatsinfo September 2005

Internetrecht:

Arbeitsrecht:

Baurecht:

Familien- und Erbrecht:

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG):

Verbraucherrecht:

Verkehrsrecht:

Abschließende Hinweise:

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Arbeitsrecht


Arbeitsvertrag: Wirksamkeit einer einzelvertraglich vereinbarten Ausschlussfrist

Wird eine Ausschlussfrist im Einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelt, ist sie auch wirksam, wenn sie kürzer als drei Monate ist.

Dies machte das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Angestellten deutlich. Diese hatte mit ihrem Arbeitgeber im Arbeitsvertrag Folgendes vereinbart: "Ausschlussfrist: Alle Ansprüche, die sich aus dem Angestelltenverhältnis ergeben, sind binnen einer Frist von sechs Wochen seit ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Frist von vier Wochen einzuklagen". Die Angestellte hatte nach einer Erkrankung ihren Entgeltfortzahlungsanspruch nicht innerhalb der vorgesehenen Frist eingeklagt. In den Vorinstanzen wurde ihre Zahlungsklage daher abgelehnt.

Der BGH hat den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen. Der Verfall des Anspruchs hänge davon ab, ob es sich bei der Vereinbarung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handele. Zwar könnten zweistufige Ausschlussfristen (das sind solche, die nach einer formlosen oder schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs zusätzlich die gerichtliche Geltendmachung innerhalb bestimmter Fristen erfordern) einzelvertraglich auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden. Das BAG hält aber für die zweite Stufe eine Mindestfrist von drei Monaten für geboten. Dasselbe gelte, falls die - unstreitig vom Arbeitgeber vorformulierte - Ausschlussfrist nur zur einmaligen Verwendung bestimmt war und die Angestellte auf Grund der Vorformulierung keinen Einfluss nehmen konnte. In diesem Fall liege ein Verbrauchervertrag vor. Die zu kurz bemessene Klagefrist sei in diesen Fällen unwirksam. Folge sei, dass eine Klage zum Erhalt des Anspruchs überhaupt nicht erhoben werden müsse. Dagegen komme eine Überprüfung der Dauer der Ausschlussfrist am Maßstab von "Treu und Glauben" nicht in Betracht, wenn es sich um eine im Einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelte Klausel handele. Das Landesarbeitsgericht muss jetzt diese Frage in tatsächlicher Hinsicht aufklären (BAG, 5 AZR 572/04).

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Kündigungsrecht: Fristlose Kündigung wegen privater Nutzung des Internets

Auch wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung nicht ausdrücklich verboten hat, verletzt der Arbeitnehmer mit einer intensiven zeitlichen Nutzung des Internets während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Das gilt insbesondere, wenn er auf Internetseiten mit pornographischem Inhalt zugreift. Diese Pflichtverletzung kann ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses sein.

Hierauf machte das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitnehmers aufmerksam, der seit 1985 bei seinem Arbeitgeber beschäftigt war. Er arbeitete als Schichtführer mit Aufsichtsfunktion. Nachdem der Betriebsleiter einen erheblichen Anstieg der Internetkosten bemerkt hatte, stellte der werkseigene Ermittlungsdienst fest, dass von den Schichtführerzimmern aus auf Internetseiten u.a. mit pornographischem Inhalt zugegriffen worden war. Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer eine private Nutzung des Internets von insgesamt 18 Stunden einschließlich 5 Stunden für ein "Surfen" auf pornographischen Seiten vorgeworfen. Er kündigte darauf das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Der Arbeitnehmer hat gelegentliche Zugriffe auf das Internet - auch während der Arbeitszeit - eingeräumt, die jedoch keinesfalls einen Umfang von 18 Stunden gehabt hätten. Er hat zudem geltend gemacht, vom Verbot des Arbeitgebers, auf Internetseiten mit pornographischem Inhalt zuzugreifen und entsprechenden Warnhinweisen keine Kenntnis gehabt zu haben.

Das BAG machte deutlich, dass es keine pauschale Antwort auf die Frage der Rechtmäßigkeit einer Kündigung wegen "Surfens" im Internet gebe. Ob die Kündigung in einem solchen Fall im Ergebnis wirksam sei, sei vielmehr auf Grund einer Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls festzustellen. Zu einer solchen Abwägung wurde der vorliegende Rechtsstreit auch an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses müsse nun aufklären,

  • in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung durch das Surfen im Internet zu privaten Zwecken nicht erbracht und dabei seine Aufsichtspflicht verletzt habe,
  • welche Kosten dem Arbeitgeber durch die private Internetnutzung entstanden seien und
  • ob durch das Aufrufen der pornographischen Seiten der Arbeitgeber einen Imageverlust erlitten haben könnte.

Sodann sei je nach dem Gewicht der näher zu konkretisierenden Pflichtverletzungen gegebenenfalls zu prüfen, ob es vor Ausspruch der Kündigung einer Abmahnung bedurft hätte. Zu prüfen sei weiterhin, ob unter Berücksichtigung der langen Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers und des unter Umständen nicht klaren Verbots der Internetnutzung zu privaten Zwecken eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses unverhältnismäßig sei (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 7. Juli 2005 - 2 AZR 581/04 - Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz - 7 Sa 1243/03).

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Private Altersversorgung: Wirksamkeit einer einzelvertraglichen Altersgrenze

Einzelvertraglich vereinbarte Altersgrenzen, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Zeitpunkt des Erreichens der sozialversicherungsrechtlichen Regelaltersgrenze vorsehen, sind zulässig. Die hierin liegende Befristung des Arbeitsverhältnisses ist durch einen sachlichen Grund i.S.v. § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer auf Grund der Beschäftigung eine gesetzliche Altersrente erwerben kann. Hat bei Vertragsschluss die Möglichkeit zum Aufbau einer Altersrente bestanden, ist die Befristung auch wirksam, wenn der Arbeitnehmer eine andere Versorgungsform wählt.

Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Rechtsstreit zwischen einem Journalisten und einem Zeitschriftenverlag entschieden und die Klage des Journalisten auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit abgewiesen. Der Journalist war von 1991 bis 2003 bei dem Verlag als Redakteur für ein Wochenmagazin beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag fanden auf das Arbeitsverhältnis die allgemeinen Arbeitsbedingungen (sog. Hausbrauch) des Verlags Anwendung. In diesen war u.a. bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis am Ende des Monats endet, in dem der Arbeitnehmer das gesetzliche Rentenalter erreicht. Der Journalist hat die Vereinbarung der Altersgrenze für unwirksam gehalten, da er keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhielt. Er war 1964 auf Grund seines Antrags von der Rentenversicherungspflicht befreit worden. Zu dieser Zeit lag sein Einkommen über der für die Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze. Zur Absicherung im Alter hatte er beim Presseversorgungswerk eine Lebensversicherung abgeschlossen. Für die Dauer des mit dem Verlag bestehenden Arbeitsverhältnisses wurden auf diese Lebensversicherung Beiträge gezahlt, die der Höhe nach denen der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechen. Die Lebensversicherung war dem Kläger Anfang 2003 vom Presseversorgungswerk in einer Summe ausgezahlt worden (BAG, 7 AZR 443/04).

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Zeugnis: Arbeitgeber ist bei Zeugniskorrektur an seinen Text gebunden

Gibt ein Arbeitnehmer sein Zeugnis wegen eines Schreibfehlers zur Korrektur zurück, darf der Arbeitgeber keine inhaltlichen Änderungen mehr vornehmen.

Hierauf machte das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Arbeitnehmerin aufmerksam. Die Frau hatte das ihr erteilte Zeugnis wegen eines Rechtschreibfehlers und einer falschen Geburtsortangabe dem Arbeitgeber mit der Bitte um Korrektur zurückgereicht. Dieser hatte daraufhin das zunächst als "stets einwandfrei" bezeichnete Verhalten der Arbeitnehmerin in dem berichtigten Zeugnis in "einwandfrei" geändert.

Das BAG verurteilte den Arbeitgeber, die Änderung zurückzunehmen. Begründung: Jeder Arbeitnehmer könne bei der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber ein qualifiziertes Zeugnis verlangen. Entspreche dies nach Form und Inhalt nicht den tatsächlichen und rechtlichen Anforderungen, habe er einen Anspruch auf Berichtigung des Zeugnisses. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, dem Arbeitnehmer ein "neues" Zeugnis auszustellen. Bei der Erstellung dieses Zeugnisses sei der Arbeitgeber an den bisherigen, vom Arbeitnehmer nicht beanstandeten Zeugnistext gebunden. Das BAG stellte klar, dass eine Ausnahme nur für den Fall eingreife, dass dem Arbeitgeber nachträglich Umstände bekannt würden, die die Leistung oder das Verhalten des Arbeitnehmers in einem anderen Licht erscheinen ließen (BAG, 9 AZR 352/04).

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Baurecht


Verspätete Fertigstellung: Umfang des Schadenersatzes

Der Bauherr ist nicht gehalten, eine von ihm genutzte Zweitwohnung zum Zwecke der Schadensminderung zu vermieten, wenn der Bauunternehmer mit der Erstellung einer weiteren Zweitwohnung in Verzug gerät.

Mit dieser Entscheidung gab der Bundesgerichtshof (BGH) einem Bauherrn Recht, der den für ihn tätigen Bauunternehmer auf Schadenersatz wegen verspäteter Fertigstellung einer Wohnung in Anspruch genommen hatte. Diese Wohnung wollte er als Wochenendwohnung nutzen. Dafür wollte er seine bisher genutzte Ferienwohnung in der gleichen Stadt vermieten. Hierzu kam es jedoch wegen der verspäteten Fertigstellung der neuen Wohnung nicht. Der Bauunternehmer wies seine Forderung auf Nutzungsausfall mit der Begründung zurück, dass er zur Schadensminderung ohne weiteres die alte Ferienwohnung hätte vermieten können.

Das sah der BGH jedoch anders. Ein Verstoß des Bauherrn gegen seine Schadensminderungspflicht liege nicht vor. Er sei nicht gehalten gewesen, auf ungewisse Dauer auf die Nutzung seiner bisherigen Wochenendwohnung zu verzichten. Da er durch die Vertragsuntreue des Bauunternehmers geschädigt sei, sei er nicht verpflichtet, zur Minderung seines Schadens auf seinen bisherigen Lebensstandard zu verzichten (BGH, VII ZR 276/03).

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Liquidität: Wie lange hat Auftraggeber bei der Stellung der Sicherheit nach § 648a BGB Zeit?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich zu der Frage geäußert, was eine "angemessene" Frist ist, innerhalb derer der Auftraggeber der Forderung des Bauunternehmers nach Stellung einer Bauhandwerkersicherung gemäß § 648a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nachkommen muss. Dabei kommt es - so der BGH - immer auf den Einzelfall an. Auftraggeber in finanziell "normalen" Verhältnissen sollten die Sicherheit in sieben bis zehn Tagen beibringen können. Dauert es länger, handelt der Auftraggeber nur schuldlos, wenn er alle Maßnahmen ergriffen hat, die Sicherheit schnellstmöglich vorzulegen.

Wichtig: Setzt der Bauunternehmer eine zu kurze Frist, ist diese nicht unwirksam. Der Auftraggeber darf sie also nicht willkürlich lange überschreiten. Eine zu kurze Frist setzt nämlich nur eine angemessene Frist in Lauf (BGH, VII ZR 346/03).

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Werklohn: Neue Urteile zur Abrechnung von Stundenlohnarbeiten

Wenn ein Pauschalpreis vereinbart ist und Stundenlohnarbeiten lediglich Zusatzleistungen darstellen, muss der Bauunternehmer die Stundenlohnarbeiten so substanziiert darstellen, dass sie klar von den Leistungen abgrenzbar sind, die im Pauschalpreis abgerechnet werden.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm nochmals bestätigt. Dabei hat es Hinweise gegeben, wodurch der Bauunternehmer die Abgrenzung belegen könne. Aus jedem Stundenlohnzettel müsse hervorgehen

  • der genaue Zeitpunkt und Zeitraum der verrichteten Arbeiten,
  • die Anzahl der geleisteten Stunden,
  • die Namen der Mitarbeiter und deren Vergütungssatz,
  • die genaue Bezeichnung der Baustelle, des konkreten Gebäudes, Stockwerks, der Räume,
  • welche Leistungen konkret erbracht worden sind.

(OLG Hamm, 24 W 20/04).

Hinweis: Wenn der Bauleiter des Auftraggebers die - ordnungsgemäß ausgefüllten - Stundenzettel gegengezeichnet hat, ist der Bauunternehmer so "gut wie durch". Dann dreht sich die Beweislast nämlich um. Der Auftraggeber muss darlegen, dass die Angaben auf dem Stundenlohnzettel falsch sind (BGH, VII ZR 334/03).

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Standortfrage: Solaranlage ist an Windkraftstandort zulässig

Eine Photovoltaik-Anlage kann unter bestimmten Voraussetzungen als "mitgezogener" Teil einer Windenergieanlage privilegiert im Außenbereich zulässig sein.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Betreibers, der an einem schon bestehenden Windkraftstandort eine Genehmigung zur Errichtung eines ca. 20 m hohen Photovoltaik-Modulträgers beantragt hatte. Die Solaranlage war auf 34 kW ausgelegt, während die Windenergieanlage eine Leistung von 1.500 kW hatte. Die Baugenehmigungsbehörde lehnte den Bauantrag ab, weil das Vorhaben nicht privilegiert sei und öffentliche Belange, vor allem das Landschaftsbild, beeinträchtige.

Der dagegen erhobenen Klage des Betreibers gab das OVG statt. Nach dem Baugesetzbuch seien Vorhaben, die "der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen", im Außenbereich privilegiert zulässig. Obwohl die Solaranlage selbst nicht unmittelbar auf die Windenergienutzung abziele, sei sie ihr doch nach dem Betriebskonzept des Anlagenbetreibers als "mitgezogener" Anlagenteil dienlich, argumentierten die Richter. Einem Notstromaggregat vergleichbar sei sie darauf ausgelegt, spürbare Mängel der Windkrafterzeugung abzumildern. So unterlägen Windenergieanlagen sowohl in Schwachwind- als auch in Starkwindphasen häufig kurzfristigen Abschaltungen, die für die Entstehung von schädlichen Oberwellen im Stromnetz mitverantwortlich seien und außerdem zu starken mechanischen Belastungen der Bauteile führten. Unter solchen Umständen könne die zusätzliche Solarkomponente wesentlich zu einer Verstetigung und damit Verbesserung der Energieproduktion beitragen. Allerdings müsse sich die Solaranlage der Windkraftanlage unterordnen, insbesondere hinsichtlich der Leistungskapazität. Eine leistungsstärkere, in beachtlichem Umfang auf die zusätzliche Erzeugung von Solarenergie ausgelegte Photovoltaik-Anlage wäre im Außenbereich nicht privilegiert zulässig (OVG Rheinland-Pfalz, 8 A 10281/05.OVG).

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Familien- und Erbrecht


Ehescheidung: Härteklausel bietet keinen Schutz vor Sozialfall

Die Härtefallklausel des § 1568 BGB bietet keinen Schutz davor, dass ein Ehegatte infolge der Scheidung ein Sozialfall wird. Auch der Umstand, dass ein Ehegatte sich allein um die Betreuung der gemeinsamen behinderten Kinder kümmern muss, schließt die Ehescheidung nicht aus.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg hin. Es erläuterte, dass nach § 1568 BGB die gescheiterte Ehe in bestimmten Fällen nicht geschieden werden soll, z.B.

  • wenn und solange die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist (Kinderschutzklausel);

  • wenn auf Grund außergewöhnlicher Umstände die Scheidung für den anderen Ehepartner eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers geboten erscheint (Ehegattenschutzklausel).

Beispiele für Härtefälle, in denen es zu keiner Scheidung kommt:

  • lange Ehedauer,
  • vorgerücktes Alter des betroffenen Ehegatten,
  • schwere Krankheit,
  • langjährige gemeinsame Pflege eines behinderten Kindes.

Dagegen reichen u.a. folgende Nachteile/Beeinträchtigungen nicht für das Eingreifen der Ehegattenschutzklausel aus:

  • psychisch steuerbare Depressionen,
  • dauernde Hilfsbedürftigkeit infolge geistiger Erkrankung,
  • Herzkrankheit,
  • hohes Alter und Einsamkeit nach der Scheidung,
  • das religiöse Bekenntnis,
  • drohende Abschiebung,
  • bloße wirtschaftliche Interessen, z.B. Festhalten an der Ehe allein aus Versorgungsgründen,
  • Versorgungsunsicherheiten beim Versorgungsausgleich oder ungünstige Auswirkungen auf den Versorgungsausgleich,
  • nachteilige finanzielle Auswirkungen, selbst wenn ein Ehegatte infolge der Scheidung Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen muss.

(OLG Bamberg, 2 UF 208/03)

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Unterhaltsvorschussgesetz: Kein Anspruch bei eingetragener Lebenspartnerschaft eines Elternteils

Leben Kinder bei einem Elternteil, der eine Lebenspartnerschaft führt, haben sie keinen Anspruch auf Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.

Dies entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Fall zweier minderjähriger Kinder, deren Väter unbekannt sind und die bei ihrer Mutter leben. Sie verlangten vom beklagten Landkreis Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Nach diesem Gesetz hätten sie einen Leistungsanspruch, wenn sie bei einem ihrer Elternteile leben, der ledig, verwitwet oder geschieden ist. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Mutter der Kinder auch nach Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft weiterhin "ledig" im Sinne des Gesetzes ist.

Das BVerwG verneinte diese Frage nun und versagte damit den Anspruch. Es entschied, dass der Elternteil, der eine Lebenspartnerschaft führe, weder ledig, verwitwet oder geschieden sei. Er lebe auch von seinem Ehegatten nicht dauernd getrennt, wie es für einen Anspruch Voraussetzung sei. Die Lebenspartnerschaft sei nicht in jeder Hinsicht einer Ehe gleichgestellt. Der Zweck des Unterhaltsvorschussgesetzes, die prekäre Lage Alleinerziehender abzumildern, gebiete es auch nicht, diesen neuen Personenstand dem Personenstand "ledig" gleichzustellen (BVerwG, 5 C 24.04).

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Erbrecht: Vereinfachter Nachweis der Erbenstellung

Der Erbe ist nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen. Er hat auch die Möglichkeit, den Nachweis seines Erbrechts in anderer Form zu erbringen. So stellt z.B. ein eröffnetes öffentliches Testament in der Regel einen ausreichenden Nachweis für sein Erbrecht dar.

Mit dieser Begründung verurteilte der Bundesgerichtshof (BGH) eine Bank, die angefallenen Kosten für den von ihr beim Erben angeforderten Erbschein zu erstatten. Der Erbe hatte eine Umschreibung des Kontos verlangt und dazu Fotokopien der Sterbeurkunde und des eröffneten Testaments beigefügt. Das reichte der Bank jedoch nicht aus. Für den von ihr verlangten Erbschein musste der Erbe 1.434 EUR Gerichtsgebühren zahlen.

Diesen Betrag könne er von der Bank zurückverlangen, befand der BGH. Die Bank habe zu Unrecht die Umschreibung des Kontos verweigert, obwohl die Erbfolge durch Übersendung des öffentlichen Testaments mit Eröffnungsprotokoll des zuständigen Amtsgerichts dargetan war. Die Bank könne sich weder darauf berufen, dass der Erbschein der einzige rechtlich anerkannte Nachweis der Erbfolge sei, noch dass sie ein sonstiges begründetes Interesse an dessen Vorlage gehabt habe. In den Vorschriften des BGB existiere keine Vorschrift, wonach ein Schuldner von dem Erben als Legitimation die Vorlage eines Erbscheins verlangen und bis dahin die dem Erben geschuldete Leistung verweigern könne. Das Sicherungsinteresse der Bank müsse hier hinter dem Interesse des Erben, nicht mit unnötigen Kosten belastet zu werden, zurückstehen. Dies gelte umso mehr, da Anhaltspunkte für die Existenz weiterer dem eingereichten Testament widersprechender letztwilliger Verfügungen nicht bestanden hätten (BGH, XI ZR 311/04).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)


Zwangsverwaltereinsetzung: Welche Rechte und Pflichten bestehen?

Wird zur Verwaltung der Mietwohnung ein Zwangsverwalter eingesetzt, ist der Mieter hinsichtlich dessen Rechte und Pflichten oft unsicher. Die wichtigsten können wie folgt zusammengefasst werden: Einerseits kann der Zwangsverwalter alle Rechte aus dem bestehenden Mietverhältnis - wie ein Vermieter - geltend machen. Andererseits tritt er aber auch umfassend in alle Vermieterpflichten aus dem Mietvertrag ein. Das bedeutet im Einzelnen:

  • Der Zwangsverwalter kann und muss die fälligen Mieten einziehen und diese - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - erhöhen.
  • Er ist hinsichtlich des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung aktivlegitimiert, kann also gerichtlich gegen den Mieter vorgehen.
  • Er kann und muss eine Kündigung aussprechen oder ausstehende Schönheitsreparaturen einfordern.
  • Er ist gegenüber dem Mieter zur Gebrauchsgewährung und -erhaltung verpflichtet.
  • Ihm obliegt die Verkehrssicherungspflicht.
  • Er ist den Gewährleistungsrechten des Mieters ausgesetzt.
  • Der Zwangsverwalter muss die Betriebskosten abrechnen und dem Mieter ein etwaiges Guthaben erstatten, selbst wenn ihm die Vorauszahlungen nicht unmittelbar zugeflossen sind und die Abrechnung einen vor der Zwangsverwaltung liegenden Zeitraum betrifft.

Die Rechtsprechung bestätigt, dass die Eintrittspflicht des Verwalters auch die bestehende Kautionsabrede erfasst. Das heißt:

  • Hat der Mieter eine vereinbarte Kaution noch nicht erbracht, steht das Forderungsrecht dem Verwalter zu.
  • Hat der Mieter die Kautionsabrede gegenüber dem Vermieter erfüllt, dieser aber die Kaution nicht an den Verwalter weitergeleitet, kann der Verwalter keine nochmalige Leistung der Sicherheit verlangen.
  • Ist das Mietverhältnis beendet und stehen noch gesicherte Ansprüche gegen den Mieter offen, kann der Verwalter auf die Kaution zurückgreifen.

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Formularmietvertrag: Kündigungsverzicht darf nicht mehr als vier Jahre betragen

In einem Mietvertrag über Wohnraum ist ein - auch beiderseitiger - formularmäßiger Kündigungsverzicht wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters in der Regel unwirksam, wenn seine Dauer mehr als vier Jahre beträgt.

Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Mieters, der in seinem Mietvertrag einen fünfjährigen Kündigungsverzicht vereinbart hatte. Als er gleichwohl früher ausziehen wollte, kam es zum Streit mit dem Vermieter. Der BGH gab jedoch dem Mieter Recht.

Durch den Kündigungsverzicht werde der Mieter in seiner Dispositionsfreiheit erheblich eingeschränkt. Bei beruflichen, familiären, krankheitsbedingten oder sonstigen persönlichen Veränderungen seiner Lebensverhältnisse könne er den Mietvertrag über eine hierdurch ungeeignet gewordene Wohnung nicht kündigen. Das gelte insbesondere, wenn die genannten Veränderungen unvorhergesehen oder gar ungewollt eingetreten seien. Da die Miete mit Nebenkosten nicht selten einen beträchtlichen Teil des Einkommens aufzehre, werde es dem Mieter auch kaum möglich sein, zusätzlich eine zweite Wohnung zu unterhalten. Andererseits habe der beiderseitige Kündigungsverzicht auch Vorteile für den Mieter. Er sichere ihn über den gesetzlich vorgesehenen Kündigungsschutz hinaus vor einer ordentlichen Kündigung des Vermieters ab. Daher sei ein formularmäßiger Kündigungsverzicht im Regelfall nicht unangemessen, wenn er in zeitlicher Hinsicht überschaubar und für den Mieter erträglich sei. Nach Ansicht des BGH müsse die Grenze hier bei vier Jahren gezogen werden. Das ergebe sich daraus, dass das Gesetz auch in Staffelmietverträgen einen Ausschluss des Kündigungsrechts des Mieters für vier Jahre zulasse (BGH, VIII ZR 27/04).

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WEG: Konsequenzen der Teilrechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft

Bislang war die Frage nicht höchstrichterlich geklärt, ob die Eigentümergemeinschaft rechtsfähig ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun klargestellt, dass sie rechtsfähig ist, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt. Damit sind vier Praxisprobleme im Zusammenhang mit Forderungen der Eigentümer oder gegen diese geklärt:

Eigentümerwechsel: Es war streitig, wie bei einem Eigentümerwechsel gemeinsame Forderungen - z.B. Schadenersatzforderungen gegen Dritte, die das gemeinschaftliche Eigentum beschädigt haben - zu behandeln sind. Stehen Forderungen "der Gemeinschaft", dem veräußernden oder dem erwerbenden Wohnungseigentümer zu? Einigkeit bestand nur im Ergebnis: Solche Forderungen sind Teil des Verwaltungsvermögens, das einer Zweckbindung unterliegt, die auch bei einem Eigentümerwechsel erhalten bleibt.

Jetzt gilt: Träger des Vermögens einschließlich gemeinschaftlicher Forderungen und Verbindlichkeiten ist unabhängig von einem Eigentümerwechsel stets die Eigentümergemeinschaft.

Rückständige Beiträge: Ansprüche auf rückständige Beiträge eines Eigentümers standen allen gemeinsam zu. Ein einzelner Eigentümer bedurfte zur Durchsetzung der Ansprüche eines Zustimmungsbeschlusses der übrigen.

Jetzt gilt: Die Eigentümergemeinschaft ist Forderungsinhaberin. Ihre Ansprüche werden gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG vom Verwalter geltend gemacht. Zwar bedarf auch dieser zur Geltendmachung eines Beschlusses der Wohnungseigentümer. Der Beschluss ist jedoch meist entbehrlich, weil die Gemeinschaftsordnung oft eine entsprechende Ermächtigung enthält.

Klage gegen Eigentümer: Wenn die Eigentümer gerichtlich in Anspruch genommen werden sollten, war bislang eine aktuelle Eigentümerliste zwingend erforderlich. Anderenfalls fehlte es an der Bestimmtheit.

Jetzt gilt: Gerichtlich wird die Eigentümergemeinschaft als solche in Anspruch genommen. Verfahrensrechtliche Konsequenz der Teilrechtsfähigkeit ist, dass, jedenfalls soweit es um das Verwaltungsvermögen geht, die Gemeinschaft parteifähig (im ZPO-Verfahren) und beteiligtenfähig (im FGG-Verfahren) ist. Die Beifügung einer Eigentümerliste ist entbehrlich.

Zwangshypothek: Ansprüche auf rückständiges Haus-/Wohngeld konnten zwar tituliert werden. Sollte aber eine Zwangshypothek eingetragen werden, bedurfte es nach § 15 Abs. 1 GBV der Eintragung aller Eigentümer (mit Ausnahme des Hausgeldschuldners) unter Angaben von Name, Vorname, Wohnort und Beruf. Die Eintragung scheiterte - jedenfalls bei größeren Gemeinschaften - oft an fehlenden Angaben.

Jetzt gilt: Es reicht, die Eigentümergemeinschaft genau zu benennen.

(BGH, V ZB 32/05)

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WEG: Austausch von Holz- gegen Kunststofffenster

Der Austausch von Holzfenstern gegen ähnlich gestaltete moderne Kunststofffenster stellt in der Regel keine bauliche Veränderung dar, sondern eine Maßnahme der ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung.

Aus diesem Grund wies das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) den Antrag eines Wohnungseigentümers zurück. Dieser wollte einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung für ungültig erklären lassen, nach dem alle Fenster gegen neue ausgewechselt werden sollten. Das BayObLG machte deutlich, dass für die Entscheidung der Wohnungseigentümer mangels einer baulichen Veränderung ein Mehrheitsbeschluss nicht notwendig sei. Der Kläger sei durch die Maßnahme auch nicht über das gesetzlich bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt. Dies gelte umso mehr, da die Fenster sanierungsbedürftig seien. Eine entscheidende Verbesserung der Wärmeschutz- und Dichtheitseigenschaften und das Erreichen des Niveaus der Anforderungen der Energieeinsparverordnung könnten nur durch eine Erneuerung der Fenster realisiert werden. Die Entscheidung der Wohnungseigentümer zur Erneuerung der Fenster bewege sich daher in dem Ermessensspielraum, der den Wohnungseigentümern bei der Vornahme von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen zur Verfügung stehe (BayObLG, 2Z BR 177/04).

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Verbraucherrecht


Gebrauchtwagenhandel: Nachweis über Betriebserlaubnis ist auszuhändigen

Wer ein umgerüstetes Fahrzeug verkauft, muss beweisen können, dass er dem Käufer den Nachweis über die erteilte Betriebserlaubnis ausgehändigt hat.

Das fordert das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg in folgendem Fall: Ein gebrauchter Pkw war mit nicht serienmäßigen Reifen und Felgen verkauft worden. Auch das Fahrwerk war tiefer gelegt. Keine der Umrüstungen war im Fahrzeugbrief eingetragen. Das war jedoch nicht der entscheidende Punkt. Trotz Umrüstung und fehlender Briefeintragung war die Allgemeine Betriebserlaubnis nicht erloschen. Denn es lagen die Voraussetzungen des § 19 Absatz 3 Nummer 4 Straßenverkehrszulassungsverordnung (StVZO) vor (Teilegutachten plus Abnahme durch TÜV). Allerdings fehlte der entsprechende Nachweis, den der Fahrzeugführer in solchen Fällen mitzuführen hat. Diesen Nachweis hätte der Händler dem Käufer nach Ansicht des OLG aushändigen müssen. Die Behauptung des Händlers, der Nachweis habe im Handschuhfach gelegen, reicht nicht aus. Er konnte es nicht beweisen und musste daher den Kaufpreis zurückzahlen (OLG Bamberg, 3 U 129/04).

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Bankrecht: Auszahlungsanspruch von Bankguthaben auch nach mehr als 30 Jahren

Auch wenn auf einem Sparbuch mehr als 30 Jahre keine Kontobewegung stattgefunden hat, besteht ein Anspruch auf Auszahlung des Sparguthabens.

So entschied das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. und gab einer Frau Recht, die ein Kreditinstitut auf Auszahlung eines Sparguthabens in Anspruch genommen hatte. Zuvor hatten auf dem Konto 38 Jahre keine Kontobewegungen mehr stattgefunden. Die Bank hatte geltend gemacht, alle Unterlagen nach Ablauf der handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen vernichtet zu haben und die Einrede der Verjährung erhoben. Auch sei nach einem solchen Zeitraum davon auszugehen, dass das Guthaben ausgezahlt worden sei.

Diese Argumentation hat das OLG zurückgewiesen. Es gebe keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass ein Sparbuch, auf dem Jahrzehnte keine Eintragungen veranlasst worden seien, aufgelöst oder ausgezahlt worden sei. Insoweit ergebe sich auch keine Umkehr der Beweislast. Der Kunde führe den Nachweis des Anspruchs durch die Vorlage des nicht entwerteten Sparbuchs. Der Anspruch sei nicht verjährt, weil die Verjährung des Auszahlungsanspruchs erst mit der Kündigung des Darlehens beginne. Die Einrichtung eines Sparbuchs sei insoweit als Darlehensgewährung des Kunden an die Bank zu verstehen. Auf die Frage, wie lange keine Kontobewegungen stattgefunden haben, komme es danach nicht an. Die handelsrechtlichen Aufbewahrungspflichten könnten den materiellen Auszahlungsanspruch nicht zu Fall bringen. Das OLG Frankfurt a.M. tritt damit der weit verbreiteten Auffassung entgegen, dass nach 30 Jahren eine Auszahlung eines Sparguthabens nicht mehr erfolgen kann.

Hinweis: Will die Bank das damit verbundene Risiko vermeiden, muss sie ihrerseits nach einem gewissen Zeitablauf ohne Kontobewegung das Darlehen kündigen und ggf. die Urkunde in Form des Sparbuchs nach Ablauf der Verjährungsfrist des Auszahlungsanspruchs in einem Aufgebotsverfahren für unwirksam erklären lassen. Auf eine entsprechende Kündigungserklärung der Bank muss der Kunde also unmittelbar reagieren (OLG Frankfurt a.M., 2 U 12/04, Urteil im Volltext).

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Vertragsrecht: Kann der Gläubiger bei zunächst verlangter Vertragserfüllung vom Vertrag zurücktreten?

Verlangt der Gläubiger nach Ablauf einer gesetzten Nachfrist vom Schuldner weiterhin die Vertragserfüllung, muss er den Schuldner zur Begründung eines Rücktrittsrechts und der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen erneut unter Fristsetzung zur Leistung auffordern.

Hierauf machte das Oberlandesgericht (OLG) Celle im Fall eines Hauskäufers aufmerksam. Dabei brachte der Verkäufer die vertraglich erforderlichen Löschungsunterlagen hinsichtlich der eingetragenen Grundpfandrechte nicht bei. Der Käufer setzte dem Verkäufer eine angemessene Nachfrist. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist erhob er Klage auf Verschaffung des Eigentums. Zu einem späteren Zeitpunkt erklärte er den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte Schadenersatz wegen vergeblicher Aufwendungen.

Das OLG Celle hielt die Schadenersatzansprüche jedoch für unbegründet. Solche bestünden weder nach § 281 Abs. 1, § 284 BGB noch nach §§ 323, 325 BGB. Insbesondere würden die Voraussetzungen für einen Rücktritt nach § 323 BGB nicht vorliegen. Sowohl die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nach § 281 BGB als auch das Recht, vom Vertrag nach § 323 BGB zurückzutreten, sei davon abhängig, dass der Gläubiger dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung gesetzt habe (OLG Celle, 16 U 232/04).

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Körperverletzung: Fußballer muss für "Blutgrätsche" Schadenersatz leisten

Bei einem groben Foul droht dem Fußballspieler neben einer roten Karte auch eine Haftung auf Schadenersatz.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Fußballers hin, der während eines Spiels zwischen zwei Amateurmannschaften - ohne den Ball zu spielen - in das Bein seines Gegenspielers gegrätscht war. Das Landgericht hatte ihn zum Ersatz der hierdurch entstandenen Arzt- und Krankenhauskosten von mehr als 6.000 EUR verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung hat der Fußballer nun nach einem rechtlichen Hinweis des OLG zurückgenommen.

In dem rechtlichen Hinweis hatte das OLG ausgeführt: Fußball sei ein sportliches Kampfspiel mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential. Hier bestehe typischerweise auch bei Einhaltung der Wettkampfregeln oder bei geringfügigen Regelverstößen die Gefahr gegenseitiger Schadenszufügung. Jeder Spieler nehme daher grundsätzlich Verletzungen in Kauf, die auch bei regelgerechtem Spiel nicht zu vermeiden seien. Bei geringfügigen Regelverstößen in wettbewerbstypischen Risikolagen - wie z.B. bei übereifrigem Einsatz, bloßer Unüberlegtheit, wettkampfbedingter Übermüdung oder bloßem technischen Versagen - scheide damit eine Haftung regelmäßig aus. Verhaltensweisen eines Spielers, die sich noch im Grenzbereich zwischen kampfbetonter Härte und unzulässiger Unfairness bewegten, würden daher noch keine Schadenersatzansprüche begründen. Wenn allerdings die durch den Spielzweck noch gebotene Härte und damit die Grenze zur unzulässigen Unfairness überschritten werde, bestehe eine Haftung auf Schadenersatz. Dies sei bei einer "Blutgrätsche" der Fall (OLG Hamm, 34 U 81/05).

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Kampfhundesteuer: 1.000 EUR sind zu viel

Eine Kampfhundesteuer von 1.000 EUR ist überhöht, so entschied in einem Normenkontrollverfahren das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz. Angestoßen hatte das Verfahren der Halter eines Staffordshire Bullterriers. Für dieses Tier musste er nach dem Satzungsrecht seiner Ortsgemeinde die erhöhte Hundesteuer für so genannte gefährliche Hunde (Kampfhunde) in Höhe von 1.000 EUR pro Jahr zahlen. Die Steuer für einen "normalen" Hund betrug im Gemeindegebiet 30 EUR.

Das OVG machte deutlich, dass die Gemeinden mit der Erhebung einer erhöhten Kampfhundesteuer neben der Erzielung von Einnahmen auch den Zweck verfolgen könnten, die Haltung von Kampfhunden einzudämmen. Jedoch dürfe die Steuer nicht so hoch sein, dass sie auf ein Verbot der Kampfhundehaltung hinauslaufe. Für ein solches ordnungsrechtliches Verbot seien nicht die Gemeinden, sondern das Land zuständig. Das Land habe aber mit dem Landesgesetz über gefährliche Hunde das Halten und Führen gefährlicher Hunde, wenn auch mit Einschränkungen, erlaubt. Ein Steuersatz für gefährliche Hunde in Höhe von 1.000 EUR komme einem Verbot der Haltung von Kampfhunden gleich. Dies folge aus der absoluten Höhe der Steuer, die die bisher in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung gebilligten Steuersätze bei weitem übertreffe. Außerdem sei der Steuersatz für einen Kampfhund um das 33fache höher als die Steuer für einen "normalen" Hund. Dieser Belastungsunterschied sei rechtlich nicht hinnehmbar (OVG Rheinland-Pfalz, 6 C 10308/05.OVG).

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Verkehrsrecht


Abgeschleppt: Für den Schaden haftet der Hoheitsträger

Wird ein verbotswidrig geparktes Fahrzeug während der Abschleppmaßnahme beschädigt, haftet hierfür der die Abschleppmaßnahme anordnende Hoheitsträger nach Amtshaftungsgrundsätzen.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Jena im Fall eines Autofahrers, dessen verbotswidrig abgestellter Pkw beim Abschleppen beschädigt wurde. Entdecke der Eigentümer nach dem Abschleppen einen Schaden an seinem Pkw, müsse nach Ansicht des OLG unterschieden werden:

  • Sei die Beschädigung während des Abschleppvorgangs erfolgt, hafte der Hoheitsträger für den Schaden. Das ergebe sich daraus, dass er die Maßnahme angeordnet habe und daher (nur) der Abschleppvorgang hoheitlich sei. Das Abschleppunternehmen handele hier als unselbstständiger Verwaltungshelfer, also als "verlängerter Arm" des Hoheitsträgers.

  • Sei der Schaden dagegen während der anschließenden Verwahrung auf dem Gelände des Abschleppunternehmers entstanden, müsse dieser in Anspruch genommen werden. Hier fehle es an der Ausübung hoheitlicher Gewalt, so dass für diesen Bereich ein Haftungsübergang auf den Hoheitsträger ausscheide.

Da der Pkw-Fahrer nicht nachweisen konnte, dass sein Pkw während des Abschleppvorgangs beschädigt wurde, wies das OLG seine Klage gegen den Hoheitsträger ab (OLG Jena, 4 U 965/04).

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Verkehrssicherungspflicht: Haftung des Eigentümers bei Sturz in offenen Lichtschacht

Wird der 151 kg schwere Gitterrost eines Kellerschachts von Unbekannten entfernt, haftet der Eigentümer nicht für Schäden, die durch den Sturz eines Radfahrers in den Schacht entstehen.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits, den ein Schüler gegen eine Stadt als Träger einer Schule angestrengt hatte. Der Schüler war nachts mit dem Fahrrad über den unbeleuchteten Schulhof gefahren. Dort befanden sich mehrere Kellerschächte mit einer Tiefe von ca. 2,00 m, die durch Gitterroste abgedeckt waren. In dieser Nacht hatten Unbekannte einen Gitterrost herausgehoben, so dass der Schüler in den offenen Kellerschacht stürzte und sich insbesondere im Gesicht schwer verletzte. Mit seiner Klage verlangte er von der Stadt Schadenersatz und Schmerzensgeld wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht.

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe wies die Klage ab. Die beklagte Stadt sei nicht verpflichtet gewesen, die Lichtschachtabdeckung durch besondere Vorkehrungen gegen ein Abheben durch Unbefugte zu sichern. Schaffe oder unterhalte jemand eine Gefahrenquelle, müsse er die nach Lage der Verhältnisse erforderlichen Vorkehrungen zum Schutz anderer Personen treffen. Dabei beschränke sich die Verkehrssicherungspflicht aber auf das Ergreifen solcher Maßnahmen, die nach den Gesamtumständen des konkreten Falles zumutbar seien. Zwar umfasse die Pflicht des für ein Grundstück oder Gebäude Verantwortlichen grundsätzlich auch solche Gefährdungen, die sich aus dem vorsätzlichen Eingreifen eines Dritten ergeben. Die Abdeckung eines Lichtschachts, die nicht schon versehentlich aus der Ablage gelöst werden könne, müsse aber nur gegen ein Abheben gesichert werden, wenn

  • auf Grund besonderer Umstände ein solches Abheben durch Unbefugte nahe liege,
  • deshalb eine konkrete, erhebliche Gefahrenlage bestehe und
  • dem Verkehrssicherungspflichtigen eine Beseitigung der Gefahrenlage durch zumutbare Maßnahmen möglich sei.

Vorliegend seien diese Voraussetzungen aber nicht erfüllt. Das ergebe sich insbesondere aus dem Gewicht des Gitterrosts von 151 kg. Das Entfernen eines derart schweren Rosts sei einem Einzelnen von vornherein unmöglich. Selbst zwei erwachsene Männer könnten einen Rost dieses Gewichts nur mit erheblicher Kraftanstrengung aus dem Rahmen heben und zur Seite schieben. Angesichts des hohen Gewichts der Abdeckung könne eine Entfernung durch Unbefugte nicht als nahe liegend angesehen werden. Die abweichende Auffassung des Schülers würde zu einer übermäßigen Ausweitung der Verkehrssicherungspflicht führen (OLG Karlsruhe, 7 U 104/04).

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Ordnungswidrigkeit: Was bedeutet "Benutzen" eines Handys am Steuer?

Die Frage der Benutzung eines Mobiltelefons i.S. von § 23 Abs. 1a Straßenverkehrsordnung (StVO) beurteilt sich allein danach, ob das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird oder nicht. Unter Benutzung i.S. des § 23 Abs. 1a StVO ist somit jegliche Nutzung eines Mobiltelefons zu verstehen.

Mit dieser Begründung verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm einen Autofahrer wegen eines Verstoßes gegen das Handy-Verbot am Steuer. Der Fahrer war erwischt worden, als er sein Mobiltelefon bei der Fahrt in der Hand hielt. Seine Einlassung, er habe zum Tatzeitpunkt kein Telefonat geführt, sondern lediglich die Uhrzeit auf dem Display des Mobiltelefons abgelesen, fand bei Gericht keine Gnade.

Das OLG führte aus, dass es unerheblich sei, auf welche Weise das Mobiltelefon benutzt werde. Es sei jegliche Nutzung untersagt, bei der das Mobiltelefon in der Hand gehalten werde. Der Gesetzgeber habe gewährleisten wollen, dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Handys beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei habe. Die Benutzung des Mobiltelefons schließe daher neben dem Gespräch im öffentlichen Fernnetz sämtliche Bedienfunktionen wie das Anwählen, die Versendung von Kurznachrichten oder das Abrufen von Daten im Internet etc. ein. Unter den Begriff der "Benutzung" falle demzufolge auch die Nutzung als "Organisator", wenn das Handy dabei in die Hand genommen werde. Somit sei auch das Ablesen der Uhrzeit vom Display des Mobiltelefons unter Strafe gestellt.

Hinweis: Der Fahrzeugführer darf das Mobil- oder Autotelefon benutzen, wenn er dazu das Telefon oder den Telefonhörer nicht aufnehmen oder halten muss. Dies wird i.d.R. durch eine Freisprecheinrichtung gewährleistet (OLG Hamm, 2 Ss OWI 177/05).

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Führerscheinentzug: Verwertungsverbot für Voreintragungen im Verkehrszentralregister

Eine Voreintragung im Verkehrszentralregister darf nur so lange verwertet werden, wie sie nicht getilgt ist. Nach Tilgungsreife und während der Überliegefrist bleibt es zwar bei einer Eintragung im Verkehrzentralregister, die Voreintragung unterliegt aber einem Verwertungsverbot.

Das ist das Ergebnis der Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm in folgendem Fall: Das Amtsgericht hat gegen einen Autofahrer wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften eine Geldbuße verhängt und unter Verwertung einer Voreintragung im Verkehrszentralregister ein Fahrverbot festgesetzt. Die Rechtsbeschwerde des Autofahrers hatte teilweise Erfolg. Das Fahrverbot ist - unter Beibehaltung der Geldbuße - entfallen.

Gegen die Anordnung des Fahrverbots bestünden nach Ansicht des OLG durchgreifende rechtliche Bedenken. Das Amtsgericht hätte nämlich eine Voreintragung verwertet, die bereits tilgungsreif war. Nach den amtsgerichtlichen Feststellungen hätte der Betroffene schon einmal die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft überschritten. Deswegen sei gegen ihn bereits eine Geldbuße verhängt worden. Diese Eintragung hätte das Amtsgericht nicht mehr gegen den Autofahrer verwerten dürfen. Die Tilgungsfrist für Entscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit betrage zwei Jahre, so dass bereits Tilgungsreife eingetreten sei. Dem stehe die Überliegefrist von drei Monaten bzw. seit dem 1.2.05 von einem Jahr nicht entgegen. Eine Voreintragung dürfe nur verwertet werden, solange sie nicht getilgt sei. Nach Tilgungsreife und während der Überliegefrist bleibe es zwar bei einer Eintragung im Verkehrzentralregister, die Voreintragung unterliege aber einem Verwertungsverbot. Die Voreintragung könne nach Ablauf der Tilgungsfrist nicht mehr zu einer Erhöhung des Bußgelds oder Anordnung eines Fahrverbots herangezogen werden. Die Überliegefrist solle lediglich verhindern, dass eine Entscheidung aus dem Register gelöscht werde, obwohl eine weitere Entscheidung während der Überliegefrist ergangen, dem Verkehrszentralregister aber noch nicht übermittelt worden sei (OLG Hamm, 3 Ss 228/05).

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Abschließende Hinweise


Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2005 beträgt 1,17 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 6,17 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 3,67 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 9,17 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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