Möglichkeiten des Arbeitgebers zur Überwachung der eMail-Kommunikation des Arbeitnehmers

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  • vom 01.06.2000
  • Abgelegt unter IT-Recht, Arbeitsrecht

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Einleitung

Der zunehmende Einsatz von eMail am Arbeitsplatz, wirft die brisante Frage auf, ob und in welchem Umfang der Arbeitgeber berechtigt ist, vom Inhalt der vom Arbeitnehmer versandten und empfangenen eMails Kenntnis zu nehmen.

Der Arbeitgeber einerseits hat die Sicherheit seines EDV-Systems zu gewährleisten, will die Kosten, die durch private eMail-Nutzung entstehen, gering halten und muß dafür Sorge tragen, daß bei krankheits- oder urlaubsbedingter Abwesenheit eines Mitarbeiters die (elektronische) Post eingesehen werden kann.

Der Arbeitnehmer wird andererseits eine zu weitgehende Überwachung, vor allem auch seines eMail-Verkehrs als Verletzung seines Persönlichkeitsrechts ansehen.

Diese widerstreitenden Interessen sind in Ausgleich zu bringen.

Ausgangslage

In vielen Unternehmen ist es dem Arbeitnehmer gestattet, die vorhandenen Kommunikationseinrichtungen auch für private Zwecke zu nutzen. 

Der Arbeitgeber kann aber die private Nutzung seiner Kommunikationseinrichtungen auch generell untersagen.1) Wie sich ein solches Verbot auf die Zulässigkeit der Überwachung des eMail-Verkehrs auswirkt, wird noch zu klären sein.

Telefon und E-mail

Die Frage der Zulässigkeit des Mithörens oder Aufzeichnens von Telefonaten durch den Arbeitgeber war bereits häufiger Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. 2) Demgegenüber hatte sich die Rechtsprechung bisher mit der Frage der Überwachung des eMail-Verkehrs, soweit ersichtlich, nicht zu befaßen. Auch in der Literatur wird diese Frage nur vereinzelt erörtert. 3) 

Es soll nachfolgend versucht werden, die rechtlich relevanten Aspekte zu erörtern, insbesondere anhand eines Vergleichs zur Frage der Überwachung von Telefonaten durch den Arbeitgeber.

Allgemeines Persönlichkeitsrecht

Das Bundesverfassungsgericht führt in seinem Beschluß vom 19.12.91 4) aus, daß der Inhalt der von einem Arbeitnehmer vom Arbeitsplatz aus geführten Telefongespräche dem Recht am eigenen Wort und deshalb dem Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unterfällt. Das Bundesverfassungsgericht definiert das Recht am eigenen Wort dahingehend, daß es die Befugnis des Sprechenden schützt, den Kreis der Adressaten seiner Worte selbst zu bestimmen. Diese Bestimmungsbefugnis wird nach Auffassung des Gerichts auch nicht ohne weiteres durch den dienstlichen oder geschäftlichen Charakter des Telefonats beseitigt.

Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts läßt sich zunächst ableiten, daß eine automatisierte und undifferenzierte Überwachung der Telefonate der Arbeitnehmer keinesfalls zulässig ist. Vielmehr muß eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers einerseits und den berechtigten Interessen des Arbeitgebers andererseits vorgenommen werden.

Nach umstrittener Rechtsprechung des BAG soll die Erfassung der äußeren Umstände eines Telefonats, wie die Aufzeichnung von Datum und Dauer des Gesprächs einschließlich der Zielrufnummer zulässig sein. 5) In einer weiteren Entscheidung 6) geht das BAG sogar davon aus, daß ein System zur Registrierung von Telefonaten der Mitarbeiter das allgemeine Persönlichkeitsrecht dann nicht verletzt, wenn das System lediglich die dienstlichen Telefonate vollständig registriert, während für private Gespräche aufgrund der Vorwahl einer bestimmten Kennziffer keine vollständige Registrierung erfolgt.

Es stellt sich nunmehr die Frage, inwieweit die dargelegten Grundsätze auf die eMail-Kommunikation übertragen werden können.

In der Literatur 7) wird davon ausgegangen, daß die von der Rechtsprechung für Telefongespräche entwickelten Grundsätze auch auf eMail übertragbar sind. Begründet wird dies mit der Überlegung, daß das "E-mailing" einen - wenn auch non-verbalen - Dialog zwischen mindestens zwei Kommunikationspartnern in kürzester Zeit, wie es für das Telefonat typisch ist, ermöglicht.

Dieser Ansicht ist im Grundsatz zuzustimmen. Für das eMail charakteristisch ist die Möglichkeit der direkten Kommunikation zwischen zwei Personen mittels des am Arbeitsplatz befindlichen PC's, während im postalischen Verkehr regelmäßig eine zentrale Posteingangs bzw. Ausgangsstelle zwischengeschaltet ist.

Die Kommunikation via eMail ist zudem durch schnellen und zum Teil auch formlosen Informationsaustausch geprägt. Der eMail-Verkehr steht daher dem Telefonverkehr näher als dem Briefverkehr. Es darf aber andererseits auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß gerade das flüchtig gesprochene Wort besonderen Schutz genießt. Da beim eMail ungeachtet der Möglichkeit des raschen Informationsaustausches eine Fixierung des Gedankeninhalts erfolgt, ist die Schutzbedürftigkeit geringer als beim Telefonat. 

Die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze zur Überwachung von Telefonaten können folglich in abgeschwächter Form auf das e-mailing übertragen werden. Aufgrund der aufgezeigten Unterschiede ist die Einwirkungsbefugnis des Arbeitgebers bei eMails aber tendenziell größer.

Eine automatisierte und undifferenzierte Überwachung und Aufzeichnung des eMail-Verkehrs kann nach den skizzierten Grundsätzen einen Verstoß gegen das auch im Privatrechtsverkehr über § 823 Abs. 1 BGB geltende allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen. Dies gilt zumindest bzgl. des Inhalts der Kommunikation auch dann, wenn es sich um dienstliche Mails handelt.

Die genannte Rechtsprechung zeigt aber auch deutlich, daß dem Arbeitgeber gewisse Kontrollmechanismen zur Verfügung stehen müssen und daß seine berechtigten Interessen im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung gegen die aus dem Persönlichkeitsrecht abgeleiteten Interessen des Arbeitnehmers abzuwägen sind. Diese verfassungsrechtlich gebotene Abwägung findet sich auch in z.T. konkretisierter Form in den im Anschluß zu erörternden einfachgesetzlichen Regelungen wieder.

Bundesdatenschutzgesetz 

Bei den im Rahmen einer Überwachung des eMail-Verkehrs zu gewinnenden Daten wird es sich regelmäßig um personenbezogene Daten des Arbeitnehmers handeln. Deren Verarbeitung ist nach § 4 Abs. 1 BDSG nur dann zulässig, wenn eine gesetzliche Gestattung vorliegt. In Umsetzung der Datenschutzrichtlinie (95/46/EG) wird § 4 Abs. 1 BDSG n. F. um die Datenerhebung erweitert.

Neben der Einwilligung des Betroffenen – im innerbetrieblichen Bereich – kommt vor allem den Gestattungstatbeständen des § 28 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BDSG große Bedeutung zu.8)

Hiernach ist das Speichern, Verändern oder Übermitteln – nach der geplanten Neufassung des § 28 BDSG auch das Erheben - von personenbezogenen Daten oder Ihre Benutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke zulässig im Rahmen der Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses oder vertragsähnlichen Verhältnisses mit dem Betroffenen (Nr. 1), sowie zur Wahrung berechtigter Interessen der speichernden Stelle, sofern kein Grund zu der Annahme besteht, daß das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluß der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt (Nr. 2).

Als Vertragsverhältnis i. S. v. Nr. 1 ist auch der Arbeitsvertrag anzusehen. Der Gesetzgeber fordert eine klare Zweckbindung. Die Datenverarbeitung muß in Zusammenhang zum konkreten Arbeitsverhältnis stehen und von einem objektiv gerechtfertigten betrieblichen Interesse getragen sein. Nach überwiegender Ansicht 9) ist zudem auch im Rahmen von § 28 Abs. 1 Nr. 1 das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, mithin also eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen.

Ein zentrales Anliegen des Arbeitgebers besteht gerade im Hinblick auf die Kommunikation per eMail in der Schaffung und Aufrechterhaltung der Systemsicherheit. Der Arbeitgeber ist als datenverarbeitende Stelle nach § 9 BDSG verpflichtet, die technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind um die Vorgaben des BDSG zu gewährleisten.

Dies bedingt ein Mindestmaß an Protokollierung der Datenströme, um Angriffe auf das interne Netzwerk bereits am Gateway abfangen zu können.

Der Arbeitgeber als Betreiber des internen Netzes hat folglich ein berechtigtes Interesse daran und zugleich die gesetzliche Verpflichtung, die Funktionsfähigkeit und Sicherheit seines Intranet zu gewährleisten. Vom Normzweck des § 9 BDSG ist ferner auch die Sicherung des Rechts der Mitarbeiter auf informationelle Selbstbestimmung umfaßt. 10)

Der Arbeitgeber ist mithin aus datenschutzrechtlichen Gründen sogar gehalten in gewissem Umfang Daten zu erheben und zu speichern. Freilich sind gerade hierbei die Grundsätze der Datensparsamkeit und der Zweckbindung zu beachten. Zu protokollieren ist nur das, was zur Aufrechterhaltung der Datensicherheit erforderlich ist. Die so erhobenen und gespeicherten Daten dürfen zudem nicht für andere Zwecke genutzt und weitergegeben werden.

Es kann deshalb kein Zweifel daran bestehen, daß ein Aufspüren und Ausfiltern maliziöser Inhalte zulässig, aus Gründen der Datensicherheit sogar geboten ist. Beispielhaft sei hier das Scannen von sog. eMail-Attachments genannt. Solche, an die eMail angehängten Dateien tragen maßgeblich zur Verbreitung von Computerviren bei, weshalb sie ein latentes Sicherheitsrisiko darstellen. Dennoch ist es aus technischer Sicht zumeist nicht erforderlich die Inhalte nach Stichwörtern zu scannen. 11) Solange es keine triftigen Gründe für eine derartige Inhaltskontrolle gibt, sollte sie aus datenschutzrechtlicher Sicht unterbleiben.

Teledienstedatenschutzgesetz

Namentlich Müller 12) vertritt die Auffassung, daß im Hinblick auf die Überwachung der eMail-Kommunikation des Arbeitnehmers das TDDSG zu beachten sei. Wäre dies so, würde das TDDSG im Rahmen seines Anwendungsbereichs das BDSG verdrängen (§ 1 IV BDSG).

Ohne nähere Begründung geht Müller davon aus, daß das "E-mailing" Teledienst im Sinne des TDG sei, weshalb seiner Auffassung nach auch der Anwendungsbereich des TDDSG eröffnet ist (§ 1 I TDDSG).

Diese Ansicht verkennt, daß das Internet selbst und seine einzelnen Dienste nicht als Teledienste i. S. d. TDG/TDDSG anzusehen sind. Die Internet-Dienste stellen lediglich das Medium zum Transport von Telediensten zur Verfügung. Teledienste selbst sind demgegenüber einzelne Inhaltsangebote.13) Diese Unterscheidung wird bei einer Gesamtbetrachtung der in § 2 TDG exemplarisch aufgezählten Teledienste auch recht deutlich. Der Internetdienst eMail kann folglich zwar Teledienste vermitteln, bleibt aber selbst dem Bereich der Telekommunikationsdienstleistung zugeordnet.

Die Anwendung des TDDSG auf das betriebliche "E-mailing" ist aber noch aus einem anderen Grund abzulehnen.

Die nicht abschließende Aufzählung von Telediensten in § 2 TDG stellt immer auf ein Angebot im Sinne eines Offerierens ab und macht damit deutlich, daß einem Diensteanbieter ein Nutzer oder Verbraucher als Konsument gegenübersteht. Diese Regelungsstruktur paßt für dienstliche Kommunikationsmittel überwiegend nicht. 

Der Arbeitgeber stellt dem Arbeitnehmer ein Werkzeug, das der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis dient, zur Verfügung. Arbeitgeber und Arbeitnehmer stehen sich hierbei nicht als Anbieter und Nutzer gegenüber. Die Überlassung eines Arbeitsmittels begründet kein Nutzungsverhältnis im Sinne von TDG/TDDSG, sondern stellt einen reinen tatsächlichen Vorgang im Rahmen des Arbeitsverhältnisses dar.14)

Das TDDSG ist folglich auf Fragen im Zusammenhang mit der betrieblichen Nutzung von E-mail nicht anwendbar.

Das Fernmeldegeheimnis des Telekommunikationsgesetzes

Gemäß § 85 Abs. 2 TKG ist zur Wahrung des (einfachgesetzlichen) Fernmeldegeheimnisses, das in § 85 Abs. 1 TKG niedergelegt ist, verpflichtet, wer geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt. Nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 5 TKG ist unter geschäftsmäßigem Erbringen von Telekommunikationsdienstleistungen das nachhaltige Angebot von Telekommunikation einschließlich des Angebots von Übertragungswegen für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht zu verstehen.

Der Gesetzesbegründung zufolge sollen hierunter auch betriebliche Telekommunikationsanlagen fallen, sofern den Mitarbeitern die private Nutzung gestattet wird. 15) Dies entspricht auch der herrschenden Meinung in der Literatur. 16) 

Diese Auffassung ist bedenklich. Weder der Wortlaut noch die ratio des Gesetzes legt diese Annahme nahe. Wie oben in anderem Zusammenhang bereits ausgeführt, stehen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer grundsätzlich nicht, wie vom Wortlaut des § 3 Nr. 5 TKG gefordert, im Verhältnis Anbieter und Dritter gegenüber. Der Arbeitgeber stellt dem Arbeitnehmer sein Telekommunikationssystem im Rahmen des Arbeitsvertrages als Arbeitsmittel zur Verfügung. Die Gestattung gelegentlicher privater Telefonate oder eMails – während der Arbeitszeit! – ändert hieran nichts.17) 

Folgt man der herrschenden Meinung, so unterliegt der Arbeitgeber nur dann nicht dem Fernmeldegeheimnis des § 85 Abs. 1 TKG, wenn in seinem Betrieb eine private Nutzung der Telekommunikationseinrichtungen nicht gestattet ist. Ob der Arbeitnehmer das Telekommunikationssystem des Arbeitgebers benutzen darf, richtet sich nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages, der durch betriebliche Übung ausgestaltet sein kann. 18) Liegt eine solche Regelung oder Übung nicht vor, ist grundsätzlich davon auszugehen, daß private Telefonate und eMails nicht gestattet sind und eine Zuwiderhandlung des Arbeitnehmers einen Verstoß gegen den Arbeitsvertrag darstellt.

Der Arbeitgeber kann die Benutzung der betrieblichen Telefonanlage für private Gespräche verbieten. Der Betriebsrat hat insoweit kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht.19)

Der Arbeitgeber hat somit nach herrschender Auffassung die Möglichkeit, sich durch das Verbot privater Telekommunikation der Bindungen der §§ 85 ff. TKG zu entledigen. Dies bedeutet freilich nicht, daß der Arbeitgeber deshalb die eMails seiner Mitarbeiter nach Belieben überwachen und kontrollieren kann, da die datenschutzrechtlichen Vorschriften sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht weiterhin zu beachten sind.

Anders ist dies, wenn eine Zustimmung des Arbeitnehmers vorliegt. Diese Zustimmung kann u. U. auch mittels arbeitsvertraglicher Regelung oder Betriebsvereinbarung erlangt werden. Aber auch mittels solcher Regelungen kann eine pauschale Kontrollmöglichkeit der eMails nicht erreicht werden 21), da auch bei der Ausgestaltung derartiger Regelungen die skizzierten verfassungsrechtlichen Wertungen zu beachten sind. Zudem muß berücksichtigt werden, daß die Überwachung der Arbeitnehmer mittels technischer Einrichtungen der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegt (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BtrVG). An den Begriff der technischen Einrichtung sind hierbei keine besonderen Anforderungen zu stellen. Es genügt, daß die Einrichtung aufgrund ihrer technischen Gegebenheiten und ihres konkreten Einsatzes objektiv zur Überwachung der Arbeitnehmer geeignet ist. Dabei ist es unerheblich, ob dies nur ein Nebeneffekt der technischen Einrichtung ist, oder ob die erfaßten Arbeitnehmerdaten gezielt vom Arbeitgeber ausgewertet werden.22)

Sofern der Arbeitgeber den Bindungen der §§ 85 ff. TKG unterliegt, hat er auch die einschlägigen datenschutzrechtlichen Vorschriften zu beachten. Die Telekommunikationsdienstunternehmendatenschutzverordnung (TDSV) ist ungeachtet sonstiger strittiger Fragen jedenfalls nur auf solche Unternehmen und Diensteanbieter anwendbar, die der Öffentlichkeit angebotene Telekommunikationsdienstleistungen erbringen oder daran mitwirken. Die TDSV gilt folglich nur für Unternehmen auf dem Telekommunikationsdienstleistungssektor.23) Für alle anderen Unternehmen gilt lediglich das TKG. Da von der Verordnungsermächtigung des § 89 TKG bislang kein Gebrauch gemacht wurde, ist weitestgehend auf die Regelungen des BDSG, die bereits erläutert wurden, zurückzugreifen. Lediglich diejenigen datenschutzrechtlichen Vorschriften des TKG, die keiner weiteren Umsetzung bedürfen beanspruchen bereits Geltung.24)

(Nachtrag: Mittlerweile ist die neue Telekommunikations-Datenschutzverordnung erlassen worden, die abweichend von der bisherigen TDSV auf alle Unternehmen anwendbar ist, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen. Wenn man der h.m. folgt, unterliegt damit auch derjenige Arbeitgeber, der die private Nutzung seiner Telekommunikationseinrichtungen gestattet, den Regelungen der Verordnung)

Daneben verpflichtet § 87 TKG den Betreiber von Telekommunikationsanlagen zu angemessenen technischen Vorkehrungen oder sonstigen Maßnahmen zum Schutze 

1. des Fernmeldegeheimnisses und personenbezogener Daten, 

2. der programmgesteuerten Telekommunikations- und Datenverarbeitungssysteme gegen unerlaubte Zugriffe, 

3. gegen Störungen, die zur erheblichen Beeinträchtigung von Telekommunikationsnetzen führen und 

4. von Telekommunikations- und Datenverarbeitungssystemen gegen äußere Angriffe und Einwirkungen von Katastrophen zu treffen.

In noch stärkerem Maße als die Vorschrift des § 9 BDSG verpflichtet § 87 TKG den Betreiber von Telekommunikationsanlagen zur Gewährleistungen der Systemsicherheit sowie zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses und personenbezogener Daten. Allein dieser Umstand macht, wie oben bereits im Zusammenhang mit § 9 BDSG dargelegt, eine Protokollierung der Datenströme bereits am Gateway im erforderlichen Umfang nötig.

Das einfachgesetzliche Fernmeldegeheimnis des §. 85 Abs. 1 TKG ist nach überwiegender Auffassung vom Arbeitgeber dann zu beachten, wenn den Arbeitnehmern aufgrund des Arbeitsvertrages, von betrieblicher Übung oder durch Betriebsvereinbarung gestattet ist, die Telekommunikationseinrichtungen auch privat zu nutzen.

V. Regelungen bei urlaubs- oder krankheitsbedingter Abwesenheit des Mitarbeiters

Bei Mitarbeitern, die vom Arbeitgeber einen persönlichen eMail-Account zugewiesen bekommen haben, um darüber dienstliche Kommunikation abzuwickeln, stellt sich die Frage, ob und in welcher Form der Arbeitgeber berechtigt ist, während der Abwesenheit des Mitarbeiters die ankommenden eMails einzusehen.

Da dem Mitarbeiter der eMail-Account gerade für Zwecke der dienstlichen Kommunikation zur Verfügung gestellt wird, und mithin in seiner Mailbox auch überwiegend Mails mit dienstlichem Bezug eingehen werden, die an sich an das Unternehmen gerichtet sind, muß der Arbeitgeber die Möglichkeit haben, diese eMails einzusehen. Es ist zu erwarten, daß sich unter den eingehenden eMails auch solche befinden, die z.B. von Geschäftspartnern des Unternehmens stammen und der zeitnahen Bearbeitung und Beantwortung bedürfen.

Aus diesem Grunde besteht ein überragendes betriebliches Interesse daran, während der Abwesenheit eines Mitarbeiters Kenntnis vom Inhalt betriebsbezogener eMails nehmen zu können. Eine Abwägung der beiderseitigen Interessen muß hier zugunsten des Einsichtnahmerechts des Arbeitgebers ausfallen. Der Persönlichkeitsschutz ist durch schützenswerte betriebliche Interessen des Arbeitgebers begrenzt 25)

VI. Zusammenfassung

1. Die Kommunikation des Arbeitnehmers via E-mail unterliegt dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das als sonstiges Recht im Sinne von § 823 I BGB auch im Privatrechtsverkehr Geltung beansprucht.

Eine pauschale und undifferenzierte Überwachung des eMail-Verkehrs der Arbeitnehmer verstößt grundsätzlich gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht.

Der Arbeitgeber ist befugt, im Einzelfall Kenntnis vom Inhalt dieser Kommunikation zu nehmen, sofern ein berechtigtes betriebliches Interesse hieran besteht und der Zugriff unter Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Mitarbeiters verhältnismäßig ist.

2. Aus dem BDSG und dem TKG folgt die Verpflichtung des Unternehmers zum Schutz der personenbezogenen Daten seiner Mitarbeiter und zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses. Diese Verpflichtung ist nur erfüllbar, wenn der Unternehmer seine Telekommunikations- und EDV-Anlagen gegen unerlaubte Zugriffe sowie gegen Störungen und sonstige Beeinträchtigungen schützt. Hierfür ist in gewissem Umfang eine Protokollierung der Datenströme, was häufiger auch mit einer Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten verbunden sein wird, erforderlich.

3. Das Teledienstedatenschutzgesetz ist auf den eMail-Verkehr grundsätzlich nicht anwendbar, da das Medium eMail als solches keinen Teledienst darstellt. Des weiteren stehen sich der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer auch nicht in einem Verhältnis von Anbieter und Nachfrager gegenüber, wie vom TDG/TDDSG vorausgesetzt.

(Dieser Beitrag wurde im Jahre 2000 verfasst)

Fußnoten:

  1. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 55 II 4 a
  2. BVerfG, NJW 1992, 815; BAG RDV 1998, 69, BGH NJW 1988, 1016
  3. z. B. Müller RDV 98, 205; Raffler/Hellich NZA 1997, 862
  4. BVerfG, NJW 1992, 815
  5. BAG, RDV 1991, 79
  6. BAG, Beschluß vom 27.05.1986, SAE 1989, 283
  7. Müller RDV 1998, 205 (206); Raffler/Hellich NZA 1997, 862
  8. Als Gestattungsnormen kommen daneben auch Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge in Betracht; vgl. Fitting/Kaiser, BetrVG, § 83 Rn. 28
  9. vgl. Müller, a.a.O., 208, m. w. N.
  10. Schneider, Handbuch des EDV-Rechts, B Rn. 406
  11. Köhntopp, Seeger, Gundermann, Firewalls, 82
  12. a.a.O., 210 ff.; offenbar auch Holznagel in Handbuch Multimdiarecht, 3.2. Rn. 57
  13. Engel/Flechsig in Büllesbach, Datenschutz im Telekommunikationsrecht, 93 f.
  14. Büllesbach, DuD 1999, 263
  15. vgl. Moritz, Handbuch Multimediarecht, 3.1. Rn. 247
  16. Pooth, Datenschutz in der Telekommunikation in Hoeren/Holznagel, Datenschutz und Mulimedia, 163 (168)
  17. ähnlich auch Wuermeling/Felixberger, CR 1997, 231
  18. Schaub, a. a. O.
  19. Schaub, a. a. O.
  20. BVerfG, a. a. O.
  21. Müller, a. a. O., 208
  22. Fitting/Kaiser, BetrVG, § 87 Rn. 219 ff., StR.
  23. vgl. auch Pooth, a. a. O., 189
  24. hierzu näher Königshofen in Büllesbach, a.a.O., 188 ff.
  25. vgl. Kania in Küttner, Personalbuch 1999, Ziff. 332 Rn. 4