Das Gästebuch des Anwalts, ein Verstoss gegen das Berufsrecht?

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  • vom 17.03.2008
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Das nunmehr ergangene Endurteil des LG Nürnberg-Fürth (Az.: 3 O 1435/98) und die Tatsache, daß die betroffenen Rechtsanwälte wegen des schwebenden Rechtsstreits ihre Seiten komplett vom Netz genommen genommen haben, hat uns dazu veranlaßt unseren Beitrag zu diesem Thema fortzusetzen.

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Die Argumentation des Gerichts, mit der die Führung eines anwaltlichen Gästebuchs untersagt wird, läßt sich kurz wie folgt zusammenfassen:

Das LG zieht einen Vergleich eines Hotelgästebuchs mit dem Internetgästebuch. Hierzu führt das Gericht aus, daß nach der Lebenserfahrung davon auszugehen sei, daß in einem Internetgästebuch ebenso wie in dem eines Urlaushotels überwiegend positive Dinge, wie Lob und Anerkennung, über den die Homepage unterhaltenden Rechtsanwalt niedergeschrieben würden. Aus diesem Grunde liege eine unsachliche anwaltliche Werbung in Form subjektiver Belobigungen des Verfügungsbeklagten auf der Hand. Die Präsentation derartiger Belobigungen auf der eigenen Homepage sei deshalb eine unsachliche Werbung im Sinne des Berufsrechts.

Die Entscheidung ist mangels Vergleichbarkeit des anwaltlichen Gästebuchs mit dem eines Urlaubshotels m.E. unrichtig.

In Online-Gästebüchern finden sich zumeist Anmerkungen zur Site selbst und weniger zur Person des Betreibers. Bei Gästebucheinträgen auf WWW-Pages geht es deshalb regelmäßig um Meinungen im Hinblick auf die Gestaltung der Site, was auch naheliegend ist, weil der überweigende Teil der Besucher einer Anwaltshomepage nicht aus (potentiellen) Mandanten besteht. Unsere Homepage zum Beispiel kann derzeit ca. 1500 Pageviews pro Monat aufweisen. Es ist wohl auf der Hand liegend, daß davon nicht mal 1% potentielle Mandanten sind - 15 neue Mandate im Monat, die über das Internet kommen, wäre traumhaft.

Das Hotelgästebuch ist also dadurch geprägt, daß Gäste, die eine bestimmte Zeit im Hotel zugebracht haben ihre Eindrücke schildern. Beim Internetgästebuch ist dies grundlegend anders. Die Mehrzahl der Besucher einer Anwaltshomepage kennt den Anwalt nicht und kann deshalb auch keine eigenen Eindrücke über die Qualität der anwaltlichen Tätigkeit wiedergeben, weshalb dies logischerweise auch nicht getan wird.

Es ist daher schon verwunderlich, wenn das Gericht von allgemeiner Lebenserfahrung spricht. Es geht hier wenn dann schon um spezielle Lebenserfahrung im Umgang mit dem Medium Internet. Diese Lebenserfahrung kann das erkennende Gericht augenscheinlich nicht für sich reklamieren.

Das Argumentationsgebäude des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist ein Konstrukt, das bei näherer Betrachtung wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt, da die Stichhaltigkeit der Entscheidungsgründe mit der Vergleichbarkeit von Anwalts- und Hotelgästebuch steht und fällt.

Am Rande sei noch angemerkt, daß das erkennende Gericht in seiner Eilentscheidung in der gleichen Angelegenheit noch gänzlich anders argumentiert hatte, was auch als Indiz für die Unsicherheit der Richter im Umgang mit dem Thema Internet gewertet werden muß.

Das Betrübliche an der ganzen Entscheidung ist aber, daß sich die betroffenen Anwälte veranlaßt sahen, wegen des schwebenden Rechtsstreits ihre Seiten vorübergehend vollständig vom Netz zu nehmen. Die Entscheidung führt somit zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Berufsfreiheit dieser Rechtsanwälte, die durch nichts zu rechtfertigen ist.