Ausschluß des Versorgungsausgleichs II

Details zum Urteil

  • Oberlandesgericht Karlsruhe
  • Beschluss
  • vom 10.06.1999
  • Aktenzeichen 18 UF 62/99, 43 F 151/98
  • Abgelegt unter Familienrecht

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  1. Das Urteil
  2. Die Entscheidungsgründe

Das Urteil

In der Familiensache (...)

wegen Ehescheidung

h i e r: Prozeßkostenhilfe

hat der 18. Zivilsenat -Senat für Familiensachen- beschlossen:

Das Gesuch des Antragsgegners auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wird zurückgewiesen.

Die Entscheidungsgründe

I.

Durch Verbundurteil vom 12.03.1999 hat das Familiengericht die am 14.10.1961 geschlossene Ehe zwischen der am 30.11.1940 geborenen Antragstellerin und dem am 19.06.1939 geborenen Antragsgegner, aus der die Kinder Rüdiger, geb. am 03.07.1960, Volker, geb. am 17.03.1962, Franz, geb. am 22.01.1963, und Margarete,. geb. am 22.01.1973, hervorgegangen sind, geschieden und den Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, daß es vom Konto des Antragsgegners bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auf das Konto der Antragstellerin bei der Landesversicherungsanstalt Baden Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 1.055,09 DM übertragen hat (Ziff. 2 des Urteilsausspruchs). Bei Durchführung des Versorgungsausgleichs ist das Familiengericht davon ausgegangen, daß die Antragstellerin während der Ehezeit vom 01.10.1961 bis 30.06.1998 Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 236,83 DM und der Antragsgegner solche in Höhe von 2.347 DM monatlich erworben hat. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.

Der Antragsgegner beabsichtigt, gegen den Ausspruch zum Versorgungsausgleich Beschwerde mit dem Ziel einzulegen, den erstinstanzlich festgelegten Ausgleichsbetrag herabzusetzen. Für das beabsichtigte Berufungsverfahren begehrt er Prozeßkostenhilfe. Zur Begründung trägt er vor, die vollständige Durchführung des Versorgungsausgleichs sei wegen der längeren Trennungszeit grob unbillig i.S.d. § 1587 c Nr. 1 BGB. Auf den Entwurf der Beschwerdebegründung vom 14.04.1999 wird Bezug genommen (II 7 if.).

II.

Prozeßkostenhilfe ist zu versagen, weil der beabsichtigten Beschwerde die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt (§ 114 ZPO).

Eine der Scheidung vorausgehende längere Trennung der Parteien gibt zwar Anlaß zur Prüfung, ob die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs aus Billigkeitsgründen in Betracht kommt. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Parteien bereits vor Inkrafttreten des ersten EheRG am 01.07.1977 getrennt gelebt haben oder nicht (vgl. BGH, Fam RZ 1993, 302, 303).

Die Voraussetzungen für eine Kürzung des Versorgungsausgleichs liegen jedoch weder nach Art. 12 Nr.3 Abs. 3 S.3 und 4 1. EheRG bei unterstellter Trennung im Jahre 1975 (Vortrag Antragsgegner) noch nach § 1587 c Nr.1 BGB bei angenommener Trennung erst seit 1979 (Vortrag Antragstellerin) vor.

Im Verhältnis zum tatsächlichen Zusammenleben der Parteien erscheint die Dauer der Trennung von etwa 21 bzw. 17 Jahren zwar besonders lang. Einer groben Unbilligkeit i.S.d. Art. 12 Nr.3 Abs. 3 S.3 und 4 1. EheRG, § 1587 c Nr.1 BGB steht aber das schutzwürdige Vertrauen der Antragstellerin auf den Erhalt ihrer vom Antragsgegner abgeleiteten Alterssicherung entgegen. Ausweislich des vorliegenden Versicherungsverl aufs (1 UA VA 39 ff.) ist die Antragstellerin letztmals im Juli 1972 sozialversicherungspfl ichtig tätig gewesen. Zumindest bis zur Volljährigkeit der gemeinsamen Tochter Margarete am 22.01.1991 hat sie deren Betreuung wahrgenommen, die wegen immer wieder auftretender epileptischer Anfälle der Tochter - auch wenn deren Häufigkeit vom Antragsgegnerin Frage gestellt wird - aufgrund eines im Kleinkindalter erlittenen Schlaganfalls über das normale Maß der Betreuung eines gleichaltrigen gesunden Kindes hinausging.

Insbesondere die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes nach der Trennung rechtfertigt ein Vertrauen des Ausgleichsberechtigten auf den Fortbestand der Altersversorgung durch den Ausgleichspflichtigen (BGH, FamRZ 1985, 280, 282; Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 3. Aufl., § 1587 c BGB, Rn. 26; RGRK/Wick, BGB, 12. Aufl. 1995, § 1587 c Rn. 54; FamK Rolland 1994, § 1587 c Rn. 27).

Darüber hinaus ist für die Zeit ab der Volljährigkeit der Tochter Margarete am 22.01.1991 zu berücksichtigen, daß der Antragsgegner der Antragstellern nach eigenem Vortrag bis April 1998 einen monatlichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 1.700 DM bezahlt hat, obwohl er aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs vom 15.05.1979 nur 710DM monatlich schuldete. Zudem hat er in der Vergangenheit der Antragstellerin finanzielle Sonderzuwendungen erbracht. Damit hat er gegenüber der Antragstellerin zum Ausdruck gebracht und das Vertrauen in ihr geweckt, daß sie auch weiterhin von ihm nach der Trennung versorgt wird (vgl. JohannsenlHenrich/Hahne, a.a.O.; RGRK/Wick, a.a.O., jeweils m.w.N.).

Davon ausgehend bestand für die Antragstellerin kein Anlaß zum Aufbau einer eigenen Altersversorgung durch Aufnahme einer sozialversicherungspfl ichti gen Tätigkeit. Unter Abwägung aller Umstände ist das Schutzbedürfnis der Antragstellerin auf den Fortbestand ihrer Alterssicherung durch vollständige Durchführung des Versorgungsausgleichs höher zu veranschlagen als das Interesse des Antragsgegners, den Versorgungsausgleich zu kürzen, so daß die Entscheidung des Familiengerichts zum Versorgungsausgleich im Ergebnis - wobei der Ausgleichsbetrag richtig ermittelt worden ist - nicht in Frage zu stellen ist.