Rückforderung von Dialer-Entgelten

Details zum Urteil

  • Amtsgericht Freising
  • Urteil
  • vom 16.06.2004
  • Aktenzeichen 23 C 1225/03
  • Abgelegt unter IT-Recht
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Der Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Gebühren für die Nutzung eines Mehrwertdienstes.

Am 25.06.2001 wurde vom Computer des Klägers durch ein Dialer-Programm eine Verbindung zur Rufnummer 0190-826042 aufgebaut. Die Verbindung blieb 7 Stunden 27 Minuten bestehen. Die Deutsche Telekom AG stellte für diese Verbindung am 26.7.01 1621,62 DM (umgerechnet 829,12 EUR) in Rechnung. Der Kläger beglich diese Rechnung durch Zahlung an die DTAG. Am 1.11.01 stellte er Strafanzeige wegen Betrugs gegen unbekannt. Die eingeschaltete Polizei untersuchte den Computer am 10.12.2001, fand jedoch keine Spuren eines Dialer-Programms.

Die streitgegenständliche Rufnummer wurde vom Zeitpunkt der Verbindung von der Beklagten betrieben. Die Beklagte vermietete die Nummer an mehrere Inhaltsanbieter weiter, für die sie die technische Abrechung der Entgelte übernahm.

Der Kläger behauptet, das Dialer-Programm habe sich ohne sein Wissen und Wollen installiert. Nachdem es jetzt nicht mehr vorhanden ist, müsse es sich selbst gelöscht haben. Es sei der Beklagten jederzeit möglich, nur aufgrund der Verbindungsdaten und der angewählten Rufnummer den Inhaltsanbieter zu benennen.

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Die Beklagte meint, sie sei wie die Telekom nur eine technische Dienstleisterin. (...) Eine Nennung des Inhaltsanbieters sei technisch nur dann möglich, wenn der Kläger seinerseits den Namen des Dialer-Programms angebe. Sich selbst löschende Dialer-Programme hätte es 2001 noch nicht gegeben, zumindest aber hätten ihre Kunden keine sich selbst löschenden Dialer-Programme verwendet.

Die Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus positiver Forderungsverletzung zu. Ein solcher Anspruch setzt einen wirksamen Vertrag voraus. Ein Vertrag wurde zwischen den Parteien nicht geschlossen.

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Mangels Vertrages scheidet auch ein Anspruch aus der vertraglichen Nebenpflicht aus, die Verbindung nach einer Stunde zu unterbrechen.

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Ein deliktischer Anspruch besteht nicht. Für § 823 I BGB fehlt es an einer Rechtsgutsverletzung.

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Auch ein Anspruch aus § 812 I 1 (1) BGB besteht nicht. Hierfür fehlt es schon an einer Leistung zwischen dem Kläger und der Beklagten. (...)

Im Falle der Inanspruchnahme von Mehrwertdiensten sind die Leistungsverhältnisse parallel zu den Vertragsverhältnissen zu sehen. Die Leistung eines Nutzers auf den in Rechnung gestellten Mehrwertdienst ist zum einen als eine Leistung an den technischen Erbringer des Telefondienstevertrages anzusehen, zum anderen als Leistung an den Inhaltsanbieter zur Abgeltung der Inanspruchnahme des kostenpflichtigen Inhalts. An beiden Leistungsverhältnissen ist die Beklagte nicht beteiligt. Sie ist damit nicht Leistungsempfängerin. Auch muss sie sich nicht als Leistungsempfängerin behandeln lassen, weil sie keine Auskunft über den Inhaltsanbieter gibt. Es kann dahin stehen, ob sich ein technischer Durchleiter, der sich weigert, den Inhaltsanbieter zu nennen, als Leistungsempfänger zu behandeln ist, denn die Beklagte ist bereit und willens den Inhaltsanbieter zu nennen, wenn ihr der verwendete Dialer mitgeteilt wird.

Auch ein Anspruch aus Eingriffskondiktion scheidet aus. Eine Eingriffskondiktion scheitert aufgrund des Subsidiaritätsgrundsatzes, da ein Leistungsverhältnis mit der Möglichkeit der Leistungskondiktion vorliegt.

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Kommentar von

Diese neue Entscheidung zeigt, dass auch nach dem Dialer-Urteil des BGH keinesfalls alle Streitfragen geklärt sind.

Im vorliegenden fall bestand die Besonderheit allerdings auch darin, dass der Betroffene das Entgelt zunächst über seine Einzugsermächtigung gegenüber der Telekom bezahlt hat und ein Dialer auf seinem PC nachträglich auch nicht mehr feststellbar war. Anschließend hat er gegen die von der Telekom als Leistungserbringer und Zahlungsempfänger benannte Beklagte Rückforderungsansprüche geltend gemacht.

Das Gericht hat schließlich der fragwürdigen Behauptung der Beklagten, sie sei nicht Erbringerin des Mehrwertdienstes und könne den Diensteanbieter allein aufgrund der Rufnummer und des Zahlbetrages aus technischen Gründen nicht benennen, Glauben geschenkt und Rückforderungsansprüche gegen die Beklagte verneint.