Keine Haftung des Anbieters eines Free-Mail-Dienstes für wettbewerbswidrige Faxwerbung

Details zum Urteil

  • Oberlandesgericht Karlsruhe
  • Urteil
  • vom 08.05.2002
  • Aktenzeichen 6 U 197/01
  • Abgelegt unter Gewerblicher Rechtsschutz, IT-Recht

Leitsatz der Kanzlei

Der Anbieter eines sog. Free-Mail-Dienstes, der es seinen Kunden ermöglicht kostenlos E-Mails, SMS und Telefaxe zu versenden und zu empfangen haftet nicht für wettbewerbswidrige Telefaxe, die über seinen Dienst verschickt worden sind.

Der Tatbestand

Die Beklagte bietet im Rahmen von Internet-Dienstleistungen den sogenannten Free Mail-Dienst an, der es ausschließlich privaten Nutzern nach Registrierung ermöglicht, kostenlos u.a. E-Mails, SMS und Telefaxe zu empfangen und zu versenden. Von dieser Möglichkeit machen über 4,7 Millionen Personen Gebrauch. Mit der Anmeldung über das Internet erfolgt bereits eine vorläufige Freischaltung bis zur späteren Registrierung, die im Anschluss an den über Internet gestellten Antrag des Nutzers aufgrund brieflicher Korrespondenz der Beklagten mit den Anmeldern erfolgt. Bis zur endgültigen Anmeldung und Registrierung der persönlichen Daten können die Nutzer über die von der Beklagten bereits vorläufig zur Verfügung gestellte Faxnummer Faxsendungen empfangen. Diesen Umstand hat sich ein anonym tätiger Gewerbetreibender zu Nutze gemacht, indem er an Privatpersonen unbestellte Faxwerbung (für Musik-CD) richtete, auf denen eine von der Beklagten vorgegebene Faxnummer als Bestelladresse angegeben war.

Die Entscheidungsgründe

Gleichwohl hat die Beklagte für dieses Verhalten (eines) ihrer Nutzer nicht als Störerin einzutreten. Dafür fehlt es hier an den Voraussetzungen einer Mitwirkung der Beklagten an dem Missbrauch des Internet-Faxanschlusses für wettbewerbswidrige Zwecke. Der rechtswidrig handelnde Dritte nutzt das von der Beklagten für einen unbestimmten Kreis von Interessenten bereit gehaltene Dienstleistungssystem lediglich aus, ohne dass dessen Handeln die Beklagte mit zu vertreten hätte. Ihr fehlt nicht nur die tatsächliche, sondern auch die rechtliche Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Nutzung der von ihr zur Verfügung gestellten Faxanschlüsse. Das bloße Internet-Angebot eines konkreten Anschlusses zur Telekommunikation, etwa durch vorläufige Freischaltung einer zum Empfang von Faxnachrichten berechtigenden Faxnummer, kann nicht als eine von dem Anbieter zu verantwortende Verletzungshandlung qualifiziert werden. Es gilt hier nichts anderes als etwa im Verhältnis der Telekom zu ihren Anschlusskunden. In beiden Fällen stellt der Anbieter des Fax-Anschlusses lediglich die technische Möglichkeit zur Übermittlung von Daten zur Verfügung, ohne dass er für den Inhalt der übermittelten Information verantwortlich zeichnet oder auch nur verantwortlich gemacht werden könnte. Deshalb hat er von Rechts wegen dafür auch nicht einzustehen. Abs. 14
Diese rechtliche Bewertung folgt für den vorliegenden Kontext insbesondere aus § 5 Abs. 3 TDG. Nach dieser Bestimmung sind Diensteanbieter (§ 3 Nr. 1 TDG) für fremde Inhalte, zu denen sie lediglich den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich. Das Gesetz stellt damit Anbieter, die lediglich mit der Beförderung der Kommunikationsdaten Dritter befasst sind, ohne auf die fremden Inhalte Einfluss nehmen zu können, von jeder Verantwortlichkeit für diese Inhalte frei. Reine Access-Provider sollen danach nicht anders behandelt werden, als die Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen. Die Privilegierung der Diensteanbieter lässt freilich die nach § 5 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 TDG bestehende Verpflichtung zur Sperrung der Nutzung unberührt. Darum streiten die Parteien hier jedoch nicht; vielmehr hat die Beklagte unbestritten vorgetragen, dass sie nach Kenntniserlangung von der verbotswidrigen Nutzung den Faxanschluss unverzüglich gesperrt habe.

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