Vorrang des Namensrechts eines berühmten Unternehmens bei Gleichnamigkeit (krupp.de)

Details zum Urteil

  • Oberlandesgericht Hamm
  • Urteil
  • vom 13.01.1998
  • Aktenzeichen 4 U 135/97 (CR 1998, 241)
  • Abgelegt unter Gewerblicher Rechtsschutz, IT-Recht
  • Kommentiert von

Leitsatz der Kanzlei

Das Namensrecht eines Unternehmens geht dem Namensrecht einer natürlichen Person bei Gleichnamigkeit zumindest dann vor, wenn der Firmenname des Unternehmens eine überragende Verkehrsgeltung besitzt.

Der Tatbestand

Da die Entscheidung unter http://www.online-recht.de/ mit Tatbestand und Gründen abrufbar ist, soll der Schwerpunkt unserer Ausführungen auf einer rechtlichen Bewertung des Urteils liegen.

Im zu entscheidenden Fall hat die Krupp AG von einem Herrn Krupp die Unterlassung der Benutzung der Domain http://www.krupp.de/ sowie die Herausgabe dieser Domain verlangt.

Das OLG Hamm verurteilte den Beklagten zur Unterlassung der Benutzung der Domain. Einen Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der Domain vermochte das Gericht nicht zu erkennen, vielmehr muß der Beklagte seine Domain lediglich freigeben, was aber auch zur Folge hat, daß der Beklagte den Domainnamen beim Denic löschen lassen muß.

Kommentar von

Das OLG Hamm stützt sein Urteil ausschließlich auf das Namensrecht des § 12 BGB, während das LG Bochum in erster Instanz noch einen Unterlassungsanspruch aus § 15 II, IV MarkenG bejaht hatte.

Das erstinstanzliche Urteil krankte bereits daran, daß das LG Bochum im Rahmen des § 15 II MarkenG die Frage der unbefugten Benutzung einer geschäftlichen Bezeichnung nicht (korrekt) geprüft hatte. Insbesondere wurde der einschlägigen Norm des § 23 S.1 MarkenG keine Beachtung geschenkt. Nach dieser Vorschrift hat der Inhaber einer Marke oder geschäftlichen Bezeichnung nicht das Recht, einem Dritten die Benutzung dessen Namens im geschäftlichen Verkehr zu verbieten. Da die Voraussetzungen dieser Vorschrift m.E. gegeben sind, kann auch die Verwendung des bürgerlichen Namens Krupp als Domainname nicht unbefugt i.S.d. § 15 II MarkenG sein.

Das Berufungsurteil des OLG Hamm umschifft diese Klippe scheinbar, indem es mangels Annahme einer markenrechtlichen Verwechselungsgefahr allein auf § 12 BGB abstellt. Bereits die diesbezügliche Argumentation des Senats kann nicht überzeugen, da der Ausgangspunkt, daß auch der Beklagte den Schutz des § 12 BGB genießt, nicht deutlich genug herausgearbeitet wird. Aufgrund dieser Ausgangssituation hätten die jeweiligen Rechtspositionen der Parteien sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müßen, zumal bei dieser Frage - das Namensrecht als Ausfluß des allgemeinen Persönlichkeitsrechts - auch verfassungsrechtliche Aspekte eine Rolle spielen. Diesen Anforderungen wird die Begründung des erkennenden Senats nicht gerecht, da die Entscheidungsgründe in relativ einseitiger Art und Weise ausschließlich auf einen Vorrang des Namens der Klägerin, aufgrund einer besonderen Verkehrsgeltung ihres Namens, abstellen.

Auch die Tatsache, daß wiederrum § 23 S.1 MarkenG mit keinem Wort erwähnt wurde, verwundert. M.E. läßt sich aus dieser Vorschrift ein allgemeiner Rechtsgedanke ableiten, der zur Annahme eines Vorrangs oder zumindest zur Gleichrangigkeit des natürlichen Namens führen muß.

Selbst wenn man nicht so weit gehen will, bleibt die Entscheidung im Ergebnis frappierend. Wäre nämlich das MarkenG zur Anwendung gelangt, was ja bedeutet hätte, daß aufgrund einer markenrechtlichen Verwechselungsgefahr die Beeinträchtigung der klägerischen Namensbezeichnung wesentlich stärker hätte ausfallen müßen als vom erkennenden Senat angenommen, dann hätte das OLG wohl nicht umhin gekonnt, die Klage wegen § 23 S.1 MarkenG abzuweisen. Im Falle einer geringeren Beeinträchtigung des geschützten Namens soll aber nun ein Unterlassungsanspruch der Klägerin bestehen. Ein widersinniges Ergebnis.

Da das Urteil nach unserem Kenntnisstand noch nicht rechtskräftig ist, bleibt zu hoffen, daß der BGH diese grundsätzliche Frage einer abweichenden Entscheidung zuführen wird.

RA Thomas Stadler