Monatsbrief Dezember 2015

Webcontent Recht Basis 12-2015

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 12/2015:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht & WEG

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

AGG: Beschränkung des Bewerberkreises auf Berufsanfänger als Benachteiligung wegen des Alters

| Wird der Bewerberkreis in einer Stellenanzeige auf Arbeitnehmer beschränkt, die ihre kaufmännische Ausbildung vor Kurzem abgeschlossen haben, kann dies im Einzelfall eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters indizieren. |

Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hin. Begründet wird dies damit, dass das Merkmal „Berufsanfänger“ im Sinne einer Höchstanforderung zu sehen sei. Dadurch würden typischerweise Bewerber mit einem höheren Lebensalter davon ausgeschlossen, sich auf die offene Stelle zu bewerben.

Die Richter wiesen jedoch auch auf eine Ausnahme hin. So liege keine mittelbare Altersdiskriminierung vor, wenn die Stellenanforderung „Berufsanfänger“ durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt sei. Zudem müssten die Mittel angemessen und erforderlich sein, um dieses Ziel zu erreichen.

Quelle | LAG Düsseldorf 9.6.2015, 16 Sa 1279/14, Abruf-Nr. 179741 unter www.iww.de.

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Gesetzliche Unfallversicherung: Auf dem Weg zur Arbeit: Welche Umwege versichert sind

| Wer auf dem Weg zur Arbeit oder zurück nach Hause einen Unfall hat, erhält in vielen Fällen Hilfe von der gesetzlichen Unfallversicherung. Deren Schutz gilt grundsätzlich für die direkte Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. In bestimmten Fällen sind aber auch Umwege versichert. Darauf weist die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) hin. |

Streckenwahl flexibel

„Die direkte Strecke zwischen Wohnung und Arbeit muss nicht unbedingt die kürzeste sein“, erklärt Sandra Kollecker, Sozialversicherungsrechtsexpertin der BGW. „Es geht hier eher darum, dass man direkt von A nach B fährt und keine Zwischenziele ansteuert. Selbstverständlich darf man dabei auch eine möglichst verkehrsgünstige und sichere Route wählen.“

Fahrgemeinschaften versichert

Auch wer eine Fahrgemeinschaft nutzt, die verschiedene Wohnungen und Arbeitsstätten anfährt, braucht keine Angst um den Versicherungsschutz zu haben. „Übrigens muss eine Fahrgemeinschaft nicht zwangsläufig nur aus Berufstätigen bestehen“, fügt Kollecker hinzu. „Wenn Eltern ihre Kinder auf dem Weg zur Arbeit zum Kindergarten oder zur Schule bringen, ist dies ebenfalls eine unfallversicherte Fahrgemeinschaft.“

Einkäufe nicht versichert

Wer dagegen morgens noch schnell zum Bäcker fährt oder nachmittags einen Abstecher zum Supermarkt macht, ist auf diesen Umwegen in der Regel nicht versichert. Denn das Einkaufen gehört zum Privatleben und damit der Weg zum Laden ebenso. Der Versicherungsschutz ist auf solchen Umwegen zumindest unterbrochen, bis man die direkte Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wieder erreicht. Dauert die Unterbrechung des Heimwegs länger als zwei Stunden, so zählt auch der restliche Weg zur Freizeit und ist dann nicht mehr versichert.

Quelle | BGW

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Kündigungsrecht: Außerordentliche Kündigung eines Sicherheitsmitarbeiters der seinen Arbeitsplatz ohne Grund verlässt

| Das Arbeitsverhältnis eines Sicherheitsmitarbeiters kann aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden, wenn er die ihm obliegende Ausgangskontrolle in einem besonders zu sichernden Bereich während eines erheblichen Zeitraums ohne Grund verlässt. |

Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg im Fall eines Unternehmens aus dem Wach- und Sicherheitsgewerbe entschieden. Dieses setzte den betroffenen Arbeitnehmer bei der Kontrolle des Ausgangs des Produktionsbereichs einer Münzprägeanstalt ein. Der Produktionsbereich wurde durch ein Drehkreuz gesichert. Die Mitarbeiter konnten das Drehkreuz öffnen, sofern es nicht durch einen Zufallsgenerator gesperrt wurde. War das Drehkreuz gesperrt, wurden sie einer Personenkontrolle durch das Wachpersonal unterzogen.

Der Arbeitnehmer schaltete den Zufallsgenerator aus und verließ den Kontrollbereich, ohne für einen Ersatz zu sorgen. Er hielt sich anschließend aus privaten Gründen längere Zeit bei einem Mitarbeiter der Münzprägeanstalt auf. Von diesem nahm er den Rest eines Kunststoffrohrs ohne den vorgeschriebenen Begleitschein entgegen und brachte es in sein Kraftfahrzeug. Während seiner Abwesenheit konnte der Produktionsbereich unkontrolliert verlassen werden. Wenige Tage später stellte die Münzprägeanstalt einen Verlust von Gold im Wert von ca. 74.000 EUR fest. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund.

Das LAG hat die außerordentliche Kündigung – anders als noch das Arbeitsgericht – für rechtswirksam gehalten. Der Arbeitnehmer habe den von ihm zu sichernden Bereich ohne jede Veranlassung für einen erheblichen Zeitraum preisgegeben, als er nach einer Veränderung der Kontrolleinrichtung den Kontrollbereich verließ, ohne einen Ersatz herbeizurufen. Er habe damit das besondere Sicherungsinteresse der Münzprägeanstalt verletzt, für das der Arbeitgeber einzustehen habe. Mit der unerlaubten Mitnahme eines Gegenstands habe der Arbeitnehmer zudem ein Verhalten an den Tag gelegt, das mit seiner Beschäftigung habe verhindert werden sollen. Angesichts dieser schwerwiegenden Pflichtverletzungen sei es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten gewesen, den Arbeitnehmer abzumahnen und ihn anschließend wieder als Sicherheitsmitarbeiter zu beschäftigen. Er habe vielmehr das Arbeitsverhältnis beenden dürfen, ohne eine Kündigungsfrist einzuhalten.

Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9.9.2015, 17 Sa 810/15, Abruf-Nr. 145839 unter www.iww.de.

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Aktuelle Gesetzgebung: Höherer Mindestlohn für Steinmetze

| Seit dem 01.11.2015 gelten im gesamten Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk höhere Mindestlöhne: 11,30 Euro in den alten und 10,90 Euro in den neuen Bundesländern. Ab Mai 2018 gelten 11,40 Euro im gesamten Bundesgebiet. Das Kabinett hat die Mindestlohnverordnung für die Branche am 21.10.2015 gebilligt. |

Die Tarifparteien im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk hatten im Februar 2015 einen Änderungstarifvertrag mit höheren Mindestlöhnen geschlossen. Im Juli 2015 beantragten sie, den neuen Mindestlohntarifvertrag per Verordnung auf die ganze Branche zu erstrecken. Damit müssen auch Betriebe den Mindestlohn zahlen, die nicht tariflich gebunden sind. Im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk sind gut 11.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt. Der Mindestlohn gilt ebenfalls für Beschäftigte, die von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland entsendet werden.

Es gilt folgender Mindeststundenlohn für alle Steinmetze und Steinbildhauer:

  • ab dem 01.11.2015 bis 30.04.2016
  • 11,30 Euro Mindestlohn West (und Berlin)
  • 10,90 Euro Mindestlohn Ost
  • ab dem 01.05.2016 bis 30.04.2017
  • 11,35 Euro Mindestlohn West (und Berlin)
  • 11,00 Euro Mindestlohn Ost
  • ab dem 01.05.2017 bis 30.04.2018
  • 11,40 Euro Mindestlohn West (und Berlin)
  • 11,20 Euro Mindestlohn Ost
  • ab dem 01.05.2018 bis 30.04.2019
  • 11,40 Euro Mindestlohn West (und Berlin)
  • 11,40 Euro Mindestlohn Ost

Damit liegt der Mindestlohn für Steinmetze und Steinbildhauer über dem seit 2015 geltenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Zeitstunde. Die erste Mindestlohnverordnung lief zum 30.4.2015 aus. Bis dahin betrug der allgemeine Mindeststundenlohn 11,25 Euro (West und Berlin) und 10,66 Euro (Ost). Die Zweite Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für das Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk soll zum 1.11.2015 in Kraft treten.

In Deutschland gilt seit dem 1.1.2015 der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro brutto je Zeitstunde. Mindestlöhne unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns sind bis längstens 31.12.2016 erlaubt. Aktuell gelten in 18 Branchen mit gut 4,16 Mio. Beschäftigten Mindestlöhne. Die Bundesregierung hat sie gemäß Arbeitnehmer-Entsendegesetz, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder Tarifvertragsgesetz für diese Branchen für verbindlich erklärt. So kann der individuellen Situation der jeweiligen Branchen Rechnung getragen werden. Die meisten Branchenmindestlöhne liegen über dem gesetzlichen Mindestlohn.

Quelle | Bundesregierung

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Baurecht

Bauordnungsrecht: Ungenehmigte baurechtswidrige Garage muss beseitigt werden

| Eine im Rohbau ohne Baugenehmigung errichtete Garage, die die baurechtlichen Vorschriften zu Abstandsflächen und zum Brandschutz nicht einhält, muss beseitigt werden. |

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Hauseigentümers. Dieser hatte an der westlichen Grenze seines Grundstücks eine Garage ohne Baugenehmigung errichtet. Noch bevor er sie fertiggestellt hatte, verfügte der beklagte Landkreis, dass er das im Rohbau errichtete Gebäude wieder entfernen müsse. Daraufhin stellte der Kläger den Antrag auf einen Bauvorbescheid, das Garagengebäude auf einem weiter östlich auf dem Grundstück gelegenen Standort zu errichten. Das lehnte der Landkreis ab. Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße ab.

Das OVG bestätigte diese Entscheidung. Die Richter machten deutlich, dass die Beseitigungsverfügung für das am westlichen Grundstücksrand errichtete Garagengebäude rechtmäßig sei. Denn das Gebäude verstoße gegen die bauordnungsrechtlichen Vorschriften zu Abstandsflächen und zum Brandschutz. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf einen positiven Bauvorbescheid für die geplante Garage auf dem Alternativstandort. Denn an diesem Standort sei die Erschließung der geplanten Garage in straßenrechtlicher Hinsicht nicht gesichert, weil sie nicht an das öffentliche Straßennetz angeschlossen sei. Eine Verbindung zur Landstraße sei wegen der Gebäude im östlichen Teil des Grundstücks versperrt. Der Grasstreifen an der westlichen Grenze des Grundstücks sei nicht der Öffentlichkeit gewidmet und auch kein Wirtschaftsweg. Nach seinen Erläuterungen im Verwaltungsverfahren sei es dem Kläger bei seiner „Garage für landwirtschaftliche Fahrzeuge“ auch darum gegangen, das Grundstück verlassen zu können, etwa für Arbeiten im eigenen Wald.

Quelle | OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.10.2015, 8 A 10833/15.OVG, Abruf-Nr. 145842 unter www.iww.de.

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Ordnungsrecht: Stadt kann Plakatwerbung an Verkehrsflächen untersagen

| Eine Stadt kann durch eine ordnungsbehördliche Verordnung Plakatwerbung auch auf privaten Flächen untersagen, die an Verkehrsflächen angrenzen.

Das hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts Siegen bestätigt. Der Betroffene betreibt in Siegen eine Firma für Medienwerbung und Veranstaltungen. Im Januar und Februar 2014 ließ er im Stadtgebiet von Siegen Plakate für die Veranstaltung Hund & Heimtier aufhängen, die im Februar 2014 in der Siegerlandhalle stattfand. Die Werbeplakate wurden im Angrenzungsbereich zu Verkehrsflächen – jeweils mit Zustimmung der Eigentümer – so an privaten Zäunen angebracht, dass sie für die Verkehrsteilnehmer sichtbar waren. Die Stadt Siegen hatte nicht genehmigt, dass die Plakate angebracht werden durften. Sie erließ daher gegen den Betroffenen ein Bußgeld in Höhe von 500 EUR. Dabei wurden auch frühere einschlägige Verstöße berücksichtigt. Das Amtsgericht Siegen bestätigte das Bußgeld mit seinem erstinstanzlichen Urteil.

Der Betroffene hat gegen das Urteil des Amtsgerichts Rechtsbeschwerde eingelegt. Sie blieb jedoch erfolglos. Das OLG Hamm entschied, dass er zu Recht von der Stadt Siegen mit dem Bußgeld belegt worden sei, weil er vorsätzlich gegen die einschlägige Bestimmung der ordnungsbehördlichen Verordnung verstoßen habe.

Die Stadt Siegen sei ermächtigt, das Plakatieren zu Werbezwecken an Zäunen auf privatem Grund, die an Verkehrsflächen angrenzten, in ihrem Stadtgebiet zu untersagen. Das Verbot sei in der Verordnung hinreichend bestimmt beschrieben. Es diene der Abwehr (abstrakter) Gefahren für die öffentliche Ordnung im Stadtgebiet Siegen. Um die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, dürfe ein Stadtbild nicht durch sog. wildes Plakatieren verschandelt oder verschmutzt werden. Werde an besonders frequentierten öffentlichen Straßen in auffälliger Weise plakatiert, bestehe zudem die Gefahr, dass Verkehrsteilnehmer durch die Plakate abgelenkt würden.

Das Verbot dürfe sich auch auf private Hauswände, Zäune und Einfriedungen beziehen, die an öffentlichen Straßen und Anlagen liegen. Diese Werbeflächen würden häufig gewählt, um sich Kosten und Mühen für das Einholen einer straßenverkehrsrechtlichen Sondernutzungserlaubnis zu ersparen, die notwendig wäre, wenn öffentlicher Verkehrsraum zu Werbezwecken genutzt werden solle. Schließlich sei das Verbot nicht unverhältnismäßig. Es hätten genügend weitere Möglichkeiten für eine erlaubte Werbung im Stadtgebiet zur Verfügung gestanden.

Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 22.9.2015, 1 RBs 1/15, Abruf-Nr. 145841 unter www.iww.de.

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Zweckentfremdungsverbot: Abriss von Wohnraum ist nicht immer eine verbotene Zweckentfremdung

| Der Abriss von Mietwohnraum verstößt nicht gegen das Verbot der Zweckentfremdung, wenn auf demselben Grundstück Eigentumswohnungen entstehen sollen. |

Das ergibt sich aus einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin. Die Antragstellerin besitzt ein Grundstück in Berlin. Dort steht ein seit 2011 leerstehendes Mehrfamilienhaus. Die Antragstellerin möchte dieses Wohngebäude abreißen. Sie plant einen Neubau zu errichten. Dieser soll 58 Eigentumswohnungen mit einer Größe zwischen 40 qm und 96 qm umfassen. Das Bezirksamt forderte die Antragstellerin sofort vollziehbar auf, das Haus instand zu setzen und 15 Wohnungen wieder Wohnzwecken zuzuführen. Durch den geplanten Neubau von Eigentumswohnungen werde einem Teil der Bevölkerung bezahlbarer Wohnraum entzogen.

Das VG stoppte die behördliche Anordnung. Der mit dem Abriss einhergehende Verlust von Wohnraum sei hinzunehmen, weil zugleich angemessener Ersatzwohnraum geschaffen werde. Das seit 2014 in Berlin geltende Zweckentfremdungsverbot solle nur verhindern, dass vorhandener Wohnraum dem Wohnungsmarkt entzogen werde, indem etwa Wohn- in Gewerberaum oder in Ferienwohnungen umgewandelt werde. Eine Zweckentfremdungsgenehmigung könne daher beanspruchen, wer für den geplanten Abriss von Wohnraum einen für den Wohnungsmarkt ausgleichenden Ersatzwohnraum verlässlich schaffe. Dies sei hier der Fall. Dem stehe weder der höhere Standard der neuen Wohnungen noch der Umstand entgegen, dass statt Mietwohnraum nunmehr Eigentumswohnungen entstünden. Eine Grenze sei erst erreicht, wenn Wohnungen im Luxussegment entstünden. Das sei hier nicht erkennbar.

Quelle | VG Berlin, Beschluss vom 15.10.2015, 1 L 317/15, Abruf-Nr. 145840 unter www.iww.de.

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Aktuelle Gesetzgebung: Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes

| Der Bundestag hat einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes angenommen. Künftig können Gemeinden und Privatpersonen unter bestimmten Voraussetzungen einen Rechtsbehelf einlegen, wenn sie von den Ergebnissen einer Umweltverträglichkeitsprüfung betroffen sind. |

Damit soll ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs umgesetzt werden. Der EuGH hatte festgestellt, dass die bisherige Übergangsregelung in § 5 Abs. 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit der Umsetzungsfrist der Umweltverträglichkeitsprüfung-Richtlinie der EU nicht vereinbar ist. Das Urteil geht auf den Streit um die Errichtung eines Hochwasserrückhaltebeckens zurück. Es war beanstandet worden, dass die dem Beschluss zur Errichtung vorausgegangene Umweltverträglichkeitsprüfung mangelhaft gewesen sei. Der EuGH kam daraufhin zu dem Schluss, dass Betroffene die Möglichkeit haben müssen, sowohl gegen eine nicht durchgeführte als auch gegen eine fehlerhaft durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung klagen zu können. Im Gesetz wird nun klargestellt, dass es bereits nach geltendem Recht möglich ist, ein gerichtliches Verfahren auszusetzen, bis Verfahrensfehler geheilt worden sind.

Quelle | Deutscher Bundestag; EuGH, Urteil vom 7.11.2013, C-72/12

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Familien- und Erbrecht

Erbrecht: Formulierung im Testament muss ausgelegt werden

| Eine von der Erblasserin gewählte Formulierung in ihrem Testament muss dahingehend ausgelegt werden, ob es sich um eine Bedingung oder die bloße Mitteilung eines Beweggrundes, eines Motivs bzw. um den Anlass für das Testament handelt. |

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall einer Erblasserin, die an Leukämie litt. Sie unterzog sich am 4.3.13 bei örtlicher Betäubung einer Biopsie. An diesem Tage schrieb sie auf einem kleinen Zettel eine letztwillige Verfügung mit dem folgenden Inhalt: „Sollte heute bei diesem Eingriff etwas passieren und ich nicht mehr aufwachen, vermache ich mein ganzes Vermögen Herrn A.“ Der Eingriff verlief ohne Komplikationen.

Die Erblasserin verstarb erst etliche Zeit später. Ihr Lebensgefährte, Herr A, beantragte einen Erbschein als Alleinerbe. Dem sind die gesetzlichen Erben, die Schwester und Neffen und Nichten der Erblasserin, entgegengetreten. Die Formulierung „Sollte heute etwas passieren“ zeige eindeutig, dass das Testament nur für den Fall gelten soll, dass die Erblasserin den Eingriff nicht überlebe.

Das sah das OLG nicht so: In der Regel verwende ein Erblasser solche Formulierungen, um auszudrücken, warum er sich veranlasst gesehen hat, das Testament zu errichten und die Regelung für eine Rechtsnachfolge nach seinem Tod zu treffen. Ohne weitere konkrete Anhaltspunkte könne man nicht davon ausgehen, dass ein Erblasser diese Rechtsfolge nur dann will, wenn der Eingriff einen negativen Ausgang nimmt. Gerade im Streitfall ließe sich argumentieren, es sei so unwahrscheinlich, dass eine Biopsie mit örtlicher Betäubung tödlich verlaufe, dass die Erbeinsetzung unabhängig von dem Eingriff gewollt gewesen sein müsse.

Quelle | OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.8.2015, 3 Wx 191/14, Abruf-Nr. 145676 unter www.iww.de.

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Steuerrecht: Steuerabzug von Adoptionskosten: Eltern ziehen vors BVerfG

| Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) muss sich mit der Frage befassen, ob Eltern Aufwendungen für die Adoption eines Kindes (zum Beispiel Vermittlergebühren) als außergewöhnliche Belastung steuermindernd geltend machen können. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte die Frage verneint. |

Im konkreten Fall hatten die Eltern in ihrer Einkommensteuererklärung Aufwendungen in Höhe von 8.560,68 EUR für eine Auslandsadoption als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht. Der BFH sah die infolge organisch bedingter Sterilität entstandenen Aufwendungen aber weder als zwangsläufige Krankheitskosten an noch waren die Kosten aus anderen Gründen zwangsläufig entstanden. Der Entschluss zur Adoption beruhe vielmehr auf der freiwilligen Entscheidung, ein Kind anzunehmen. Die Eltern haben gegen die Entscheidung jetzt Verfassungsbeschwerde vor dem BVerfG erhoben.

 

Quelle | BFH, Urteil vom 10.3.2015, VI R 60/11, Abruf-Nr. 178027 unter www.iww.de. Das anhängige Verfahren vor dem BVerfG trägt das Aktenzeichen 2 BvR 1208/15.

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Vorsorge: Notfallausweis für Alzheimer-Patienten

| Die Alzheimer Forschung Initiative e.V. (Afi www.alzheimer-forschung.de) hat darauf hingewiesen, wie wichtig ein Notfallausweis für Alzheimer-Patienten ist. |

Diese Personen verlieren oft die Orientierung bzw. können Dritten nicht erklären, wo sie wohnen. Der Ausweis hilft, den Erkrankten zu identifizieren und zu begleiten. Krankenkassen und Wohlfahrtsorganisationen geben laut dem Afi Ausweise aus. Der Verein stellt auf seiner Internetseite ein Ausweisformular zum Herunterladen bereit (http://www.iww.de/sl1709).

Hinweis | Es empfiehlt sich den Ausweis in Jacke oder Mantel der erkrankten Person einzunähen. Damit ist er vor Verlust geschützt und kann leicht gefunden werden.

Weiterführender Hinweis

Der Berliner Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. (DAlzG) entwickelt derzeit das E-Learning-Programm „Neue Wege in der Angehörigenunterstützung – E-Learning und Beratung bei Demenz“. Ziel ist es, pflegende Angehörige zu entlasten. Genaue Informationen zu den Projektinhalten unter www.deutsche-alzheimer.de.

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Aktuelle Gesetzgebung: Bundestag bereinigt Recht der Lebenspartner

| Gegen das Votum der Opposition hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner auf Empfehlung des Rechtsausschusses angenommen. Damit wird die Lebenspartnerschaft der Ehe in einigen Vorschriften vor allem des Zivil- und Verfahrensrechts, aber auch des sonstigen öffentlichen Rechts gleichgestellt. |

Zugleich werden unterbliebene Anpassungen des bürgerlichen Rechts an das Familienverfahrensrecht nachgeholt, das Adoptionsvermittlungsgesetz an das revidierte Europäische Übereinkommen vom 27.11.2008 über die Adoption von Kindern angepasst und weitere Änderungen vorgenommen.

Mit Koalitionsmehrheit wurde ein Entschließungsantrag der Grünen abgelehnt. Darin hatte die Fraktion die Regierung aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, wonach das Eheverbot für lesbische und schwule Paare abgeschafft wird.

Ebenfalls gegen die Stimmen der Opposition scheiterte ein Gesetzentwurf der Grünen zur abschließenden Beendigung der verfassungswidrigen Diskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften, durch den „Schlechterstellungen“ von eingetragenen Lebenspartnerschaften gegenüber Ehen beseitigt werden sollten. Dazu wurde auch ein Änderungsantrag der Grünen selbst gegen das Votum der Opposition abgelehnt.

Gegen das Votum der Opposition abgelehnt wurde zudem ein Antrag der Linken, die Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Paare durch einen Gesetzentwurf zu beenden und damit einer Entschließung des Bundesrats zu folgen. Auch darin folgte der Bundestag einer Empfehlung des Rechtsausschusses.

Quelle | Deutscher Bundestag

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Mietrecht & WEG

WEG: Eigentümergemeinschaft muss bei Auftragsvolumen ab 5.000 EUR drei Angebote einholen

| Die Eigentümergemeinschaft muss bei Renovierungsarbeiten mit einem Auftragsvolumen ab 5.000 EUR drei Angebote einholen. |

Mit dieser Begründung erklärte das Landgericht (LG) Dortmund den Beschluss einer Eigentümerversammlung für nichtig. Diese hatte beschlossen, einen Bauunternehmer zu beauftragen, um Feuchteschäden zu beseitigen. Nähere Ermittlungen zum Umfang des Schadens waren nicht eingeholt worden.

Die Richter wiesen darauf hin, dass eine ordnungsmäßige Instandsetzung und Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums Teil einer ordnungsgemäßen Verwaltung sei. Hierzu gehöre, dass vor einer Instandsetzungsmaßnahme eine Bestandsaufnahme vorzunehmen sei. Es müsse also der Schadensumfang ermittelt werden, dessen Ursachen sowie der Instandsetzungsbedarf. Sodann sei im Hinblick auf eine Sanierungsmaßnahme eine Kosten-Nutzen-Analyse zu erstellen. Diese erfordere, dass vor einer Auftragsvergabe drei Vergleichsangebote eingeholt werden. Das gelte zumindest in den Fällen, in denen das Auftragsvolumen einen Betrag von etwa 5.000 EUR überschreitet.

Quelle | LG Dortmund, Urteil vom 21.4.2015, 1 S 445/14, Abruf-Nr. 145845 unter www.iww.de.

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Nachbarrecht: Nachbar muss den Betrieb eines Rasenroboters dulden

| Wenn beim Betrieb eines Rasenroboters die Grenzwerte der TA Lärm eingehalten werden, liegt keine wesentliche Geräuschbelästigung vor. Dann hat der Nachbar auch keinen Unterlassungsanspruch. |

Das ist das Ergebnis eines Nachbarschaftsstreits vor dem Amtsgericht (AG) Siegburg. Ursache war ein Rasenroboter. Der war außer in den Ruhezeiten zwischen 13 und 15 Uhr werktäglich von 7 bis 20 Uhr in Betrieb. Zudem musste er alle 60 bis 75 Minuten seine Ladestation aufsuchen und für 45 bis 60 Minuten den Akku aufladen. Der Kläger – ein Nachbar – verlangte, die Betriebszeit des Rasenroboters auf fünf Stunden täglich zu begrenzen.

Damit hatte er vor dem AG Siegburg keinen Erfolg. Das AG sah keinen Anspruch darauf, die Betriebszeit des Rasenroboters auf fünf Stunden täglich zu begrenzen. Begründung: Die Lärmbelästigung durch den Roboter habe die Nutzung des Nachbargrundstücks nur unwesentlich beeinträchtigt. Das AG hält die Lärmbelästigung für unwesentlich, weil der Rasenroboter die Grenzwerte der TA Lärm eingehalten habe. Der Roboter habe nach den Ausführungen eines Sachverständigen während seiner Tätigkeit den maßgeblichen Wert von 50 dB (A) erheblich unterschritten. Lediglich bei geöffneten Fenstern oder im Freien sei der Roboter schwach bis sehr schwach hörbar gewesen. Des Weiteren sei die behördlich verordnete Mittagsruhe eingehalten worden. Darüber hinaus erlaube die Geräte- und Maschinenlärmverordnung den Betrieb von Rasenmähern an Werktagen in der Zeit von 7 bis 20 Uhr.

Quelle | AG Siegburg, Urteil vom 19.2.2015, 118 C 97/13, Abruf-Nr. 145588 unter www.iww.de.

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Mietgebrauch: Weihnachts-Lichterkette ist am Balkon einer Mietwohnung zulässig

| Der Mieter darf am Balkon seiner Mietwohnung eine Lichterkette anbringen. Das ist vom vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache umfasst. |

Mit dieser Klarstellung entschied das Amtsgericht Eschweiler den Adventsstreit in einem Mietverhältnis. Der Mieter hatte an dem Balkongitter des zur Straße liegenden Balkons seiner Wohnung von außen sichtbar eine drei Meter lange Solarlichterkette mit 16 bunten Leuchtkörpern angebracht. Der Vermieter sah den seriösen Eindruck seines Hauses beeinträchtigt. Er verlangte, dass die Lichterkette beseitigt wird. Weil der Mieter das verweigerte, landete die Sache vor Gericht.

Der zuständige Richter entschied, dass die Lichterkette bleiben dürfe. Sie sei vom vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache umfasst. Dem Mieter sei es erlaubt, die Mietsache in sozialüblicher Weise zu nutzen. Mittlerweise sei es eine weit verbreitete Sitte, nicht nur zur Weihnachtszeit auch Balkone mit Lichterketten zu schmücken. Dies folge daraus, dass gerade solarbetriebene Außenlichter zum Standardsortiment von Baumärkten und Einrichtungshäusern gehören. Ohne eine entsprechende Nachfrage wäre ein solches Angebot aber nicht vorhanden. Damit ist das Anbringen einer Lichterkette im Balkonbereich grundsätzlich von dem vertragsgemäßen Gebrauch umfasst und damit erlaubt.

Quelle | Amtsgericht Eschweiler, Urteil vom 1.8.2014, 26 C 43/14, Abruf-Nr. 145844 unter www.iww.de.

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Kündigungsrecht: Bei falscher Selbstauskunft des Mieters darf der Vermieter fristlos kündigen

| Täuscht der Mieter beim Abschluss des Mietvertrags mit einer falschen Selbstauskunft eine bessere Bonität vor, rechtfertigt dies die außerordentliche fristlose Kündigung durch den Vermieter. |

Das musste sich ein Ehepaar vor dem Amtsgericht München sagen lassen. Die Eheleute hatten ein Einfamilienhaus in Grünwald bei München zu einem monatlichen Mietzins von 3.730 EUR angemietet. Im Rahmen der Selbstauskunft gab der Mann an, als Selbstständiger ein Jahreseinkommen von mehr als 120.000 EUR zu haben. Seine Ehefrau gab ein Jahreseinkommen als Angestellte von mehr als 22.000 EUR an. Sie erklärten außerdem, dass in den letzten fünf Jahren gegen sie keine Zahlungsverfahren, Zwangsvollstreckungsverfahren oder Verfahren zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung bestanden haben.

Von Anfang an zahlten die Mieter nur auf Mahnung der Vermieter. Sie waren ständig im Rückstand. Als dann die Mieten für Januar und Februar 2014 nicht bezahlt wurden, drohten die Vermieter die fristlose Kündigung an. Die Mieter zahlten weiterhin immer verspätet und nicht vollständig. Als sie dann mit der kompletten September- und Oktobermiete 2014 im Rückstand waren, kündigten die Vermieter fristlos. Wegen der Zahlungsrückstände holten die Vermieter eine Bonitätsauskunft ein. Dabei erfuhren sie, dass gegen den Mieter bereits seit 1994 unbefriedigte Vollstreckungen laufen und er im Oktober 2012 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat.

Die Vermieter stützten die außerordentliche Kündigung nun auch darauf, dass in der Selbstauskunft bewusst wahrheitswidrig falsche Angaben gemacht wurden und eine falsche Bonität vorgespiegelt wurde, um den Mietvertrag zu erschleichen. Dadurch sei das Vertrauensverhältnis nun restlos und unwiederbringlich zerstört.

Die Mieter weigerten sich auszuziehen und zahlten die gesamten Mietrückstände nach. Die Vermieter erhoben dennoch Räumungsklage.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab der Räumungsklage statt. Der Mieter habe unstreitig in seiner Selbstauskunft angegeben, dass gegen ihn keine Zahlungsverfahren und keine Verfahren wegen Zwangsvollstreckung oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder auf Durchführung eines Insolvenzverfahrens bestanden haben. Diese Angabe war falsch.

Die Vermieter konnten daher den Mietvertrag wegen der falschen Selbstauskunft und den wiederholten Zahlungsrückständen fristlos kündigen. Daran ändert auch nichts, dass die Mieter die ausstehende Miete nachgezahlt haben. Sie müssen das Haus nun fristlos räumen.

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 30.6.2015, 411 C 26176/14, Abruf-Nr. 145843 unter www.iww.de.

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Verbraucherrecht

Haftungsrecht: Selbstbedienungswaschplatz: „Eingeschränkte“ Verkehrssicherungspflichten im Winter

| Dass es beim winterlichen Betrieb eines Selbstbedienungswaschplatzes durch betriebsbedingt verspritztes Wasser zu einer – mit vertretbarem Aufwand – nicht zu verhindernden Glättebildung kommen kann, ist allgemein bekannt. Auf diese Gefahr muss ein Kunde deswegen nicht hingewiesen werden. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden. Es bestätigte damit ein erstinstanzliches Urteil des Landgerichts Münster. Dies hatte die Schadenersatzklage einer Pkw-Fahrerin abgewiesen. Die Frau hatte im Februar 2013 bei Temperaturen im Bereich des Gefrierpunkts eine Selbstbedienungs-Autowaschanlage aufgesucht. Dort wollte sie ihr Fahrzeug selbst waschen. Auf dem Weg zu einem Mülleimer stürzte sie. Ursache war nach ihrer Darstellung, dass beim Reinigen verlaufenes Waschwasser zwischenzeitlich an einzelnen Stellen gefroren war. Die Frau musste wegen Knochenbrüchen an einem Lendenwirbel und der linken Hand operiert werden. Sie meinte, der Betreiber der Waschanlage habe seine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Daher forderte sie Schmerzensgeld in der Größenordnung von 15.000 EUR sowie ca. 4.500 EUR für materielle Schäden.

Mit ihrer Schadenersatzklage blieb die Frau jedoch erfolglos. Das OLG konnte aufgrund der konkreten Umstände keine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten feststellen. Zwar treffe den Betreiber einer Waschanlage grundsätzlich eine Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf betriebsbedingte Gefahrenquellen. Gerade im Winter seien hier erhöhte Anforderungen zu stellen. Im vorliegenden Fall bestehe jedoch die Besonderheit, dass der Beklagte einen Waschplatz in Selbstbedienung unterhalten habe. Die Glatteisbildung sei hier nicht durch Regen oder Schnee verursacht worden, sondern durch überfrierendes Waschwasser. Die Verkehrssicherungspflicht des Beklagten gehe nicht so weit, dass er bei fortlaufender Nutzung des Waschplatzes und winterlichen Temperaturen während oder nach jeder SB-Wäsche Maßnahmen treffen müsse, um stellenweise Blitzeisbildung zu verhindern. Das gelte insbesondere, da fraglich ist, ob dies überhaupt Erfolg versprechend möglich ist.

Wer sich bei winterlichen Temperaturen entscheide, seinen Pkw auf einem SB-Waschplatz gegen Zahlung eines geringen Entgelts (50 Cent) selbst zu reinigen, wisse, dass vom Betreiber lediglich die Waschplatznutzung, aber gerade kein darüber hinausgehender Service geboten werde. Dies sei aus wirtschaftlichen Gründen auch nicht möglich. Deswegen könne auch nicht damit gerechnet werden, dass Personal anwesend ist. Ein Kunde wisse zudem, dass bei SB-Wäschen Wasser im Bereich der Waschboxen verspritze. Bekannt sei zudem, dass dieses Wasser bei niedrigen Temperaturen gefrieren könne. Bei dieser Situation liege die Gefahr überfrierenden Waschwassers auf der Hand, sodass ein Betreiber die Kunden auf diese Umstände auch nicht hinzuweisen habe. Die Klägerin habe mit der Gefahrensituation rechnen müssen und die Gefahrenstelle selbst erkennen können.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin hat Rechtsmittel zum BGH eingelegt.

Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 22.5.2015, 9 U 171/14, nicht rechtskräftig (BGH VI ZR 413/15), Abruf-Nr. 145846 unter www.iww.de.

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Autokauf: War der Wagen kurzfristig auf einen Dritten zugelassen, ist er kein Neuwagen mehr

| Ein Neufahrzeug, das nach Vertragsschluss nicht auf den Käufer, sondern versehentlich auf eine dritte Person zugelassen wird, ist nicht fabrikneu und verliert dadurch an Wert. |

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht München im Fall einer Autokäuferin. Diese hatte am 3.6.2011 einen Neuwagen Typ Peugeot 207 gekauft. Es wurde ein Kaufpreis von 13.894,60 EUR inklusive Zulassungskosten und Überführungskosten vereinbart. Der Preisnachlass durch die Peugeot-Niederlassung betrug 1.947,40 EUR. Das Fahrzeug wurde zugelassen, ohne dass die Käuferin es zuvor gesehen hat.

Das Datum der Erstzulassung war der 15.6.2011. Dabei wurde das Fahrzeug nicht auf die Käuferin, sondern auf eine unbekannte Dritte zugelassen. Als das Fahrzeug der Käuferin am 28.6.2011 übergeben wurde, stand bereits ihr Name im Fahrzeugschein.

Daneben wurde für das Fahrzeug ein Leasingvertrag abgeschlossen. Die Käuferin erwarb nach Ablauf der vertraglichen Leasingzeit am 12.6.2014 das Fahrzeug für einen Kaufpreis von 8.733,39 EUR. Am 13.6.2014 holte die Käuferin den Kfz-Brief bei der Niederlassung ab. Dabei stellte sie fest, dass darin eine weitere Person als Voreigentümerin eingetragen war. Sie ist der Meinung, dass durch die vorhergehende Zulassung ein Minderwert bei dem Fahrzeug entstanden ist. Sie forderte von der Niederlassung daher einen Betrag von 2.000 EUR. Diese verweigerte die Zahlung.

Die Klägerin erhob Klage vor dem Amtsgericht München. Die zuständige Richterin gab ihr recht und verurteilte die Niederlassung zur Zahlung von 3.145,80 EUR. Das Fahrzeug sei mangelhaft im Sinn des Gesetzes, da es sich nicht wie vereinbart um ein fabrikneues Fahrzeug gehandelt habe. Die Zulassung auf die dritte Person sei erst nach Vertragsschluss und ohne Kenntnis der Käuferin erfolgt. Nach dem Vortrag der Niederlassung im Prozess habe es sich um einen internen Fehler gehandelt. Dieser sei nicht in Form eines Preisnachlasses berücksichtigt worden. Die Käuferin kann – so das Gericht – die Differenz des Werts des Fahrzeugs mit und ohne die Voreintragung als Schadenersatz verlangen. Dabei ist natürlich ein vom Verkäufer gewährter Preisnachlass nicht zu berücksichtigen.

Das Gericht beauftragte einen Sachverständigen zur Frage, wie hoch der Wertverlust des Fahrzeugs durch die Eintragung der dritten Person ist. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass der Wertverlust 3.145,80 EUR beträgt. Das Gericht folgte der Einschätzung des Sachverständigen zur Wertdifferenz.

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 22.4.2015, 242 C 17305/14, Abruf-Nr. 145622 unter www.iww.de.

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Gesetzliche Unfallversicherung: Unfallversicherung bei schulischer Rockparty

| Für den Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bei einer von einer Schule veranstalteten Rockparty ist es ausreichend, dass die Veranstaltung zumindest unter der organisatorischen Mitverantwortung der Schulleitung stattfindet. Erforderlich ist ein unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang zur Schule und eine ausreichende tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit der Schulleitung auf die Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung. |

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz. Geklagte hatte eine 1990 geborene Schülerin der zehnten Klasse. Sie hatte am Unfalltag im Jahr 2006 eine von der Schule seit Jahrzehnten einmal jährlich veranstaltete „Frühlings-Rockparty“ besucht. Die Schüler waren nicht verpflichtet, an der Veranstaltung teilzunehmen. Diese richtete sich vor allem an Schüler der 9. und 10. Klassenstufe. Sie stand darüber hinaus aber jedermann offen. Der Erlös der Feier floss in die Kasse der Schülervertretung. Es wurde ein Eintrittspreis von fünf Euro pro Person erhoben.

Am Unfalltag besuchten ca. 300 bis 400 Personen die Party. Dabei handelte es sich ganz überwiegend um Schüler der betreffenden Schule und anderer Schulen. Neben den vier Lehrern der Klassen überwachte auch der Schulleiter persönlich den Verlauf der Veranstaltung. Er unternahm regelmäßige Rundgänge, auch auf dem vor dem Schulgelände gelegenen Lehrerparkplatz. Auf diesen Parkplatz begab sich die Klägerin gegen 23.30 Uhr. Sie wollte sich mit Mitschülern unterhalten, bevor sie von den Eltern um Mitternacht abgeholt würde. Sie setzte sich auf eine an einen Treppenabgang grenzende Mauer. Beim Versuch sich mit den Händen nach hinten abzustützen fiel sie hintenüber etwa 2,5 m tief in einen Schacht. Dabei zog sie sich schwerwiegende Verletzungen der Wirbelsäule zu, die umfangreiche ärztliche Behandlungen erforderlich machten. Die beklagte Unfallkasse gewährte zunächst die Kosten der unfallbedingten ärztlichen Behandlungen, Fahrtkosten und einen Vorschuss auf eine Verletztenrente. Vier Jahre später lehnte sie jedoch die Feststellung eines Unfalls im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Die Klägerin habe sich als damals noch Fünfzehnjährige offiziell ab 22.00 Uhr nicht mehr auf der Party aufhalten dürfen.

Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht den ablehnenden Bescheid aufgehoben. Es hat festgestellt, dass es sich um einen Unfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung handele. Das hat das LSG nun bestätigt. Die Veranstaltung füge sich in ein pädagogisches Gesamtkonzept der Schule ein, die die organisatorische Verantwortung übernehme. Gegen das hier eingetretene Risiko einer mangelnden Beaufsichtigung durch die Schule seien die Schüler gerade versichert.

Unerheblich sei auch, dass der Teilnehmerkreis nicht auf die Schüler der Schule beschränkt sei, solange die Schüler und insbesondere auch deren Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten nach dem Gesamtbild der Feier zweifelsfrei davon ausgehen können, dass es sich um eine schulische Veranstaltung handelt, bei der die teilnehmenden Schüler auch ordnungsgemäß beaufsichtigt werden. Es gehöre auch zu den bei einer Rockparty versicherten Tätigkeiten, sich vor dem Veranstaltungsraum mit Freunden zu unterhalten.

Quelle | LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 3.2.2015, L 3 U 62/13, Abruf-Nr. 145847 unter www.iww.de.

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Vertragsrecht: Rechte und Pflichten von Taxipassagieren

| Was tun bei falschen Quittungen, verweigerten Fahrten und Umwegen? Welche Rechte hat der Fahrgast? Diese Fragen beantwortet der folgende Beitrag. |

Zunächst: Taxis sind Teil des öffentlichen Personennahverkehrs und unterliegen damit dem Personenbeförderungsgesetz. Darüber hinaus gelten jedoch Taxiordnungen, die sich von Stadt zu Stadt unterscheiden können. Damit Taxipassagiere wissen, welche Rechte und welche Pflichten überall gelten, hat der ADAC die wichtigsten Tipps zusammengestellt.

Am Taxistand haben Fahrgäste das Recht, ihr Taxi frei zu wählen. Immer wieder werden Fahrgäste an das erste Taxi am Stand verwiesen. Daran muss sich der Kunde aber nicht halten. Auch der Sitzplatz im Taxi darf ausgesucht werden. Innerhalb bestimmter Gebiete, der sogenannten Pflichtfahrgebiete, haben Taxifahrer eine Beförderungspflicht. Das heißt, der Fahrer muss auch Kurzstrecken anstandslos fahren. Die Beförderung von angetrunkenen oder aggressiven Fahrgästen darf hingegen verwehrt werden.

Die Beförderungspflicht gilt übrigens auch für Haustiere – außer der Fahrer sieht seine eigene oder die Sicherheit anderer Menschen bedroht. Ob für das Haustier ein Zuschlag fällig wird, regeln die Taxitarifordnungen der einzelnen Städte. Blindenhunde bilden eine Ausnahme, sie müssen stets kostenlos mitgenommen werden. Der ADAC weist darauf hin, dass Kinder bis zwölf Jahren oder 150cm Körpergröße in geeigneten Kindersitzen angeschnallt sein müssen. Die Fahrer sind deshalb verpflichtet, zwei Kindersitze mitzuführen.

Ob ein Fahrer beim Ein- und Ausladen des Gepäcks oder beim Ein- und Aussteigen eines Fahrgasts Hilfe leisten muss, hängt von der regionalen Taxiordnung ab. Eine verbindliche Regelung gibt es dagegen beim Gewicht: Mindestens 50 Kilo Gepäck muss ein Taxi befördern können. Ausgenommen davon sind gefährliche Stoffe. Auch Gepäckstücke, die zu groß, zu schwer oder zu sperrig sind, können verweigert werden.

Tolerant muss ein Taxifahrer hingegen gegenüber den Wünschen der Fahrgäste sein. So muss er Fenster öffnen und die Lautstärke des Radios regulieren, falls dies gewünscht ist. Generell dürfen ohne Einverständnis des Fahrgasts auch keine „fremden“ Personen mitbefördert werden. Der Fahrer darf eigene Besorgungen auch nur mit der Zustimmung seines Fahrgasts machen.

Verboten ist es, in Taxis zu rauchen - sowohl für den Fahrer als auch für den Fahrgast. Als Fahrgast muss man sich zudem auf allen Plätzen an die Gurtpflicht halten.

Die Frage nach dem kürzesten Weg sorgt immer wieder für Ärger. Grundsätzlich muss der Fahrer die kürzeste Strecke wählen, es sei denn, er vereinbart mit dem Fahrgast einen anderen Weg. Auf Wunsch des Kunden muss zudem eine Quittung ausgestellt werden. Aus dieser sollten mindestens Start- und Zielort, der Preis sowie das amtliche Kennzeichen oder die Ordnungsnummer hervorgehen. Der Fahrer muss außerdem auf 50 Euro herausgeben können. Der ADAC appelliert an die Taxi-Kunden, das Wechselgeld sofort nachzuzählen, da spätere Reklamationen meist zwecklos sind.

Quelle | ADAC

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Verkehrsrecht

Autowerkstatt: Werkstatt hat keinen Zahlungsanspruch gegen den Kunden bei Motoraustausch nach Garantiezusage des Herstellers

| Der Inhaber einer Kfz-Werkstatt hat keine Zahlungsansprüche gegen den Kunden für den von ihm durchgeführten Motoraustausch an einem knapp zwei Jahre alten Transporter, sofern nach einer Garantieanfrage eines Mitarbeiters der Werkstatt eine Garantiezusage des Herstellers erfolgte. |

Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz entschieden und die Klage einer Kfz-Werkstatt abgewiesen. Beklagter war der Eigentümer eines knapp zwei Jahre alten Transporters. Dieser war aufgrund eines Motorschadens liegen geblieben und in die Werkstatt geschleppt worden. Nachdem Prüfarbeiten am Fahrzeug durchgeführt wurden und der Beklagte einige Unterlagen vorgelegt hatte, erteilte der Hersteller des Fahrzeugs auf Anfrage der Kfz-Werkstatt eine Garantiezusage. Die Kfz-Werkstatt baute daraufhin einen Austauschmotor ein.

Knapp vier Monate nach der Reparatur versagte der Hersteller die Garantieleistung. Er begründete das damit, dass die im Garantievertrag vereinbarten Wartungsintervalle vom Beklagten nicht eingehalten worden seien. Mögliche Ansprüche für die Kosten des Motortausches gegen den Beklagten trat er an die Kfz-Werkstatt ab. Die Werkstatt verlangt nun von dem Kunden die Kosten der Reparatur erstattet.

Das OLG hat die Zahlungsklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die vorbehaltlose Garantiezusage des Herstellers sei die rechtliche Grundlage für die Reparaturarbeiten gewesen. Etwaige Gründe für einen Wegfall dieser Zusage und einer damit einhergehenden Verpflichtung des Kunden, die Kosten für den Motoraustausch doch auszugleichen, könnten nur in dem Verhältnis zwischen Hersteller und Kunde geltend gemacht werden. Gründe für einen solchen Wegfall der Garantiezusage bestünden aber auch nicht. Die Garantiezusage sei nämlich nicht ohne Weiteres einseitig abänderbar, nur weil der Hersteller nach vier Monaten die Sachlage anders beurteilt. Er habe vorab die Voraussetzungen für die Garantiezusage eigens geprüft und bejaht. Daher falle es in seinen Risikobereich, ob die für den Eintritt eines Garantiefalls im Vertrag vorgesehenen Bedingungen tatsächlich eingehalten worden sind oder nicht. Letztlich seien daher weder Zahlungsansprüche der Kfz-Werkstatt noch solche des Herstellers gegen den Beklagten entstanden.

Quelle | OLG Koblenz, Urteil vom 11.6.2015, 6 U 1487/14, Abruf-Nr. 144847 unter www.iww.de.

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Behindertenparkplatz: Schwerbehinderung schützt nicht vor Abschleppmaßnahmen

| Ein im Parkverbot abgestelltes Fahrzeug darf abgeschleppt werden, selbst wenn im Fahrzeug ein spezieller Parkausweis für Behinderte (blauer Parkausweis) ausliegt. |

So entschied es das Verwaltungsgericht (VG) Köln im Fall eines Pkw, der im Zielbereich des am folgenden Tag stattfindenden Köln-Marathons parkte. Dort war Parken großräumig durch Zusatzbeschilderung verboten. Im PKW war gut sichtbar ein blauer Parkausweis ausgelegt, der zum Parken auf Behindertenparkplätzen berechtigt. Da im Sichtbereich kein freier, zulässiger Parkplatz zur Verfügung stand, wurde der Pkw abgeschleppt.

Der Kläger weigert sich die Kosten für das Abschleppen zu zahlen. Er meint, aufgrund des blauen Parkausweises hätte die Ordnungsamtsmitarbeiterin nicht nur im Sichtbereich nach einem geeigneten Alternativparkplatz Ausschau halten müssen. Sie hätte auch die Umgebung von einigen hundert Metern einbeziehen müssen. Das sah das VG Köln anders. Nur im Sichtbereich komme es in Betracht, ein Fahrzeug umzusetzen. Es bestehe keine Pflicht, im Nahbereich nach geeigneten Parkplätzen zu suchen. Daran ändere auch der ausgelegte Parkausweis für Behinderte nichts.

Quelle | VG Köln, Urteil vom 1.10.2015, 20 K 5858/14, Abruf-Nr. 145849 unter www.iww.de.

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Parkverbot: Abgesenkter Bordstein kann Parkverbot begründen

| Auch ein Bordstein, der auf einer eine Fahrzeuglänge überschreitenden Strecke abgesenkt ist (hier: etwa 20 Meter), kann ein Parkverbot begründen. |

Hierauf wies das Kammergericht (KG) hin. Nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) ist das Parken vor „Bordsteinabsenkungen“ unzulässig. Unklar war bisher jedoch, was eine „Bordsteinabsenkung“ ist bzw. wie lang sie sein darf/muss, wenn das Parken vor ihr verboten sein soll. Das Oberlandesgericht Köln hatte sich schon 1997 dazu geäußert (DAR 97, 79). Es war davon ausgegangen, dass nur ein Bordstein, der eine Fahrzeuglänge nicht überschreitet, ein Parkverbot nach der StVO begründen kann. Anders entschied jetzt das KG. Es begründet das u.a. mit dem Wortlaut der Vorschrift. Dem sei keine Begrenzung auf eine Fahrzeuglänge zu entnehmen. Eine Bordsteinabsenkung setze nach dem Wortsinn lediglich voraus, dass es in unmittelbarer Nähe eine „regulär“ höhere Bordsteinkante gibt. Das heißt: Im Anschluss an die Absenkung müsse der Bordstein wieder höher werden. Eine Längenbegrenzung ergebe sich aus dem Begriff der Absenkung jedenfalls nicht. Das KG verweist zudem auf den Regelungszweck der Vorschrift. Sie solle vorrangig Rollstuhlfahrern das Auf- und Abfahren erleichtern. Es sei nicht einzusehen, warum diese Erleichterung auf einen Bereich von nur wenigen Metern beschränkt sein sollte.

Quelle | KG, Urteil vom 22.6.2015, 3 Ws (B) 291/15 - 122 Ss 88/15, Abruf-Nr. 145277 unter www.iww.de.

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OWI-Recht: Blutprobe kann bei Cannabisverdacht auch ohne richterliche Anordnung verwertbar sein

| Erfolgt eine Blutentnahme gegen den Willen des Betroffenen und ohne richterliche Genehmigung, kann sie im Prozess gleichwohl verwendet werden. |

Das ist das Ergebnis eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens vor dem Amtsgericht München. Betroffen war ein 24-jähriger Autofahrer, der bei einer Polizeikontrolle aufgefallen war. Weil er am Tag zuvor etliche Joints geraucht hatte, hatte er zitternde und schwitzende Hände sowie gerötete und glasige Augen.

Er willigte zunächst in eine Blutentnahme ein. Als diese dann stattfinden sollte, waren bereits eineinhalb Stunden vergangen. Der Mann weigerte sich nun plötzlich, die Blutentnahme an sich vornehmen zu lassen. Daraufhin ordnete einer der Polizeibeamten sofort die Blutentnahme gegen den Willen des Mannes an. Eine richterliche Entscheidung holte er nicht mehr ein. Bei dem dadurch entstehenden Zeitverlust wäre nach seiner Begründung der Beweiswert der Blutentnahme gefährdet, da sich der Wirkstoff im Blut abbaut.

Vor Gericht verweigerte der Mann die Aussage. Er vertrat die Meinung, dass die Entnahme der Blutprobe rechtswidrig war und sie nicht für den Prozess verwertet werden dürfe.

Der zuständige Richter am Amtsgericht München verwertete das Ergebnis der Blutprobe gleichwohl. Er verurteilte den Mann zu einer Geldbuße von 500 EUR und einem Monat Fahrverbot.

Es sei hier zwar unterblieben, eine richterliche Anordnung der Blutentnahme einzuholen. Dafür hätten aber sachliche Erwägungen vorgelegen. So wäre der Beweiswert durch eine weitere Verzögerung gefährdet gewesen. Die Blutentnahme sei daher nicht unter willkürlicher Umgehung der richterlichen Entscheidungsbefugnis angeordnet worden, sondern aufgrund sachlicher Erwägungen. Das Ergebnis der Blutuntersuchung ist selbst dann verwertbar, wenn sich der Polizeibeamte bei der Anordnung der Blutentnahme über die Sachlage geirrt haben sollte, etwa über die Größe der Gefahr des Beweisverlusts bei weiterer Verzögerung oder das Ausmaß der zeitlichen Verzögerung durch den Versuch, eine richterliche Entscheidung einzuholen.

Ein Verwertungsverbot wird nicht dadurch begründet, dass die Blutentnahme gegen den Willen des Betroffenen ohne richterliche Anordnung erfolgte. Denn grundsätzlich dürfen Polizeibeamte eine Blutentnahme anordnen, wenn der Untersuchungserfolg durch eine Verzögerung gefährdet ist. Ein möglicher Irrtum bei der Einschätzung, ob Gefahr im Verzug vorlag, schadet der Verwertbarkeit nicht. Es kommt daher nicht darauf an, wie groß die Verzögerung bei Einschaltung des Richters gewesen wäre, und ob tatsächlich dadurch eine Gefährdung des Untersuchungserfolgs eingetreten ist.

Die Polizeibeamten haben die Gefährdung des Untersuchungserfolgs auch nicht selbst schuldhaft herbeigeführt. Denn der Mann hatte zunächst eingewilligt. Daher konnten sie bis zum Widerruf der Einwilligung davon ausgehen, dass keine richterliche Entscheidung notwendig sein würde. Die Entscheidung über die Entnahme der Blutprobe ist daher nicht willkürlich dem Richter entzogen worden.

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 14.4.2015, 953 OWi 434 Js 211506/14, Abruf-Nr. 145848 unter www.iww.de.

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Abschließende Hinweise

Berechnung der Verzugszinsen

| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten. |

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2015 bis zum 31. Dezember 2015 beträgt - 0,83 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,17 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 1,17 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,17 Prozent

Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).

Übersicht / Basiszinssätze

Zeitraum

Zinssatz

01.01.2015 bis 30.06.2015

-0,83 Prozent

01.07.2014 bis 31.12.2014

-0,73 Prozent

01.01.2014 bis 30.06.2014

-0,63 Prozent

01.07.2013 bis 31.12.2013

-0,38 Prozent

01.01.2013 bis 30.06.2013

-0,13 Prozent

01.07.2012 bis 31.12.2012

0,12 Prozent

01.01.2012 bis 30.06.2012

0,12 Prozent

01.07.2011 bis 31.12.2011

0,37 Prozent

01.01.2011 bis 30.06.2011

0,12 Prozent

01.07 2010 bis 31.12.2010

0,12 Prozent

01.01.2010 bis 30.06.2010

0,12 Prozent

01.07 2009 bis 31.12.2009

0,12 Prozent

01.01.2009 bis 30.06.2009

1,62 Prozent

01.07.2008 bis 31.12.2008

3,19 Prozent

01.01.2008 bis 30.06.2008

3,32 Prozent

01.07.2007 bis 31.12.2007

3,19 Prozent

01.01.2007 bis 30.06.2007

2,70 Prozent

01.07.2006 bis 31.12.2006

1,95 Prozent

01.01.2006 bis 30.06.2006

1,37 Prozent

01.07.2005 bis 31.12.2005

1,17 Prozent

01.01.2005 bis 30.06.2005

1,21 Prozent

01.07.2004 bis 31.12.2004

1,13 Prozent

01.01.2004 bis 30.06.2004

1,14 Prozent

01.07.2003 bis 31.12.2003

1,22 Prozent

01.01.2003 bis 30.06.2003

1,97 Prozent

01.07.2002 bis 31.12.2002

2,47 Prozent

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Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 12/2015

| Im Monat Dezember 2015 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 10.12.2015
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 10.12.2015
  • Einkommensteuer (vierteljährlich): 10.12.2015
  • Kirchensteuer (vierteljährlich): 10.12.2015
  • Körperschaftsteuer (vierteljährlich): 10.12.2015

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 14.12.2015. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Dezember 2015 am 28.12.2015.

Beachten Sie | Der 31.12. gilt nicht als banküblicher Arbeitstag.

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