Monatsbrief September 2014

WCR-B-09-2014

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 9/2014:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

Aktuelle Gesetzgebung: Mindestlohntarifvertrag für die Fleischwirtschaft ist allgemeinverbindlich

Das Bundeskabinett hat in seiner Sitzung am 30.7.2014 die von der Bundesministerin für Arbeit und Soziales vorgelegte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft gebilligt. Mit dieser Mindestlohn-Verordnung wird für diese Branche erstmals eine Entgeltuntergrenze festgelegt.

Es werden folgende bundeseinheitliche Mindeststundenlöhne eingeführt:

Ab August 2014:

7,75 EUR

Ab 1. Dezember 2014:

8,00 EUR

Ab 1. Oktober 2015:

8,60 EUR

Ab 1. Dezember 2016:

8,75 EUR

Die Mindestlohn-Verordnung, die den Mindestlohntarifvertrag, den Arbeitgeber und Gewerkschaft in dieser Branche im Januar 2014 abgeschlossen hatten, für allgemeinverbindlich erklärt, ist nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger am 1.8.2014 in Kraft getreten und gilt bis zum 31.12.2017.

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Versetzung: Keine Pflicht, im Wege der Arbeitnehmerüberlassung tätig zu werden

Durch tarifvertragliche Regelung kann der ArbN regelmäßig nicht wirksam verpflichtet werden, an der Beendigung seines eigenen Arbeitsverhältnisses mitzuwirken oder im Wege der Arbeitnehmerüberlassung tätig zu werden. Eine solche Regelung widerspricht den Wertungen des Kündigungsschutzgesetzes.

So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass der Arbeitnehmer die Wirksamkeit der Versetzung im Rahmen einer Feststellungsklage überprüfen lassen könne, wenn die Verpflichtung, an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitzuwirken oder im Wege der Arbeitnehmerüberlassung tätig zu werden, nach dem Willen des Arbeitgebers unmittelbar mit der Versetzung in einen Vermittlungs- und Qualifizierungsbetrieb einhergeht (LAG Hamm, 8 Sa 1225/13).

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AGG: Kein Entschädigungsanspruch bei Benachteiligung wegen Übergewichts

Übergewicht ist grundsätzlich keine Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), sodass eine Entschädigung nach dem AGG aus diesem Aspekt ausscheidet.

Diese Klarstellung traf das Arbeitsgericht Darmstadt im Fall einer 42-jährigen Bewerberin, die sich bei dem Verein „Borreliose und FSME Bund Deutschland“ um eine Stelle als Geschäftsführerin beworben hatte. Die Bewerberin hat die Kleidergröße 42 und wiegt nach eigenen Angaben 83 Kilo bei 1,70 Meter Körpergröße. Nach dem ersten Vorstellungsgespräch meldete sich der Verein schriftlich bei der Bewerberin und fragte an, was dazu geführt habe, dass sie kein Normalgewicht habe. Mit ihrem derzeitigen Gewicht sei sie „kein vorzeigbares Beispiel und würde die Empfehlungen des Vereins für Ernährung und Sport konterkarieren“. Daraufhin klagte die Bewerberin auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 30.000 EUR. Sie sei wegen ihres Übergewichts und damit wegen einer vom Verein angenommenen Behinderung im Sinne des AGG benachteiligt worden. Auch sei ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt. Der beklagte Verein hält dem entgegen, die Bewerberin sei nicht wegen ihres Gewichts nicht eingestellt worden. Vielmehr sei sie ohne Angabe von Gründen zum zweiten Vorstellungsgespräch nicht erschienen.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, weil aus seiner Sicht keine Diskriminierung vorlag. Denn die Bewerberin sei weder behindert noch so übergewichtig gewesen, dass eine Behinderung hätte in Betracht gezogen werden können. Nach Ansicht des Gerichts gab es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung angenommen habe, dass bei der Bewerberin eine Behinderung im Sinne des AGG vorliege. Auch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts sei nicht gegeben. Zum einen habe der Verein die Bewerberin zu einem weiteren Gespräch eingeladen. Dies zeige, dass kein fester Entschluss bestanden habe, die Bewerberin wegen ihres (tatsächlichen oder vermeintlichen) Übergewichts nicht einzustellen. Zum anderen seien Arbeitgeber nicht verpflichtet, bei Einstellungen das äußere Erscheinungsbild unberücksichtigt zu lassen. Der Arbeitgeber müsse beachten, ob die Bewerberin, aufgrund ihrer Gesamtpersönlichkeit und Erscheinung bereit und in der Lage ist, die Anliegen des Vereins, namentlich dessen Empfehlungen für ein gesundheitsbewusstes Verhalten, überzeugend zu vertreten. Es bestehe auch kein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen der Äußerungen des Vereins über das Erscheinungsbild der Bewerberin. Ein ausreichend schwerer Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht liege nicht vor (Arbeitsgericht Darmstadt, 6 Ca 22/13).

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BSG: Regelmäßige Provisionen erhöhen Elterngeld

Bei der Ermittlung des Elterngelds ist der Arbeitslohn des Berechtigten für die letzten zwölf Monate um „sonstige Bezüge“ wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld und Gratifikationen zu kürzen. Prinzipiell stellen zwar auch Provisionszahlungen an den Arbeitnehmer „elterngeldschädliche“ sonstige Bezüge dar. Fließen sie dem Arbeitnehmer aber mehrmals im Jahr nach festgelegten Stichtagen zu, erhöhen sie das Elterngeld.

Diese gute Nachricht kommt vom Bundessozialgericht (BSG). Nach Ansicht des Gerichts muss bei der Ermittlung des Nettoeinkommens zur Ermittlung des Elterngelds beachtet werden, dass Steuer- und Elterngeldrecht unterschiedliche Ziele verfolgen. Deshalb dürfen Provisionszahlungen bei der Ermittlung des Zwölf-Monats-Einkommens nicht außer Acht gelassen werden, nur weil das Finanzamt diese im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge begünstigt (BSG, B 10 EG 7/13).

Hinweis: Es sind aber nur Provisionen „begünstigt“, die dem Arbeitnehmer regelmäßig neben dem Grundgehalt zu bestimmten Stichtagen gezahlt werden. Einmalige Provisionen, die der Arbeitgeber freiwillig als Anerkennung für besondere Leistungen zahlt, erhöhen das Elterngeld nicht.

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Baurecht

Werkmangel: Fehlende Standfestigkeit einer Terrassenüberdachung

Ist eine Terrassenüberdachung nicht standfest, ist dies auch dann ein Werkmangel, wenn die Ursache dafür mit darin liegt, dass durch eine Dachlawine wegen der Schneelast vom Dach des Wintergartens ein besonderes Zusatzgewicht auf das Dach gedrückt hat.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Köln. Die Richter machten allerdings deutlich, dass Voraussetzung des Werkmangels sei, dass dies für den Auftragnehmer erkennbar gewesen ist. Vorliegend sei nicht der klassische vom Gesetz vorgesehene Fall gegeben. Danach liegt ein Mangel vor, wenn es dem Werk an der vereinbarten Beschaffenheit fehlt. Hier greife vielmehr der Fall, dass dem Werke eine Beschaffenheitsvereinbarung fehle. Auch dann sei das Werk mangelhaft, sofern es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung nicht uneingeschränkt eigne oder nicht die Beschaffenheit aufweise, die der Besteller nach Art des Werks erwarten könne. Hier habe mit der zusätzlichen Schneelast gerechnet werden müssen, sodass die Überdachung im Endergebnis zu schwach dimensioniert gewesen sei (OLG Köln, 19 U 99/12).

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VOB/B: Einer GmbH als Auftraggeber muss der Text der VOB/B nicht ausgehändigt werden

Die VOB/B wird grundsätzlich nur dann Bestandteil des Bauvertrags, wenn der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft wird, in zumutbarer Weise vom Inhalt der VOB/B Kenntnis zu nehmen. Soll die VOB/B gegenüber einem im Baugewerbe tätigen oder sonst im Baubereich bewanderten Vertragspartner einbezogen werden, genügt ausnahmsweise der bloße Hinweis auf die Geltung der VOB/B.

Diese Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart ist nun rechtskräftig, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen hat. Die Richter am OLG gingen sogar noch weiter und machten deutlich, das es für die Einbeziehung der VOB/B sogar ausreiche, wenn der Verwender im Vertrag auf die Geltung verweise, sofern es sich bei der anderen Vertragspartei um ein Unternehmen handele, das nicht im Baubereich bewandert ist. Erforderlich sei nur, dass das Unternehmen bei Abschluss des Vertrags in Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit gehandelt habe. Von einem Unternehmen könne nämlich erwartet werden, dass es unbekannte Vertragsbedingungen anfordert oder sich beschafft. Es bestehe kein Anspruch auf Überlassung oder Einsicht in Allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn es sich um gebräuchliche, leicht zugängliche Klauselwerke handele. Diese Voraussetzung sei bei der VOB/B erfüllt. Denn der Text der VOB/B könne unschwer über das Internet oder in einer Buchhandlung besorgt werden (OLG Stuttgart, 10 U 56/12; BGH, VII ZR 231/12).

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Bauplanungsrecht: Mehrfamilienhaus im unbeplanten Innenbereich

Ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohnungen stellt in einer unterschiedlich bebauten Innenbereichslage keinen Fremdkörper dar.

So entschied es das Oberverwaltungsgericht (OVG) Saarland in einem Fall, in dem es um die Aufhebung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses im unbeplanten Innenbereich ging. Die Aufhebung war darauf gestützt worden, dass sich das Gebäude nicht in die Umgebung einfüge. Die Richter hielten dies für rechtswidrig. Nach ihrer Ansicht lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Vorhaben völlig „aus dem Rahmen“ der ansonsten in der Umgebung anzutreffenden Bebauung falle. Die Umgebung zeichne sich dadurch aus, dass eine in sich inhomogene Ansammlung und ein unmittelbares Nebeneinander unterschiedlichster Gebäude vorliege. In einer solchen Umgebung könne ein Gebäude mit nur fünf Wohnungen allenfalls als eine weitere Überschreitung des Rahmens, nicht aber als „völlig aus dem Rahmen fallendes“ Unikat angesehen werden (OVG Saarland, 2 A 2/14).

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Nachbarschutz: Pausenhofgeräusche von Grundschulkindern sind kein Lärm

Nachbarn müssen die üblicherweise von einer Grundschule ausgehenden Geräusche hinnehmen.

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin im Fall mehrerer Anwohner entschieden, die sich mit ihrer Klage gegen die Erweiterung des Schulbetriebs der an ihre Grundstücke angrenzenden Grundschule von 100 auf 127 Schüler gewendet hatten. Sie befürchteten u.a. eine mit dem Charakter eines allgemeinen Wohngebiets nicht mehr verträgliche Lärmbelästigung. Sie sind der Auffassung es müsse eine Lärmschutzmauer errichtet und in den Musik- und Gymnastikräumen schallisolierte Fenster eingebaut werden.

Das VG wies die Klage jedoch ab. Der erweiterte Schulbetrieb verletze keine nachbarschützenden Vorschriften. Der Betrieb einer Grundschule mit maximal 127 Schülern in der Zeit von 7:30 Uhr bis 16:30 Uhr sei mit dem Gebietscharakter eines allgemeinen Wohngebiets nicht unverträglich. Die Schülerzahl halte sich im Bereich des Ortsüblichen. Rücksichtslose Lärmimmissionen seien nicht zu befürchten. Die Geräusche von auf dem Pausenhof spielenden Grundschulkindern müssten unabhängig von ihrer Intensität nach dem Toleranzgebot im Bundesimmissionsschutzgesetz hingenommen werden. Geräuscheinwirkungen von Kindertagesstätten, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen seien im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen. Der Pausenhof einer Grundschule sei eine ähnliche Einrichtung wie ein Kinderspielplatz, denn er diene wie dieser dem Ausleben des Spielbedürfnisses und des Bewegungsdrangs von Kindern. Gesichtspunkte, die ausnahmsweise ein Zurücktreten der geräuschvollen kindlichen Interessen zugunsten des Ruhebedürfnisses der Eigentümer der Nachbargrundstücke rechtfertigten, seien nicht erkennbar. Im Gegenteil seien die Grundstücke wegen der nahen S-Bahnlinie und auch wegen der seit Langem bestehenden Schule durch eine nicht unerhebliche Geräuschvorbelastung geprägt. Der zeitlich begrenzte Schul- und Pausenbetrieb belasse den Eigentümern zudem erhebliche Zeiträume, in denen von dem Schulgrundstück überhaupt keine Geräuschimmissionen ausgingen (VG Berlin, VG 13 K 109.12).

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Familien- und Erbrecht

Aktuelle Gesetzgebung: Unterhaltsansprüche international leichter durchsetzbar

Am 1.8.14 ist das Haager Übereinkommen über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen („Haager Unterhaltsübereinkommen“) in Kraft getreten. Damit können Unterhaltsansprüche auch über die Grenzen der EU hinaus verfolgt werden.

Den Unterhaltsgläubigern stehen nun in ihrem jeweiligen Staat zentrale Behörden zur Verfügung, die ihnen bei der Durchsetzung der Ansprüche im Ausland helfen. In Deutschland ist dies das Bundesamt für Justiz in Bonn. Weiterhin erhalten Betroffene für ihre Rechtsdurchsetzung kostenlose Prozesskostenhilfe. Unterhaltsurteile, die in einem Vertragsstaat erlassen wurden, werden von nun an in den anderen Vertragsstaaten nach einem stark vereinfachten Verfahren zügig anerkannt. Neben der EU und ihren 28 Mitgliedstaaten gehören dem Übereinkommen bislang weitere vier Staaten an, Norwegen, Bosnien-Herzegowina, Albanien und die Ukraine. Ein Hauptmotor bei den Verhandlungen zu dieser Konvention waren auch die Vereinigten Staaten von Amerika, sodass davon auszugehen ist, dass diese und auch weitere Staaten, gerade jetzt nach der Ratifikation durch die EU, dem Übereinkommen zeitnah beitreten werden.

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Vormundschaft: Großeltern müssen bei der Auswahl in Betracht gezogen werden

Der Schutz der Familie nach dem Grundgesetz schließt auch familiäre Bindungen zwischen nahen Verwandten ein, insbesondere zwischen Großeltern und ihrem Enkelkind. Soweit tatsächlich eine engere familiäre Bindung besteht, haben Großeltern daher ein Recht darauf, bei der Auswahl eines Vormunds für ihr Enkelkind in Betracht gezogen werden.

Dies hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) festgestellt. Die Vormundschaft oder Ergänzungspflegschaft ermögliche es den Verwandten, das Kind zu sich zu nehmen und in eigener Verantwortung zu betreuen und zu erziehen. Auf diese Weise können sie ihre familiäre Bindung zum Kind fortführen und verwandtschaftlicher Verantwortung gerecht werden. Großeltern und sonstigen nahen Verwandten komme daher bei der Auswahl des Vormunds oder Ergänzungspflegers der Vorrang gegenüber nicht verwandten Personen zu, sofern nicht im Einzelfall konkrete Erkenntnisse darüber bestehen, dass dem Wohl des Kindes, das für die Auswahl bestimmend ist, durch die Auswahl einer dritten Person besser gedient ist (BVerfG, 1 BvR 2926/13).

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Vaterschaftsanfechtung: Künstliche Befruchtung mit Fremdsamen schließt Anfechtung aus

Bei einer künstlichen Befruchtung mit einer Fremdsamenspende kann der Ehemann der Frau die Vaterschaft nicht anfechten.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg. Der Antragsteller in dem Verfahren hatte behauptet, er sei zeugungsunfähig. Das Kind sei im Wege der Fremdbefruchtung gezeugt worden. Seine Ehefrau habe ohne sein Wissen und ohne seine Zustimmung über das Internet einen Samenspender gesucht und gefunden. Er sei daher nicht der Vater und auch nicht zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet. Das Familiengericht hat dem Antrag entsprochen und auf der Grundlage eines eingeholten Abstammungsgutachtens festgestellt, dass der Mann nicht der Vater des Kindes ist.

Auf die Beschwerde der Mutter des Kindes wurde der Beschluss des Familiengerichts jetzt geändert. Das OLG hat den Antrag des Mannes auf Feststellung, dass er nicht der leibliche Vater des Kindes seiner Ehefrau sei, abgelehnt. Dieser sei vielmehr nach den Bestimmungen des BGB Vater des Kindes, weil er bei der Geburt mit der Mutter verheiratet gewesen sei. Allein der Umstand, dass er nach dem Abstammungsgutachten nicht der biologische Vater des Kindes sei, ändere daran nichts. Das Recht der Anfechtung der Vaterschaft sei vielmehr ausgeschlossen, weil das Kind mit Einwilligung des Antragstellers und der Mutter künstlich mittels einer Samenspende gezeugt worden sei. Der Gesetzgeber habe in Fällen, in denen sich Eheleute bewusst für die Zeugung eines Kindes durch künstliche Fremdsamenübertragung entscheiden, die Anfechtung ausgeschlossen. Die Eltern übernehmen eine besondere Verantwortung für das auf diese Weise gezeugte Kind. Sie dürften nicht im Nachhinein über die zuvor einvernehmlich getroffene Wahl der Fremdzeugung ihre elterliche Verantwortung wieder aufheben lassen.

Nach Durchführung der Beweisaufnahme, in der der Senat insbesondere den biologischen Vater des Kindes ermittelt und als Zeugen vernommen hatte, stellte sich heraus, dass der Mann sehr wohl einer Fremdbefruchtung zugestimmt hatte. Nachdem eine künstliche Befruchtung fehlgeschlagen war, hatten der Mann und seine Ehefrau über eine Samenspende gesprochen. Der Mann war dann zunächst mit einer Fremdbefruchtung einverstanden. Ihm wurde erst später, als die Frau schwanger geworden war, bewusst was es für ihn bedeute, dass das Kind biologisch nicht von ihm abstamme. Dieser späte Sinneswandel war rechtlich allerdings bedeutungslos (OLG Oldenburg, 11 UF 179/13).

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Erbrecht: Internationales Erbrecht wird neu geregelt

Immer mehr Menschen arbeiten oder verbringen ihren Lebensabend im europäischen Ausland. Viele besitzen dort und in ihrem Heimatland Vermögen. Im Todesfall sind die Erben damit oftmals überfordert. Im kommenden Jahr wird die Abwicklung von Erbfällen innerhalb der EU vereinfacht. Ab August 2015 gilt die neue Europäische Erbrechtsverordnung(EU-ErbVO). Diese regelt, welches nationale Erbrecht anzuwenden ist, wenn Vermögen in mehreren EU-Staaten zu vererben ist. Die neue VO bietet vor allem größere Rechtssicherheit, von der jährlich gut 450.000 Familien profitieren werden.

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Vertragsrecht: Kündigungsschutz für Senioren

Senioren als Wohnraummieter haben Möglichkeiten, über die andere nicht verfügen. Ein Beispiel dafür ist der des Kündigungsschutzes.

Widerspruch gegen die Kündigung (§§ 574, 574b BGB)

Insbesondere für ältere Mieter ist es wichtig, dass sie gegen eine Kündigung Widerspruch erheben können. Die hierfür anwendbare Sozialklausel greift jedoch nur bei einer ordentlichen Kündigung. Bei einem Widerspruch sind die folgenden Punkte zu beachten:

  • Der Mieter muss der Kündigung spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses widersprechen (Widerspruchsfrist).
  • Er kann den Widerspruch auch noch im ersten Termin des Räumungsprozesses erklären, wenn er nicht durch den Vermieter vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Möglichkeit, die Form und die Frist des Widerspruchs hingewiesen worden ist.
  • Die Erklärung des Widerspruchs bedarf der Schriftform.
  • Der Widerspruch muss nicht begründet werden. Dem Inhalt nach genügt der erkennbare Wille des Mieters, der Kündigung widersprechen zu wollen.
  • Die gestzliche Bestimmung, wonach der Mieter über die Gründe des Widerspruchs auf Verlangen des Vermieters Auskunft erteilen soll, stellt lediglich eine Obliegenheit ohne nachteilige Rechtsfolgen dar.

Wirkung des Widerspruchs

Aufgrund des Widerspruchs kann der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Dafür müssen sich die Parteien über die Fortsetzung einigen oder sie muss durch Urteil bestimmt werden. Ein Anspruch des Mieters auf Fortsetzung kann bestehen, wenn Härtegründe vorliegen. Es findet eine Interessenabwägung zwischen den Interessen des Mieters und Vermieters statt. Die üblicherweise mit einem Wohnungswechsel verbundenen Beeinträchtigungen reichen nicht aus. Mögliche Widerspruchsgründe speziell für Senioren sind:

  • Hohes Alter des Mieters,
  • Lange Dauer des Mietverhältnisses,
  • Krankheit und Gebrechlichkeit,
  • erhebliche nicht abgewohnte wirtschaftliche Aufwendungen auf die Mieträume,
  • angemessener Ersatzwohnraum kann zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden,
  • kurzfristiger nicht zumutbarer Zwischenumzug.

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Nachvertragliche Pflichten: Vermieter muss Post an den alten Mieter aufbewahren

Wird nach Ende des Mietverhältnisses für einen gewerblichen Mieter (hier: Rechtsanwaltskanzlei) noch Geschäftspost in den Briefkasten der bisherigen Geschäftsräume eingeworfen, treffen den bisherigen Vermieter Obhuts- und Aufbewahrungspflichten hinsichtlich dieser Postsendungen.

Der Vermieter muss den Mieter über eingegangene Post

  • informieren und
  • ihm Gelegenheit zur Abholung bieten.

Keinesfalls ist er berechtigt, die Sendungen einfach in einen öffentlichen Briefkasten zu werfen, da die Post den Brief nicht weiterbefördern muss und zudem - ohne Vermerk der neuen Adresse - lediglich mit einer Rücksendung an den Absender zu rechnen ist (LG Darmstadt, 25 T 138/13).

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Mietmangel: Wellen im Teppich können zur Mietminderung berechtigen

Der schlechte Zustand eines Teppichbodens kann eine Mietminderung - hier fünf Prozent - begründen, wenn er Wellen schlägt und aufgrund dessen eine Stolpergefahr für die Wohnungsnutzer besteht.

So entschied es das Landgericht (LG) Darmstadt. Die Richter wiesen aber auch darauf hin, dass regelmäßig kein Recht zur Mietminderung bestehe, wenn die Wellen lediglich einen optischen Mangel darstellen (LG Darmstadt, 6 S 17/13).

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Mietmangel: Recht zur Mietminderung bei unerwünschtem Besuch von der Nachbarskatze

Wird ein Mieter wiederholt von der Nachbarskatze in seiner Wohnung besucht, stellt dies eine erhebliche Beeinträchtigung seines Wohngebrauchs dar. Er kann von seinem Vermieter verlangen, dass er etwas gegen die Katzenbelästigung durch den Nachbarsmieter unternimmt. Des Weiteren darf er die Miete aus diesem Grund um 10 Prozent mindern.

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht Potsdam. Es stellte darauf ab, dass es zum vertragsgemäßen Gebrauch einer Wohnung gehöre, Fenster und Terrassentüren zum Lüften öffnen zu können. Dabei solle man nicht befürchten müssen, dass eine Katze diese Gelegenheit nutzt, um in die Wohnung zu gelangen. Ob die Katzenhaltung in dem Mietshaus erlaubt war oder nicht, war für das Amtsgericht unerheblich (Amtsgericht Potsdam, 26 C 492/13).

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WEG: Zustimmungspflichtigkeit einer Mobilfunksendeanlage

Die Errichtung einer Mobilfunksendeanlage auf dem Haus einer Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Rechtsstreit hin. Die Richter entschieden, dass die beschlossene Errichtung der Mobilfunkanlage nach dem Gesetz über das Wohnungseigentum (WEG) als bauliche Veränderung der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer bedurft hätte. Durch die Maßnahme werde die klagende Eigentümerin über das im Gesetz bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt. Der allgemeinkundige wissenschaftliche Streit um die Gesundheitsgefahren von Mobilfunkanlagen führe zu Beeinträchtigungen bei der Vermietbarkeit und zu einer Minderung des Verkehrswerts. Das gelte umso mehr mit Blick auf die enge räumliche Beziehung, die zwischen der geplanten Sendeanlage und der Dachgeschosswohnung bestehe (BGH, V ZR 48/13).

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Verbraucherrecht

Versicherungsrecht: Haftpflichtversicherungen für Hundehalter - Wenn Herrchen haften muss

Bisse, Stürze oder Sachbeschädigung: Hunde sind nicht nur niedlich, sondern können auch Schäden anrichten. In vielen Bundesländern ist eine Hundehalter-Haftpflichtversicherung Pflicht. Wann sie eingreift, lesen Sie hier.

Schnell ist es passiert, der Hund reißt mit seinem Schwanz in der Wohnung der Freunde eine teure Vase zu Boden. Oder eine Passantin stürzt, erschrocken vom Bellen, vom Fahrrad und bricht sich ein Bein. Viele Unfälle sind möglich, gemein haben alle Konstellationen eines: Der Hundehalter muss für den Schaden aufkommen, den sein Hund anderen zufügt.

Der Halter haftet dafür mit seinem Vermögen in unbegrenzter Höhe - im schlimmsten Fall bis zum finanziellen Ruin. Hat er dagegen eine Hundehalterhaftpflicht, übernimmt die Versicherung die Kosten für den Schaden.

Die Hundehalter-Haftpflichtversicherung leistet bei

  • Personenschäden (z. B. Schmerzensgeld, Behandlungskosten nach einem Biss)
  • Sachschäden (z. B. ein Hund zerstört die teuren Schuhe eines Gastes)
  • Vermögensschäden als Folge eines Personen- oder Sachschadens (z.B. der Verdienstausfall eines verletzten Tierarztes)

Von einem Hund kann potenziell eine Gefahr ausgehen. Deshalb gilt hier rechtlich die Gefährdungshaftung. Das bedeutet, dass der Halter automatisch für die Schäden verantwortlich ist, die sein Hund verursacht. Auch wenn er während der Entstehung des Schadens gar nicht anwesend war oder sich in jeglicher Hinsicht völlig korrekt verhalten hat, muss er finanziell für die Schäden aufkommen.

Die Hundehalterhaftpflichtversicherung trägt die Kosten für alle Schäden, die der Hund anderen zugefügt hat. Vergleichbar einer privaten Haftpflichtversicherung kommt auch die Hunde-Police nicht für die eigenen Schäden auf. Das gilt, wenn etwa Familienmitglieder vom eigenen Hund verletzt werden. Rechtlich gesehen gelten sie nicht als Dritte, sondern werden wie der Halter behandelt. Wird ein Familienmitglied vom eigenen Hund gebissen, leistet nur die private Unfallversicherung.

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Energierecht: Stillschweigender Vertragsschluss durch Energieverbrauch

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, mit wem ein Vertrag durch die Entnahme von Energie zustande kommt, wenn kein schriftlicher Liefervertrag abgeschlossen wurde und das mit Energie versorgte Grundstück vermietet oder verpachtet ist.

Geklagt hatte ein Energieversorgungsunternehmen. Es verlangte von einem Grundstückseigentümer eine Vergütung für Stromlieferungen in Höhe von 32.539,09 EUR. Der Eigentümer hatte das versorgte Grundstück Anfang 2007 erworben und es wenige Tage danach an seinen Sohn verpachtet. Nach dem Pachtvertrag war der Pächter verpflichtet, die Stromkosten aufgrund eines eigenen Vertrags mit dem Versorgungsunternehmen zu tragen. Der Pächter verbrauchte erhebliche Mengen an Strom, schloss jedoch keinen Stromversorgungsvertrag ab. Er teilte dem Energieversorger auch nicht mit, dass er Strom verbrauche. Dieser ließ mehrfach auf dem Grundstück den Stromverbrauch ablesen und schickte die entsprechenden Rechnungen zunächst an die frühere Grundstückseigentümerin, die dem Energieversorger jeweils mitteilte, dass sie mit dem Grundbesitz nichts mehr zu tun habe. Im Dezember 2012 erstellte der Energieversorger gegenüber dem Grundstückseigentümer eine Rechnung für den Zeitraum vom 1.2.08 bis zum 30.11.10 in Höhe von 32.539,09 EUR.

Die Klage auf Zahlung dieses Betrags ging jedoch in allen Instanzen verloren. Die Richter am BGH entschieden, dass zwischen dem Energieversorger und dem Grundstückseigentümer kein Energieversorgungsvertrag zustande gekommen sei. Denn die Realofferte des Energieversorgers richte sich typischerweise an denjenigen, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübe. Da es nicht maßgeblich auf die Eigentümerstellung selbst, sondern auf die hierdurch vermittelte Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ankomme, sei im Streitfall der Pächter des Grundstücks als Adressat des Vertragsangebots anzusehen, nicht der beklagte Eigentümer. Indem der Pächter Strom verbrauchte, habe er aus objektiver Sicht des Energieversorgungsunternehmens die an ihn gerichtete Realofferte konkludent angenommen.

Die ganz geringfügige Energieentnahme durch den Grundstückseigentümer in dem kurzen Zeitraum von wenigen Tagen zwischen Eigentumserwerb und Übergabe des Grundstücks an den Pächter führe zu keiner anderen Beurteilung. Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen an stabilen Vertragsbeziehungen, deren Parteien mit angemessenem Aufwand zu ermitteln sind, seien derartige kurzfristige und geringfügige Energieentnahmen bei der Feststellung der Vertragsparteien zu vernachlässigen (BGH, VIII ZR 316/13).

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Vereinsrecht: Zur Mitgliederversammlungs-Einladung ist kein formeller Brief nötig

Die Einladung zur Mitgliederversammlung muss nicht durch formellen Brief erfolgen. Auch eine persönliche Unterschrift des Vorstands ist nicht erforderlich.

So lautet eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken. Im konkreten Fall hatte ein Verein durch den Versand einer Sonderausgabe seiner Mitgliederzeitschrift zur Mitgliederversammlung eingeladen. Die Sonderausgabe hatte erkennbar als einzigen Zweck die Einladung der Mitglieder zur Jahreshauptversammlung. So war darauf auf dem Titelblatt hingewiesen worden, außerdem befand sich die Einladung an prominenter Stelle auf der ersten Seite.

Nach Auffassung des OLG war das ausreichend. Alle erforderlichen Angaben - das Einladungsschreiben selbst, die Tagesordnung sowie weitere Informationen zu einzelnen Punkten der Tagesordnung und zum Veranstaltungsort - waren vorhanden. Dass die Einladung zur Jahreshauptversammlung in der Form einer Vereinszeitung und nicht in der Form eines Briefs mit entsprechenden Anlagen versandt worden war, spiele keine Rolle (OLG Zweibrücken, 3 W 57/13).

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Sozialrecht: Leistungsträger muss Waschmaschine bezahlen

Ein Anspruch auf eine Waschmaschine wird nicht dadurch verwirkt, dass der Leistungsempfänger längere Zeit keine eigene Waschmaschine nutzt. Steht nach einer Trennung keine Waschmaschine in der Wohnung mehr zur Verfügung, kann ein Bedarf an „Erstausstattung“ mit einer Waschmaschine vorliegen, der vom Leistungsträger zu decken ist.

So entschied es das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen im Fall einer 1954 geborenen Frau. Diese hatte zunächst bis zum Jahr 1987 gemeinsam mit ihrem Ehemann eine Waschmaschine genutzt. Nach der Scheidung konnte sie die Waschmaschine ihres neuen Lebenspartners nutzen. Nach der Trennung von diesem im Jahr 2004 hatte die Frau keine Waschmaschine mehr in der Wohnung, sondern nutzte einen Waschsalon. Nach einem Umzug in einen Wohnort ohne Waschsalon beantragte sie beim beklagten Landkreis als SGB II-Träger einen Zuschuss zur Waschmaschine. Dieser gewährte jedoch lediglich ein Darlehn in Höhe von 179 EUR, da ein Zuschuss lediglich für die Erstausstattung gewährt werden könne.

Das sah das LSG jedoch anders. Es bejahte einen Anspruch der Frau auf Gewährung eines Zuschusses für eine Waschmaschine. Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasse grundsätzlich zwar auch die Kosten für den Hausrat und damit die Kosten für die Anschaffung einer Waschmaschine. Allerdings werden nach dem SGB II für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten zusätzliche Leistungen erbracht. Eine Waschmaschine zähle zu den für eine geordnete Haushaltsführung erforderlichen Haushaltsgeräten. Darüber hinaus sei der Begriff der Erstausstattung nicht streng zeitbezogen, sondern bedarfsbezogen zu verstehen. Mit der Trennung von dem neuen Partner sei ein neuer Bedarfsfall entstanden. Dem stehe nicht entgegen, dass die Klägerin zunächst ohne eigene Waschmaschine ausgekommen sei. Dass die Klägerin zunächst einen Waschsalon genutzt habe, bedeute nicht, dass der Anspruch verwirkt sei (LSG Niedersachsen-Bremen, L 11 AS 369/11).

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Verkehrsrecht

Falschparker: Keine Pflicht zur Zahlung unangemessen hoher Abschleppkosten

Falschparker müssen dem Besitzer der Parkfläche keine unangemessen hohen Abschleppkosten erstatten.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Pkw-Eigentümers, der seinen Wagen unberechtigt auf dem gekennzeichneten Kundenparkplatz eines Fitnessstudios abgestellt hatte. Dessen Betreiberin hatte mit einem Abschleppunternehmen einen Rahmenvertrag geschlossen. Danach war ein Pauschalbetrag von 250 EUR netto für das Entfernen eines Falschparkers vereinbart. Die aus dem unberechtigten Parken entstandenen Ansprüche gegen den Pkw-Eigentümer trat die Betreiberin des Studios an den Abschleppunternehmer ab. Dieser schleppte das Fahrzeug ab. Später teilte er der Ehefrau des Pkw-Eigentümers telefonisch mit, der Standort des Pkw werde bekannt gegeben, sobald ihm der Fahrzeugführer benannt und der durch das Abschleppen entstandene Schaden von 250 EUR beglichen werde. Der Pkw-Eigentümer ließ den Abschleppunternehmer anwaltlich auffordern, ihm den Fahrzeugstandort Zug um Zug gegen Zahlung von 100 EUR mitzuteilen. Dem kam der Abschleppunternehmer nicht nach. Erst nachdem der Pkw-Eigentümer den geforderten Betrag von 297,50 EUR beim Amtsgericht hinterlegt hatte, teilte ihm der Abschleppunternehmer den Standort des Fahrzeugs mit. Der Pkw-Eigentümer hält den geforderten Betrag für zu hoch. Das Amtsgericht hat im Ergebnis entschieden, dass er nur 100 EUR zahlen müsse. Das Landgericht hat die zu tragenden Abschleppkosten im Ergebnis auf 175 EUR abgeändert.

Auf die Revisionen beider Parteien hat der BGH deutlich gemacht, dass der Grundstückseigentümer grundsätzlich unberechtigt parkende Fahrzeuge abschleppen lassen dürfe. Die Kosten hierfür müsse der Falschparker zahlen. Zu den erstattungsfähigen Kosten würden nicht nur die reinen Abschleppkosten gehören, sondern auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs entstanden sind. Das seien z.B. die Kosten durch die Überprüfung des unberechtigt abgestellten Fahrzeugs, um den Halter ausfindig zu machen, das Anfordern eines geeigneten Abschleppfahrzeugs, das Prüfen des Fahrzeugs auf Sicherung gegen unbefugtes Benutzen, dessen Besichtigung von innen und außen und die Protokollierung etwa vorhandener Schäden. Nicht zu erstatten seien hingegen die Kosten für die Bearbeitung und außergerichtliche Abwicklung des Schadenersatzanspruchs des Besitzers, weil sie nicht unmittelbar der Beseitigung der Störung dienen. Auch Kosten für die Überwachung der Parkflächen im Hinblick auf unberechtigtes Parken müsse der Falschparker nicht ersetzen.

Die Ersatzpflicht des Falschparkers werde durch das Wirtschaftlichkeitsgebot begrenzt. Er habe nur die Aufwendungen zu erstatten, die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Besitzers der Parkflächen machen würde. Maßgeblich sei, wie hoch die ortsüblichen Kosten für das Abschleppen und die unmittelbar mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs verbundenen Dienstleistungen sind. Regionale Unterschiede seien zu berücksichtigen. Dies müsse nun das Landgericht durch Preisvergleich, notfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens klären (BGH, V ZR 229/13).

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Gutachten: Recht auf Schadengutachten erst recht bei altem Fahrzeug

Bei einem Fahrzeug, dessen Wiederbeschaffungswert (WBW) niedrig ist, ist ein Schadengutachten schon deshalb erforderlich, um in Abgrenzung zum WBW erkennen zu können, ob die Reparatur noch lohnt.

So entschied es das Amtsgericht Heidenheim im Fall eines Geschädigten, der einen 16 Jahre alten Pkw mit einer Laufleistung von 250.206 km und mehreren Vorschäden fuhr. Bei einer Parkplatzkollision wurden der Stoßfänger und eine Blinkleuchte beschädigt. Der Geschädigte hatte ein Schadengutachten eingeholt. Der Versicherer verweigerte jedoch die Erstattung der Kosten. Er argumentierte, es liege ja nur ein Bagatellschaden vor. Auch sei das Gutachten unzutreffend, denn es habe Reparaturkosten in Höhe von 955,75 EUR prognostiziert, wohingegen die tatsächlich entstandenen Reparaturkosten nur 911,12 EUR (jeweils brutto) betragen hätten. Diese Argumente überzeugten das AG nicht. Es sprach dem Geschädigten die Kosten für das Gutachten zu. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass hinter einer großflächigen Eindellung des Stoßfängers weitere Schäden verborgen sein könnten. Das mache dem Laien eine eigenständige Abschätzung unmöglich (AG Heidenheim, 14 U 10/14).

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Mietwagen: Mehrkosten für Navi im Mietwagen sind zu erstatten

Ist im beschädigten Fahrzeug ein Navigationssystem (Navi) verbaut, darf der Geschädigte einen Mietwagen mit Navi anmieten. Das gilt auch, wenn dafür ein Mehrpreis berechnet wird.

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht Erkelenz. In dem Fall hatte der Versicherer gemeint, ein Geschädigter müsse auch mal für ein paar Tage ohne Navi auskommen können. Das Gericht hat aber erkannt, dass derjenige, der sich seit langer Zeit mittels eines Navi leiten lässt, kein aktuelles Kartenmaterial mehr hat. Das müsse er erst kaufen, was ihm aber nicht zuzumuten sei (AG Erkelenz, 15 C 408/13).

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Haftungsrecht: Haftungsquote beim Zusammenstoß zweier verkehrswidrig fahrender Radfahrer

Stößt eine Radfahrerin, die den Radweg einer bevorrechtigten Straße entgegen der Fahrtrichtung befährt, mit einem aus einem verkehrsberuhigten Bereich auf den Radweg einbiegenden Radfahrer zusammen, kann eine Haftungsquote von 2/3 zulasten des Radfahrers und 1/3 zulasten der Radfahrerin gerechtfertigt sein.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer 59-jährigen Radfahrerin entschieden, die auf dem Fahrradweg entgegen der Fahrtrichtung unterwegs war. Der seinerzeit 14 Jahre alte Beklagte kam mit seinem Fahrrad aus einem verkehrsberuhigten Bereich, um nach rechts auf den Radweg der Hauptstraße abzubiegen. Im Einmündungsbereich beider Straßen stießen die Fahrräder zusammen. Die Klägerin stürzte und zog sich einen Bruch des Schienbein- und des Wadenbeinkopfes zu. Vom Beklagten hat sie 100-prozentigen Schadenersatz verlangt und gemeint, er habe den Unfall allein verschuldet. Mit Radfahrern auf der bevorrechtigten Hauptstraße, die den Radweg in falscher Richtung befahren würden, habe er rechnen müssen.

Das sahen die Richter am OLG nicht ganz so. Sie sahen ein Mitverschulden der Klägerin und verteilten die Haftungsquote mit 2/3 zu ihren Gunsten und 1/3 zu ihren Lasten. Der Jugendliche habe, so das OLG, den Unfall zwar überwiegend verschuldet. Er habe gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen. Er hätte vom verkehrsberuhigten Bereich nur so auf die Hauptstraße einbiegen dürfen, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Dem habe er nicht genügt, weil er die Klägerin durch sein unachtsames Einbiegen zu Fall gebracht habe. Die Klägerin treffe allerdings ein Mitverschulden, weil sie den Radweg entgegen der Fahrtrichtung benutzt und so ebenfalls gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen habe. Bei der Abwägung der beiderseitigen Verschuldens- bzw. Mitverschuldensbeiträge wiege der Verkehrsverstoß des Jugendlichen schwerer als der der Klägerin. Ihm gegenüber hätte der gesamte fließende Verkehr der Hauptstraße Vorrang, auch ein den Radweg in verkehrter Richtung benutzender Radfahrer. Das Mitverschulden der Klägerin trete allerdings nicht vollständig hinter das Verschulden des Jugendlichen zurück. Die Klägerin habe die Gefahrensituation voraussehen können, nachdem sie den Radweg vorsätzlich in der für sie nicht freigegebenen Fahrrichtung befahren habe. Ausgehend hiervon habe sie nicht darauf vertrauen dürfen, dass ihr grundsätzliches Vorfahrtsrecht beachtet werde. Sie habe sich vielmehr auch auf dessen Missachtung einstellen müssen, zumal der Einmündungsbereich wegen Bewuchses nur schlecht einsehbar gewesen sei. Deswegen habe sie eine Fahrweise wählen müssen, bei der sie einem für sie von links kommenden Fahrzeug hätte ausweichen können. Es sei daher angemessen, ihr Mitverschulden mit 1/3 zu berücksichtigen (OLG Hamm, 26 U 60/13).

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Lkw-Fahrer: Sichtkontrolle der Bremsscheiben vor der Fahrt ist nicht erforderlich

Der Fahrer eines Lkw braucht vor Fahrtantritt die Bremsscheiben keiner Sichtkontrolle zu unterziehen, sofern nicht ausnahmsweise ein besonderer Anlass dafür besteht.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall eines Lkw-Fahrers, den das Amtsgericht u.a. wegen eines „fahrlässigen Verstoßes gegen die Vorschrift über Bremsen“ zu einer Geldbuße von 180 EUR verurteilt hatte.

Das OLG hat die Entscheidung aufgehoben. Die Richter verwiesen in ihrer Entscheidung darauf, dass der Fahrzeugführer nach der Straßenverkehrsordnung für die Vorschriftsmäßigkeit und Verkehrssicherheit seines Fahrzeugs verantwortlich sei. Davon müsse er sich jeweils vor Fahrtantritt im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren überzeugen. Insoweit sei der Führer eines Lkw nach Auffassung des OLG vor Antritt der Fahrt zwar grundsätzlich verpflichtet, die Bremsanlage durch Bremsproben zu überprüfen. Habe er jedoch eine derartige Bremsprobe vor der Fahrt durchgeführt, so überspanne nach Ansicht des OLG die Annahme einer darüber hinausgehenden Verpflichtung, jeweils vor Fahrtantritt die Bremsscheiben des Lastzugs durch die Löcher in den Felgen einer Sichtkontrolle auf Risse zu unterziehen, die Sorgfaltsanforderungen. Diese Verpflichtung treffe ihn nur, wenn er im konkreten Fall einen besonderen Anlass zu einer Sichtkontrolle der Bremsscheiben gehabt hätte. Nur dann könne ihm auch ein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden (OLG Düsseldorf, IV-3 RBs 11/14).

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Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2014 bis zum 31. Dezember 2014 beträgt -0,73 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,27 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 1,27 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 7,27 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.01.2014 bis 30.06.2014: -0,63 Prozent
  • vom 01.07.2013 bis 31.12.2013: -0,38 Prozent
  • vom 01.01.2013 bis 30.06.2013: -0,13 Prozent
  • vom 01.07.2012 bis 31.12.2012: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2012 bis 30.06.2012: 0,12 Prozent
  • vom 01.07.2011 bis 31.12.2011 0,37 Prozent
  • vom 01.01.2011 bis 30.06.2011: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2010 bis 31.12.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2010 bis 30.06.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2009 bis 31.12.2009: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2009 bis 30.06.2009: 1,62 Prozent
  • vom 01.07.2008 bis 31.12.2008: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2008 bis 30.06.2008: 3,32 Prozent
  • vom 01.07.2007 bis 31.12.2007: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2007 bis 30.06.2007: 2,70 Prozent
  • vom 01.07.2006 bis 31.12.2006: 1,95 Prozent
  • vom 01.01.2006 bis 30.06.2006: 1,37 Prozent
  • vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent
  • vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 9/2014

Im Monat September 2014 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten:

Steuertermine (Fälligkeit)

  • Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): 10.9.2014

  • Lohnsteuerzahler (Monatszahler): 10.9.2014

  • Einkommensteuerzahler (vierteljährlich): 10.9.2014

  • Kirchensteuerzahler (vierteljährlich): 10.9.2014

  • Körperschaftsteuerzahler (vierteljährlich): 10.9.2014

Bei Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei Überweisungen endet am 15.9.2014. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt!

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat September 2014 am 26.9.2014.

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