Monatsbrief Februar 2014

WCR-B-02-2014

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 2/2014:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

Entschädigungsrecht: Diskriminierung wegen Schwangerschaft

Wird unter Verstoß gegen das Mutterschutzgesetz einer schwangeren Arbeitnehmerin eine Kündigung erklärt, stellt dies eine Benachteiligung wegen des Geschlechts dar und kann einen Anspruch auf Entschädigung auslösen.

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Arbeitnehmerin, die sich aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert sah. Im Kleinbetrieb ihrer Arbeitgeberin galt zwar nicht das Kündigungsschutzgesetz. Für die schwangere Klägerin bestand jedoch der besondere Kündigungsschutz des Mutterschutzgesetzes (MuSchG). Anfang Juli 2011 wurde aus medizinischen Gründen zudem ein Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG für die Klägerin ausgesprochen. Dem Ansinnen der Arbeitgeberin, dieses Beschäftigungsverbot nicht zu beachten, widersetzte sich die Klägerin. Am 14. Juli 2011 wurde festgestellt, dass ihre Leibesfrucht abgestorben war. Für den damit notwendig gewordenen Eingriff wurde die Klägerin auf den 15. Juli 2011 ins Krankenhaus einbestellt. Sie unterrichtete die Arbeitgeberin von dieser Entwicklung noch am 14. Juli 2011 und fügte hinzu, dass sie nach der Genesung einem Beschäftigungsverbot nicht mehr unterliegen werde. Die Beklagte sprach umgehend eine fristgemäße Kündigung aus und warf diese noch am 14. Juli in den Briefkasten der Klägerin.

Die Richter am BAG bestätigten die Vorinstanz, die der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 3.000 EUR zugesprochen hatte. Die Klägerin sei wegen ihrer Schwangerschaft von der Arbeitgeberin ungünstiger behandelt und daher wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden. Dies ergebe sich schon aus dem Verstoß der Arbeitgeberin gegen das Mutterschutzgesetz. Da Mutter und totes Kind noch nicht getrennt waren, bestand noch die Schwangerschaft im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung. Auch der Versuch, die Klägerin zum Ignorieren des Beschäftigungsverbots zu bewegen und der Ausspruch der Kündigung noch vor der künstlich einzuleitenden Fehlgeburt weist die ungünstigere Behandlung der Klägerin wegen ihrer Schwangerschaft nach. Der besondere gesetzliche Schutz der schwangeren Frau vor Benachteiligungen führe jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden auch zu einem Entschädigungsanspruch nach dem AGG (BAG, 8 AZR 838/12).

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Kündigungsrecht: Streit um Lohnansprüche berechtigt nicht zur Arbeitsverweigerung

Wer sich beharrlich weigert, seine Arbeit auszuführen, weil er denkt, er sei nicht ausreichend vergütet, riskiert eine fristlose Kündigung. Ein Irrtum schützt ihn nicht.

Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein im Fall eines Arbeitnehmers deutlich gemacht, der seit einem Jahr bei seinem Arbeitgeber als Bodenleger beschäftigt war. Für bestimmte Bodenverlegearbeiten war ein Akkordsatz vereinbart, ansonsten ein Stundenlohn von 12 EUR. Der Arbeitnehmer sollte in 40 nahezu identischen Häusern im Akkord Bodenbelag verlegen. Dabei musste er vorbereitend - wie üblich - auch den Belag in die einzelnen Häuser transportieren, den Untergrund reinigen sowie den Belag zu- und Dämmstreifen abschneiden. Nach zwei Tagen Arbeit rechnete er sich seinen Durchschnittsstundenlohn aus und kam auf einen Betrag von 7,86 Euro brutto. Daraufhin forderte er vom Geschäftsführer einen adäquaten Stundenlohn für diese Baustellen oder aber einen anderen Einsatzort. Dieser lehnte beides ab und forderte den Arbeitnehmer in mehreren Gesprächen eindringlich auf, die zugewiesene Arbeit auszuführen. Zuletzt drohte er ihm die fristlose Kündigung an. Der Arbeitnehmer hielt an seiner Verweigerungshaltung fest. Das Arbeitsverhältnis wurde daraufhin fristlos gekündigt.

Das LAG bestätigte diese Kündigung. Der Arbeitnehmer habe die Arbeit nicht verweigern dürften, weil zu Bodenverlegearbeiten unstreitig Zusammenhangsarbeiten gehörten. Daran änderte auch eine möglicherweise unzureichende Vergütungsabrede nichts. Es galt die getroffene Vereinbarung. Der Arbeitnehmer musste daher erst einmal die zugewiesene Arbeit verrichten und durfte sie nicht zurückhalten. Den Vergütungsstreit musste er ggf. später nach Erhalt der Abrechnung führen. Dass sich der Arbeitnehmer insoweit über ein Zurückbehaltungsrecht geirrt hat, war unbeachtlich. Das Irrtumsrisiko trage der Arbeitnehmer. Wegen der Beharrlichkeit der Weigerung war hier die fristlose Kündigung gerechtfertigt (LAG Schleswig-Holstein, 5 Sa 111/13).

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AGG: Altersgrenzen in Arbeitsverträgen sind keine Diskriminierung

Arbeitnehmer sind durch geregelte Altersgrenzen regelmäßig durch gesetzliche Rentenansprüche materiell abgesichert. Arbeits- und tarifvertragliche Altersgrenzen verstoßen damit nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

So entschied es das Arbeitsgericht Bonn im Fall eines 66-jährigen Rundfunkjournalisten. Er war seit über 30 Jahren als freier Mitarbeiter für eine Rundfunkanstalt tätig. Ende 2012 teilte der Sender ihm das Ende der bisherigen Zusammenarbeit wegen Erreichens der gesetzlichen Rentenaltersgrenze mit. Darin sah der Journalist eine Altersdiskriminierung und klagte gegen den Sender auf Zahlung einer Entschädigung von mindestens 25.000 EUR.

Das Arbeitsgericht wies die Klage jedoch ab. Arbeits- und tarifvertragliche Altersgrenzen, die an das Erreichen der gesetzlichen Altersgrenzen anknüpfen, sind nach dem AGG zulässig. Grund: Die Arbeitnehmer sind dann regelmäßig durch gesetzliche Rentenansprüche materiell abgesichert (Arbeitsgericht Bonn, 3 Ca 685/13).

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Witwengeld: Keine Versorgungsehe trotz kurzer Ehezeit

Der Witwe eines mit nur 51 Jahren an Krebs verstorbenen Polizeibeamten, den sie rund fünf Monate vor seinem Tod geheiratet hatte, steht ein Anspruch auf beamtenrechtliche Versorgung (Witwengeld) zu, weil es sich trotz der kurzen Ehezeit nicht um eine „Versorgungsehe“ gehandelt hat.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz im Fall einer Witwe. Nach dem Tod ihres Mannes lehnte das beklagte Land ihren Antrag auf Witwenversorgung mit der Begründung ab, hier habe eine sogenannte Versorgungsehe vorgelegen. Nach den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben muss die Ehe mit einem verstorbenen Beamten mindestens ein Jahr bestanden haben, um einen Versorgungsanspruch des überlebenden Ehepartners auszulösen. Das gilt allerdings nicht, wenn nach den besonderen Umständen des Falles angenommen werden kann, dass es nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, dem überlebenden Ehepartner eine Versorgung zu verschaffen. Diese - gesetzlich so formulierte - Ausnahme machte die Klägerin für sich geltend. Das Verwaltungsgericht folgte dem nicht und wies ihre Klage ab.

Das OVG gab ihr hingegen im Berufungsverfahren statt. Die gesetzliche Vermutung, wonach eine Ehe, die weniger als ein Jahr gedauert habe, als eine „Versorgungsehe“ anzusehen sei, habe die Klägerin widerlegt. Zwar greife diese Vermutung regelmäßig, wenn die Heirat - wie hier - in Kenntnis einer schweren Erkrankung sowie der deshalb eingeschränkten Lebenserwartung eines Ehepartners geschlossen werde. Die Klägerin habe aber glaubhaft geschildert, dass der Heiratsentschluss bereits vor Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefasst worden sei. Ihre Angaben seien nach einer vom Gericht durchgeführten Beweisaufnahme auch von mehreren Zeugen bestätigt worden. Der Umstand, dass die Hochzeit nur wenige Tage nach der Diagnose eines bösartigen Hirntumors stattgefunden habe, spreche demgegenüber nicht entscheidend für die Annahme einer „Versorgungsehe“. Hierzu habe die Klägerin ebenfalls nachvollziehbar erklärt, ihr Ehemann habe befürchtet, nach der Chemotherapie und den damit verbundenen Begleiterscheinungen nicht die Kraft für eine Hochzeitsfeier zu haben (OVG Rheinland-Pfalz, 2 A 11261/12.OVG).

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Baurecht

Bauvertrag: Stundenlohnarbeiten müssen auch ohne Stundenzettel bezahlt werden

Der Auftragnehmer kann der werkvertraglichen Verpflichtung zur Vorlage von Rapporten bzw. Stundenzetteln auch noch mit der Erteilung der Schlussrechnung Genüge tun, soweit darin die erforderlichen Angaben enthalten sind bzw. nachgeholt werden.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einem Rechtsstreit um die Bezahlung für Stundenlohnarbeiten, für die kein Stundenzettel vorgelegt worden war. Die unterbliebene Vorlage der vertraglich vereinbarten Rapporte führe nach Ansicht der Richter ebenso wenig wie die unterbliebene Vorlage von Stundenzetteln ohne Weiteres zum Verlust des Werklohnanspruchs. Um seinen Vergütungsanspruch zu rechtfertigen, müsse der Auftragnehmer jedoch nachträglich alle notwendigen Angaben machen, die in den Rapporten bzw. Stundenzetteln hätten enthalten sein müssen (OLG Düsseldorf, 22 U 161/12).

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Bauordnungsrecht: Kindertagesstätte im allgemeinen Wohngebiet zulässig

Der Umbau eines Gebäudes zu einer Kindertagesstätte ist in einem allgemeinen Wohngebiet generell zulässig. Der von Kindern in einer solchen Einrichtung auch beim Spielen im Freien verursachte Lärm ist den Eigentümern benachbarter Wohnungen oder Wohngrundstücke in der Regel zumutbar.

Das hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg im Fall einer Kindertagesstätte mit 860 qm Außenspielfläche für bis zu 80 Kinder entschieden. Die Richter verdeutlichten, dass eine Kindertagesstätte in einem allgemeinen Wohngebiet als Anlage für soziale oder gegebenenfalls auch kirchliche Zwecke generell zulässig sei. Insoweit komme es nach der Baunutzungsverordnung auf eine typisierende Betrachtung nach dem Zweck des Baugebiets an. Allgemeine Wohngebiete dienten nur vorwiegend, aber nicht ausschließlich dem Wohnen. Gerade dort bestehe für Kindergärten und Kindertagesstätten ein unmittelbares Bedürfnis. Die mit der Benutzung solcher Einrichtungen für die nähere Umgebung typischerweise verbundenen Auswirkungen seien ortsüblich, sozialadäquat und in der Bevölkerung allgemein akzeptiert. Der von den Kindern auch beim Spielen im Freien auf der Außenspielfläche verursachte Lärm belästige die Nachbarn im vorliegenden Fall auch nicht ausnahmsweise unzumutbar. Das folge bereits daraus, dass Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen seien (VGH Baden-Württemberg, 8 S 1813/13).

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Bauordnungsrecht: Ungenehmigte Schweinehaltung kann verboten werden

Eine ungenehmigte Haltung von Wollschweinen auf einem dafür nicht vorgesehenen Anwesen darf nicht fortgesetzt werden.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Mannes, der ein Anwesen mit Schweinestall und Freigehege angemietet hatte. Dort hielt er mehrere sogenannte Wollschweine. Im Oktober 2013 untersagte die Kreisverwaltung unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Schweinehaltung mit der Begründung, die Anlage zur Schweinehaltung sei weder genehmigt noch genehmigungsfähig. Hiergegen legte der Mann Widerspruch ein und beantragte vorläufigen Rechtsschutz.

Damit hatte er jedoch keinen Erfolg. Die Nutzung einer baulichen Anlage könne nach der Entscheidung des OVG grundsätzlich schon dann untersagt werden, wenn sie ohne die erforderliche Genehmigung genutzt werde. Es bestehe auch ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung einer solchen Nutzungsuntersagung. Sie diene nämlich dazu, demjenigen ungerechtfertigte Vorteile gegenüber dem rechtstreuen Bürger zu entziehen, der ohne vorherige Einholung der erforderlichen Genehmigung mit der Nutzung beginne und damit die präventive Kontrolle der Bauaufsicht unterlaufe. Im vorliegenden Fall verfügte der Mann nicht über die erforderliche Baugenehmigung für das mit Brettern umzäunte Freigehege. Die Nutzungsuntersagung sei auch nicht ausnahmsweise deswegen unverhältnismäßig, weil die ungenehmigte Anlage offensichtlich genehmigungsfähig wäre. Zweifel an deren Genehmigungsfähigkeit bestünden vielmehr schon im Hinblick darauf, dass der Schweinestall mit dem angrenzenden Freilaufgehege jedenfalls teilweise Flächen in Anspruch nehme, auf denen nach den Festsetzungen des dort bestehenden Bebauungsplans lediglich untergeordnete Anlagen für die Nutzung als Gartenland zulässig seien. Außerdem wäre in einem Genehmigungsverfahren die Frage zu klären, ob die Schweinehaltung bezüglich Geruchsemissionen ausreichend Rücksicht auf die Wohnnutzung in unmittelbarer Nachbarschaft nehme (OVG Rheinland-Pfalz, 8 B 11261/13.OVG).

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Familien- und Erbrecht

Ehewohnung: Kindeswohl kann die Zuweisung bei getrennt lebenden Ehegatten bestimmen

Streiten getrennt lebende Ehegatten über die Zuweisung der Ehewohnung, kann es aus Gründen des Kindeswohls gerechtfertigt sein, die Wohnung einem der Ehegatten zur alleinigen Nutzung zuzuweisen.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall der Eltern eines 1994 geborenen Schülers. Nach ihrer Trennung 2012 blieb die Ehefrau mit dem volljährigen Sohn in der zuvor gemeinsam genutzten Ehewohnung. Diese gehört den Kindeseltern jeweils zur Hälfte. Nach Streitigkeiten zwischen Ehefrau und Sohn hat der Ehemann beantragt, die Ehewohnung an ihn herauszugeben, damit er diese gemeinsam mit dem Sohn bewohnen kann.

Das OLG hat die Ehefrau - nach Ablauf einer Räumungsfrist - zur Räumung verpflichtet und dem Ehemann die Ehewohnung zur Nutzung während der Zeit der Trennung zugewiesen. Dies sei zur Vermeidung einer unbilligen Härte aus Gründen des Kindeswohls geboten. Betreffe eine Wohnungszuweisung Kinder, seien ihre Belange bei der Abwägung grundsätzlich vorrangig zu berücksichtigen, unabhängig von der Volljährigkeit des Kindes. Das gelte auch im zu entscheidenden Fall. Das Interesse des Sohnes an einer geordneten und möglichst entspannten Familiensituation habe Vorrang vor dem Interesse der Kindesmutter an dem Verbleib in der Wohnung. Ausgehend hiervon sei die Zuweisung der Ehewohnung an den Ehemann geboten. Das gegenwärtige Verhältnis zwischen der Ehefrau und dem Sohn sei nachhaltig gestört und dem Kindeswohl nicht dienlich. Diese verfahrene Situation könne nur dadurch aufgelöst werden, dass die Ehefrau die Wohnung räume, damit sie von dem Sohn und dem Ehemann, zu dem der Sohn ein gutes Verhältnis habe, gemeinsam bewohnt werden könne. Die familiären Verhältnisse ließen es nicht zu, dass der Ehemann gemeinsam mit seinem Sohn in eine andere Wohnung ziehe. Vorrangig zu berücksichtigende Interessen der Ehefrau, ihr die Wohnung zu erhalten, seien nicht erkennbar (OLG Hamm, 2 UF 58/13).

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Sozialrecht: Keine Fahrtkostenübernahme für den Umgang der Großmutter mit ihrer Enkelin

Großeltern haben keinen Anspruch gegen das JobCenter auf Übernahme der Umgangskosten mit ihren Enkeln. Aufwendungen, wie z.B. Fahrtkosten für Besuche, sind aus der Regelleistung zu finanzieren.

Diese Entscheidung traf das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen im Fall einer Frau, die Grundsicherungsleistungen („Hartz IV“) bezog. Ihre achtjährige Enkeltochter, die Tochter ihres Sohnes, der im Streitzeitraum inhaftiert war, wohnt mit der Kindesmutter in Rastede, nahe Oldenburg. Nach einer Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Kindesmutter unter Beteiligung des Jugendamts wurde geregelt, dass die Enkeltochter an jedem zweiten Wochenende ihre Großmutter in Hannover besuchen dürfe, während ein Umgang des Kindesvaters mit seiner Tochter nur in Begleitung der Großmutter gestattet wurde. Die Klägerin verlangt vom Jobcenter die Übernahme der Kosten für zwei Bahnfahrten mit jeweils einem Niedersachsenticket (21 EUR) für das Abholen und das anschließende Zurückbringen der Enkeltochter.

Das LSG hielt die Forderung jedoch für unberechtigt und wies die Klage der Frau ab. Es lägen die Härtefallvoraussetzungen für einen Mehrbedarf nicht vor. Diese würden nämlich eine außergewöhnliche Bedarfslage erfordern. Dazu müsste ein an sich von der Regelleistung erfasster Bedarf aufgrund von besonderen Lebensumständen in einem atypischen Umfang anfallen. Vorliegend sei aber eine solche atypische Situation im Vergleich zu anderen Großeltern nicht feststellbar. Großeltern und Enkelkinder seien regelmäßig räumlich getrennt. Entsprechend würden üblicherweise Reisekosten anfallen. Es könne auch kein Vergleich mit getrennt lebenden Eltern gezogen werden. Diese seien durch das Grundgesetz besonders geschützt. Dieser Grundrechtsschutz des Elternrechts gelte dagegen nicht für die Großeltern. Im Übrigen seien die Fahrtkosten bei den Pauschalleistungen bereits berücksichtigt und mit abgegolten. Würden höhere Kosten anfallen, sei diese private Disposition durch andere Bedarfspauschalen bzw. durch das Ansparpotenzial auszugleichen (LSG Niedersachsen-Bremen, L 7 AS 1470/12).

Hinweis: Das Gericht musste nicht entscheiden, ob die Enkeltochter selbst einen Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten der Großeltern hat.

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Erbschaftsteuer: Schweizer Erbe genießt denselben Freibetrag wie Erbe in Deutschland

Ein in der Schweiz ansässiger Erbe ist für ein in Deutschland belegenes Grundstück (beschränkt) erbschaftsteuerpflichtig. Der für ihn geltende Freibetrag ist genauso hoch wie der für einen unbeschränkt steuerpflichtigen Erben, der in Deutschland wohnt.

So entschied es das Finanzgericht (FG) Düsseldorf. Es hatte den Rechtsstreit zuvor beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt und angefragt, ob die gesetzlich vorgesehene Ungleichbehandlung des beschränkt steuerpflichtigen Klägers im Vergleich zu unbeschränkt Steuerpflichtigen mit der Kapitalverkehrsfreiheit zu vereinbaren ist. Der EuGH urteilte, dass dies nicht miteinander vereinbar sei (EuGH 17.10.2013, C-181/12). Die Entscheidung des FG fiel daher entsprechend aus (FG Düsseldorf, 4 K 689/12 Erb).

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Erbrecht: Vater muss über Vermögensverwaltung seines erbenden Kindes Rechenschaft ablegen

Ist ein minderjähriges Kind Erbe seiner verstorbenen Mutter und verwaltet sein Vater das aus dem Nachlass stammende Erbe, hat er über das verwaltete Vermögen ein vollständiges Verzeichnis zu erstellen und die Richtigkeit seiner Angaben zu versichern. Dem Kind steht darüber hinaus auch ein gesetzlicher Anspruch auf eine übersichtliche und aus sich heraus verständliche Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben im Rahmen der Vermögensverwaltung bis zur Volljährigkeit zu.

Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Beschwerdeverfahren über geltend gemachte Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche der zwischenzeitlich 41 Jahre alten Tochter klargestellt. Mit zwei weiteren Kindern beerbte sie als Minderjährige ihre Mutter. Ihr Vater übernahm den Besitz am Nachlass und veräußerte in der Folgezeit - vor der Volljährigkeit seiner Tochter - verschiedene Nachlassgegenstände. Den eingeklagten Ansprüchen hat er unter anderem entgegengehalten, der Nachlass der Verstorbenen sei überschuldet gewesen. Daher könnten keine Zahlungsansprüche seiner Tochter mehr bestehen. Jedenfalls seien die Ansprüche aber verwirkt, da die Antragstellerin über 20 Jahre bis zur Geltendmachung des Anspruchs gewartet habe.

Dem ist das OLG nicht gefolgt. Nach dem Gesetz sei der Vater verpflichtet, alle Gegenstände des erworbenen Vermögens sowie ihren geschätzten Wert anzugeben und so zu kennzeichnen, dass ihre Identität feststeht. Er müsse zudem eine Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben in Bezug auf das verwaltete Vermögen vorlegen, um die Entwicklung des Nachlasses und den Verbleib des Vermögens nachvollziehen zu können. Ein Auskunftsanspruch entfalle nur, wenn von vornherein feststehe, dass Ansprüche auf Herausgabe des Kindesvermögens nicht mehr bestehen. Das sei vorliegend aber nicht der Fall. Die Ansprüche seien zudem weder verjährt noch wegen Zeitablaufs nach Volljährigkeit verwirkt. Letzteres scheide aus, wenn der Berechtigte von seinen Rechten keine Kenntnis und der andere Teil dies zu vertreten habe. So sei es im vorliegenden Fall. Die Tochter habe erst in jüngerer Zeit durch Nachfragen beim Nachlassgericht und Einschaltung ihres Anwalts Kenntnis vom Testament der Mutter und eventuellen Herausgabeansprüchen erlangt (OLG Koblenz, 11 UF 451/13).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Wohnraummieter: Untervermietungserlaubnis umfasst nicht unbedingt Überlassung an Touristen

Auch wenn der Vermieter eine Untervermietung der Wohnung erlaubt hat, berechtigt dies den Mieter nicht in jedem Fall, die Wohnung auch an Touristen zu überlassen.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall des Mieters einer Zwei-Zimmer-Wohnung (42,85 qm) in Berlin. Er hatte 2008 von der Vermieterin die Erlaubnis zur Untervermietung erbeten, weil er die Wohnung nur etwa alle 14 Tage am Wochenende zu einem Besuch seiner Tochter nutze und er sie deshalb zeitweise untervermieten wolle. Die Vermieterin erteilte eine Erlaubnis zur Untervermietung „ohne vorherige Überprüfung“ gewünschter Untermieter. In dem Schreiben hieß es weiter: „Sie verpflichten sich, Ihren Untermietern Postvollmacht zu erteilen. Das bedeutet, dass alle Willenserklärungen, Betriebskostenabrechnungen, Mieterhöhungsverlangen etc. (…) als ordnungsgemäß zugestellt gelten, wenn sie in Ihrem Briefkasten (…) landen, auch wenn sie vielleicht durch Ihre Untermieter nicht an Sie weitergegeben sein sollten.“ Im Mai 2011 bot der Mieter die Wohnung im Internet zur tageweisen Anmietung von bis zu vier Feriengästen an. Die Vermieterin beanstandete eine derartige Nutzung als vertragswidrig und mahnte den Mieter unter Androhung einer Kündigung ab. Der Mieter hielt die Vermietung an Touristen dagegen als von der erteilten Untervermietungserlaubnis umfasst. Hierüber geriet man in Streit. Schließlich kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis fristlos.

Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, das Landgericht hat sie unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Die Revision der Vermieterin hatte Erfolg. Die Richter am BGH entschieden, dass der Mieter nicht zur Untervermietung an Touristen berechtigt war. Die Klage könne deshalb nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung abgewiesen werden. Das Berufungsgericht habe bei der Auslegung der Untervermietungserlaubnis rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen, dass die Überlassung der Wohnung an beliebige Touristen sich von einer gewöhnlich auf gewisse Dauer angelegten Untervermietung unterscheidet. Sie sei deshalb nicht ohne Weiteres von einer Erlaubnis zur Untervermietung umfasst. Hier habe die Vermieterin zudem verlangt, dass der Mieter den Untermietern Postvollmacht erteilen solle. Schon daraus sei erkennbar, dass sich die Erlaubnis nicht auf die Vermietung an Touristen bezog, die eine derartige Funktion offensichtlich nicht wahrnehmen konnten. Die nicht entscheidungsreife Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden (BGH, VIII ZR 210/13).

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Betriebskosten: Vermieter darf unberechtigte Energieforderung nicht umlegen

Aus dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit folgt, dass der Vermieter unberechtigte Forderungen eines Versorgungsunternehmens oder eines Dienstleisters nicht begleichen darf und unberechtigte Zahlungen - soweit rechtlich möglich - wieder zurückverlangen muss, wenn die Rechtslage hinreichend geklärt ist.

Unterlässt der Vermieter dies, kann er nach einer Entscheidung des Amtsgerichts Pinneberg Betriebskosten in dieser Höhe nicht auf die Mieter umlegen. Dies gilt auch für Kosten, die ein Energieversorgungsunternehmen von dem Vermieter verlangt, nachdem er den Arbeitspreis aufgrund einer unwirksamen Preisanpassungsklausel einseitig erhöht hat. Voraussetzung ist, dass der Vermieter hiergegen keinen Widerspruch erhebt, obwohl die Unwirksamkeit der Klausel für den juristisch nicht vorgebildeten Durchschnittsvermieter naheliegt und das Risiko, in einem möglichen Prozess mit dem Versorger zu unterliegen, minimal ist (AG Pinneberg, 83 C 207/12).

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Winterdienst: Nur Gehweg vor dem eigenen Grundstück muss geräumt werden

Zum Winterdienst verpflichtete Anlieger müssen nur auf dem Gehweg vor dem eigenen Grundstück räumen und streuen. Zu mehr sind sie nicht verpflichtet.

Diese Klarstellung traf das Verwaltungsgericht (VG) Berlin im Falle einer Frau, vor deren Grundstück sich statt eines Gehwegs nur ein zum Parken genutzter unbefestigter Randstreifen befindet. Daran grenzt die Fahrbahn und der gegenüberliegende Gehweg an. Die Gemeinde verhängte ein Bußgeld gegen die Frau, weil sie ihren Winterdienstpflichten für den gegenüberliegenden Gehweg nicht nachgekommen sei. Ihre hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich.

Nach dem Berliner Straßenreinigungsgesetz seien die Anlieger zwar zum Winterdienst jeweils vor ihren Grundstücken auf den in gleicher oder ähnlicher Richtung verlaufenden nächstgelegenen Gehwegen verpflichtet. Der Begriff des nächstgelegenen Gehwegs sei aber nicht so weit zu verstehen, dass davon auch noch der Gehweg vor den Grundstücken auf der gegenüberliegenden Straßenseite erfasst werde. Liege - wie hier - eine Fahrbahn dazwischen, sei nächstgelegener Gehweg nur der, der sich zwischen dem Grundstück des Anliegers und der Fahrbahn der Straße befindet. Die Fahrbahnmitte bilde die natürliche Grenze für Reinigungs- bzw. Winterdienstpflichten (VG Berlin, VG 1 K 366.11).

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WEG: Anbau eines Balkons erfordert Zustimmung aller Miteigentümer

Will ein Miteigentümer einer Wohnungseigentümeranlage einen Balkon errichten, muss er die Zustimmung aller anderen Miteigentümer einholen.

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Berlin. Wenn Balkone an der Fassade angebracht würden oder - wie hier - ein Dachbalkon errichtet werden solle, sei das nach Ansicht der Richter ein auf Dauer angelegter Eingriff in das Gemeinschaftseigentum. Es liege eine Veränderung des Gemeinschaftseigentums vor, was das äußere Erscheinungsbild anbelangt. Das folge daraus, dass dieser Balkon von außen sichtbar sei. Zudem erfordere er aus statischen Gründen Sicherungen in der Fassade und innerhalb der Decken der darunterliegenden Einheiten. Der beabsichtigte Bau des Balkons sei auch keine ordnungsgemäße Erstherstellung der Wohnanlage. Dann wäre lediglich eine mehrheitliche Entscheidung der Eigentümer erforderlich (LG Berlin, 55 S 171/12 WEG).

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Verbraucherrecht

Vereinsrecht: Besteht bei einer Beitragserhöhung das Recht zum fristlosen Vereinsaustritt?

Beitragserhöhungen stoßen in Vereinen selten auf Begeisterung. Im Extremfall werden Mitglieder mit der fristlosen Kündigung der Mitgliedschaft drohen. Ein Recht auf fristlosen Austritt bietet eine Beitragserhöhung aber nur in Ausnahmefällen.

Die rechtlichen Grundlagen

Gesetzliche Regelungen zur Höhe von Mitgliedsbeiträgen oder von zulässigen Beitragserhöhungen gibt es nicht. Grundsätzlich löst eine Beitragserhöhung kein Sonderkündigungsrecht aus. Die Mitglieder sind auf die ordentliche Kündigung verwiesen. Die Frist dafür muss sich aus der Satzung ergeben (sonst wäre ein sofortiger Austritt möglich) und darf nicht länger als zwei Jahre sein.

Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung

Eine fristlose Kündigung ist zwar auch für die Vereinsmitgliedschaft möglich. Sie setzt aber voraus, dass das Verbleiben im Verein eine unzumutbare Belastung darstellt. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass sich ein Mitglied wenigsten im Groben über die Belastungen orientieren können muss, die ihm aus der Mitgliedschaft entstehen. Unabsehbar hohe Steigerungen bei den Mitgliedsbeiträgen geben ihm deswegen ein Sonderkündigungsrecht.

Ab welcher prozentualen Erhöhung das möglich ist, hängt stark von den Verhältnissen im einzelnen Verein ab. Das heißt,

  • welche Gegenleistungen der Verein für seine Mitglieder erbringt,
  • ob mit der Nutzung der Vereinsangebote weitere Kosten verbunden sind, gegenüber denen die Beiträge nicht mehr so sehr ins Gewicht fallen,
  • wie finanziell belastbar die Mitglieder sind und
  • wie lange die ordentliche Kündigungsfrist ist, also wie lange das Mitglied die erhöhte Belastung tragen müsste.

Beispiele: Das Landgericht Aurich (1 S 279/86) sah bei einem Tennisverein eine Erhöhung um 40 Prozent nicht als Grund für einen fristlosen Austritt an. Das Landgericht Hamburg (302 S 128/98) hielt ein Sonderkündigungsrecht erst bei Erhöhungen um über 100 Prozent für zulässig.

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Werkvertrag: Fahrtkosten sind nur bei Kleinaufträgen gesondert zu vergüten

Bei der Durchführung von Arbeiten im Stundenlohn muss der Werkunternehmer die Grundsätze wirtschaftlicher Betriebsführung beachten. Die Erstattungsfähigkeit von Fahrtkosten ist in aller Regel nur bei Werkleistungen allgemein üblich, die in ein oder zwei Stunden auszuführen sind. Dies gilt auch, wenn sich der Leistungsort am Ort des Bauvorhabens befindet. Bei über einen Zeitraum von mehreren Wochen zu erbringenden Werkleistungen ist eine Berechnung der An- und Abfahrtszeiten nach Stunden nicht üblich.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hin. Die Richter machten deutlich, dass sich die Höhe der Vergütung beim Werkvertrag nach den vertraglichen Vereinbarungen richte. Fehle es hieran, sei zunächst auf Vergütungsverordnungen abzustellen. Gebe es keine solche Taxe, gelte die ortsübliche Vergütung.

Hinweis: Was ortsübliche Vergütung ist und welche Maßstäbe anzulegen sind, bestimmt letztlich das Gericht. Solchen Wagnissen sollte der Werkunternehmer allerdings aus dem Weg gehen und bei der Auftragserteilung auf die begehrten Fahrtkosten hinweisen (OLG Düsseldorf, 23 U 59/11).

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Haftpflichtversicherung: Schädigung eines Dritten beim Abschlagen von Fliesen

Verletzt ein Grundstückseigentümer einen Dritten beim Abschlagen von Fliesen, fällt dies nicht unter die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hin. Gefahren, welche sich unabhängig von der Verletzung von sich aus dem Eigentum an einem Gebäude ergebenden Verkehrssicherungspflichten verwirklichen und daher nur in einem zufälligen oder gelegentlichen Zusammenhang mit dem Haus- oder Grundbesitz stehen, fallen nach der Entscheidung nicht unter die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung, sondern in die Privathaftpflichtversicherung. Wenn ein Gebäudeeigentümer bei Abschlagen von Fliesen durch Unachtsamkeit einen Dritten verletzt, verstößt er dadurch nicht gegen solche Sorgfaltspflichten, die ihn gerade als Eigentümer des Gebäudes treffen. Ein solcher Schadensfall fällt daher nicht unter die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung (OLG Hamm, I-20 U 120/11).

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Reiserücktrittskostenversicherung: Anlass zur Reisestornierung bei Brustkrebs erst mit Befund

Bei einer Erkrankung an Brustkrebs besteht erst mit dem pathologischen Befund ein Anlass zur Stornierung der Reise.

So sieht es das Amtsgericht Lahr. Es liege keine grobe Fahrlässigkeit vor, wenn die Versicherungsnehmerin vorher nicht davon ausgehe, die Reise wegen einer schweren und unerwarteten Erkrankung nicht antreten zu können. Entscheidender Punkt für die Frage, ob eine Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers vorliegt, sei die nach der „Unverzüglichkeit“ der Stornierung. Diese Obliegenheit greife aber erst nach Eintritt des versicherten Rücktrittsgrunds ein. Bei der Reiserücktrittskostenversicherung sei Rücktrittsgrund i.d.R. eine unerwartete schwere Erkrankung. Das ist ein objektives Merkmal. Erst mit dem Befund steht objektiv fest, dass eine solche unerwartete und schwere Erkrankung vorliegt. Der objektive Versicherungsfall ist erst in diesem Moment eingetreten. Unerheblich ist, dass die Erkrankung letztlich schon früher vorgelegen hat. Eine Vermutung oder Befürchtung reicht insofern nicht aus. Der Versicherer kann also nicht verlangen, dass bereits bei dem Verdacht einer möglichen Krankheit die Reise storniert wird (hier: Entnahme einer Gewebeprobe) (AG Lahr, 5 C 268/12).

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Verkehrsrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis: Rückkehr an den Unfallort nach Unfallereignis

Bei einem Beschuldigten, der sich etwa 1 1/2 Stunden nach einem Unfallereignis freiwillig bei der Polizei und dort einen von ihm (mit)verursachten Unfall meldet, liegen besondere Umstände vor, die ein Absehen von der Regelentziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen können.

Diese für den Betroffenen vorteilhafte Entscheidung traf das Amtsgericht Bielefeld. Von einem solchen „Rückkehrerfall“ ist immer dann die Rede, wenn der Beschuldigte nach einem unerlaubten Entfernen vom Unfallort an den Unfallort zurückgekehrt ist oder sich nachträglich bei der Polizei gemeldet hat. Dann sehen die Gerichte häufig von der Regelentziehung der Fahrerlaubnis ab (AG Bielefeld, 9 Gs-402 Js 3422/13-5435/13).

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Schadenabwicklung: Versicherer ist trotz fehlender Einsicht in Ermittlungsakte in Verzug

Der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer ist spätestens sechs Wochen nach Anspruchsstellung in Verzug. Dass er die Ermittlungsakte noch nicht einsehen konnte, entlastet ihn nicht. Denn er kann sich ein Bild von der Unfallangelegenheit auch durch Befragung seines Versicherungsnehmers machen.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart. Das deckt sich mit Urteilen anderer Gerichte. So hat z.B. das OLG Düsseldorf ausdrücklich gesagt, dass der Versicherer auf eigenes Risiko auf die Ermittlungsakte wartet. Wenn sich aus der Ermittlungsakte für den Versicherer „keine Haftung“ ergäbe, muss er für nichts aufkommen. Ergibt sich seine Haftung aber aus der Akte, muss er die Konsequenzen tragen. Im Düsseldorfer Fall waren das weit mehr als 100 Tage Nutzungsausfallentschädigung.

Hinweis: In einem solchen Fall ist ein Warnhinweis an den Versicherer erforderlich, wenn der Geschädigte selbst nicht liquide ist! Dieser Hinweis sollte spätestens nach einer Woche erfolgen. Haftet der Versicherer, muss er u.a. auch in der Werkstatt anfallendes Standgeld bezahlen, sowie Verzugszinsen und gegebenenfalls die Prozesskosten (OLG Stuttgart, 3 W 48/13; OLG Düsseldorf, I-1 U 151/06).

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Verkehrsunfall: Verschuldensquote beim Einparken und Rechtsüberholen

Stößt ein nach rechts in eine Parklücke abbiegender Kraftfahrzeugführer mit einem sein Fahrzeug rechts überholenden Rollerfahrer zusammen, kann ein gleich hoher Verschuldensanteil beider Verkehrsteilnehmer vorliegen.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Jaguarfahrers entschieden, der einen Parkplatz gesucht hatte. Als er nach rechts in eine Parkbucht fuhr, kam es zum Zusammenstoß mit einem hinter ihm fahrenden Rollerfahrer. Der hatte den Jaguar rechts überholen wollen. Der Rollerfahrer brach sich den Oberschenkel, außerdem wurden beide Fahrzeuge beschädigt. Beide Fahrer hielten sich für unschuldig und verlangten von dem jeweils anderen ihren vollen Schaden ersetzt.

Die Richter am OLG sprachen beiden Fahrzeugführern jeweils 50 Prozent ihres Sachschadens zu, dem Rollerfahrer außerdem ein Schmerzensgeld. Bei beiden Fahrern seien mehrere erhebliche Verkehrsverstöße zu berücksichtigen, die eine gleich hohe Haftungsquote rechtfertigen würden. Der Jaguarfahrer sei zwar nicht in ein Grundstück abgebogen, weil neben der Fahrbahn liegende Parkbuchten und Parkboxen keine Grundstücke im Sinne der Straßenverkehrsordnung seien. Jedoch sei bei der Haftungsverteilung das durch die örtlichen Verhältnisse begründete, mit einer Grundstückszufahrt vergleichbare Gefährdungspotential zu berücksichtigen. Durch einen unmittelbar vor dem Einparken vorgenommenen Linksschwenk habe der Jaguarfahrer zudem gegen das für einen Rechtsabbieger geltende Gebot, sich möglichst weit rechts einzuordnen, verstoßen. Außerdem habe er die auch für einen Rechtsabbieger geltende doppelte Rückschaupflicht missachtet. Hätte er unmittelbar vor dem Abbiegen ein zweites Mal Rückschau gehalten, hätte er den rechts vorbeifahrenden Rollerfahrer bemerkt und den Abbiegevorgang rechtzeitig abbrechen können. Dem Rollerfahrer sei vorzuwerfen, dass er den Jaguar in unzulässiger Weise rechts überholt habe. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass links zu überholen sei, gelte nur, wenn der zu Überholende seine Absicht, links abzubiegen angekündigt und sich entsprechend eingeordnet habe. Hiervon habe der Rollerfahrer beim Jaguar nicht ausgehen können, der weder den linken Blinker betätigt noch sich eindeutig zum Linksabbiegen eingeordnet gehabt habe. Dem Rollerfahrer sei zudem vorzuwerfen, dass er mit einer für die Verkehrssituation zu hohen Geschwindigkeit gefahren sei. Aufgrund der für ihn nicht eindeutigen Fahrweise des Jaguars habe er den Roller bis zur Schrittgeschwindigkeit abbremsen und abwarten müssen, um auf das weitere Fahrverhalten des Jaguars angemessen zu reagieren. Keinesfalls habe er sofort und ungebremst rechts am Jaguar vorbeifahren dürfen (OLG Hamm, 9 U 88/13 und 9 U 89/13).

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Ausfallschaden: Nutzungsausfall bei nicht zeitnaher Ersatzbeschaffung

Erstattet der eintrittspflichtige Versicherer nach einem Totalschaden erst fünfeinhalb Monate nach dem Unfallereignis den Fahrzeugschaden, kann er nicht einwenden, der Geschädigte könne keine Nutzungsausfallentschädigung verlangen, weil er sich erst knapp sieben Monate nach dem Unfall ein Ersatzfahrzeug beschafft hat.

Das hat das Landgericht (LG) Wiesbaden dem Versicherer ins Stammbuch geschrieben. Dieser hatte sich auf ein typisches Versicherer-Argument berufen: Wer sich erst so spät nach dem Unfall ein Ersatzfahrzeug beschaffe, habe damit gezeigt, dass er kein Fahrzeug benötige. Ihm fehle also der Nutzungswille. Der sei aber Voraussetzung für die Zuerkennung von Nutzungsausfallentschädigung. Der Geschädigte hatte jedoch vor Gericht nachgewiesen, dass er sich ohne die Schadenersatzleistung kein Ersatzfahrzeug anschaffen konnte (LG Wiesbaden, 7 O 40/12).

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Mietwagen: Telefonische Mietpreisvorgabe des Versicherers ist meist unwirksam

Der telefonische Hinweis eines Versicherers an den Geschädigten, dass der Mietwagen nicht mehr als 34 EUR kosten dürfe, löst keine Pflichten des Geschädigten aus.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Altenkirchen. Das ergebe sich aus der fehlenden Mitteilung, wo genau und zu welchen Konditionen ein Fahrzeug zu diesem Preis angemietet werden könne. Die Informationen müssten so präzise sein, dass der Geschädigte letztlich wie bei einem Angebot nur noch „ja“ zu sagen braucht (Amtsgericht Altenkirchen, 71 C 242/13).

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Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 30. Juli 2014 beträgt - 0,63 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,37 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 1,37 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 7,37 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.07.2013 bis 31.12.2013: -0,38 Prozent
  • vom 01.01.2013 bis 30.06.2013: -0,13 Prozent
  • vom 01.07.2012 bis 31.12.2012: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2012 bis 30.06.2012: 0,12 Prozent
  • vom 01.07.2011 bis 31.12.2011 0,37 Prozent
  • vom 01.01.2011 bis 30.06.2011: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2010 bis 31.12.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2010 bis 30.06.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2009 bis 31.12.2009: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2009 bis 30.06.2009: 1,62 Prozent
  • vom 01.07.2008 bis 31.12.2008: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2008 bis 30.06.2008: 3,32 Prozent
  • vom 01.07.2007 bis 31.12.2007: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2007 bis 30.06.2007: 2,70 Prozent
  • vom 01.07.2006 bis 31.12.2006: 1,95 Prozent
  • vom 01.01.2006 bis 30.06.2006: 1,37 Prozent
  • vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent
  • vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 2/2014

Im Monat Februar 2014 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten:

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): 10.2.2014

  • Lohnsteuerzahler (Monatszahler): 10.2.2014

  • Gewerbesteuerzahler: 17.2.2014

  • Grundsteuerzahler: 17.2.2014

Bei Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Allgemeiner Hinweis: Bei der Grundsteuer kann die Gemeinde abweichend von dem vierteljährlichen Zahlungsgrundsatz verlangen, dass Beträge bis 15 EUR auf einmal grundsätzlich am 15.8. und Beträge bis einschließlich 30 EUR je zur Hälfte am 15.2. und am 15.8. zu zahlen sind. Auf Antrag (war bis zum 1.10.2013 zu stellen) kann die Grundsteuer auch am 1.7. in einem Jahresbetrag entrichtet werden.

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei Überweisungen endet am 13.2.2014 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am 20.2.2014 für die Gewerbe- und Grundsteuerzahlung. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt!

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Februar 2014 am 26.2.2014.

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