Monatsbrief April 2013

WCR-B-04-2013

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 4/2013:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

Urlaubsrecht: Lage der Urlaubszeiten bei mehreren Teilzeitstellen

In den vergangenen Jahren sind viele Teilzeitstellen entstanden, zahlreiche Arbeitnehmer sichern ihren Broterwerb durch zwei oder mehr Jobs ab. Dabei stellt sich dann die Frage der Rechtslage bei Urlaubszeiten. Liegt aus arbeitsrechtlicher Sicht ein Verstoß gegen § 8 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) vor, nach dem während des Urlaubs keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit geleistet werden darf?

Beispiel: Rechtsanwaltsfachangestellte R. arbeitet 35 Stunden in einer Kanzlei in W. Sie hat gleichzeitig mit einer Kanzlei in M. einen Arbeitsvertrag dahingehend geschlossen, dass sie wöchentlich zehn Stunden mit der Korrespondenz und Aktenvorbereitung für den jeweils nächsten Arbeitstag betraut wird. Beide Arbeitgeber wissen, dass R. jeweils noch in einer anderen Anwaltskanzlei beschäftigt ist. R. nimmt nun zwei Wochen Urlaub in der Kanzlei mit ihrer 35-Stunden-Stelle, ohne gleichzeitig auch bei ihrem anderen Arbeitgeber Urlaub zu nehmen. Dort ist sie erst seit zwei Monaten beschäftigt und möchte vorerst keinen Urlaub nehmen. Stellt diese Konstellation arbeitsrechtlich ein Problem dar?

Nein! Denn die Nebentätigkeit der R. wurde genehmigt. Ein Arbeitnehmer mit mehreren Arbeitsstellen kann frei entscheiden, zu welchem Zeitpunkt und mit welcher Dauer er bei einem seiner Arbeitgeber Urlaub nimmt. Keinesfalls muss er zur gleichen Zeit Urlaub bei allen Arbeitsstellen nehmen.

Hinweis: § 8 BUrlG verbietet Arbeitnehmern eine Erwerbstätigkeit während des Urlaubs. Dies gilt aber nur für Arbeitstätigkeiten, die nur für die Zeit des Urlaubs aufgenommen werden. Grundsätzlich darf eine Nebentätigkeit nicht verboten werden. Will ein Arbeitnehmer jedoch neben seiner Haupttätigkeit gleichzeitig bei einem anderen Arbeitgeber tätig sein, ist die Zustimmung seines Arbeitgebers notwendig.

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Urlaubsrecht: Arbeitgeber darf Betriebsferien mit „Zwangsurlaub“ für Mitarbeiter anordnen

Ein Arbeitgeber darf im Rahmen des Direktionsrechts Betriebsferien anordnen. Während der Betriebsferien wird der Urlaubsanspruch der Mitarbeiter erfüllt, unabhängig davon, ob diese mit dem angeordneten „Zwangsurlaub“ einverstanden sind.

Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Kochs entschieden, der von März 2011 bis Mitte 2012 in einem Gasthaus beschäftigt war. Der Arbeitsvertrag sah einen Jahresurlaub von 28 Tagen vor. Im Juli 2011 war das Gasthaus wegen Betriebsferien für acht Arbeitstage geschlossen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte der Koch etwa 3.560 Euro als Ausgleich für 28 Urlaubstage. Mit den angeordneten Betriebsferien sei er nicht einverstanden gewesen, sodass sein Urlaubsanspruch nicht erfüllt worden sei.

Dieser Ansicht schloss sich das LAG nicht an. Zwar sei zunächst der gesamte Jahresurlaubsanspruch für 2011 angefallen, obwohl das Arbeitsverhältnis erst im März 2011 begonnen hatte. Dies ergebe sich aus dem Bundesurlaubsgesetz, wonach der volle Jahresurlaub erstmals nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben wird. Der Jahresurlaub sei aber laut LAG mindestens zur Hälfte in den Betriebsferien zu nehmen. Daher sei der Urlaubsanspruch des Kochs im Umfang von acht Arbeitstagen erfüllt worden. Auch wenn der Arbeitgeber bei der Urlaubsgenehmigung die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen soll, stehe es im Ermessen des Arbeitgebers, Betriebsferien im Rahmen des Direktionsrechts anzuordnen.

Hinweis: Insbesondere in kleinen Unternehmen oder Arztpraxen ist eine Beschäftigung von Mitarbeitern nicht sinnvoll, wenn der Arbeitgeber im Urlaub ist. Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht ist jedoch nicht gesetzlich verankert, dass Mitarbeiter stets dann Urlaub nehmen müssen, wenn der Arbeitgeber selbst in den Urlaub fährt. Einigkeit besteht darin, dass dem Mitarbeiter noch ausreichend Urlaubstage zur freien Verfügung verbleiben müssen. Dementsprechend empfiehlt sich eine genaue Regelung im Arbeitsvertrag, um unnötigen Auseinandersetzungen vorzubeugen (LAG Rheinland-Pfalz, 10 Ta 149/12).

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Schwerbehinderung: Nachweis der Benachteiligung im Bewerbungsverfahren

Ein Beschäftigter, der eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beansprucht, weil er sich wegen eines durch das AGG geschützten Merkmals benachteiligt sieht, muss Indizien dafür vortragen, dass seine weniger günstige Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt oder dies zumindest zu vermuten ist.

Auf diese prozessuale Regelung wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) hin. Geklagt hatte eine schwerbehinderte Frau, die seit 1996 als Büro- und Schreibkraft im Bundespräsidialamt tätig war. Nach längerer Erkrankung wurde im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements im Dezember 2009 festgelegt, dass sie nach Möglichkeit die Beschäftigungsdienststelle wechseln solle. Das Bundespräsidialamt wandte sich daraufhin auch an den Deutschen Bundestag, ob die Frau dort eingesetzt werden könne. Im Juni 2010 schrieb der Deutsche Bundestag eine Stelle als Zweitsekretärin/Zweitsekretär für das Büro der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags aus. Auf diese Stelle bewarb sich die Klägerin, die über die verlangte berufliche Ausbildung verfügt, unter Hinweis auf ihre Schwerbehinderung. Es fand auch ein Vorstellungsgespräch statt, an dem u.a. die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten teilnahm. Ohne Angabe von Gründen wurde der Klägerin anschließend eine Absage erteilt. Nach der Ankündigung, Schadenersatzansprüche geltend zu machen, teilte der Deutsche Bundestag mit, dass die Ablehnung der Klägerin in keinem Zusammenhang mit der Schwerbehinderung gestanden habe. Vielmehr habe sie im Rahmen des Vorstellungsgesprächs keinen überzeugenden Eindruck hinterlassen.

Wie schon in den Vorinstanzen blieb die Entschädigungsklage auch vor dem BAG ohne Erfolg. Die Klägerin habe keine Indizien vorgetragen, die die Vermutung zuließen, ihre Bewerbung sei wegen ihrer Schwerbehinderung erfolglos geblieben. Zwar habe die Beklagte die Gründe für die Ablehnung der Klägerin zunächst nicht dargelegt. Dazu wäre sie jedoch nur verpflichtet gewesen, wenn sie der Pflicht zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen nicht hinreichend nachgekommen wäre. Das habe die Klägerin nicht dargelegt. Auch die weiteren, von der Klägerin angeführten Tatsachen würden nach Ansicht der Richter keine Indizien dafür darstellen, dass sie wegen ihrer Behinderung bei der Bewerbung unterlegen sei. Auch der Ablauf des Vorstellungsgesprächs lasse diesen Schluss nicht zu (BAG, 8 AZR 180/12).

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Vertragsrecht: Hohe Vergütung und unklarer Arbeitsumfang ist kein Kündigungsgrund

Allein der Umstand, dass im Arbeitsvertrag die Tätigkeit des Arbeitnehmers nur rudimentär beschrieben ist und dem Arbeitnehmer gleichwohl hohe Vergütungsansprüche zustehen, berechtigt den Arbeitgeber weder zur Anfechtung noch zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Dies hat das Arbeitsgericht Neumünster im Fall eines Ehepaares entschieden, das vor nahezu 20 Jahren einen immensen Lottogewinn gemacht hatte. Jetzt schreibt die Ehefrau Kinderbücher. Mit dem Kläger schlossen sie einen Arbeitsvertrag. Dieser wurde als „Vertriebsmanager“ zu einem Monatsgehalt von 20.000 EUR ohne Probezeit für zunächst zwei Jahre fest eingestellt. Als der Vertrag einen Tag später leicht geändert werden sollte, konnte man sich nicht einigen. Daraufhin fochten die Eheleute den Arbeitsvertrag wegen Irrtums und arglistiger Täuschung an und kündigten vorsorglich fristlos und fristgerecht.

Vor dem Arbeitsgericht hatten sie damit jedoch keinen Erfolg. Dieses gab der Kündigungsschutzklage des Klägers statt. Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft seien nicht ersichtlich. Auch hätten die Eheleute den Arbeitsvertrag weder wirksam angefochten noch fristlos gekündigt. Ihre Behauptung, der Kläger habe ihnen wahrheitswidrig vorgespiegelt, Kontakte zu Verlagen und Showstars zu haben, sei ein unbeachtlicher Motivirrtum. Auch aus den finanziellen Regelungen des Arbeitsvertrags lasse sich kein Anfechtungsrecht herleiten. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Ehemann dem Kläger nach einer Überlegungsfrist am Folgetag einen in finanzieller Hinsicht fast gleiches Alternativangebot unterbreitet habe, ohne auch hierin die geschuldete Tätigkeit näher zu beschreiben. Auch sei es im Arbeitsleben nicht außergewöhnlich, befristete Arbeitsverträge ohne Kündigungsmöglichkeit mit einer festen Laufzeit von zwei Jahren abzuschließen. Die Ausnutzung einer Zwangslage oder eine Unerfahrenheit könne hieraus nicht hergeleitet werden (Arbeitsgericht Neumünster, 3 Ca 1359 b/12, Berufung beim LAG Schleswig-Holstein, 1 Sa 50/13).

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Baurecht

Aufzug: Keine Gefährdungshaftung für den Betreiber

Eine Gefährdungshaftung für den Betreiber einer Aufzugsanlage besteht nicht.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. im Fall einer Frau, die in einem Parkhaus aus dem Aufzug gestürzt war. Die Türen hatten sich geöffnet, obwohl die Kabine ca. 40 cm oberhalb des Bodenniveaus angehalten hatte. Nach der Entscheidung des Gerichts kann sie für ihre erlittenen Verletzungen jedoch kein Schmerzensgeld verlangen. Der Betreiber einer bestehenden älteren Aufzugsanlage müsse nämlich nach Ansicht der Richter den Aufzug nicht mit modernen Warnvorrichtungen ausstatten und dem neueren technischen Standard anpassen. Das gelte zumindest, solange der Fahrstuhl noch den technischen Anforderungen des Errichtungszeitraums entspreche und nach neueren Vorschriften nicht nachgerüstet oder stillgelegt werden müsse. Die Verkehrssicherheit fordere nur, dass die nach den technischen Möglichkeiten erreichbare Sicherheit geboten werde. Dabei sei auf den Zeitpunkt des Einbaus der Anlage abzustellen. Dies gelte selbst dann, wenn sich die Sicherheitsbestimmungen für neu zu errichtende ähnliche Anlagen verschärft hätten (OLG Frankfurt a.M., 3 U 169/12).

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Wegerecht: Erlaubte Garage mit verbotener Zufahrt

Ein Grundstückseigentümer, der den mit einer Grunddienstbarkeit abgesicherten Überbau einer Nachbargarage auf seinem Grundstück dulden muss, ist nicht verpflichtet, dem Nachbarn zu gestatten, die über das Grundstück verlaufende Garagenzufahrt zu benutzen.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Streit zweier Nachbarn entschieden. Entzündet hatte sich dieser an der Garage der Kläger. Diese steht etwa zur Hälfte auf dem Grundstück der Beklagten. Diesen Überbau haben die Beklagten aufgrund einer im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit zu dulden. Um ein Auto in der Garage zu parken, müssen die Kläger eine ca. 4-5 m lange Garagenzufahrt befahren, die sich zu gut einem Drittel auf dem Grundstück der Beklagten befindet. Ein im Grundbuch eingetragenes Wegerecht sichert die Zufahrt zur Garage nicht ab. Nachdem die Beklagten den Klägern die Überfahrt über ihr Grundstück untersagt hatten, haben die Kläger auf Duldung der Zufahrt zu ihrer Garage geklagt. Dabei haben sie gemeint, die Befugnis zur Zufahrt folge aus der eingetragenen Grunddienstbarkeit sowie aus den nachbarrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches. Diese beinhalten nicht nur eine Duldungspflicht hinsichtlich der Garage, sondern auch hinsichtlich der Zufahrt als dazugehörender „Funktionsfläche“.

Dieser Rechtsansicht sind die Richter nicht gefolgt und haben die Klage abgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich nicht aus der eingetragenen Dienstbarkeit. Diese beinhalte nicht das Recht, die Zufahrt zu befahren. Nach ihrem Wortlaut beziehe sich die Dienstbarkeit nur darauf, dass ein Überbau in Form einer Garage zu dulden sei. Das schließe die Garagenzufahrt nicht ein. Dass der Rechtsvorgänger der Beklagten bei der Bewilligung der Dienstbarkeit angenommen habe, die Zufahrt zur Garage sei gewährleistet, verpflichte die Beklagten nicht. Auch auf eine andere Rechtsgrundlage könnten die Kläger ihren Anspruch nicht stützen. Der Fall eines den Klägern zustehenden Notwegerechts liege nicht vor. Die mit dem erlaubten Überbau verbundene Duldungspflicht erfasse die Garagenzufahrt als sog. „Funktionsfläche“ nicht. Aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis lasse sich der Anspruch ebenfalls nicht herleiten (OLG Hamm, I-5 U 98/12, nicht rechtskräftig, Revision beim BGH unter V ZR 24/13).

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Haftungsrecht: Bauunternehmer haftet für umgestürzten Bauzaun

Ein ordnungsgemäß gesicherter Bauzaun muss sämtlichen Witterungsbedingungen, auch Windböen, standhalten. Allein schon durch das Umfallen des Zauns besteht ein Anscheinsbeweis für eine unzureichende Sicherung.

So entschied das Amtsgericht (AG) München und sprach einem Autofahrer Schadenersatz zu. Dieser war mit seinem Pkw an einer Baustelle vorbeigefahren, als der Bauzaun plötzlich auf die Fahrbahn stürzte und den PKW beschädigte. Den Schaden wollte der Autofahrer von der Baufirma ersetzt bekommen. Er war der Meinung, die Firma habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt und müsse daher zahlen. Diese weigerte sich jedoch. Sie habe ihre Sicherungspflicht auf eine andere Firma übertragen, die immer zuverlässig gewesen sei. Die eigenen Mitarbeiter seien zudem jeden Dienstag auf der Baustelle gewesen. Außerdem sei der Zaun ordnungsgemäß aufgestellt worden. Mit einem Sturm habe man nicht rechnen können.

Die zuständige Richterin am AG ließ das nicht gelten. Die Baufirma habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht treffe denjenigen, der eine Gefahrenquelle schaffe. Da die Baufirma auf der Baustelle tätig gewesen sei, habe sie eine tatsächliche Gefahr eröffnet. Die Verkehrssicherungspflicht habe sie zwar übertragen. Das entbinde sie jedoch nicht von der Pflicht zur Kontrolle und Überwachung. Auch wenn die andere Firma bislang zuverlässig gewesen sei, würden diese Pflichten nicht entfallen. Dieser Kontroll- und Überwachungspflicht sei die Baufirma nicht hinreichend nachgekommen. Eine einmalige Kontrolle pro Woche reiche dazu nicht aus. Dass der Zaun nicht ausreichend gesichert gewesen sei, folge schon aus der Tatsache, dass er umgestürzt sei. Ein ordnungsgemäß gesicherter Bauzaun müsse sämtlichen Witterungsbedingungen, auch Windböen standhalten. Allein durch das Umfallen des Zauns bestehe bereits ein Anscheinsbeweis für eine unzureichende Sicherung. Diesen Anscheinsbeweis habe die Baufirma nicht entkräften können. Im Gegenteil hätten Lichtbilder gezeigt, dass die Zaunelemente nicht mittig in den Betonsockeln standen, sondern in den äußeren Löchern auf der Seite der Fahrbahn. Dadurch sei keine gleichmäßige Gewichtsverteilung vorhanden gewesen (AG München, 244 C 23760/11).

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Familien- und Erbrecht

Aktuelle Gesetzgebung: Reform stärkt Betreuungsbehörde

Die Zahlen der rechtlichen Betreuungen steigen seit Jahren an, sie hat sich in den letzten zwanzig Jahren insgesamt verdreifacht. Jede Betreuung greift in das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen ein. Betreuungen müssen daher auf das wirklich Erforderliche beschränkt werden. Maßstab muss dabei sein, dass ein rechtlicher Betreuer nur bestellt werden darf, wenn andere Hilfen und Assistenzen zur Unterstützung des hilfsbedürftigen Betroffenen nicht ausreichen.

Anfang März hat das Bundeskabinett daher den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörde beschlossen. Im Mittelpunkt der Reform soll die Stärkung der Betreuungsbehörde stehen. Diese zeigt mit ihrem Fachwissen über soziale Hilfen auch andere Wege zur Unterstützung behinderter und kranker Menschen auf. Sie kann im Falle einer dennoch notwendigen rechtlichen Betreuung auch ehrenamtliche Betreuer vorschlagen. Ihr kommt an der Schnittstelle zu sozialen Hilfen und Assistenzen eine zentrale Funktion zu. Unter anderem durch eine verpflichtende Anhörung der Betreuungsbehörde vor Bestellung eines Betreuers sowie der Erstellung eines qualifizierten Berichts sollen künftig andere Hilfen und Assistenzen, die eine Betreuung vermeiden können, von den Betroffenen besser genutzt werden können.

Zum Hintergrund: Auch nach Inkrafttreten des Zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes im Juli 2005 sind die Betreuungszahlen weiter gestiegen. Lag die Zahl der Betreuungen 2004 noch bei etwa 1,15 Millionen, beträgt sie mittlerweile etwa 1,3 Millionen. Es ist vor diesem Hintergrund ein wichtiges Anliegen, dass gerade auch unter Berücksichtigung der VN-Behindertenrechtskonvention das Selbstbestimmungsrecht kranker und behinderter Menschen stärkere Beachtung findet. Der Gesetzentwurf soll dieses Anliegen aufgreifen. Er orientiert sich dabei eng an den Empfehlungen der interdisziplinären Arbeitsgruppe zum Betreuungsrecht, die sich unter Vorsitz des Bundesministeriums der Justiz in den Jahren 2009 bis 2011 mit möglichen Verbesserungen im Betreuungsrecht befasst und ihren Abschlussbericht am 20. Oktober 2011 vorgelegt hat. Die Justizministerinnen und Justizminister der Länder haben das BMJ gebeten, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, der die Vorschläge der Arbeitsgruppe - soweit diese das Bundesrecht betreffen - umsetzt.

Durch Änderungen im Verfahrensrecht (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG) und im Betreuungsbehördengesetz sollen die Funktionen der Betreuungsbehörde sowohl im Vorfeld als auch im gerichtlichen Verfahren gestärkt werden, um die Bestellung eines rechtlichen Betreuers - soweit möglich - zu vermeiden und damit die Selbstbestimmung zu stärken. Damit sollen auch die mit der Bestellung eines Betreuers verbundenen Ausgaben im Interesse der betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowie - bei deren Mittellosigkeit - der Justizkasse gesenkt werden. Im Einzelnen wird hierzu vorgeschlagen:

  • zur Feststellung des Sachverhalts im betreuungsgerichtlichen Verfahren die Anhörung der Betreuungsbehörde vor Bestellung eines Betreuers oder vor Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts verpflichtend vorzusehen,
  • qualifizierte Kriterien für den Bericht der Betreuungsbehörde gesetzlich festzulegen,
  • die Aufgaben der Betreuungsbehörde im Betreuungsbehördengesetz zu konkretisieren und
  • ihre Wahrnehmung durch Fachkräfte gesetzlich zu verankern.

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Elternunterhalt: Erwachsene Tochter zahlt für Heimaufenthalt der Mutter

Eine erwachsene Tochter, die ihre fehlende unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht darlegen oder nachweisen kann, hat sich an den Heimkosten der Mutter zu beteiligen.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert. Die 93 Jahre alte Mutter der 64-jährigen Frau lebt in einem Alten- und Pflegeheim. Für die durch Rente, Versicherungsleistungen und Vermögen der Mutter nicht abgedeckten Heimkosten gewährt der antragstellende Kreis monatlich Hilfe zur Pflege in Höhe von 1.638 EUR. An den vom Kreis finanzierten Heimkosten haben sich zwei Brüder der Frau mit monatlichen Zahlungen von 704 EUR zu beteiligen. Zwei ihrer Schwestern leisten keine Zahlungen, weil sie unstreitig leistungsunfähig sind. Der Kreis verlangt nun eine monatliche Zahlung in Höhe von 113 EUR. Die Frau hat eine Zahlung verweigert, weil sie nicht mehr leistungsfähig sei.

Die Richter am OLG haben die Frau gleichwohl zur monatlichen Elternunterhaltszahlung in Höhe der 113 EUR verpflichtet. Der Unterhaltspflichtige habe seine Leistungsunfähigkeit darzulegen und ggf. auch nachzuweisen. Hierzu müsse er die Fakten darstellen, die seine Lebensstellung bestimmen. Das sind insbesondere Alter, Familienstand, Höhe seines Vermögens und Einkommens, Verbindlichkeiten, Werbungskosten und die sonstigen einkommensmindernden Posten. Schulde ein verheirateter Unterhaltspflichtiger Elternunterhalt, komme es für die Frage seiner Leistungsfähigkeit auf das Familieneinkommen an. Das ergebe sich daraus, dass er den Unterhalt entweder aus seinem nicht nur geringfügigen „Taschengeldanspruch“ gegen den Ehegatten oder aus seinen eigenen Einkünften schulde. Deswegen müsse er auch zum Einkommen der anderen Familienmitglieder vortragen. Das habe die Frau vorliegend nicht getan. Sie habe nicht ausreichend dargelegt, welche Einkünfte aus Erwerbstätigkeit sie und ihr als selbstständiger Versicherungsvertreter tätiger Ehemann erzielt hätten. Ebenso wenig sei vorgetragen worden, welche Miete die Eheleute aus ihrem Mietshaus eingenommen hätten (OLG Hamm, II-8 UF 14/12).

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Außergewöhnliche Belastung: Aufwendungen für die Heimunterbringung eines Elternteils

Übernehmen Kinder im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht die Kosten für den Heimaufenthalt der Eltern, hängt die Höhe des Abzugs der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung davon ab, ob der Aufenthalt im Heim altersbedingt oder krankheits- bzw. pflegebedingt ist.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in diesem Zusammenhang folgende Abzugsgrundsätze bestätigt (BFH,VI B 82/12):

Grund für den Heimaufenthalt des Unterstützten

Abzugsform als außergewöhnliche Belastung

Krank, pflegebedürftig

§ 33 EStG: Abzug der Höhe nach unbegrenzt, Ansatz einer zumutbaren Belastung

Altersbedingt

§ 33a EStG: Abzug von maximal 8.004 EUR. Eigene Einkünfte und Bezüge des Unterstützten mindern den Abzugsbetrag

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Erbrecht: Wer „beerbt“ den enterbten Schlusserben?

Die in einem gemeinschaftlichen Testament als Schlusserbin eingesetzte Tochter erhält den hälftigen Erbteil ihrer als Schlusserbin ausgeschiedenen Schwester, wenn die testierenden Eheleute insoweit keine andere Bestimmung getroffen und die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments nicht beschränkt haben.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer Frau entschieden. Sie und ihre Schwester sind die erstehelichen Kinder des Ehemanns, der in zweiter Ehe mit der Erblasserin verheiratet war. Im Jahre 1977 hatten sich die Eheleute in einem gemeinschaftlichen Testament wechselseitig zu Erben eingesetzt. Zu Schlusserben des zuletzt Versterbenden hatten sie die beiden erstehelichen Töchter des Ehemanns mit jeweils hälftigem Erbteil bestimmt. Zugleich hatten sie angeordnet, dass die Einsetzung als Schlusserbe entfällt, falls nach dem Tode des Vaters (und Ehemanns) der Pflichtteil gefordert wird. Nachdem die Schwester nach dem Tode des zuerst verstorbenen Vaters im Jahre 1980 ihren Pflichtteil verlangt hatte, schied sie als Schlusserbin aus. Die im Jahre 2010 verstorbene Erblasserin errichtete im Jahre 2006 einen Erbvertrag. Hierin nahm sie eine vom gemeinschaftlichen Testament abweichende Erbeinsetzung vor. Nach ihrem Tode stritten die durch das gemeinschaftliche Testament begünstigte Tochter des Ehemanns und die durch den Erbvertrag begünstigte Tochter der Erblasserin um den hälftigen Schlusserbteil der ausgeschiedenen Schwester. Die Tochter des Ehemanns beantragte einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein.

Nach der Auffassung der Richter am OLG zu Recht. Der durch das gemeinschaftliche Testament begünstigten Tochter sei der Erbteil ihrer ausgeschiedenen Schwester angewachsen. Dies entspreche dem Willen der Eheleute bei der Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments, auf den abzustellen sei. Durch die Erbeinsetzung der Kinder des Ehemanns sei dessen Verwandtschaft der Vorzug vor der weiteren Verwandtschaft der Erblasserin eingeräumt worden. Anhaltspunkte dafür, dass beim Wegfall eines von mehreren Schlusserben eine abweichende Erbfolge gewollt sei, gebe es nicht. Die Erbeinsetzung im gemeinschaftlichen Testament sei auch hinsichtlich der Regelung beim Wegfall eines Schlusserben wechselbezüglich und damit für die Erblasserin nach dem Tode des Ehemanns bindend geworden. Das folge ebenfalls daraus, dass dem gemeinschaftlichen Testament keine anderweitige Bestimmung zu entnehmen sei. Deswegen habe die Erblasserin die Erbfolge im Erbvertrag nicht anders regeln können (OLG Hamm, I-15 W 134/12).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Schadenersatz: Vermieter haftet für Schäden wegen erhöhter Brandgefahr durch Bauarbeiten

Wird durch einen vom Vermieter beauftragten Handwerker die Brandgefahr im Mietobjekt erhöht, haftet der Vermieter dem Mieter für einen hierdurch entstandenen Schaden.

Das musste sich ein Vermieter vor dem Bundesgerichtshof (BGH) sagen lassen. Er hatte einen Handwerksbetrieb mit der Dachsanierung eines größeren Mietobjekts beauftragt. Während der Renovierungsarbeiten wurden Styroporplatten in der offenen Tiefgarage gelagert. Diese wurden von einem Unbekannten in Brand gesetzt. Als Folge der Brandstiftung wurden auch die über der Tiefgarage liegenden Mieträume und die darin befindlichen Einrichtungsgegenstände beschädigt. Die Feuerversicherung des Mieters regulierte dessen Schaden und forderte den Betrag vom Vermieter zurück.

Der BGH gab dem Versicherer recht. Er könne vom Vermieter Ersatz verlangen. Dieser habe nicht nur die vertragliche Pflicht, dem Mieter den ungestörten Gebrauch der vermieteten Sache zu gewähren. Vielmehr habe er auch die Nebenpflicht, Störungen des Mieters und Beschädigungen von dessen Sachen zu unterlassen. Aus dieser Fürsorgepflicht folge, dass der Vermieter keine zusätzliche Gefahrenquelle schaffen dürfe, die die Brandgefahr für die Mieträume erhöhe. Durch die gelagerten Styroporplatten habe sich aber die Brandgefahr in der Garage und für die darüber gelegenen Mieträume erhöht. Hierdurch sei die mietvertragliche Fürsorgepflicht fahrlässig verletzt worden. Diese Pflichtverletzung der Handwerker müsse sich der Vermieter auch zurechnen lassen (BGH, XII ZR 6/12).

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Mietgebrauch: Wie nutzt man einen Tiefgaragenstellplatz?

Tiefgaragenplätze dürfen, sofern im Mietvertrag nichts anderes geregelt ist, nur zum Abstellen von Autos, nicht zur Lagerung von Kartons oder ähnlichem genutzt werden.

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht (AG) München im Fall eines Ehepaars, das eine Wohnung mit Tiefgaragenstellplatz gemietet hatte. Als die Vermieterin feststellte, dass die Mieter auf dem Tiefgaragenstellplatz Kartons und Plastikmaterial lagerten, forderte sie sie auf, dieses zu entfernen. Schließlich sei der Tiefgaragenplatz dafür nicht gedacht. Außerdem bestünden feuerpolizeiliche Bedenken. Die Mieter weigerten sich. Deshalb erhob die Vermieterin Klage vor dem Amtsgericht München.

Die zuständige Richterin gab ihr recht. Grundsätzlich dürfe ein Mieter Garagen und Stellplätze nur im Rahmen des Vertragszwecks nutzen. Fehle es an einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung, sei der Umfang der Gebrauchsgewährung durch Auslegung zu ermitteln. Anhaltspunkte dazu könnten der Reichsgaragenordnung entnommen werden. Danach seien Stellplätze unbebaute oder mit Schutzdächern versehene, weder dem ruhenden noch dem fließenden Verkehr dienende Flächen, die zum Einstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt seien. Da sie keinen geschlossenen Raum, sondern lediglich eine ungeschützte Fläche bilden, seien sie grundsätzlich nur für das Abstellen eines PKWs geeignet. Vor diesem Hintergrund würde bereits das Einverständnis der Klägerin zum Abstellen der Fahrräder auf dem Stellplatz ein Entgegenkommen darstellen. Andere Gegenstände seien jedenfalls zu entfernen (AG München, 433 C 7448/12).

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WEG: Beschluss zur Baumaßnahme mit optischer Veränderung der Anlage

Im Grundsatz kann auch eine bauliche Maßnahme, die eine optische Veränderung der Wohnungseigentumsanlage bewirkt, eine Gebrauchswerterhöhung darstellen und durch qualifizierte Mehrheit beschlossen werden.

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Fall. Voraussetzung sei jedoch nach Ansicht der Richter, dass die Maßnahme aus der Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers eine sinnvolle Neuerung darstelle, die voraussichtlich geeignet sei, den Gebrauchswert des Wohnungseigentums nachhaltig zu erhöhen. Eine solche sinnvolle Neuerung läge aber nicht vor, wenn die entstehenden Kosten bzw. Mehrkosten außer Verhältnis zu dem erzielbaren Vorteil stünden. Dann bliebe es bei folgender Regelung: Ist eine erhebliche optische Veränderung der Wohnungseigentumsanlage weder als modernisierende Instandsetzung noch als Modernisierungsmaßnahme einzuordnen, bedarf sie als nachteilige bauliche Maßnahme der Zustimmung aller Wohnungseigentümer (BGH, V ZR 224/11).

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WEG: Kein Zurückhalten von Wohngeldern bei fehlender Jahresabrechnung

Ein Wohnungseigentümer kann seine Verpflichtung zur Zahlung der im Wirtschaftsplan ausgewiesenen Wohngelder nicht unter Hinweis auf eine fehlende Jahresabrechnung zurückhalten. Es fehlt an der nötigen Gegenseitigkeit der Forderungen.

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter wiesen darauf hin, dass der Anspruch auf Erstellung der Jahresabrechnung sich gegen den Verwalter richte. Die Wohngelder seien dagegen an die WEG zu zahlen (BGH, V ZR 171/11).

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Verbraucherrecht

Aktuelle Gesetzgebung: Mehr Kostenhilfe für Verfahren in Straßburg

Der Bundestag hat das Gesetz zur Einführung von Kostenhilfe für Drittbetroffene in Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verabschiedet.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ist eine wichtige Säule für die Bürgerrechte. Zusammen mit dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof bildet das Gericht drei glänzende Sterne am verfassungsrechtlichen Himmel, wie die Verfassungsrechtlerin Renate Jäger einmal formulierte. Wie wichtig Straßburg ist, zeigen auch die vielen Verfahren in Straßburg, die sich manchmal auch gegen Deutschland richten. Mit den Neuregelungen sollen die Menschen gestärkt werden, die von den Urteilen betroffen sein können. Künftig werden Drittbetroffene mit Kostenhilfe unterstützt, etwa Kinder in Umgangsfragen. Es darf nicht vom Geld abhängen, ob man sich in den eigenen Angelegenheiten in Straßburg Gehör verschaffen kann.

Hintergrund: Der Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg steht auch deutschen Bürgerinnen und Bürgern offen. Allerdings können nur die Beschwerdeführer beim Gerichtshof Prozesskostenhilfe beantragen, wenn sie selbst nicht genug Geld haben. Das ist aus rechts- und sozialstaatlichen Gesichtspunkten unbefriedigend, denn in manchen Fällen sind Dritte unmittelbar betroffen, auch wenn sie nicht selbst klagen. Diese Drittbetroffenen können sich gemäß Artikel 36 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) an dem Verfahren beteiligen. Damit sie nicht aus finanziellen Gründen davon absehen müssen, erhalten sie künftig Kostenhilfe aus der Bundeskasse. Die Kostenhilfe umfasst die Fahrt- und Aufenthaltskosten und andere notwendige Auslagen, des Drittbetroffenen selbst und seinem Rechtsbeistand.

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Freizeitparkchip: Schadenersatzklausel für den Fall des Verlusts unwirksam

Die Klausel eines Freizeitparks, mit der der Besucher bei Verlust des Buchungschips zu einem pauschalen Schadenersatz in Höhe des buchbaren Höchstbetrags verpflichtet wird, ist unwirksam.

Diese Entscheidung erstritt ein Verbraucherschutzverein vor dem Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg. Beklagt war der Betreiber eines Erlebnis-Freizeitparks. Nach der Bezahlung des Eintrittsgelds wird den Besuchern des Freizeitparks ein Armband mit einem Chip zur Verfügung gestellt. Wollen sie im Freizeitpark Leistungen in Anspruch nehmen und z. B. Getränke oder Speisen erwerben, müssen sie den Chip scannen lassen. Die dort gespeicherten Beträge bezahlt der Besucher am Ende seines Besuchs. Auf dem Chip voreingestellt ist ein Kreditrahmen von 150 EUR bei Erwachsenen bzw. 35 EUR bei Kindern. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten müssen die Besucher bei Verlust des Armbands mit Chip den eingeräumten Kredit in voller Höhe entrichten.

Das OLG hat den Freizeitparkbetreiber zur Unterlassung der beanstandeten Klausel verurteilt. Zur Begründung haben die Richter ausgeführt, die Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfülle zwei Funktionen. Zum einen solle sich der Besucher nicht mit der Behauptung, den Chip verloren zu haben, seiner Zahlungspflicht für in Anspruch genommene Leistungen entziehen können. Zum anderen solle jedoch auch der redliche Besucher, dem der Chip abhandengekommen sei, für sämtliche Entgelte einstehen, die ein unehrlicher Finder auf den Chip buche. Allerdings übersteige die Pauschale bei Verlust des Chips den nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge eintretenden Schaden. Denn es sei angesichts der von dem Freizeitparkbetreiber für seine Sonderleistungen verlangten Preise nicht ohne Weiteres möglich, den Betrag von 150 EUR voll in Anspruch zu nehmen. In vielen Fällen werde ein nicht verbrauchter Spitzenbetrag auf dem Chip verbleiben. Die Klausel sei auch deshalb unwirksam, weil dem Besucher eine Verpflichtung zum Schadenersatz auferlegt werde, ohne dass ein Verschulden vorliegen müsse. Auch wenn insoweit nur wenige Fälle denkbar seien, müsse dem Besucher doch die Möglichkeit eingeräumt werden nachzuweisen, dass er den Verlust des Chips nicht verschuldet habe (OLG Brandenburg, 7 U 6/12).

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Versicherungsrecht: Richtiger Vertragspartner bei Vertrag über vorläufige Deckung

Ein Versicherungsvertrag über vorläufige Deckung kommt mit dem zustande, der als Versicherungsnehmer eingetragen ist.

Zu diesem Ergebnis kommt das Landgericht (LG) Heidelberg. Entscheidend sei nämlich, wer als Versicherungsnehmer in der Versicherungsdoppelkarte oder in der elektronischen Versicherungsbestätigung eingetragen sei. Nur mit dieser Person komme ein Versicherungsvertrag über die vorläufige Deckung zustande. Entsprechend könne der Versicherer keine Prämienansprüche gegen den Halter des Kfz geltend machen, wenn dieser nicht personenidentisch mit der in der Doppelkarte genannten Person sei.

Hinweis: Die Versicherungsdoppelkarte bzw. die elektronische Versicherungsbestätigung stellt die Willenserklärung des Versicherers auf Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung dar. Wer die Karte bei der Zulassung des Fahrzeugs verwendet, nimmt dieses Angebot des Versicherers an und wird damit automatisch Vertragspartner (LG Heidelberg, 5 S 62/11).

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Onlinehandel: Kann der Verkäufer nicht liefern, muss er Schadenersatz leisten

Wer über eine Internetplattform Waren verkauft und diese nicht liefern kann, ist dem Käufer grundsätzlich zum Schadenersatz verpflichtet. Der Einwand des Verkäufers, die Ware sei ohne sein Wissen anderweitig verkauft worden, befreit ihn nicht von der Pflicht, Schadenersatz zu zahlen.

So entschied das Landgericht (LG) Coburg im Fall eines Verkäufers, der über eine Internetauktionsplattform 10.000 neuwertige Hosen zum Preis von etwas über 20.000 EUR gekauft hatte. Unmittelbar nach dem Zuschlag teilte ihm der Verkäufer mit, die Ware sei mittlerweile anderweitig verkauft. Man könne nicht mehr liefern. Der Bruder des Verkäufers habe nach einem Wasserschaden die Hosen ohne Kenntnis des Verkäufers weiterverkauft. Der Käufer wollte nun seinen entgangenen Gewinn ersetzt haben. Er trug vor, dass er die Hosen für 30.000 EUR weiterverkauft hätte. Den entgangenen Gewinn wollte er als Schadenersatz.

Das LG gab der Klage in vollem Umfang statt. Durch den Kaufvertrag habe der Verkäufer die Verpflichtung übernommen, aus einem bestehenden Vorrat zu liefern. Es sei auch sein Verschulden, dass er nicht mehr liefern könne. Er müsse seinen Geschäftsbetrieb so organisieren, dass eine bereits verkaufte Ware nicht noch einmal verkauft wird. Da der Käufer auch einen Zeugen benennen konnte, der die Hosen von ihm für 30.000 EUR gekauft hätte, bekam er den vollen Schadenersatz in Höhe von 10.000 EUR zugesprochen (LG Coburg, 14 O 298/12).

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Verkehrsrecht

Verkehrssicherungspflicht: Nicht für alle Schäden wird gehaftet

Ein Autofahrer, der sehr nah an einer Hauswand entlangfährt, muss besondere Vorsicht walten lassen. Er kann sich nicht auf die Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers berufen, wenn er einen an der Hauswand befestigten Blitzableiter streift.

So urteilte das Amtsgericht (AG) München im Fall einer Frau, die auf dem Kundenparkplatz eines Einrichtungszentrums parken wollte. Beim Einparken stieß sie gegen einen Blitzableiter, der an der Außenfassade befestigt war und 6 cm von der Fassade in den Stellplatz hineinragte. Dadurch wurde der Kotflügel des Fahrzeugs beschädigt. Die Reparaturkosten von 795 EUR wollte sie erstattet bekommen. Nach ihrer Ansicht habe der Inhaber des Einrichtungszentrums gegen seine Verkehrssicherungspflicht verstoßen. Der Blitzableiter sei in der Wandfarbe gestrichen und somit nicht erkennbar gewesen.

Ihre Klage wurde bei Gericht jedoch abgewiesen. Zwar müsse derjenige, der eine Gefahrenlage schaffe, grundsätzlich die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um Schäden bei anderen möglichst zu verhindern. Es müsse aber nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden, sondern nur für diejenigen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten dürfe und die nach den Umständen zumutbar seien. Hier sei zu berücksichtigen, dass der Blitzableiter nur 6 cm von der Wand in den Parkplatz hineinrage. Allein der Außenspiegel sei deutlich breiter als 6 cm. Zu einer Beschädigung des PKWs könne es daher nur kommen, wenn dessen Fahrer in einem sehr spitzen Winkel einparke und extrem nah an die Wand fahre. Tue er aber dieses, habe er besondere Vorsicht walten zu lassen. Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Betreibers des Einrichtungszentrums scheide daher aus (AG München, 241 C 31612/10).

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Unfallschadensregulierung: Kostenvoranschlag oder Schadengutachten?

Auch wenn der Haftpflichtversicherer bei einem Schaden oberhalb der Bagatellgrenze darum bittet, einen Kostenvoranschlag einzuholen, steht es in der Entscheidungsfreiheit des Geschädigten, trotzdem ein vollständiges Schadengutachten einzuholen.

Der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer muss auch in einem solchen Fall die Gutachtenkosten erstatten, urteilte das Amtsgericht (AG) Coesfeld. Das folge auch daraus, dass es auf Kostenvoranschlagsebene regelmäßig Streit um die Erstattung der dafür entstandenen Kosten gebe. Auch die Frage der Wertminderung bleibe im Kostenvoranschlag unbeantwortet (AG Coesfeld, 6 C 93/12).

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Mietwagen: Kein Umbau eines Mietwagens zum Fahrschulwagen und wieder zurück

Auch wenn der geschädigte Fahrschulinhaber gelernter Kraftfahrzeugmeister ist, ist es ihm nicht zuzumuten, einen normalen Mietwagen eigenhändig mit Doppelpedaleinrichtung und Zusatzbespiegelung zu versehen, um das alles vor der Rückgabe wieder zu demontieren.

Das hat das Amtsgericht (AG) Nagold einem Versicherer als Antwort auf seinen „Umbauvorschlag“ mit auf den Weg gegeben. Sollte der Versicherer diesen Vorschlag tatsächlich ernst gemeint haben, erscheine er jedenfalls dem Gericht als geradezu abenteuerlich. Der Umbau eines Fahrzeugs mit einer allgemeinen Betriebserlaubnis zu einem Fahrschulfahrzeug sei mit Sicherheit nicht in irgendeiner Garage bzw. auf der Straße vor dem Haus innerhalb von fünf Stunden vorzunehmen, auch nicht von einem Kraftfahrzeugmeister. Zudem müsse für ein so verändertes Fahrzeug auch noch eine neue Betriebserlaubnis beschafft werden. Ein solches Vorgehen sei unzumutbar. Der Versicherer müsse daher die höheren Kosten für die Anmietung eines speziellen Fahrschulwagens und dessen An- und Abtransport von dem weit entfernten Spezialvermieter erstatten (AG Nagold, 3 C 163/12).

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Fahrverbot: Vollstreckungsbeginn erfordert nicht die Abgabe des Führerscheins bei der Staatsanwaltschaft

Der Beginn der Vollstreckung eines Fahrverbots erfordert nicht zwingend, dass der Führerschein bei der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde einzureichen ist.

So urteilte das Amtsgericht (AG) Parchim im Sinne des Betroffenen, gegen den ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet worden war. Er hatte durch seinen Verteidiger angekündigt, binnen der Vier-Monats-Frist seinen Führerschein bei der Verwaltungsbehörde in amtliche Verwahrung geben zu wollen, um so die Fahrverbotsfrist in Gang zu setzen. Die Staatsanwaltschaft hatte demgegenüber eingewandt, dass erst durch die Abgabe des Führerscheins bei ihr als Vollstreckungsbehörde das Fahrverbot wirksam werde.

Das AG hat sich der Auffassung des Betroffenen angeschlossen. Nach dem Straßenverkehrsgesetz werden die von einer deutschen Behörde ausgestellten Führerscheine für die Dauer des Fahrverbots amtlich verwahrt. Allerdings bestehe keine Regelung, dass dies nur bei der Vollstreckungsbehörde als eine solche erfolgen könne. Vielmehr sprächen Praktikabilitätserwägungen dafür, die Abgabe bei jeder entgegennehmenden Ordnungsbehörde als Abgabe in amtliche Verwahrung i.S. der Vorschrift anzuerkennen. Maßgeblich sei die Strafvollstreckungsordnung. Danach beginne die Verbotsfrist mit Eingang des Führerscheins bei der zuständigen Vollstreckungsbehörde. Das sei die Staatsanwaltschaft. Gelange jedoch der Führerschein zur Vollstreckung des Fahrverbots zunächst in den Gewahrsam einer anderen Stelle, die mit der Verfolgung oder Ahndung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, aufgrund derer ein Fahrverbot verhängt werden kann, oder der Vollstreckung von Fahrverboten befasst ist, werde die Verwahrzeit in die Verbotszeit eingerechnet. Die letztere Regelung ziele auf die Abgabe bei einer Polizeidienststelle ab. Diese müsse allerdings zur Entgegennahme bereit sein (AG Parchim, 5 OWiG 424/12).

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Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 30. Juni 2013 beträgt - 0,13 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,87 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 1,87 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 7,87 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.07.2012 bis 31.12.2012: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2012 bis 30.06.2012: 0,12 Prozent
  • vom 01.07.2011 bis 31.12.2011 0,37 Prozent
  • vom 01.01.2011 bis 30.06.2011: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2010 bis 31.12.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2010 bis 30.06.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2009 bis 31.12.2009: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2009 bis 30.06.2009: 1,62 Prozent
  • vom 01.07.2008 bis 31.12.2008: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2008 bis 30.06.2008: 3,32 Prozent
  • vom 01.07.2007 bis 31.12.2007: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2007 bis 30.06.2007: 2,70 Prozent
  • vom 01.07.2006 bis 31.12.2006: 1,95 Prozent
  • vom 01.01.2006 bis 30.06.2006: 1,37 Prozent
  • vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent
  • vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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Steuertermine im Monat April 2013

Im Monat April 2013 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:

  • Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Barzahlung bis zum 10.4.2013.

  • Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Barzahlung bis zum 10.4.2013.

Bei Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 15.4.2013. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!

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