Monatsbrief Oktober 2011

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 10/2011:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

Urlaubsrecht: Übertragung von Urlaubsansprüchen bei Arbeitsunfähigkeit

Nach dem Bundesurlaubsgesetz (BurlG) muss der Erholungsurlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden.

Auf diese Grundregeln des Urlaubsrechts wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitnehmers hin, der einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen hatte. Der Mann war vom 11.1.2005 bis zum 6.6.2008 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Danach nahm er die Arbeit wieder auf. Im weiteren Verlauf des Jahres 2008 gewährte ihm der Arbeitgeber an 30 Arbeitstagen Urlaub. Der Arbeitnehmer wollte nun festgestellt wissen, dass ihm noch ein aus den Jahren 2005 bis 2007 resultierender Anspruch auf 90 Arbeitstage Urlaub zustehe.

Seine Klage hatte jedoch vor dem BAG keinen Erfolg. Die Richter machten deutlich, dass der Urlaubsanspruch spätestens mit Ablauf des 31.12.2008 untergegangen sei. Liege keine abweichende einzel- oder tarifvertragliche Regelung vor, verfalle der am Ende des Urlaubsjahrs nicht genommene Urlaub, sofern kein Übertragungsgrund nach dem BUrlG vorliege. Dies sei jedenfalls in den Fällen anzunehmen, in denen der Arbeitnehmer nicht aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen, etwa aufgrund von Arbeitsunfähigkeit, an der Urlaubnahme gehindert sei. Übertragene Urlaubsansprüche seien in gleicher Weise befristet. Werde ein zunächst arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer im Kalenderjahr einschließlich des Übertragungszeitraums so rechtzeitig gesund, dass er - wie hier - in der verbleibenden Zeit seinen Urlaub nehmen könne, erlösche der aus früheren Zeiträumen stammende Urlaubsanspruch genauso wie der Anspruch, der zu Beginn des Urlaubsjahrs neu entstanden sei.

Hinweis: Das BAG hat die Frage offengelassen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Arbeitnehmer Urlaubsansprüche über mehrere Jahre ansammeln können (BAG, 9 AZR 425/10).

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Tarifrecht: Feiertagszuschlag für Oster- und Pfingstsonntag?

Sieht ein Tarifvertrag Zuschläge für Feiertagsarbeit vor, so wird dieser Zuschlag regelmäßig nur für die Arbeit an gesetzlichen Feiertagen ausgelöst.

Diese Entscheidung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines im Schichtdienst beschäftigten Arbeitnehmers in Sachsen-Anhalt. Auf dessen Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V) Anwendung. Dieser sah vor, dass der Arbeitnehmer für Feiertagsarbeit einen Zuschlag je Stunde von 135 Prozent erhalten solle. Der tarifliche Sonntagszuschlag betrug 25 Prozent. Der Mann verlangte für seine Arbeit am Oster- und Pfingstsonntag einen Zeitzuschlag von 135 Prozent. Das BAG gab jedoch dem Arbeitgeber recht, der den Zuschlag verweigerte. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass kein tariflicher Anspruch bestehe. In Sachsen-Anhalt seien Ostersonntag und Pfingstsonntag nach dem Landesrecht gesetzlich nicht als Feiertage bestimmt. Anhaltspunkte für ein weitergehendes tarifliches Verständnis des „Feiertags“ nach dem TV-V bestünden nicht.

Hinweis: Der Anspruch auf den Zeitzuschlag hängt also davon ab, ob die betreffenden Tage nach jeweils anwendbarem Landesrecht als gesetzliche Feiertage bestimmt sind. Das kann von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein (BAG, 10 AZR 347/10).

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AGG: Kündigung wegen Chinesin als Ehefrau ist sittenwidrig

Eine Kündigung verstößt gegen den im Grundgesetz garantierten Schutz der Familie, wenn sie wegen der Eheschließung des Arbeitnehmers mit einer chinesischen Staatsangehörigen ausgesprochen wurde. Sie hält nicht das notwendige „ethische Minimum“ ein und ist sittenwidrig, wenn der Arbeitgeber jahrelang die langjährige Beziehung zu einer in China lebenden Chinesin nicht als sicherheitsrelevant einordnet, den Leiharbeitnehmer dann in Kenntnis der Hochzeit abwirbt und ihm kurz darauf kündigt, obwohl sich nichts verändert hat.

Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein entschieden. Geklagt hatte ein Mann, der seit Mai 2006 als Leiharbeitnehmer beschäftigt war. Seit 2007 fuhr er regelmäßig nach China zu seiner dort lebenden heutigen Ehefrau. Sie hat die chinesische Staatsangehörigkeit. Vorher kontaktierte er jedes Mal die Sicherheitsbeauftragte, die zu keinem Zeitpunkt Bedenken äußerte. Ende 2009 bot die Arbeitgeberin ihm eine direkte Festanstellung an. Angesichts der für Dezember 2009 in China geplanten Hochzeit einigte man sich auf den Beginn der Festanstellung ab 1.2.2010. Schon am 5.3.2010 stellte die Arbeitgeberin den Mann unvermittelt frei. Begründung: Er sei durch seine Ehefrau und die familiären Beziehungen zu China ein Sicherheitsrisiko.

Das LAG hielt die Kündigung für treu- und sittenwidrig. Die Arbeitgeberin habe unter Verletzung des Grundrechtes der Eheschließungsfreiheit ihr Kündigungsrecht für eine willkürliche Vorgehensweise missbraucht. Weil sie den Kläger in Kenntnis der familiären Bedingungen gezielt abgeworben habe und sich in Bezug auf seinen Arbeitsplatz und seine Tätigkeit nichts geändert habe, sei die plötzliche Einordnung als Sicherheitsrisiko, für die keine konkreten Fakten genannt wurden, willkürlich. Die Kündigung verstoße gegen das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“. Die Beklagte habe den Kläger willkürlich zu ihrem Spielball gemacht (LAG Schleswig-Holstein, 3 Sa 95/11).

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Dienstspind: Klein aber fein - das reicht aus

Ein Dienstspind von 1,75 m Höhe, 1 m Breite und 0,46 m Tiefe genügt, um die Dienstkleidung eines Ordnungspolizisten ordnungsgemäß zu verwahren.

So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen im Fall eines Ordnungspolizisten, der verpflichtet war, Dienstkleidung zu tragen. Diese bestand aus sechs Diensthosen, einem kurzärmeligen und einem langärmeligen Hemd, einem Rollkragenpullover, einem Pullover mit V-Ausschnitt, einer Strickjacke, einer Schirmmütze, einem Blouson, einem Parka, einer Lederjacke, Schal und Handschuhe sowie einer Warnjacke und Warnweste. Zur Aufbewahrung der Dienstkleidung stellte die Stadt ihren Ordnungspolizisten einen abschließbaren Spind mit den Maßen 1,75 m Höhe, 1 m Breite und mindestens 0,46 m Tiefe zur Verfügung. Außerdem bestand die Möglichkeit, Dienst- und Privatjacken sowie Mützen an der offenen Garderobe aufzuhängen. Daneben stand jedem Ordnungspolizisten ein abschließbarer Schrank für Wertsachen zur Verfügung. Der Ordnungspolizist verlangte nun einen Spind mit den Maßen 2 m Höhe, 1,5 m Breite und 0,46 m Tiefe, um seine gesamte Dienstkleidung unterbringen zu können. Falls dies nicht möglich sei, solle die beklagte Stadt 30 EUR pro Monat als Aufwendungsersatz für die private Aufbewahrung der Dienstkleidung zahlen.

Das LAG hielt den Dienstspind jedoch für groß genug und wies die Klage ab. Für einen Dienstspind der begehrten Größe gebe es weder im Gesetz noch in der städtischen Trageordnung noch im Tarifvertrag eine Anspruchsgrundlage. Die beklagte Stadt müsse nicht dafür Sorge tragen, dass der Kläger seine Dienstkleidungsstücke stets vollzählig und in gebrauchsfertigem Zustand in dem Dienstspind aufbewahren könne. Uniformjacken und Mützen könne der Kläger außerdem auch an der Garderobe aufhängen. Das sei nicht unzumutbar. Für Wertsachen habe der Kläger noch ein abschließbares Wertfach. Das genüge (LAG Hessen, 19 Ss 1753/10).

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Baurecht

Architektenrecht: Minderungsrecht bei fehlendem Bautagebuch

Vereinbaren die Parteien, dass für Inhalt und Umfang der werkvertraglichen Leistungspflichten des Architekten das Leistungsbild des § 15 Abs. 2 HOAI entsprechend gilt, muss der Architekt ein Bautagebuch führen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Besteller grundsätzlich zur Minderung des Architektenhonorars berechtigt.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Architekten, der kein Bautagebuch geführt hatte. Der Bauherr weigerte sich daher, das volle Honorar zu zahlen. Zu Recht, entschieden die Richter. Fehle das Bautagebuch, sei die Leistung des Architekten mangelhaft. Der Architekt könne sich auch nicht darauf berufen, das Bautagebuch nachträglich erstellen zu wollen. Dies sei nicht mit der notwendigen Zuverlässigkeit möglich und dem Bauherrn daher unzumutbar (BGH, VII ZR 65/10).

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Architekt: Beratungspflicht zu entstehenden Baukosten

Es gehört zu den Aufgaben eines Architekten, den Bauherrn über die voraussichtlichen Baukosten zu beraten. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann er sich schadenersatzpflichtig machen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hin. Die Richter machten deutlich, dass es die Pflicht des Architekten sei, die wirtschaftlichen Belange seines Auftraggebers zu beachten. Dabei müsse er insbesondere über die voraussichtlich auftretenden Baukosten informieren. Diese müsse er auch während der Planungen im Auge behalten. Er müsse einen wirtschaftlichen Rahmen abstecken, den er mit dem Bauherrn abstimmen müsse. Nur so sei es dem Bauherrn möglich, notfalls die Planungen zu ändern und an sein Budget anzupassen (OLG Hamm, I-24 U 151/04).

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Nachbarrecht: Multifunktionsfeld kann für Nachbarn unzumutbar sein

Ein errichtetes Multifunktionsfeld, dessen bestimmungsgemäße Nutzung sich wegen seiner konstruktionsbedingten Besonderheiten sehr lärmintensiv auswirkt, kann für die Nachbarn unzumutbar sein.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Saarland. Die Richter begründeten ihre Entscheidung in dem betreffenden Fall damit, dass die Anlage in ihrer konkreten Ausgestaltung (Holzumrandung, die sich im Bereich der Torlinie bis in eine Höhe von ca. 4 m Höhe erstreckt, stählerne Fußballtore) verglichen mit der Nutzung typischer Bolzplätze zu einem nicht zwecknotwendigen „Mehr“ an Lärmbeeinträchtigungen führe. Es komme hinzu, dass sich das Multifunktionsfeld in sehr enger räumlicher Nähe zu dem benachbarten Wohnhaus befinde. Lägen derart beengte Verhältnisse vor, müsse zumindest darauf geachtet werden, dass der Platz als solcher in „lärmschluckender“ Bauweise errichtet werde (OVG Saarland, 2 A 246/10).

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Gesundheitsgefährdung: Illegaler Nutzer kann sich nicht auf Nachbarschutz berufen

Wer ein nicht zur Wohnnutzung genehmigtes Gebäude bewohnt, kann sich nicht auf nachbarschützende Gesetze berufen.

Das schrieb das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen einem Hauseigentümer ins Stammbuch. Dieser hatte sich bei der Behörde über seinen Nachbarn beklagt, da er sich durch dessen Schornsteinabgase unzumutbar belästigt fühlte. Während des Verfahrens stellte sich heraus, dass der betroffene Hausteil des Mannes gar nicht zu Wohnzwecken vorgesehen war und der entsprechende Umbau ohne Baugenehmigung erfolgt war.

Die Richter wiesen daher seine Klage als unzulässig ab. Zwar könne der Runderlass des damaligen Ministers für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr NRW vom 6.6.1986 als Orientierungshilfe bei der Frage dienen, ob eine unzumutbare Belästigung durch Rauch aus einem Schornstein bestehe. Die darin enthaltenen Abstandsregelungen beträfen aber nur Wohnräume, die auch genehmigt seien. Liege keine wirksame Baugenehmigung vor, könne sich der Betreffende nicht auf den Runderlass berufen. Ob er die Räume tatsächlich faktisch nutze, sei unerheblich (VG Gelsenkirchen, 6 K 1773/09).

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Familien- und Erbrecht

Sorgerecht: Entzug kann nicht durch Desinteresse in der Vergangenheit begründet werden

Hat sich der Kindesvater in der Vergangenheit kaum um das Kind gekümmert, rechtfertigt das für sich alleine noch nicht die Entziehung der elterlichen Sorge.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem Streit um das Sorgerecht. Die Richter machten deutlich, dass bei einem Antrag der Kindesmutter auf Übertragung bestimmter Teilbereiche der elterlichen Sorge ausschließlich das Wohl des Kindes ausschlaggebend sei. Stimme der Vater dem Antrag nicht zu, könne ihm das Sorgerecht nicht automatisch entzogen werden. Es müssten vielmehr schwerwiegende Anhaltspunkte dafür vorliegen,

  • dass sich die getrennt lebenden Elternteile nicht über die wesentlichen Belange ihrer Kinder einigen könnten und
  • sie auch nicht bereit seien, unter Zuhilfenahme Dritter gemeinsam zum Wohle des Kindes zu handeln.

Nur wenn diese Voraussetzungen gemeinsam vorliegen würden, käme eine Übertragung der elterlichen Sorge in Betracht (OLG Köln, 4 UF 96/11).

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Namensänderung: Nach Einbürgerung muss kein in Deutschland üblicher Vorname angenommen werden

Wer nach seiner Einbürgerung in Deutschland seinen nach ausländischem Recht erworbenen Namen ändern lassen möchte, muss keinen in Deutschland üblichen Vornamen annehmen.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Bremen. Die Richter wiesen dabei darauf hin, dass sich der Betreffende auch dafür entscheiden könne, seinen bisherigen zweiten Vornamen jetzt als alleinigen Vornamen anzunehmen. Im Gesetz gebe es keine Beschränkung auf deutsche oder in Deutschland übliche Vornamen. Außerdem seien ausländische Vornamen auch in deutschen Familien weit verbreitet. Daher könne schon eine Abgrenzung von in Deutschland üblichen Vornamen gar nicht praktikabel umgesetzt werden (OLG Bremen, 1 W 39/11).

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Kfz-Schadenfreiheitsrabatt: Pflicht zur Übertragung auf den Ehegatten

Trennen sich Eheleute, kann dies auch erhebliche Auswirkungen auf bestehende Versicherungen und deren Kosten haben.

In diesem Zusammenhang entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm, dass bei der Kraftfahrzeugversicherung der eine Ehegatte die Pflicht haben könne, den vom Ehegatten erzielten Schadenfreiheitsrabatt auf den anderen zu übertragen. Dieser Anspruch beruhe auf dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben und der Rechtspflicht der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft und zur Verantwortung füreinander. Er begründe sich daraus, dass der Schadenfreiheitsrabatt nur formal im Vermögen des einen Ehegatten entstanden sei, während der andere Ehegatte diesen durch die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs erzielt habe. Habe der eine Ehegatte das betreffende Fahrzeug jahrelang ausschließlich alleine genutzt und sich durch umsichtige Fahrweise einen hohen Schadenfreiheitsrabatt erarbeitet, sei es unzumutbar, wenn ihm dieser Rabattsatz wieder entzogen werde und er beim Höchstsatz neu starten müsse (OLG Hamm, II-8 WF 105/11).

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Erbrecht: Beleg über die Einhaltung einer Pflichtteilsstrafklausel

Haben Ehegatten im gemeinschaftlichen Testament die Schlusserbeneinsetzung ihrer Kinder mit einer Pflichtteilsstrafklausel verbunden, muss den Kindern bei der Grundbuchberichtigung nach dem letztversterbenden Elternteil eine wichtige Möglichkeit eingeräumt werden.

Sie müssen nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm durch inhaltlich übereinstimmende, von jedem von ihnen abzugebende eidesstattliche Versicherung den Nachweis führen können, dass keines der Kinder nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils den Pflichtteil verlangt hat. Im Erbscheinverfahren reicht regelmäßig eine entsprechende eidesstattliche Versicherung aus, sodass zum Nachweis der fehlenden Geltendmachung des Pflichtteils eine vor einem Notar abgegebene eidesstattliche Versicherung genügen kann (OLG Hamm, 15 W 27/11).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Mietsicherheit: Fremdgeschäftsführer kann nach Ausscheiden Sicherheit nicht kündigen

Wer als Fremdgeschäftsführer für eine GmbH eine persönliche Mietsicherheit gibt, kann diese nach seinem Ausscheiden aus dem Geschäftsführeramt nicht einfach kündigen.

Das musste sich ein GmbH-Geschäftsführer vor dem Bundesgerichtshof (BGH) sagen lassen. Nachdem er als Geschäftsführer abberufen worden war, erklärte er gegenüber dem Vermieter die Kündigung des Schuldbeitritts/der Schuldübernahme aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung. Zwei Monate später stellte die GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit die Mietzahlungen ein. Der Vermieter nahm daraufhin den ehemaligen Geschäftsführer in Anspruch.

Seine Klage hatte vor dem BGH Erfolg, der ehemalige Geschäftsführer wurde zur Zahlung verpflichtet. Die Richter machten deutlich, dass kein wichtiger Grund zur Kündigung der Sicherheit gegenüber dem Vermieter bestanden habe. Die Kündigung des Geschäftsführerverhältnisses habe nämlich nur das Verhältnis der GmbH zum Geschäftsführer betroffen, nicht aber das Verhältnis gegenüber dem Vermieter. Dieser habe auch weiterhin ein berechtigtes Interesse daran, neben der Gesellschaft einen weiteren Sicherungsgeber zu haben. Diese Interessenlage bestehe auch und gerade dann fort, wenn sich der Sicherungszweck dadurch zu realisieren drohe, dass die Gesellschaft in eine wirtschaftliche Schieflage gerate (BGH, VII ZR 155/09).

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Gewerbemietvertrag: Keine Mietzahlungspflicht bei Vermieterrenovierung vor Ablauf des Vertrags

Ist ein Mietvertrag über Gewerberäume wirksam gekündigt und renoviert der Vermieter nach dem Auszug des Mieters aber vor Beendigung des Mietverhältnisses die Mieträume, ist die Miete trotz des Auszugs des Mieters während der Dauer der Renovierung auf Null reduziert.

So entschied das Kammergericht (KG) in einem entsprechenden Fall. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Mieter während der Zeit der Renovierung die Räume nicht habe nutzen können. Ein vertragsmäßiger Gebrauch sei ihm also gar nicht möglich gewesen. Es sei unerheblich, dass der Mieter zu diesem Zeitpunkt bereits aus den Räumen ausgezogen sei. Auf eine subjektive Beeinträchtigung des Mieters komme es dabei nämlich nicht an (KG, 8 U 187/10).

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WEG: Heizkörper und -leitungen können Teil des Sondereigentums sein

Heizkörper und dazugehörige Leitungen zum Anschluss an eine Zentralheizung können durch Teilungserklärung oder nachträgliche Vereinbarung dem Sondereigentum zugeordnet werden.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Streit einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass in einem solchen Fall - vorbehaltlich einer ausdrücklichen anderweitigen Regelung in der Teilungserklärung - auch Heizungs- und Thermostatventile und ähnliche Aggregate Sondereigentum seien. Allerdings müsse bei der Gesamterneuerung der Zentralheizung einer Wohnanlage den Wohnungseigentümern angemessene Zeit zur Umstellung der in ihrem Sondereigentum stehenden Heizkörper und Anschlussleitungen gegeben werden. Erst danach könnten sie von der erneuerten Heizungsanlage abgetrennt werden, wenn die alten Geräte mit der neuen Anlage nicht (mehr) kompatibel seien (BGH, V ZR 176/10).

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WEG: Kostenverteilungsschlüssel bei Heizkosten darf nicht nach Belieben abgeändert werden

Wohnungseigentümer dürfen auch durch Stimmenmehrheit keinen Beschluss zum Kostenverteilungsschlüssel bei den Heizkosten treffen, der von der gesetzlichen Verteilungsregelung abweicht.

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht (AG) Düsseldorf im Fall einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Begründet wird die Entscheidung damit, dass ein solches Vorgehen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Die Wohnungseigentümer seien nämlich in ihrer Entscheidungsfreiheit über die Abänderung eines Kostenverteilungsschlüssels durch den nach der Heizkostenverordnung zulässigen Maßstab eingeschränkt. Vielmehr seien die Vorschriften der Heizkostenverordnung im Verhältnis der Wohnungseigentümer zwingend anzuwenden. Nur eine diesen Vorschriften entsprechende Abrechnung werde dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer gerecht. Im Ergebnis ergab sich damit ein Anspruch des klagenden Wohnungseigentümers, dass die Verteilung der Heizkosten weiterhin zu 70 Prozent nach Verbrauch erfolgt (AG Düsseldorf, 292a C 7251/10).

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Verbraucherrecht

Aktuelle Gesetzgebung: Regierungsentwurf zur Bekämpfung von Abo- und Kostenfallen im Internet

Internetabzocke soll durch einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung künftig ein Riegel vorgeschoben und Verbraucherrechte gestärkt werden. Mehr als fünf Millionen Internetnutzer sind laut einer Umfrage bereits in Kostenfallen getappt. In den vergangenen Jahren haben dubiose Geschäftsmodelle im Internet zugenommen, die Internetnutzer in Kostenfallen lockten, obwohl die Angebote kostenfrei aussahen. Beschwerden zu scheinbaren Gratisangeboten, bei denen dann doch eine Rechnung kam, rissen nicht ab. Viele Verbraucher fallen auf solche Angebote im Internet herein - und sollen dann für etwas zahlen, was erst kostenlos erschien.

Der neue Internetbutton soll wirksam vor Kostenfallen im Internet schützen. Rechnungen für scheinbare Gratisleistungen sollen so künftig ins Leere laufen. Verbraucher sind nur zur Zahlung verpflichtet, wenn sie bei der Bestellung ausdrücklich bestätigen, dass sie die Kostenpflicht kennen. Der Bestellbutton muss unmissverständlich und gut lesbar auf die Zahlungspflicht hinweisen. Der Schutz vor Kostenfallen gilt immer, wenn Waren oder Dienstleistungen online bestellt werden, ob mit Computer, Smartphone oder Tablet. Die Neuregelung stärkt das Vertrauen der Verbraucher in den Online-Handel und liegt damit auch im Interesse der Wirtschaft.

Zum Hintergrund: Immer häufiger verschleiern unseriöse Geschäftemacher die Kosten von Onlineangeboten. Bestimmte Internetleistungen werden beispielsweise als „gratis“ angepriesen, als unverbindliche Gewinnspiele bezeichnet oder als Möglichkeit zum Herunterladen von Freeware getarnt. Erst wenn die Rechnung kommt, folgt das böse Erwachen. Häufig zahlen die Internetnutzer aus Unkenntnis oder weil sie sich durch eine aggressive Verfolgung der vermeintlichen Zahlungsansprüche unter Druck gesetzt fühlen.

Die Buttonlösung soll Abhilfe schaffen. Vorgesehen ist, dass Unternehmer bei kostenpflichtigen Onlineangeboten künftig Preis, Lieferkosten, Mindestlaufzeiten sowie wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung unmittelbar vor der Bestellung klar und verständlich anzeigen. Ein Vertrag kommt dann nur zustande, wenn der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Die Schaltfläche für die Bestellung muss unmissverständlich und gut lesbar auf die Zahlungspflicht hinweisen. Diese Neuregelung gilt für alle Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen auf Online-Plattformen im Internet - sei es über den heimischen Computer, das Smartphone oder einen Tablet-PC.

Dieser Regierungsentwurf wird nun über den Bundesrat dem Deutschen Bundestag zur Beratung zugeleitet.

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Autokauf: Verharmlosen von Unfallschäden kann teuer werden

Wer einen Fahrzeugschaden in den Kaufverhandlungen und im Kaufvertrag verharmlost, kann sich später nicht auf einen Gewährleistungsausschluss berufen.

Das zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg. Der Verkäufer hatte im Kaufvertrag des Pkw einen „reparierten Frontschaden“ eingetragen. Später stellte sich heraus, dass ein teilweise immer noch vorhandener „schwerster Schaden mit Beeinträchtigung der Fahrzeugstruktur“ vorlag. Die Richter machten deutlich, dass dies ein Mangel des Pkw sei. Dieser berechtige den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Dem stehe der vereinbarte Gewährleistungsausschluss nicht entgegen, weil dieser jegliche Gewährleistung ohne Ausnahme ausschließe. Das sei unwirksam (OLG Oldenburg, 6 U 14/11).

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Schmerzensgeld: Friseur muss nach Falschbehandlung zahlen

Erleidet eine Kundin durch eine falsche Behandlung beim Friseur Verletzungen, hat sie einen Anspruch auf angemessenes Schmerzensgeld.

Das verdeutlichte das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) in Bremen. Geklagt hatte eine Friseurkundin, die wegen einer unfachmännischen Behandlung bei der Haarglättung (u.a. wurde die verwendete Lauge nicht sorgfältig ausgespült) Hautverätzungen am Kopf erlitten hatte, an denen sie mehrere Monate litt. Sie musste sich deswegen das Haupthaar komplett entfernen lassen und etwa ein halbes Jahr lang eine Perücke tragen. Dauerhafte Schäden sind nicht verblieben. Mit ihrer Klage verlangte sie ein Schmerzensgeld von 5000 EUR.

Das OLG sprach ihr einen Betrag von 4.000 EUR zu. Bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes müsse insbesondere die Schwere, die Art und die Dauer der Beeinträchtigung durch die entstellenden Verletzungen und die damit verbundenen Schmerzen berücksichtigt werden. Die Klägerin habe ca. vier Monate an den Folgen der Verätzungen gelitten. Schmerzensgelderhöhend habe sich außerdem die psychische Beeinträchtigung der Klägerin ausgewirkt. Diese habe sich durch die Notwendigkeit ergeben, dass sie etwa ein halbes Jahr lang eine Perücke tragen musste. Da es andererseits aber nicht zu einer bleibenden Beeinträchtigung gekommen sei, hat das OLG der Forderung der Klägerin nicht in voller Höhe stattgegeben (OLG Bremen, 3 U 69/10).

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Haftungsrecht: Bei Hundebiss muss Tiergefahr berücksichtigt werden

Geraten zwei Hunde in Streit und erleidet die Besitzerin eines der Hunde dadurch eine Verletzung, ist die Tiergefahr, die von ihrem eigenen Hund ausging, bei der Festsetzung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht (AG) München im Fall zweier Hundebesitzerinnen, deren Hunde sich eine Rauferei lieferten. Als die Hunde kurzzeitig voneinander losließen, hielt eine Besitzerin ihren Hund fest. Der andere Hund lief auf sie zu und biss sie in die Hand. Hierbei erlitt sie eine Blutvergiftung, hatte Fieber und erhebliche Schmerzen. Erst nach ungefähr drei Monaten war sie wieder uneingeschränkt arbeitsfähig. Zurück blieben allerdings Narben, eine Sensibilitätsstörung auf dem Rücken der Hand und Spannungsschmerzen. Die Hundebesitzerin verlangte Schmerzensgeld.

Das AG hielt die Schmerzensgeldforderung zwar grundsätzlich für gerechtfertigt. Es sprach aber nur einen geringeren als den geforderten Betrag zu. Grundsätzlich wäre ein Schmerzensgeld in Höhe von 2500 EUR angemessen. Allerdings sei die Tiergefahr des eigenen Hundes haftungsmildernd zu berücksichtigen. Die Aggression des eigenen Hundes - der den Streit begonnen hatte - habe letztlich die Verletzungsgefahr seiner Halterin mitbegründet. Auch nach der Unterbrechung der Rauferei seien die Hunde noch so aufgewühlt gewesen, dass der Biss noch das Resultat des Kampfes sei, wenn auch nur mittelbar. Unter Berücksichtigung der Umstände sei daher ein Abzug von einem Fünftel zu machen. Der verletzten Halterin stehe daher ein Schmerzensgeld in Höhe von 2000 EUR zu. Ein eigenes Mitverschulden sei ihr dagegen nicht vorzuwerfen. Sie habe nicht mit bloßer Hand in das Gerangel gegriffen, sondern erst in einer Kampfpause ihren eigenen Hund festhalten wollen. Dies sei zulässig und nachvollziehbar (anders als der Versuch, mit bloßer Hand sich verbeißende Hunde zu trennen) und führe daher nicht zu einer weiteren Kürzung des Schmerzensgeldes (AG München, 261 C 32374/10).

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Verkehrsrecht

Unfallschadensregulierung: Erst zum Anwalt, dann zum Sachverständigen

Es liegt kein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht vor, wenn der Geschädigte eines Verkehrsunfalls zunächst einen Anwalt mit der Wahrnehmung seiner Rechte beauftragt und sich dadurch die Einholung eines Schadengutachtens verzögert.

Diese für die Praxis sehr wichtige Entscheidung traf das Landgericht (LG) Saarbrücken in Fall eines Autofahrers, der unverschuldet in einen Unfall verwickelt wurde. Er setzte sich noch am Unfalltag mit seinem Rechtsanwalt in Verbindung. Vier Tage später fand ein Besprechungstermin statt. Auf Anraten des Anwalts wurde ein Schadengutachten in Auftrag gegeben. Nachdem dieses vorlag, wurde nach einer erneuten Rücksprache mit dem Rechtsanwalt der Reparaturauftrag erteilt. Die Versicherung weigerte sich, für die acht Tage bis zur Erteilung des Reparaturauftrags Nutzungsausfall zu zahlen. Sie berief sich darauf, dass der Auftrag verspätet erteilt worden sei.

Das sah das LG jedoch anders. Dem Autofahrer falle keine Verletzung der Schadenminderungspflicht zur Last. Grundsätzlich könne einem Geschädigten nicht vorgehalten werden, dass er zunächst einen Anwalt mit der Wahrnehmung seiner Rechte beauftrage und/oder ein Schadengutachten einhole. Die damit verbundenen Verzögerungen seien vom Schädiger im üblichen zeitlichen Rahmen hinzunehmen. Es begründe kein Mitverschulden, dass der Autofahrer zunächst einen Anwalt hinzugezogen und erst danach ein Schadengutachten in Auftrag gegeben habe. Gerade bei Leasingfahrzeugen sei die Rechtslage für den Durchschnittsbürger sehr undurchsichtig, sodass eine rechtliche Beratung sinnvoll sei. Schließlich könne dem Autofahrer auch nicht entgegengehalten werden, dass er nicht sofort nach Erhalt des Gutachtens den Reparaturauftrag erteilt habe. Denn dem Geschädigten sei zuzugestehen, dass er das Ergebnis der Schadenermittlung zunächst mit seinem Anwalt bespreche und erst dann eine Entscheidung über den Weg der Schadenbeseitigung treffe. Im Ergebnis musste der Versicherer daher für die volle Zeit den Nutzungsausfall zahlen (LG Saarbrücken, 13 S 43/11).

Hinweis: Das LG unterstreicht in seiner Entscheidung den Willen des Gesetzgebers, dass dem Geschädigten kein Nachteil dadurch entstehen darf, dass er sich vor einer Entscheidung erst rechtlich beraten lässt. Daher: Erst zum Anwalt, dann zum Sachverständigen.

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Standardisiertes Messverfahren: Erforderlicher Umfang der tatsächlichen Feststellungen

Auch bei einem sogenannten standardisierten Messverfahren muss der Richter grundsätzlich in den Urteilsgründen das Messverfahren und - je nach Messverfahren - den ggf. berücksichtigten Toleranzwert mitteilen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hin. Nach der Entscheidung müsse die Beweiswürdigung in einem Urteil in sich logisch, geschlossen, klar und lückenfrei sein. Sie müsse dabei wenigstens die Grundzüge der Überlegungen des Tatrichters und die Möglichkeit des gefundenen Ergebnisses sowie die Vertretbarkeit des Unterlassens einer weiteren Würdigung aufzeigen. Daran fehle es, wenn bei einer Verurteilung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung, einem Rotlichtverstoß oder einem Abstandsverstoß nicht das eingesetzte Messverfahren mitgeteilt werde. Die Angabe des eingesetzten Messverfahrens sei bereits deshalb unentbehrlich, weil ohne sie nicht überprüft werden könne, ob der im Urteil berücksichtigte Toleranzwert korrekt bemessen sei. Eine Ausnahme bestehe nur, wenn sich dieser zweifelsfrei aus sonstigen Feststellungen und Erkenntnissen ergebe (OLG Düsseldorf, IV-1 RBs 12/11).

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Ordnungswidrigkeit: Verwendung einer Mini-Parkscheibe nicht erlaubt

Wer allzu sorglos mit Werbegeschenken etc. umgeht, kann eine böse Überraschung erleben.

Als Warnung soll eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg dienen. Stein des Anstoßes war eine Miniaturparkscheibe mit den Maßen von 40 mm x 60 mm, die ein Autofahrer auf einem Parkplatz verwendet hatte. Weil diese erheblich kleiner als die vom deutschen Gesetzgeber vorgeschriebene ist, liege nach Ansicht der Richter eine Ordnungswidrigkeit vor. Der Gesetzgeber habe die Parkscheibe nach Gestaltung und Größe definiert. Sie habe demnach Abmessungen von 110 mm x 150 mm aufzuweisen. Dem Sinn und Zweck des Gesetzes entspreche es, dass eine Parkscheibe eine bestimmte Mindestgröße aufweisen müsse. Dies ermögliche ein leichtes Ablesen der eingestellten Zeit und damit auch eine wirksame Kontrolle der Höchstparkdauer. Das sei jedoch nicht möglich, wenn ein um ein Vielfaches kleinerer Zeitnachweis verwendet werde. Die verhängte Geldbuße von 5 EUR sei daher gerechtfertigt. Daneben treten nun noch Gerichts- und Anwaltskosten in wesentlich höherem Ausmaße (OLG Brandenburg, (2Z) 53 Ss-Owi 495/10 (238/10)).

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Fahrverbot: Absehen bei Existenzgründung eines Arbeitslosen

Von einem Regelfahrverbot kann bei einem Arbeitslosen abgesehen werden, wenn er sich in der Phase der unmittelbar bevorstehenden Existenzgründung befindet und für diese Tätigkeit, etwa zur Kundenakquise, auf die Nutzung des Fahrzeugs angewiesen ist.

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht (AG) Wuppertal im Fall eines Autofahrers, der auf der Autobahn die dort vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h überschritten hatte. Neben einem Bußgeld wurde ihm ein Fahrverbot von einem Monat auferlegt. Hiergegen hatte er geltend gemacht, er sei arbeitslos und beziehe Arbeitslosengeld I. Er befinde sich in der Existenzgründung: Gründungszuschüsse seien beantragt und mündlich durch die Agentur für Arbeit unter der Voraussetzung zugesagt, dass er Inhaber eines Führerscheins Klasse 3 sei.

Das Gericht sah darin einen Sonderfall, in dem von einem Fahrverbot ausnahmsweise abgesehen werden könne. Die Verhängung eines Fahrverbots wäre hier trotz der groben Pflichtverletzung unangemessen, da die Existenz des Mannes gefährdet sei. Er sei aufgrund seiner Existenzgründung auf die Fahrerlaubnis angewiesen. Er müsse Kundenakquise betreiben und Kunden aufsuchen. Diese Tätigkeit sei unter Inanspruchnahme des öffentlichen Nahverkehrs nicht in zumutbarer Art und Weise darstellbar. Ein mehrwöchiger Urlaub, in dem das Fahrverbot vollstreckt werden könne, sei in absehbarer Zeit nicht möglich und auch nicht finanzierbar. Der Mann könne auch keinen Fahrer für die Zeit des Fahrverbots finanzieren. Bei der Verhängung eines Fahrverbots wäre der Mann somit nicht mehr in der Lage, seine berufliche Existenz aufzubauen. Allein durch das Arbeitslosengeld I könne er seine fünfköpfige Familie nicht unterhalten (AG Wuppertal, 26 OWi 623 Js 1901/10-267/10).

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Abschleppen: Kommt der Fahrer erkennbar bald zurück, darf nicht abgeschleppt werden

Ist sichergestellt, dass die Störung durch ein verkehrsordnungswidrig geparktes Fahrzeug bald beseitigt wird, ist eine dennoch erlassene Abschleppanordnung nicht verhältnismäßig.

Mit dieser Entscheidung urteilte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg zugunsten einer Pkw-Fahrerin. Die hatte ihren Wagen auf einem Gehweg geparkt, um ihren Sohn in den Kindergarten zu bringen. Die Richter machten deutlich, dass in einem solchen Fall eine Unverhältnismäßigkeit vorliege. Durch das Abschleppen des Fahrzeugs könne nämlich die Störung und Behinderung erkennbar allenfalls um einige Minuten verkürzt werden. Unerheblich sei auch, dass der Fahrerin schon am Tag zuvor mit dem Abschleppen gedroht wurde und sie sich vorsätzlich über eine ihr gegenüber mündlich ergangene Anordnung hinweggesetzt habe. Es dürfe nämlich nicht aus Gründen der Abschreckung oder zu Erziehungszwecken abgeschleppt werden (OVG Hamburg, 5 Bf 124/08).

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Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011 beträgt 0,37 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 5,37 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 2,37 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,37 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.01.2011 bis 30.06.2011: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2010 bis 31.12.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2010 bis 30.06.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2009 bis 31.12.2009: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2009 bis 30.06.2009: 1,62 Prozent
  • vom 01.07.2008 bis 31.12.2008: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2008 bis 30.06.2008: 3,32 Prozent
  • vom 01.07.2007 bis 31.12.2007: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2007 bis 30.06.2007: 2,70 Prozent
  • vom 01.07.2006 bis 31.12.2006: 1,95 Prozent
  • vom 01.01.2006 bis 30.06.2006: 1,37 Prozent
  • vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent
  • vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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Steuertermine im Monat Oktober 2011

Im Monat Oktober 2011 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:

  • Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Barzahlung bis zum 10.10.2011.
  • Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Barzahlung bis zum 10.10.2011.

Bei Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 13.10.2011. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt

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