Monatsbrief Juli 2011

WCR-B-07-2011

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 7/2011:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

Sozialplan: Bei Bezug einer Erwerbsminderungsrente darf Abfindung entfallen

Arbeitgeber und Betriebsrat können in einem Sozialplan vereinbaren, dass solche Arbeitnehmer keine Abfindung erhalten, die wegen des Bezugs einer befristeten vollen Erwerbsminderungsrente nicht beschäftigt sind und bei denen damit zu rechnen ist, dass ihre Arbeitsunfähigkeit auf nicht absehbare Zeit fortbesteht.

In einem derartigen Anspruchsausschluss liegt nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) keine unmittelbare Benachteiligung des erwerbsgeminderten Arbeitnehmers wegen seiner Behinderung. Dieser erfahre durch die Sozialplanregelung keine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in einer vergleichbaren Lage. Durch Sozialplanleistungen sollen die wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer ausgeglichen werden, die infolge der Betriebsänderung ihren Arbeitsplatz und damit ihren Anspruch auf Arbeitsentgelt verlieren. Bereits längere Zeit erwerbsgeminderte Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsfähigkeit in absehbarer Zeit nicht wiedererlangen werden, würden durch die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses keine vergleichbaren Nachteile erleiden. In Bezug auf diese Personengruppe könnten die Betriebsparteien typisierend davon ausgehen, dass sie auch zukünftig nicht in der Lage sein werden, durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft Arbeitsentgelt zu erzielen (BAG, 1 AZR 34/10).

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Datenschutzbeauftragter: Widerruf der Bestellung nur unter engen Voraussetzungen

Bei der Bestellung eines Beauftragten für den Datenschutz nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) muss ein Arbeitgeber sehr weitsichtig planen. Er kann die Bestellung nämlich nur unter sehr engen Voraussetzungen widerrufen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass der Beauftragte für den Datenschutz unter einem besonderen Abberufungsschutz stehe. Dies solle seine Unabhängigkeit und die weisungsfreie Ausübung des Amts stärken. Daher sei eine Abberufung nur aus wichtigem Grund möglich, wenn eine Fortsetzung des Rechtsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar sei. Zwar sei der Arbeitgeber bei der erstmaligen Bestellung frei, ob er einen internen oder externen Datenschutzbeauftragten bestelle. Habe er einen Internen bestellt, könne er aber die Bestellung nicht allein mit der Begründung widerrufen, er wolle jetzt einen Externen mit dieser Aufgabe beauftragen. Allein in einer solchen Organisationsentscheidung liege kein wichtiger Grund (BAG, 10 AZR 562/09).

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Auszubildendenvertreter: Keine Übernahme, wenn kein freier Arbeitsplatz zur Verfügung steht

Ein Jugend- und Auszubildendenvertreter muss vom Arbeitgeber nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses nicht weiterbeschäftigt werden, wenn kein freier Arbeitsplatz in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis vorhanden ist, auf dem der Auszubildende mit seiner durch die Ausbildung erworbenen Qualifikation beschäftigt werden kann.

Diese Entscheidung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm in einem entsprechenden Fall. Die Richter wiesen darauf hin, dass dies insbesondere der Fall sei, wenn der Arbeitgeber keinen andauernden Bedarf für die Weiterbeschäftigung des Auszubildenden habe. Er müsse insbesondere nicht die Arbeitsorganisation ändern und einen neuen Arbeitsplatz schaffen. Soweit der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt Leiharbeitnehmer beschäftige, sei zu prüfen, ob davon auch Arbeitsplätze betroffen sind, die der Qualifikation des Auszubildenden entsprechen. Sei dies nicht der Fall, könne von freien Arbeitsplätzen nicht ausgegangen werden (LAG Hamm, 10 TaBV 58/10).

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Kündigungsrecht: Abmahnung erforderlich bei Missbrauch von Bonuspunkten

Der Missbrauch von Bonuspunkten durch einen Mitarbeiter kann nicht immer ohne Abmahnung zum Ausspruch einer außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung berechtigen.

Mit dieser Begründung gab das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen der Kündigungsschutzklage eines Tankstellenmitarbeiters statt. Dieser hatte anfallende Bonuspunkte von Kunden (Payback-Karte) auf die Kundenkarte eines Kollegen gebucht. Daraufhin hatte ihm der Arbeitgeber fristlos gekündigt. Der Mitarbeiter erhob Kündigungsschutzklage. Er vertrat die Ansicht, er habe aus Unkenntnis allenfalls einen Fehler gemacht, sich aber nicht in Kenntnis über ein Verbot hinweggesetzt.

Nach Ansicht der Richter war das Verhalten nicht geeignet, die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Zwar liege ein schwerwiegendes Fehlverhalten vor. Zielsetzung von Kundenbindungssystemen sei es, ohne dass es hierbei auf deren nähere Ausgestaltung (Klebemärkchen, elektronische Punktesammlung auf einer Kundenkarte) ankomme, Kunden an das Unternehmen zu binden. Der Kunde solle mittels der durch das Bonussystem erreichbaren Vorteile weitere Umsätze im Unternehmen und nicht bei Konkurrenzunternehmen tätigen. Nur hierfür sei der Arbeitgeber bereit, dem Kunden Vorteile zukommen zu lassen, die für ihn mit finanziellen Belastungen einhergingen. Würden Mitarbeiter hingegen die von Kunden nicht in Anspruch genommenen Punkte für eigene Zwecke sammeln, werde die Absicht des Arbeitgebers unterlaufen. Dies habe der Mitarbeiter auch erkennen können und deshalb die Buchungen auf Karten seines Kollegen unterlassen müssen. Allerdings habe der Arbeitgeber hier nicht nachweisen können, dass er die Mitarbeiter auf die Konsequenzen eines missbräuchlichen Verhaltens im Umgang mit der Kundenkarte hingewiesen habe. Daher sei eine Abmahnung als mildestes Mittel notwendig gewesen, um dem Mitarbeiter die Gelegenheit zu geben, sein Verhalten entsprechend auszurichten. Eine uneinsichtige Fortsetzung des Fehlverhaltens könne nicht angenommen werden. Die Kündigung sei daher unwirksam (LAG Hessen, 2 Sa 422/10).

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Kündigungsrecht: Fußball-WM führt nicht zur fristlosen Kündigung

Schaut ein Verkäufer während der Arbeitszeit ein Spiel der Fußball-Weltmeisterschaft im Fernsehen, darf er deshalb nicht fristlos gekündigt werden.

Hierauf machte das Arbeitsgericht Frankfurt a.M. im Fall eines Verkäufers aufmerksam. Dieser hatte während der Fußball-WM einen Fernseher mitgebracht und im Verkaufsraum aufgestellt. Hier lief während der Vorrunde ein Spiel. Der wenig fußballbegeisterte Arbeitgeber warf ihm daraufhin Arbeitszeitbetrug vor und kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos. Seiner Argumentation, der Verkäufer werde nicht dafür bezahlt, während der Arbeitszeit seinen Hobbys nachzugehen, wollte sich das Arbeitsgericht jedoch nicht anschließen. Vielmehr besitze Fußball gerade während einer Weltmeisterschaft einen solchen Stellenwert in der Gesellschaft, dass das Verhalten des Verkäufers als „sozialadäquat“, also angemessen angesehen werden könne. Es hätte daher zumindest vorher abgemahnt werden müssen.

Hinweis: Die Entscheidung ist jedoch kein Freibrief für die jetzt in Deutschland stattfindende Frauen-Fußball-WM. Das Fußball-Schauen während der Arbeitszeit kann nämlich ohne weiteres zu einer Abmahnung führen. Es sollte daher immer vorher eine Klärung mit dem Arbeitgeber herbeigeführt werden (Arbeitsgericht Frankfurt a.M., 7 Ca 4868/10).

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Baurecht

Schadenersatz: Ungesicherte Wasserversorgung als Grundstücksmangel

Ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück, dessen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung davon abhängt, dass ein Nachbar die Mitnutzung seiner Leitungen auf freiwilliger Basis (weiterhin) gestattet, ist mit einem Fehler behaftet.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) und bejahte einen Schadenersatzanspruch des Grundstückkäufers gegen den Verkäufer. Die Richter erläuterten, dass nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ein Fehler vorliege, wenn der Zustand der Kaufsache von demjenigen abweiche, den die Parteien bei Abschluss des Kaufvertrags gemeinsam vorausgesetzt hätten. Zudem müsse diese Abweichung den Wert der Kaufsache oder ihre Eignung zum Gebrauch herabsetzen oder beseitigen. Der Fehler könne dabei außer in Eigenschaften der Sache selbst auch in tatsächlichen, rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen zur Umwelt liegen. Das sei vorliegend der Fall gewesen. So gehöre nämlich ein Wasseranschluss zu der erforderlichen Beschaffenheit eines Hausgrundstücks. Hier sei die Wasserversorgung nur über den Hausbrunnen des Nachbarn möglich gewesen. Da der Nachbar bereits vor dem Verkauf angekündigt hatte, die Wasserversorgung über seinen Brunnen nicht mehr zu gestatten, sei die Wasserversorgung nicht mehr möglich. Diese fehlende Wasserversorgung mache das Grundstück fehlerhaft im Sinne des Gesetzes (BGH, V ZR 185/10).

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Baumangel: Merkantiler Minderwert auch bei ordnungsgemäßen Nachbesserungsarbeiten

Wurde bei einem Neubau ein Dachmangel nachgebessert, bleibt der Bauherr berechtigt, mit einem Ersatz des merkantilen Minderwerts des Hauses wegen der Fehlerhaftigkeit gegen offene Werklohnforderungen aufzurechnen.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart im Fall eines Bauherrn. Bei dessen Neubau hatte der Dachdecker schlecht gearbeitet, sodass die gesamte Dachlattung geändert werden musste. Die Richter machten deutlich, dass trotz der Nachbesserung ein Schaden des Bauherrn in Form eines merkantilen Minderwerts entstanden sei. So würden nämlich auch bei ordnungsgemäßer Durchführung der Sanierungsarbeiten von großen Teilen der maßgeblichen Verkehrskreise nur niedrigere Preise für die Immobilie gezahlt werden, wenn ein Konstruktionsfehler bereits unmittelbar bekannt sei. Das gelte insbesondere bei Dachkonstruktionen. Hier werde üblicherweise zunächst wenig Reparaturbedarf erwartet. Zudem sei eine vollständige Überprüfung der Nachbesserungsarbeiten meist nicht möglich. Die erforderliche Öffnung des Dachs sei nämlich wiederum mit hohen Kosten und Schadensrisiken verbunden. Den hierdurch entstandenen Schaden könne der Bauherr der Werklohnforderung des Dachdeckers entgegensetzen (OLG Stuttgart, 12 U 74/10).

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Planungsmangel: Verzinkte Trinkwasser-Stahlrohre bei kritischer Wasserqualität

Setzt ein Fachingenieur bei kritischer Wasserqualität für die Trinkwasserversorgung verzinkte Stahlrohre ein, obwohl der Bauherr eine risikolose Planung gewünscht hat, ist dies ein Planungsfehler.

Das schrieb das Oberlandesgericht (OLG) München dem betroffenen Fachplaner ins Stammbuch. Die Richter machten deutlich, dass er den Bauherrn in einem solchen Fall auf die ungünstige Zusammensetzung des Trinkwassers hinweisen müsse. Er müsse zudem klarstellen, dass bei einer solchen kritischen Wasserqualität - vor allem im Warmwasserbereich - der Einsatz von feuerverzinktem Stahl wegen der möglichen Korrosion nicht geeignet sei. Unterlasse er einen solchen Hinweis, mache er sich schadenersatzpflichtig (OLG München, 9 U 2368/07).

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Bauordnungsrecht: Ungenehmigte Nutzung kann mit sofortiger Wirkung untersagt werden

Wird ein als Kälberstall genehmigtes Gebäude teilweise zur Schweinemast genutzt, kann dies von der zuständigen Behörde mit sofortiger Wirkung verboten werden.

Das musste sich ein Landwirt vor dem Verwaltungsgericht (VG) Münster sagen lassen. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass anderenfalls ein Anreiz bestehe, nicht zugelassene Nutzungen bis zum Eintritt der Bestandskraft einer behördlichen Ordnungsverfügung aufzunehmen und auch fortzuführen. Wegen der sonst aufschiebenden Wirkung der Klage und einer in der Regel langen Prozessdauer könnte die illegale Nutzung so möglicherweise über Jahre betrieben werden. Das würde nicht nur die Ordnungsfunktion des Bauaufsichtsrechts entwerten. Es würde auch den gesetzestreuen Bürger, der sich an die Genehmigungsvorschriften halte, gegenüber dem rechtswidrig Handelnden ungerechtfertigt benachteiligen (VG Münster, 2 K 221/10).

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Familien- und Erbrecht

Aktuelle Gesetzgebung: Kinder sollen besser vor Vernachlässigung geschützt werden

Der Bundesrat hat der Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts zugestimmt, nachdem er zuvor die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes festgestellt hatte.

In einer begleitenden Entschließung äußert er zudem die Erwartung, dass der Bund den Kommunen die durch das Gesetz entstehenden finanziellen Mehrbelastungen ausgleicht. Die neuen Regelungen sollen Kinder zukünftig besser vor Misshandlungen schützen und Vernachlässigungen unterbinden, indem sie die Praxis der Amtsvormundschaft verbessern. Diese war in der Vergangenheit des Öfteren in die Kritik geraten. Ziel des Gesetzes ist es daher, den persönlichen Kontakt des Vormunds zum Mündel und damit die Personensorge zu stärken. Zudem soll es dazu beitragen, den persönlichen Kontakt zwischen Betreuern und Betreuten besser zu dokumentieren und vom Gericht stärker beaufsichtigen zu lassen. Der Gesetzentwurf sieht im Wesentlichen folgende Punkte vor:

  • der Vormund soll in der Regel einmal im Monat persönlichen Kontakt mit dem Mündel aufnehmen,
  • der Vormund hat die Pflicht, den Mündel persönlich zu fördern und seine Erziehung zu gewährleisten,
  • die Aufsichtspflichten des Gerichts werden ausgeweitet,
  • die Berichtspflichten gegenüber dem Gericht werden ausgeweitet,
  • das Jugendamt soll den Mündel vor Übertragung der Aufgaben des Vormunds auf einen Mitarbeiter bei der Amtsvormundschaft anhören,
  • ein Amtsvormund soll höchstens 50 Mündel betreuen - und nicht mehr wie bislang bis zu 120 Kinder und
  • unzureichende persönliche Kontakte werden als Grund für die Entlassung des Betreuers im Betreuungsrecht ausdrücklich genannt.

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Zugewinnausgleich: Hausratsgegenstände im Alleineigentum eines Ehegatten

Stehen Haushaltsgegenstände im Alleineigentum eines Ehegatten, können sie im Haushaltsverfahren nicht (mehr) dem anderen Ehegatten zugewiesen werden.

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) unterliegen sie vielmehr dem Zugewinnausgleich. Die Richter entschieden zudem, dass dies auch gelte, wenn die Hausratsverteilung noch nach der bis zum 31.8.2009 geltenden Hausratsverordnung durchgeführt wurde, sofern nicht ausnahmsweise eine anderweitige Zuweisung im Hausratsverfahren vorgenommen wurde (BGH, XII ZR 33/09).

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Kindesunterhalt: Abänderung einer einseitig durch den Schuldner erstellten Jugendamtsurkunde

Für einen Unterhaltsschuldner ist es gefährlich, von sich aus einseitig eine Jugendamtsurkunde erstellen zu lassen, mit der er sich zu Unterhaltszahlungen in einer bestimmten Höhe verpflichtet.

Dieser einseitigen Ausfertigung liege nämlich nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) keine Geschäftsgrundlage zugrunde, deren Wegfall oder Änderung dargelegt werden müsse. Eine einseitig erstellte Jugendamtsurkunde führe vielmehr regelmäßig zu einem Schuldanerkenntnis. Wolle der Unterhaltsschuldner seine Unterhaltspflicht später herabsetzen, müsse die Bindungswirkung dieses Schuldanerkenntnisses beachtet werden. Als Folge könne sich der Unterhaltspflichtige nicht in jedem Fall von seinem einseitigen Unterhaltsanerkenntnis lösen. Er müsse vielmehr nachweisen, dass eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen Umstände, des Gesetzes oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung eingetreten sei, die sich auf die Höhe seiner Unterhaltspflicht auswirken würde (BGH, XII ZR 70/09).

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Elternunterhalt: Unterhaltsanspruch kann bei Alkoholsucht ausgeschlossen sein

Alkoholabhängige Eltern können in bestimmten Fällen keinen Anspruch auf Unterhalt gegenüber ihren Kindern haben.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem entsprechenden Fall hin. Die Richter stellten als Grundsatz klar, dass Kinder ihren Eltern als Verwandte in gerader Linie gegenüber unterhaltspflichtig seien. Von diesem Grundsatz könne es jedoch auch Ausnahmen geben. So knüpfe die Angemessenheit des Unterhalts an die Lebensstellung des bedürftigen Elternteils an. Sei dieser durch sein eigenes sittliches Verschulden bedürftig geworden, könne der Unterhaltsanspruch entfallen oder angemessen angepasst werden. Ein solcher Fall sei auch die Alkoholsucht. Hierbei müsse aber beachtet werden, dass es sich um eine Krankheit handele. Daher sei zu unterscheiden. Eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs sei nur möglich, wenn der volljährige einsichtsfähige Unterhaltsberechtigte sich weigere, an einer Erfolg versprechenden Behandlung teilzunehmen. Gleiches gelte, wenn er im Anschluss an eine solche Behandlung die Anweisungen der Ärzte nicht beachte und wieder rückfällig werde (OLG Karlsruhe, 16 UF 65/10).

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Erbrecht: Testamentsvollstrecker kann Entlassung seines Amtsnachfolgers nicht beantragen

Ist das Amt eines Testamentsvollstreckers beendet, kann er nicht beantragen, seinen Amtsnachfolger zu entlassen, weil dieser gegen ihn die Zwangsvollstreckung wegen zu Unrecht aus dem Nachlass entnommener Geldbeträge betreibt.

Das Oberlandesgericht (OLG) wies daher einen entsprechenden Antrag zurück. Die Richter machten deutlich, dass die erforderliche Antragsberechtigung fehle. Sei das Amt des Testamentsvollstreckers beendet, habe dieser kein rechtliches Interesse daran, von welcher Person und auf welche Weise die Testamentsvollstreckung geführt werde. Erwarte der Antragsteller, dass ein anderer, neu bestellter Testamentsvollstrecker von einer weiteren Zwangsvollstreckung absieht, sei dies lediglich ein rein tatsächliches Interesse. Dieses sei für das erforderliche Antragsrecht jedoch nicht ausreichend (OLG München, 31 Wx 73/11).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Kündigungsrecht: Fortlaufende unpünktliche Mietzahlung berechtigt zur Kündigung

Zahlt der Mieter dauernd und trotz erfolgter Abmahnung durch den Vermieter seine Miete verspätet, kann dies eine Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen.

Auf diese Rechtslage machte der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Vermieters aufmerksam. Dieser hatte im Mietvertrag mit seinem Mieter vereinbart, dass die Miete jeweils zum dritten Werktag eines Monats fällig sei. Gleichwohl entrichtete der Mieter die Miete seit Mai 2007 erst zur Monatsmitte oder noch später. Dieses Verhalten setzte er auch nach Abmahnungen des Vermieters im Oktober und Dezember 2008 fort. Daraufhin erklärte der Vermieter die Kündigung des Mietverhältnisses und erhob Räumungsklage.

Zu Recht, entschied der BGH. Die Richter verdeutlichten, dass die andauernde und trotz wiederholter Abmahnung des Vermieters fortgesetzte verspätete Entrichtung der Mietzahlung durch den Mieter eine so gravierende Pflichtverletzung sei, dass sie eine Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertige. Das gelte auch, wenn dem Mieter (nur) Fahrlässigkeit zur Last falle, weil er aufgrund eines vermeidbaren Irrtums davon ausgehe, dass er die Miete erst zur Monatsmitte zahlen müsse (BGH, VIII ZR 91/10).

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Renovierung: Verjährung des Erstattungsanspruchs bei unwirksamer Schönheitsreparaturklausel

Der Erstattungsanspruch eines Mieters für die Kosten einer Renovierung, die er infolge einer unerkannt unwirksamen Schönheitsreparaturklausel vorgenommen hat, verjährt innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Mieters. In dessen Mietvertrag war eine Formularklausel enthalten, die den Mietern die Durchführung von Schönheitsreparaturen nach einem starren Fristenplan auferlegte. Der Mieter ließ die Wohnung vor der Rückgabe am Ende des Mietverhältnisses für 2.687 EUR renovieren. Drei Jahre später erfuhr er, dass er zur Ausführung dieser Arbeiten wegen der Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel nicht verpflichtet gewesen wäre. Er verlangte daraufhin die 2.687 EUR von seinem ehemaligen Vermieter erstattet.

Seine Klage blieb jedoch ohne Erfolg. Die Richter am BGH entschieden, dass der eingeklagte Erstattungsanspruch bei Klageerhebung bereits verjährt war. Die gesetzlich vorgesehene Verjährungsfrist von sechs Monaten ab Beendigung des Mietverhältnisses erfasse auch Ersatzansprüche des Mieters wegen Schönheitsreparaturen, die er in Unkenntnis der Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel durchgeführt habe. Der Vermieter müsse den Betrag daher trotz unwirksamer Mietvertragsklausel nicht erstatten (BGH, VIII ZR 195/10).

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Nutzungsentschädigung: Klage auf zukünftige Leistung ist zulässig

Eine Zahlungsklage auf zukünftige Leistung ist zulässig, wenn der Mieter in erheblichem Umfang seiner Zahlungspflicht aus dem Mietverhältnis nicht nachgekommen ist.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Mieters, der in 12/06, 10/07 und 9/08 keine Miete gezahlt hatte. Der Vermieter erklärte deswegen die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. In der Räumungsklage wurde der Mieter auch auf zukünftige monatliche Zahlung einer Nutzungsentschädigung bis zur erfolgten Räumung in Anspruch genommen. Zwischenzeitlich waren auch die Mieten für 12/08 und 1/09 nicht gezahlt. Umstritten war, ob der Vermieter auch zukünftige Zahlungen bereits einklagen konnte.

Der BGH vertrat die Auffassung, dass der auf die zukünftige Leistung gerichtete Zahlungsantrag des Vermieters zulässig und begründet sei. Denn angesichts der bereits entstandenen Mietrückstände, die den Betrag von einer Monatsmiete mehrfach übersteigen, bestünde die Besorgnis, dass der Mieter die berechtigten Forderungen des Vermieters auch zukünftig nicht erfüllen würde. Es sei nicht erforderlich, dass der Mieter die Forderung des Vermieters ernsthaft bestreite oder die Zahlungsunfähigkeit des Mieters feststehe (BGH, VIII ZR 146/10).

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WEG: Auch geringe Abrechnungsfehler berechtigen zur Anfechtung von WEG-Beschlüssen

Der Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann auch angefochten werden, wenn die zugrunde liegende Abrechnung nur einen geringen Fehler zulasten des anfechtenden Wohnungseigentümers enthält.

Mit dieser Entscheidung stärkte das Oberlandesgericht (OLG) München die Rechte der einzelnen Wohnungseigentümer. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Möglichkeit der Beschlussanfechtung nicht nur dem persönlichen Interesse des Anfechtenden diene. Es komme vielmehr vor allem auf das Interesse der Gemeinschaft aller Wohnungseigentümer an einer ordnungsgemäßen Verwaltung an. Aus diesem Grunde sei nicht auf die Höhe des Abrechnungsfehlers abzustellen oder auf das Einzelinteresse eines Wohnungseigentümers. Es müsse zudem berücksichtigt werden, dass nicht mehr hinnehmbare Verzerrungen entstünden, wenn bestimmte „Minimalbeträge“ hingenommen werden müssten. In einem solchen Fall würde die Anfechtungsbefugnis des Wohnungseigentümers davon abhängig gemacht, in welcher Höhe er fehlerhaft mit Kosten belastet werde (OLG München, 32 Wx 1/11).

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Verbraucherrecht

Bankrecht: Monatliche Gebühr für die Führung des Darlehenskontos ist unwirksam

Die Klausel über die Zahlung einer monatlichen Gebühr für die Führung des Darlehenskontos in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank ist unwirksam.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Verbraucherschutzverbands, der gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank vorgegangen war. Darin enthalten war eine Klausel, durch welche sich die Bank beim Abschluss von Darlehensverträgen die Bezahlung einer monatlichen Gebühr für die Führung des Darlehenskontos versprechen ließ.

Der BGH hat der Unterlassungsklage stattgegeben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die angegriffene Klausel halte der gerichtlichen Inhaltskontrolle nicht stand: Es handele sich bei der streitigen Gebührenklausel nicht um eine der Inhaltskontrolle von vornherein entzogene Preisklausel. Eine solche liege nur vor, wenn die betreffende Gebühr den Preis für eine vom Klauselverwender angebotene vertragliche Leistung festlege. Davon könne hier jedoch keine Rede sein. Die Kontoführungsgebühr diene nicht der Abgeltung einer vertraglichen Gegenleistung oder einer zusätzlichen Sonderleistung der Bank. Diese führe das Darlehenskonto vielmehr ausschließlich zu eigenen buchhalterischen bzw. Abrechnungszwecken. Der Bankkunde hingegen, der seine regelmäßigen Zahlungspflichten üblicherweise dem Kreditvertrag oder einem eigenständigen Zins- und Tilgungsplan entnehmen könne, sei auf die Führung eines gesonderten Darlehenskontos durch das Kreditinstitut im Regelfall nicht angewiesen. Etwas anderes folge vorliegend auch nicht daraus, dass die Bank ihren Kunden am Ende eines Kalenderjahres eine Zins- und Saldenbestätigung zur Vorlage bei der Finanzverwaltung erteile. Hiermit lasse sich die angegriffene Gebühr allein schon deshalb nicht rechtfertigen, weil die Bank nach dem eindeutigen Wortlaut der streitigen Klausel das Entgelt nicht für die Erteilung der Jahresbescheinigung, sondern ausdrücklich zur Abgeltung der Kontoführung erhebe.

Klauseln, die es einem Kreditinstitut ermöglichen, Entgelte für Tätigkeiten zu erheben, die es - wie hier - im eigenen Interesse erbringt, hielten nach Ansicht der Richter der hiernach eröffneten Inhaltskontrolle nicht stand. Sie seien mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der sie abweichen, nicht vereinbar. Zudem würden sie die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Soweit in einzelnen Vorschriften des Preisordnungsrechts auch die Behandlung von Kontoführungsgebühren geregelt werde, folge hieraus nichts anderes. Denn diese Vorschriften würden allein die formelle Art und Weise der Preisangabe im Verkehr betreffen. Die materielle Zulässigkeit einzelner Preisbestandteile sei dagegen nicht berührt (BGH, XI ZR 388/10).

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Gasversorger: Preiserhöhungen für „Erdgas Classic“-Kunden sind unwirksam

Gaspreiserhöhungen für Kunden mit Sondervertrag „Erdgas Classic“ sind ohne Rechtsgrundlage und damit unwirksam erfolgt.

Mit dieser Entscheidung hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle im Ergebnis ein Urteil des Landgerichts Hannover bestätigt. Über 60 Kunden aus dem östlichen Niedersachsen hatten gegen zwei niedersächsische Gasversorger auf Feststellung der Unwirksamkeit von Gaspreiserhöhungen in den Jahren 2004 bis 2008 geklagt. Die Besonderheit des Falls lag dabei darin, dass diese keinen Grundversorgungsvertrag, sondern einen Sondervertrag „Erdgas Classic“ abgeschlossen hatten. Aus diesem Grund fänden, so hat das OLG nochmals klargestellt, die allgemeinen Regeln zur Preisänderung nach der AVBGasV (Verordnung über die Allgemeinen Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden) keine unmittelbare Anwendung. Die Richter teilten die Ansicht des Landgerichts, dass die in der Broschüre des Erdgas Classic-Vertrags enthaltene Klausel „bei nachhaltiger Preisänderung im Heizölmarkt werden die Erdgaspreise entsprechend angepasst“ als Preisanpassungsklausel auszulegen sei. Diese Klausel sei jedoch unwirksam. Sie benachteilige die Kunden unzumutbar, weil das Recht zur Preiserhöhung ausschließlich an die Entwicklung im Heizölmarkt geknüpft sei. Ein Ausgleich durch Kostensenkungen in anderen Bereichen sei dagegen nicht vorgesehen. Zudem enthalte die Klausel nur ein Recht des Gasversorgers auf Preiserhöhung. Eine Pflicht zur Senkung der Kosten, wenn die Gasbezugskosten sinken, sei dagegen nicht vorgesehen. Dadurch werde das vertragliche Gleichgewicht zwischen Gasversorger und Kunden unzumutbar verschoben. Eine unangemessene Belastung der Gasversorger sieht das OLG nicht, weil die Versorger die Verträge hätten kündigen können (OLG Celle, 13 U 6/10).

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Nachbarrecht: Elektrische Rollläden dürfen auch nachts betätigt werden

Ein Wohnungseigentümer kann nicht verlangen, dass sein Nachbar wegen ruhestörenden Lärms in der Zeit von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens seine elektrischen Fenster-Rollläden nicht betätigt.

Mit diesen deutlichen Worten wies das Amtsgericht (AG) Düsseldorf die Klage im Streit zweier Nachbarn zurück. Der Richter machte deutlich, dass die Betätigung von Rollläden zum normalen Gebrauch einer Wohnung gehöre. Es handele sich um ein sozial adäquates Verhalten. Im Übrigen liege es in der Natur der Sache, dass die Rollläden gerade zur Nachtzeit benutzt würden. Es sei Sinn der Rollläden, die Räume zum Schlafen zu verdunkeln. Schließlich könne niemandem vorgeschrieben werden, um welche Uhrzeit er seine Räume verdunkele (AG Düsseldorf, 55 C 7723/10).

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Prozessvergleich: Der Streit um die Bierdeckel...

Eine Einigung vor Gericht kann den zerstrittenen Parteien oft viel Geld sparen.

Das zeigt ein Fall vor dem Amtsgericht (AG) München. Dort hatte die Inhaberin eines Lokals gegen eine ehemalige Stammkundin geklagt. Sie warf ihr vor, konsumierte Getränke bislang nicht bezahlt zu haben. Eben weil sie Stammkundin sei, habe sie nicht immer gleich zahlen müssen, sondern man habe ihre Getränkekosten auf Bierdeckeln notiert. Jetzt seien 136 EUR aufgelaufen, die wolle man erstattet bekommen. Die Kundin wollte allenfalls 96 EUR bezahlen. 136 EUR seien nie im Leben angefallen. Bierdeckel seien auch leicht zu verfälschen, schließlich befänden sich nur Striche und keine Beträge darauf. Deshalb seien sie auch kein geeignetes Beweismittel. Ein Strich bedeute ein Bier zum Preis von 2,20 EUR, konterte die Klägerin. Das wisse die Kundin auch und natürlich habe man nichts verfälscht.

Nachdem Bierdeckel tatsächlich nicht sehr aussagekräftig sind, vernahm die zuständige Richterin die Parteien sowie drei Zeugen. Nach der Beweisaufnahme einigten sich die Parteien darauf, dass die Kundin 112 EUR bezahlt. Die Verfahrenskosten betragen in einem solchen Fall etwa 255 EUR. Die Zeugen hatten auf ihre Auslagenentschädigung verzichtet, sonst wären deren Kosten noch hinzugekommen.

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Verkehrsrecht

Spritzwasser: Kein Schadenersatz für verschmutzte Kleidung

Ein Fußgänger hat keinen Schadenersatzanspruch, wenn seine Kleidung durch Spritzwasser verschmutzt wird, weil ein Autofahrer eine Wasserlache auf der Straße nicht in Schrittgeschwindigkeit durchfährt.

Mit dieser Entscheidung bestätigte das Landgericht (LG) Itzehoe ein entsprechendes Urteil des Amtsgerichts. Geklagt hatte ein Fußgänger, der bei Tauwetter im Februar zu Fuß unterwegs gewesen war. Ein Autofahrer war so schnell durch eine riesige Wasserlache auf der Fahrbahn gefahren, dass eine Wasserfontaine auf den Fußgänger niederging. Dieser trug vor, dass der Autofahrer den Schaden hätte abwenden können, wenn er mit Schritttempo gefahren wäre.

Seine Klage auf Ersatz der Reinigungskosten ging jedoch in beiden Instanzen verloren. Die Richter begründeten dies damit, dass den Autofahrer kein Verschulden treffe. Ein Pkw-Fahrer sei keinesfalls verpflichtet, Wasserlachen auf der Fahrbahn stets nur im Schritttempo zu durchfahren, wenn andernfalls Fußgänger bespritzt werden könnten. Durch das Abbremsen oder Langsamfahren ergebe sich eine Unfallgefahr für den nachfolgenden Verkehr. Aber auch da, wo ein Durchfahren von Wasserlachen in Schrittgeschwindigkeit ohne Gefährdung des übrigen Verkehrs möglich sei, könne dies nicht stets verlangt werden. Bei Regen müssten sonst gegebenenfalls ganze Ortschaften oder Städte in Schrittgeschwindigkeit durchfahren werden, um eine Beeinträchtigung des Fußgängerverkehrs auszuschließen. Das würde den Straßenverkehr unzumutbar beeinträchtigen. Soweit Fußgänger damit rechnen müssten, bespritzt zu werden, könnten sie sich durch geeignete Bekleidung schützen (LG Itzehoe, 1 S 186/10).

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Aufsichtspflicht: Der Weg zum Kindergarten und seine Folgen

Bei Kindern bestimmt sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach Alter, Eigenart und Charakter, insgesamt danach, was verständige Eltern vernünftigerweise in der konkreten Situation an erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen treffen müssen.

Auf diesen Grundsatz verwies das Amtsgericht (AG) München im Fall einer Autofahrerin, die mit ihrem Fahrzeug an einem Kindergarten vorbeigefahren war. In dem Moment stürzte das Fahrrad eines der dort stehenden Kinder um. Durch die am Rad befestigte Sichtstange (Fahne) wurde der Pkw beschädigt. Die Reparaturkosten von 1.350 EUR verlangte die Autofahrerin vom Vater des 5-jährigen Kindes ersetzt. Dieser hätte seine Aufsichtspflicht verletzt, da er nicht in unmittelbarer Nähe gewesen sei.

Die zuständige Richterin gab dem Vater recht und wies die Klage ab. Eine Aufsichtspflichtverletzung des Vaters liege hier nicht vor. Beim Maß der gebotenen Aufsicht sei das zu tun, was verständige Eltern vernünftigerweise in der konkreten Situation an erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen treffen müssten, um Schädigungen Dritter durch ihr Kind zu vermeiden. Man werde zwar grundsätzlich davon ausgehen müssen, dass nichtschulpflichtige Kinder bei der Teilnahme am Straßenverkehr noch beaufsichtigt werden müssten. Beim Ausmaß der Aufsicht seien neben dem Alter des Kindes und der Erfahrung als Teilnehmer am Straßenverkehr auch die konkreten Straßenverhältnisse zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall sei die Tochter bereits seit ca. 2 ½ Jahren Rad gefahren. Vorher habe sie bereits ein Jahr lang ein Laufrad gehabt. Die Strecke zum Kindergarten fahre sie ebenfalls seit zwei Jahren. Unfälle habe es keine gegeben. Deshalb sei keine Pflichtverletzung darin zu sehen, dass ihr erlaubt worden sei, die letzte Strecke alleine vorauszufahren. Ein solches Vorausfahren sei auch nötig, um Kindern gewisse Freiräume zu geben, die es ihnen ermöglichen, Gefahrensituationen zu erkennen und zu meistern. Bei einem fünfjährigen Kind sei zudem zu berücksichtigen, dass es in naher Zukunft in der Lage sein sollte, den Schulweg zu bewältigen. Es sei daher in Ordnung, wenn Eltern ein derartiges Kind, dass sein Fahrrad beherrsche, kleinere Strecken, gerade auch auf wenig befahrenen Straßen alleine fahren lassen. Außerdem sei das Fahrrad aufgrund eines Getümmels vor dem Eingangstor zum Kindergarten umgefallen. Dies hätte der Vater auch nicht verhindern können, wenn er in Sichtkontakt gewesen wäre. Man könne nicht verlangen, dass permanent ein Elternteil die Lenkstange des Kinderrads halte (AG München, 122 C 8128/10).

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Schwerbehindertenparkausweis: Auslegen einer Kopie rechtfertigt Abschleppmaßnahme

Wird anstelle des Schwerbehindertenausweises nur eine Kopie hiervon sichtbar im Fahrzeug ausgelegt, darf das auf einem Behindertenparkplatz stehende Fahrzeug abgeschleppt werden.

Auf diese - für manchen Verkehrsteilnehmer überraschende - Rechtslage wies das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hin. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass eine Kopie die straßenverkehrsrechtlichen Voraussetzungen an eine ordnungsgemäße Ausweisung nicht erfülle. Hier könne Missbrauch getrieben werden, indem ein ausgestellter Schwerbehindertenparkausweis zeitgleich mehrfach verwendet werde. Dies müsse verhindert werden. Daher müsse stets das Original des Ausweises ausgelegt werden (VG Düsseldorf, 14 K 504/11).

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Fahrerlaubnisentzug: Nicht nachgewiesene Alkoholabstinenz

Wer in der Vergangenheit alkoholabhängig gewesen ist und nicht nachgewiesen hat, dass er nach einer erfolgreichen Entwöhnungsbehandlung ein Jahr Alkoholabstinenz eingehalten hat, ist ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Deshalb ist die zuständige Fahrerlaubnisbehörde berechtigt, die Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung zu entziehen.

Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Trier entschieden und damit den auf die Gewährung von Eilrechtsschutz gerichteten Antrag eines Autofahrers gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Fahrerlaubnisentziehung abgelehnt. Zur Begründung wiesen die Richter darauf hin, dass es aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich sei, das Führen von Kraftfahrzeugen in diesen Fällen mit sofortiger Wirkung zu unterbinden. Ohne den Nachweis einer erfolgreichen Entwöhnungsbehandlung und einer einjährigen Alkoholabstinenz könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Alkoholabhängigkeit überwunden sei. Deshalb müsse der betreffende Autofahrer im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit am Schutz von Leib und Leben vom Straßenverkehr ferngehalten werden. Dies gelte selbst dann, wenn es vor der Entziehung der Fahrerlaubnis zu keinen Auffälligkeiten im Straßenverkehr gekommen sei (VG Trier, 1 L 557/11.TR).

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Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 30. Juni 2011 beträgt 0,12 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 5,12 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 2,12 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,12 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.07 2010 bis 31.12.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2010 bis 30.06.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2009 bis 31.12.2009: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2009 bis 30.06.2009: 1,62 Prozent
  • vom 01.07.2008 bis 31.12.2008: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2008 bis 30.06.2008: 3,32 Prozent
  • vom 01.07.2007 bis 31.12.2007: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2007 bis 30.06.2007: 2,70 Prozent
  • vom 01.07.2006 bis 31.12.2006: 1,95 Prozent
  • vom 01.01.2006 bis 30.06.2006: 1,37 Prozent
  • vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent
  • vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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Steuertermine im Monat

Im Monat Juli 2011 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:

Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Umsatzsteuer - mittels Barzahlung - bis zum 11.7.2011 und - mittels Zahlung per Scheck - bis zum 8.7.2011.

Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Lohnsteuer - mittels Barzahlung - bis zum 11.7.2011 und - mittels Zahlung per Scheck - bis zum 8.7.2011.

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 14.7.2011. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!

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