Monatsbrief April 2011

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 4/2011:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

Arbeitszeugnis: Anspruch auf Ersatzausstellung bei Verlust

Geht ein Arbeitszeugnis verloren oder wird es beschädigt, ist der Arbeitgeber im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine neue Ausfertigung zu überlassen.

Diese Entscheidung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen im Streit eines Arbeitnehmers mit seinem Arbeitgeber. Die Richter machten dabei deutlich, dass mit dem ursprünglich ausgestellten Zeugnis der Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung eines Zeugnisses eigentlich durch Erfüllung erloschen sei. Wegen der Wichtigkeit des Zeugnisses für die weitere berufliche Laufbahn des Arbeitnehmers müsse hier jedoch eine Ausnahme gemacht werden. Der Arbeitgeber bleibe vielmehr verpflichtet, im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren eine neue Ausfertigung des Zeugnisses zu erstellen. Hierbei komme es nicht darauf an, ob der Verlust oder die Beschädigung von dem Arbeitnehmer zu vertreten sei. Entscheidend sei vielmehr allein die Frage, ob dem bisherigen Arbeitgeber die Ersatzausstellung zugemutet werden könne. Hiervon sei in der Regel auszugehen. Allerdings sei der Anspruch auf Erteilung oder Berichtigung eines Arbeitszeugnisses eine Holschuld. Hieraus folge, dass der Arbeitnehmer das Zeugnis beim Arbeitgeber abholen müsse. Eine Zusendung könne er nicht verlangen (LAG Hessen, 16 Sa 1195/10).

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AGG: Tarifliche Altersgrenze „65. Lebensjahr“ ist wirksam

Die Regelung eines Tarifvertrags, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der tariflichen Altersgrenze „65. Lebensjahr“ endet, verstößt nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und ist wirksam.

Mit dieser Begründung wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg die Klage eines Arbeitnehmers ab, der sich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses wegen Erreichens der tariflichen Altersgrenze gewendet hatte. Der Arbeitnehmer hatte im Mai 2010 das 65. Lebensjahr erreicht, wollte aber darüber hinaus weiterarbeiten. Dem stand die Regelung des anwendbaren Tarifvertrags entgegen, nach dem das Arbeitsverhältnis automatisch mit Ablauf des Monats endet, in dem das 65. Lebensjahr erreicht wird.

Das LAG hielt diese Tarifregelung für rechtswirksam. Entsprechend sei das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 31.5.2010 beendet worden. Die Richter sahen in der Regelung eine Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze. Sie verwiesen auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), nach der das Erreichen der Regelaltersgrenze ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund sei, der die Befristung rechtfertige. Die dadurch vorliegende Ungleichbehandlung wegen des Alters sei gerechtfertigt. Die Tarifnorm verfolge nämlich primär arbeitsmarktpolitische Ziele. Neben der Förderung der Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen solle damit auch ein positiver Beitrag zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit geleistet werden. Diese Ziele gingen unter Anwendung der Rechtsprechung des EuGH nicht über das hinaus, was zur Erreichung der verfolgten Ziele erforderlich sei, wenn der weite Ermessensspielraum berücksichtigt werde, der den Mitgliedsstaaten und den Sozialpartnern auf dem Gebiet der Sozial- und Beschäftigungspolitik zur Verfügung zustehe (LAG Hamburg, 4 Sa 76/10).

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Kündigungsrecht: Eigenmächtiger Urlaubsantritt des Arbeitnehmers

Der eigenmächtige Urlaubsantritt eines Arbeitnehmers rechtfertigt grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung.

Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg könne sich diese Kündigung aber im Rahmen der Interessenabwägung als unverhältnismäßig herausstellen. Geprüft werden müsse, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz der erheblichen Pflichtverletzung des Arbeitnehmers zumindest bis zum Ende der Kündigungsfrist zugemutet werden könne. Abzuwägen sei dabei das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand. Zu berücksichtigen sei insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Danach ist eine fristlose Kündigung ungerechtfertigt, wenn die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers durch mildere Mittel geahndet werden könne. Im vorliegenden Fall hatte das Arbeitsverhältnis 31 Jahre lang beanstandungsfrei bestanden. Nach einer solch langen Zeitspanne sei es nach Ansicht der Richter unverhältnismäßig, ohne eine vorherige Abmahnung außerordentlich zu kündigen (LAG Berlin-Brandenburg, 10 Sa 1823/10).

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Kündigungsrecht: Keine Kündigung wegen drei Schrauben

Zwar kann auch das Verschenken von drei Schrauben im Wert von 28 Cent zulasten des Arbeitgebers einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen. Es kommt aber stets auf den konkreten Fall an.

Hierauf wies das Arbeitsgericht Bonn im Fall eines Arbeitnehmers hin, der seit mehr als 30 Jahren im Betrieb beschäftigt war. Als ein ehemaliger Kollege drei bestimmte Schrauben benötigte, besorgte er diese bei der Materialausgabe und verschenkte sie. Der Arbeitgeber erklärte daraufhin die fristlose Kündigung.

Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers hatte Erfolg. Der Richter betonte zwar ausdrücklich, dass auch ein Betrug über drei Schrauben im Wert von 28 Cent zulasten des Arbeitgebers einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen könne. Es müsse aber eine Abwägung im Einzelfall erfolgen. Hier habe vor allem die lange Betriebszugehörigkeit eine große Bedeutung. Positiv bewertete das Gericht außerdem, dass der Arbeitnehmer sein Vorgehen nicht geleugnet, sondern sofort bedauert habe. Als mildestes Mittel hätte daher eine Abmahnung ausgereicht (Arbeitsgericht Bonn, 1 BV 47/10).

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Baurecht

Schlussrechnung: Fälligkeit kann auch eintreten, wenn Prüfung nicht möglich ist

Auch eine nicht prüfbare Schlussrechnung kann fällig werden, wenn der Bauherr keine Einwendungen macht.

Das musste sich ein Bauherr vor dem Bundesgerichtshof (BGH) sagen lassen. Sein Argument „nicht prüfbare Schlussrechnung“ gegen die Abrechnung ging nicht auf. Der BGH verwies in seiner Urteilsbegründung zwar noch einmal darauf, dass eine Werklohnklage grundsätzlich als unbegründet abzuweisen ist, wenn der Bauherr die erteilte Schlussrechnung nicht prüfen könne. Das gelte aber nicht, wenn der Bauherr nach Erhalt der Schlussrechnung zwei Monate untätig bleibe und die fehlende Prüfbarkeit nicht rüge. In diesem Fall sei die Werklohnforderung gleichwohl fällig. An dieser Fälligkeit ändere sich auch nichts, wenn weitere, nicht prüfbare Schlussrechnungen vorgelegt würden. Vielmehr müsse eine Sachprüfung erfolgen. Hier werde festgestellt, ob die Forderung berechtigt sei (BGH, VII ZR 41/10).

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Pauschalpreis: Unternehmer muss in seinem Angebot nicht auf Planungsfehler hinweisen

Bei Ausschreibung einer schlüsselfertigen Leistung ist der Auftragnehmer im Angebotsstadium nicht gehalten, auf Planungsfehler oder Fehler im Leistungsverzeichnis hinzuweisen, weil ein Bieter die Prüfung der Ausschreibungsunterlagen nur unter kalkulatorischen Aspekten vornimmt.

Das machte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Fall eines Bauunternehmers deutlich. Dieser war mit der schlüsselfertigen Erstellung eines Gebäudes beauftragt worden. In der Ausschreibung war eine bestimmte Fassadenstruktur vorgegeben. Aus statischen Gründen konnte diese aber später nicht verwirklicht werden. Für die vollkommen neue Konstruktion verlangte der Bauunternehmer eine Nachtragszahlung. Die verweigerte der Auftraggeber mit Hinweis auf den Globalpauschalpreis. Zudem hätte der Bauunternehmer durch „einfache statische Überschlagsberechnung“ erkennen müssen, dass die geplante Konstruktion nicht realisierbar gewesen sei.

Dieser Auffassung schloss sich das OLG jedoch nicht an. Die Richter machten deutlich, dass es nicht Aufgabe des Bauunternehmers sei, in seinem Angebot auf Planungsfehler hinzuweisen. Eine solche Prüfungs- und Hinweispflicht gelte erst nach Vertragsschluss. Lediglich bei offenkundigen Mängeln und Lücken der Leistungsbeschreibung gelte etwas anderes. Werde hier bei der Angebotserstellung bereits deutlich, dass eine Realisierung nicht ohne zusätzliche Leistungen möglich sei, müsse dies offenbart werden. Das sei jedoch vorliegend nicht der Fall gewesen. Der Bauunternehmer sei nicht gehalten gewesen, eine eigene statische Berechnung der Fassadenstruktur vorzunehmen (OLG Koblenz, 1 U 415/08).

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Baumängel: Umfang der Auskunftspflicht eines Wohnungsverkäufers

Ein Anspruch des Käufers einer Eigentumswohnung gegen den Verkäufer auf Auskunft über Baumängel besteht nach Vertragsschluss nicht.

So entschied das Landgericht (LG) Coburg im Fall einer Frau, die eine Eigentumswohnung gekauft hatte. Im Kaufvertrag war eine Haftung des Verkäufers wegen Sachmängeln ausgeschlossen worden. Der Verkäufer hatte jedoch versichert, dass ihm verborgene Mängel nicht bekannt seien. In der Vergangenheit waren an dem Gebäude, im dem sich die Eigentumswohnung befindet, bauliche Mängel aufgetreten. Der Verkäufer hatte insgesamt drei Gerichtsverfahren gegen die Dachdeckerfirma geführt. Danach wurden Mängel von der Dachdeckerfirma beseitigt und dies von einem Sachverständigen überprüft. Nachdem Feuchtigkeitsflecken in der verkauften Eigentumswohnung auftraten, meinte die Käuferin einen Anspruch auf Auskunft über Baumängel vom Verkäufer zu haben. Sie war der Ansicht, dass dem Verkäufer sehr wohl verborgene Mängel bekannt gewesen seien. Es könne nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass die im gerichtlichen Verfahren festgestellten Mängel wirklich beseitigt worden seien. Der Verkäufer meinte dagegen, die Käuferin habe keinen Anspruch auf Auskunft. Hinsichtlich der Gerichtsverfahren mit dem Dachdecker könne sie in die Akten Einsicht nehmen und benötige daher keine Auskunft.

So sah es auch das LG und wies die Klage ab. Nach Ansicht der Richter bestehe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch der Käuferin auf die begehrte Auskunft. Selbst nach Treu und Glauben - woraus sich ausnahmsweise ein Auskunftsanspruch ergeben könne - bestehe kein Anspruch. Zum einen könne ein vertraglicher Auskunftsanspruch nicht um seiner selbst Willen begehrt werden. Es handele sich um einen Nebenanspruch, der beispielsweise den Inhalt eines feststehenden Hauptanspruchs - wie z. B. Schadenersatz - bestimmen solle. Im zu entscheidenden Fall war aber die Haftung für Baumängel ausgeschlossen. Zudem hätte sich nach Auffassung des Gerichts die Käuferin durch Einsicht in die Gerichtsakten die gewünschten Informationen beschaffen können. Wenn man sich aus zugänglichen Quellen informieren könne, gebe es keinen vertraglichen Auskunftsanspruch. Daher blieb die Klage der Käuferin gegen den Verkäufer erfolglos (LG Coburg, 23 O 435/10).

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Bauvorhaben: Rücksichtnahmegebot muss beachtet werden

Wird ein großer Gebäudekomplex direkt an der Grenze zum Nachbargrundstück errichtet, kann darin ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liegen.

So entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen in einem entsprechenden Fall. Dabei wiesen die Richter zunächst darauf hin, dass die Anforderungen an das Rücksichtnahmegebot nicht pauschal benannt werden könnten. Sie würden vielmehr von den Anforderungen des Einzelfalls abhängen. Es müsse daher eine Abwägung der jeweiligen Interessen der Betroffenen vorgenommen werden. Zu berücksichtigen sei dabei einerseits die Schutzwürdigkeit des Nachbarn, andererseits das Interesse des Bauherrn an der Umsetzung des Bauvorhabens. Grundsätzlich sei in derartigen Fällen aber von einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots auszugehen, wenn das Bauvorhaben ein Nachbargebäude „einmauern" oder „erdrücken" würde. Das sei z.B. bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden der Fall (OVG Sachsen, 1 B 231/10).

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Familien- und Erbrecht

Unterhaltsrecht: Die neue BGH-Rechtsprechung zum Ehegattenunterhalt ist verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Wandel der ehelichen Lebensverhältnisse einschließlich der Drittelmethode für verfassungswidrig erklärt.

Die Verfassungsrichter bemängelten, dass die vom BGH eingeführte Dreiteilungsmethode den früheren Ehegatten einseitig zugunsten des Unterhaltspflichtigen und dessen nachfolgenden Ehegatten belaste. Die Berechnungsmethode setze sich überdies über den Willen des Gesetzgebers hinweg. Soweit dieser Einschränkungen beim nachehelichen Unterhalt vorgenommen habe, wie bei der Kürzung oder Befristung von Unterhaltsansprüchen, habe er damit die unterhaltsrechtliche Position des geschiedenen Ehegatten nicht von vornherein verschlechtern wollen, wie dies die Bedarfsbestimmung nach der Dreiteilung vorsehe. Die geänderte Rechtsprechung lasse sich auch nicht mit dem Ziel der Unterhaltsreform begründen, das Unterhaltsrecht zu vereinfachen. Sie erleichtere die Unterhaltsberechnung nicht, sondern erweitert sie um den Rechenschritt der Bedarfsermittlung im Wege der Dreiteilung, da sie im Rahmen der Kontrollrechnung eine Berechnung des Unterhalts nach der von der Rechtsprechung herkömmlich angewandten Methode unter Berücksichtigung der ehelichen Lebensverhältnisse der aufgelösten Ehe vorsehe.

Im Ergebnis bedeutet die Entscheidung des BVerfG, dass die ehelichen Lebensverhältnisse nicht mehr durch nach der Scheidung entstandene Unterhaltspflichten oder Verbindlichkeiten geprägt werden. Diese können sich allerdings noch bei der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners auswirken. Die Frage der Leistungsfähigkeit rückt damit bei entsprechenden Fallkonstellationen in den Mittelpunkt der Unterhaltsberechnung (BVerfG, 1 BvR 918/10).

Hinweis: Als Folge der Entscheidung ergibt sich eine völlig andere Methode, die beim Berechnen des Ehegattenunterhalts anzuwenden ist. Alle Unterhaltstitel, die auf der unwirksamen BGH-Rechtsprechung beruhen, können daher abgeändert werden.

Da es bei jeder Unterhaltsberechnung auf den speziellen Einzelfall ankommt, sollten alle Betroffenen überprüfen lassen, welche Auswirkungen die BVerfG-Entscheidung auf sie hat.

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Sorgerecht: Übertragung der Entscheidungskompetenz zum Schulbesuch

Gibt es zwischen den Eltern des Kindes Streit, welche Schule das Kind besuchen soll, kann das Familiengericht einem der Elternteile die Entscheidungskompetenz übertragen.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig-Holstein im Fall zweier Eltern, die sich über die richtige Schule nicht einigen konnten. Die Richter wiesen darauf hin, dass es sich bei der Entscheidung über den Schulbesuch des Kindes um eine Entscheidung mit erheblicher Bedeutung handele, die starke Auswirkungen auf die Zukunft des Kindes habe. Bei Meinungsverschiedenheiten könne daher auch eine gerichtliche Entscheidung erzielt werden. Bei dieser Entscheidung komme es vorwiegend auf das Wohl des Kindes an. Dabei seien verschiedene Punkte zu berücksichtigen. Hierunter falle z.B. die Entfernung der Schule zum Wohnort des Kindes. Im Ergebnis machten die Richter deutlich, dass es üblicherweise dem Kindeswohl entspreche, wenn der Elternteil die alleinige Entscheidungskompetenz zum Schulbesuch erhalte, bei dem das Kind seinen dauernden Aufenthalt habe (OLG Schleswig-Holstein, 10 UF 186/10).

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Versorgungsausgleich: Ausschluss bei Straftaten gegen den anderen Ehegatten

Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs kann gerechtfertigt sein, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte schuldhaft eine schwerwiegende Straftat gegen den Verpflichteten oder dessen nahe Angehörige begangen hat (BGH FamRZ 90, 985; 07, 360; 09, 1312).

Eine im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangene Straftat kann für einen Ausschluss ausreichen (OLG Saarbrücken FamRZ 09, 2007), nicht aber eine von einem schuldunfähigen Ehegatten begangene Tat (BGH FamRZ 85, 1236). Auch die grobe Vernachlässigung der persönlichen Betreuung und Erziehung eines gemeinsamen Kindes kann den Ausschluss rechtfertigen (OLG Köln FamRZ 08, 2285). Voraussetzung ist allerdings üblicherweise, dass dadurch der Straftatbestand des Missbrauchs von Schutzbefohlenen erfüllt wird. Straftaten mit vermögensrechtlichen Auswirkungen reichen dagegen in der Regel für eine Kürzung des Versorgungsausgleichs nicht aus (OLG Nürnberg FamRZ 86, 580; OLG Hamburg FamRZ 00, 893).

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Erbrecht: Erbausschlagung wegen befürchteter Nachlass-Überschuldung kann nicht angefochten werden

Ein Erbe kann seine Ausschlagungserklärung wegen einer vermuteten Nachlass-Überschuldung nicht anfechten, wenn sich später herausstellt, dass der Nachlass doch werthaltig ist.

Das musste sich ein Erbe vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf sagen lassen. Weil er damals keine genauen Informationen über den Umfang der Erbschaft hatte, hatte er zunächst sicherheitshalber das Erbe ausgeschlagen. Als sich dies später als Fehler herausstellte, wollte er seine Ausschlagung anfechten und die Erbschaft doch antreten.

Dem schob das OLG jedoch einen Riegel vor. In seiner Entscheidung wies es den Erben darauf hin, dass er sich bei einer Unklarheit über die Höhe des Nachlasses vorab genau informieren müsse. Er müsse genau erforschen, um welche Größenordnung es sich bei dem Nachlass tatsächlich handele. Erst dann könne er entscheiden, ob er die Erbschaft ausschlage. Unterlasse er eine solche Prüfung, sei die Ausschlagungserklärung offenbar nur anhand von Spekulationen getroffen worden. Eine „Fehlspekulation“ könne jedoch nicht angefochten werden (OLG Düsseldorf, I-3 Wx 21/11).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Mietminderung: Flächenunterschreitung bei einer möbliert vermieteten Wohnung

Auch bei einer möbliert vermieteten Wohnung berechtigt eine Flächenunterschreitung von mehr als 10 Prozent zur Mietminderung.

Mit dieser Entscheidung gab der Bundesgerichtshof (BGH) einem Mieter recht, der seit 2006 Mieter einer vollständig möblierten und mit umfassendem Hausrat eingerichteten Wohnung ist. Die monatlich zu zahlende Kaltmiete betrug 560 EUR. Im Mietvertrag wurde die Größe der Wohnung mit ca. 50 m² angegeben. Die tatsächliche Wohnfläche betrug jedoch nur 44,3 m². Der Mieter hielt wegen der Flächenabweichung von 11,5 Prozent eine Minderung der Kaltmiete in entsprechender Höhe für berechtigt und forderte eine teilweise Rückzahlung des Mietzinses für die gesamte Mietzeit in Höhe von 1.964,20 EUR. Der Vermieter meinte, in der Kaltmiete sei die Möblierung der Wohnung berücksichtigt worden. Deshalb sei nur eine Minderung von insgesamt 736,58 EUR gerechtfertigt. Diesen Betrag hat er dem Mieter erstattet.

Auf die Klage des Mieters hat der BGH entschieden, dass der Vermieter auch den noch ausstehenden Differenzbetrag zahlen müsse. Nach Ansicht der Richter liege ein Mangel der Wohnung vor, da die tatsächliche Wohnfläche von der vertraglich vereinbarten Wohnfläche um mehr als 10 Prozent abweiche. Eine solche Abweichung berechtige grundsätzlich zu einer Mietminderung. Das gelte auch, wenn es sich um eine möbliert vermietete Wohnung handele. Von der Wohnflächenunterschreitung gehe immer eine Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit des vermieteten Wohnraums aus. Diese sei hier auch nicht geringer zu veranschlagen, weil die für eine Haushaltsführung benötigten Einrichtungsgegenstände trotz der geringeren Wohnfläche vollständig in der Wohnung untergebracht werden könnten (BGH, VIII ZR 209/10).

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Kündigungsrecht: Außerordentliche Kündigung wegen Zutrittsverweigerung

Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung kann auch in der Verletzung der vertraglich festgelegten Pflicht des Mieters liegen, dem Vermieter Zutritt zur Wohnung zu gestatten, wenn dieser die Wohnung veräußern und deshalb Kaufinteressenten zeigen will.

Hierauf machte der Bundesgerichtshof (BGH) aufmerksam. Verweigere der Mieter die Erfüllung dieser Pflicht beharrlich, komme es für die Frage, ob die Zumutbarkeitsgrenze für den Vermieter überschritten ist, auf eine Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls an. Dabei könne nach Ansicht der Richter erheblich sein, ob es dem Vermieter zuzumuten sei, vor Ausspruch der fristlosen Kündigung einen Duldungstitel zu erwirken und gegebenenfalls eine gerichtliche Vollstreckung zu versuchen (BGH, VIII ZR 221/09).

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Nebenkostenabrechnung: Umlegung der Kosten für die Wasserversorgung

Die Kosten der Wasserversorgung können einschließlich Fixkosten nur in einem begrenzten Umfang nach der Verbrauchsmenge auf die Mieter umgelegt werden.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Mieters, der sich gegen die Abrechnung seines Vermieters gewehrt hatte. Der Mietvertrag der Parteien sah Folgendes vor: „Frisch-/Kaltwasser wird, soweit der Verbrauch über Messeinrichtungen erfasst wird, nach dem Ergebnis der Messungen abgerechnet. Entsprechendes gilt für die Grundgebühr (sie wird im Verhältnis der je Wohnung erfassten Verbrauchsmenge umgelegt)."

Der BGH hielt diese Klausel des Formularmietvertrags für unwirksam. Sie halte der Inhaltskontrolle nicht stand, weil sie die Grenze der Zulässigkeit einer Umlegung auch der Grundgebühren der Wasserversorgung nach dem erfassten Verbrauch nicht beachte. Zwar lasse es das Gesetz grundsätzlich zu, dass die Kosten der Wasserversorgung im Normalfall, in dem die Wohnungen der Abrechnungseinheit im Wesentlichen vermietet sind, einheitlich nach dem erfassten Wasserverbrauch umgelegt würden. Das gelte also auch insoweit, als Fixkosten wie Grundgebühren oder Zählermiete unabhängig vom tatsächlichen Wasserverbrauch anfielen. Dieser Grundsatz finde seine Grenze aber dort, wo eine solche Umlegung wegen erheblichen Wohnungsleerstands in der Abrechnungseinheit zu einer unzumutbaren Mehrbelastung der Mieter mit Fixkosten der Wasserversorgung führe. Diese könnten nämlich auf die leer stehenden Wohnungen nicht nach Verbrauch umgelegt werden, weil in ihnen aufgrund des Leerstands kein Wasserverbrauch anfalle (BGH, VIII ZR 183/09).

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Heizkostenabrechnung: Messung mit nicht geeichten Messgeräten

Der Ablauf der Eichfrist führt nicht dazu, dass die festgestellten Werte ohne Bedeutung sind.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) München in einem Rechtsstreit um eine Heizkostenabrechnung. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass den Messergebnissen allerdings nicht mehr die Vermutung der Richtigkeit zukomme. Ob die abgelesenen Werte tatsächlich richtig seien, müsse der Vermieter vielmehr bei einer Abrechnung nach der Heizkostenverordnung zur Überzeugung des Tatrichters nachweisen (OLG München, 32 Wx 32/10).

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WEG: Kein Stimmrechtsentzug bei Wohngeldrückstand

Ein Wohnungseigentümer, der mit der Zahlung von Beiträgen in Verzug ist, kann deswegen nicht von der Wohnungseigentümerversammlung ausgeschlossen werden.

So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Fall. Die Richter machten deutlich, dass ihm wegen des Zahlungsrückstands auch nicht das Stimmrecht entzogen werden könne (BGH, V ZR 60/10).

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Verbraucherrecht

Prozessrecht: Privatgutachten werden immer wichtiger

Einwände, die sich aus einem Privatgutachten gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ergeben, muss das Gericht ernst nehmen, ihnen nachgehen und den Sachverhalt weiter aufklären.

Mit dieser Entscheidung stärkte der Bundesgerichtshof (BGH) erneut den Wert des durch die Partei vorgelegten Privatgutachtens. In der Sache ging es um die Klage eines Versicherungsnehmers gegen dessen Versicherer. Für seinen Anspruch aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung kam es auf die Höhe der Berufsunfähigkeit an. Der gerichtliche Gutachter bescheinigte eine Berufsunfähigkeit von 35 Prozent. Dafür hätte es keine Leistung des Versicherers gegeben. Demgegenüber hatte der Versicherungsnehmer ein privates Gutachten aus einem anderen Rechtsstreit gegen die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vorgelegt. Darin wurde ihm bescheinigt, seinen Beruf nicht mehr ausüben zu können. Dieses Gutachten hatte das Oberlandesgericht jedoch mit keinem Wort gewürdigt.

Das sei fehlerhaft gewesen, entschied der BGH. Die Richter hoben die Entscheidung daher auf und wiesen den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurück. Sie machten deutlich, dass hier das rechtliche Gehör des Versicherungsnehmers nicht beachtet wurde. Das Oberlandesgericht hätte das Privatgutachten vielmehr genau beachten und seiner Entscheidung zugrunde legen müssen. Im Hinblick auf die Widersprüche zwischen den beiden Gutachten hätte es die Gutachter zu den sich widersprechenden Punkten anhören und befragen müssen. Erforderlichenfalls hätte es ein weiteres Sachverständigengutachten einholen müssen (BGH, IV ZR 190/08).

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Doktorarbeit: Ghostwriter darf nicht mit "Marktführer" werben

„Falsche“ Doktorarbeiten sind derzeit in aller Munde. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat zu dem Thema aktuell entschieden, dass ein beklagter Ghostwriter auf seiner Internetseite nicht damit werben darf, er sei einer der Marktführer im Bereich des wissenschaftlichen Ghostwritings.

Der Beklagte hatte sich auf seiner Internetseite als einer der Marktführer des wissenschaftlichen Ghostwritings präsentiert. So verlangte er je nach Umfang etwa für eine Dissertation zwischen 10.000 EUR und 20.000 EUR. Auf seiner Internetseite hatte der Beklagte ferner darauf hingewiesen, dass das Angebot sich nur auf wissenschaftliche Texte für Übungszwecke beziehe, die erstellten Arbeiten nicht als eigene Prüfungsleistung bei einer Hochschule eingereicht werden dürften. Der Kläger, ebenfalls Ghostwriter, der auch die Erstellung anderer wissenschaftlicher Texte für Unternehmen und Institutionen anbietet, ist gegen die Behauptung vorgegangen, der Beklagte sei Marktführer. Der Beklagte gehöre weder nach Umsatz noch nach seinem Angebot zur Spitzengruppe. Das Landgericht Wuppertal hatte den Unterlassungsantrag zurückgewiesen.

Das OLG hat dem Beklagten auf die Berufung des Klägers untersagt, mit der Behauptung zu werben, er sei Marktführer. Der Beklagte könne schon deshalb nicht zu den Marktführern des wissenschaftlichen Ghostwritings gehören, weil er ausschließlich verbotene Dienstleistungen, nämlich Abschlussarbeiten zum Erwerb akademischer Grade für Dritte zu erstellen, anbiete. Der Hinweis auf der Internetseite, dass die Arbeiten nur zu Übungszwecken verwendet werden dürften, sei ersichtlich nicht ernst gemeint. Es sei lebensfremd, dass jemand mehr als 10.000 EUR für einen bloßen Übungstext zahle (OLG Düsseldorf, I-20 U 116/10).

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Rosenmontagszug: Kein Schadenersatz für Verletzung durch Schokoriegelwurf

Manchmal ist Aschermittwoch doch nicht alles vorbei. In einigen Fällen hat die jecke Karnevalszeit noch längere Auswirkungen.

Das musste eine Besucherin des Rosenmontagszugs in Köln erfahren. Beim Feiern am närrischen Lindwurm wurde sie von einem Schokoriegel im Gesicht getroffen. Dabei erlitt sie eine Verletzung am Auge. Ihre Klage auf Schadenersatz blieb jedoch ohne Erfolg. Das Amtsgericht (AG) Köln begründete seine Entscheidung damit, dass jeder Teilnehmer am Rosenmontagszug damit rechnen müsse, von Wurfgegenständen getroffen zu werden. Die Argumentation der Klägerin „es hätte nicht geworfen werden dürfen“ sei fern jeder Lebensrealität. Im Karneval sei es schon traditionell üblich und erlaubt, mit Süßigkeiten zu werfen. Jeder Zuschauer müsse daher aufpassen oder aber vom Zug fernbleiben (AG Köln, 123 C 254/10).

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Autokauf: Bezeichnung als „Bastlerfahrzeug“ muss Gewährleistung nicht ausschließen

Die Bezeichnung eines Autos als „Bastlerfahrzeug“ kann einen Gewährleistungsausschluss beinhalten. Wird der Begriff jedoch in den allgemeinen Geschäftsbedingungen an unauffälliger Stelle versteckt, ist der Ausschluss nicht wirksam vereinbart.

So entschied das Amtsgericht (AG) München im Fall eines Mannes, der bei einem Autohändler einen gebrauchten Jeep Wrangler, einen Geländewagen mit Allradantrieb zum Kaufpreis von 4.400 EUR gekauft hatte. Später stellte sich heraus, dass der Allradantrieb nicht funktionierte. Daraufhin trat der Käufer vom Kaufvertrag zurück und wollte seinen Kaufpreis wieder. Der Verkäufer weigerte sich zu zahlen. Laut Kaufvertrag sei ein sogenanntes Bastlerauto verkauft worden. Damit seien Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen worden. Außerdem handele es sich um einen bloßen Verschleiß des verkauften Autos.

Der zuständige Richter des Amtsgerichts München gab dem Käufer jedoch recht: Ein Allradantriebsfahrzeug könne als solches nur bezeichnet werden, wenn auch alle Räder angetrieben werden. Dies würde von einem Verbraucher bei einem Jeep vorausgesetzt. Damit habe der Verkäufer zumindest stillschweigend eine Eigenschaft des Autos zugesichert, die dann nicht vorgelegen habe. Auf das Alter des Fahrzeugs komme es daher nicht an. Auf einen möglichen Verschleiß könne sich der Verkäufer nicht berufen. Das Gericht glaube dem Verkäufer auch nicht, dass er als professioneller Gebrauchtwagenhändler niemals die Funktionsfähigkeit überprüft habe. Schließlich sei auch kein Gewährleistungsausschluss wirksam vereinbart worden. Zwar könne es Fallgestaltungen geben, wo durch die Bezeichnung „Bastlerauto“ ein solcher Ausschluss wirksam vereinbart werden könne, z.B., wenn ein nicht fahrbereites Auto erworben werde. Hier sei das Wort „Bastlerfahrzeug“ jedoch Bestandteil einer allgemeinen Geschäftsbedingung. Die Bezeichnung „Bastlerfahrzeug“ sei dabei unauffällig in den Text eingefügt. Die Schriftgröße sei deutlich kleiner als die sonstige Beschreibung des Fahrzeugs. Im Gegensatz zum anderen Text sei die Bezeichnung auch nicht durch Fettdruck hervorgehoben, sodass der Käufer visuell durch den restlichen Text davon abgelenkt würde. Ein solch versteckt angebrachter Ausschluss sei unwirksam. Der Käufer könne daher die 4.400 EUR zurückverlangen (AG München, 155 C 22290/08).

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Verkehrsrecht

Aktuelle Gesetzgebung: Neuer Sonderführerschein für Rettungskräfte rückt näher

Der Bundesrat hat gegen die von der Bundesregierung geplante Sonderfahrberechtigung für Rettungskräfte im Wesentlichen keine Einwände erhoben. Er regte lediglich an, die Gruppe der zukünftig Berechtigten auch auf die bisher im Gesetzentwurf nicht genannten Angehörigen der „sonstigen Einheiten“ des Katastrophenschutzes auszudehnen.

Mit der Vorlage kommt die Bundesregierung einer wiederholt vorgetragenen Forderung des Bundesrats nach. Dieser hatte zuletzt im Juli 2010 einen Gesetzentwurf beschlossen, der die Einsatzfähigkeit von Rettungsorganisationen durch den erleichterten Erwerb von Fahrberechtigungen zum Führen von Einsatzfahrzeugen erhöhen sollte. Hierzu schlugen die Länder eine neue Sonderfahrberechtigung für entsprechende Fahrzeuge bis zu einer Gesamtmasse von 7,5 Tonnen vor.

Mit ihrem Gesetzentwurf setzt die Bundesregierung das Anliegen des Bundesrates um. Künftig sollen die Landesregierungen ehrenamtlich tätigen Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, der Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks und des Katastrophenschutzes spezielle Fahrberechtigungen für Einsatzfahrzeuge bis 7,5 Tonnen Gesamtmasse erteilen können. Voraussetzung ist, dass der Fahrer mindestens seit zwei Jahren eine Fahrerlaubnis der Klasse B besitzt, in das Führen von Einsatzfahrzeugen eingewiesen wurde und seine Befähigung in einer praktischen Prüfung nachgewiesen hat. Einweisung und Prüfung können die betroffenen Organisationen selbst durchführen.

Hintergrund der Initiative ist, dass den Rettungsorganisationen immer weniger Fahrer für Einsatzfahrzeuge zur Verfügung stehen, da seit 1999 mit einer Fahrerlaubnis der Klasse B nur noch Kraftfahrzeuge bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 Tonnen gefahren werden dürfen.

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Motorschaden: Bei Falschtanken durch Mitarbeiter haftet die Tankstelle

Die Vertretungsmacht (Handlungsvollmacht) eines Stationsleiters einer Tankstelle erstreckt sich auf die Abgabe eines Schuldanerkenntnisses zur Regelung von Schadenersatzansprüchen eines Kunden wegen Falschbetankung seines Fahrzeugs.

Mit dieser Begründung verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm einen Tankstelleninhaber auf Schadenersatz. Unstreitig war einem Mitarbeiter der Tankstelle ein Fehler beim Betanken unterlaufen, indem ein falscher Kraftstoff eingefüllt worden war. Strittig war, ob die beklagte Tankstellenbetreiberin schon aufgrund eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses ihres Stationsleiters haftet, und ob der Kunde sich ein Mitverschulden anrechnen lassen muss.

In beiden Punkten hat das OLG zugunsten des geschädigten Autofahrers entschieden. So machten die Richter deutlich, dass sich der Inhaber der Tankstelle daran festhalten lassen müsse, wenn sein Mitarbeiter einen Fehler eingestehe und Schadenersatz zusage. Außerdem müsse sich ein Tankstellenkunde kein Mitverschulden an der Entstehung eines Motorschadens wegen der Falschbetankung anrechnen lassen, wenn er erst nach einer Strecke von rund 40 km merkt, dass mit dem Motor seines Pkw etwas nicht in Ordnung ist (OLG Hamm, I-19 U 85/10).

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Berufungshauptverhandlungstermin: Ausbleiben wegen Zwangsräumung

Die für den Terminstag angedrohte Zwangsräumung der Wohnung kann für den Angeklagten, der Berufung eingelegt hat, einen hinreichenden Entschuldigungsgrund darstellen, im Termin der Berufungshauptverhandlung fernzubleiben.

Mit dieser Entscheidung rettete das Oberlandesgericht (OLG) Köln den Angeklagten aus einem Dilemma: Ausgerechnet am Tag seiner Berufungsverhandlung wollte der Vermieter seine Wohnung räumen lassen. Um sein Hab und Gut zu sichern, ließ der Angeklagte den Gerichtstermin sausen. Daraufhin wies das Berufungsgericht wegen seiner Abwesenheit die Berufung zurück. Das OLG entschied nun, dass die Verhandlung nachgeholt werden könne, da der Angeklagte hinreichend entschuldigt war. Allerdings wiesen die Richter auch darauf hin, dass eine anstehende Zwangsräumung nicht zwangsläufig dazu führe, dass die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung in einem solchen Fall stets zurückzutreten hätte. Der Angeklagte müsse vielmehr im Rahmen des Möglichen geeignete Schritte unternehmen, um trotz der angekündigten Zwangsräumung auch an der Hauptverhandlung teilnehmen zu können. Sollte dies ausnahmsweise nicht möglich sein, müsse dies umfassend begründet werden (OLG Köln, III 1 Ws 159/10).

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Fahrtenbuchauflage: Neun Monate sind bei Verkehrsverstoß mit einem Punkt zu viel

Ist ein Verkehrsverstoß nach dem Bundeverkehrszentralregister in Flensburg mit einem Punkt zu bestrafen, darf die zuständige Behörde ohne Prüfung des Einzelfalls nicht anordnen, für neun Monate ein Fahrtenbuch zu führen.

Mit dieser Entscheidung gab das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen einem Autofahrer recht, der sich gegen eine entsprechende Anordnung vor Gericht zur Wehr gesetzt hatte. Den Richtern reichte dabei insbesondere der pauschale Verweis der Behörde auf eine entsprechende Verwaltungspraxis nicht aus. Zwar sei der Behörde zuzugestehen, dass eine schematische Behandlung der Vorfälle anhand der Schwere des Verstoßes grundsätzlich zulässig sei. Dies diene auch einer Gleichbehandlung. Allerdings reiche es nicht aus, auf diese internen Vorgaben lediglich hinzuweisen. Es müsse vielmehr auch eine Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls in der Begründung deutlich werden. So sei vorliegend zu berücksichtigen, dass lediglich ein mit einem Punkt zu bewertender Verkehrsverstoß vorliege. Zudem habe es sich um einen Erstverstoß des Autofahrers gehandelt. Daher sei eine Dauer von neun Monaten für das Fahrtenbuch zu lang und dem Verstoß nicht angemessen. Die Entscheidung sei daher aufzuheben (OVG Niedersachsen, 12 LB 318/08).

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Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 30. Juni 2011 beträgt 0,12 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 5,12 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 2,12 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,12 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.07 2010 bis 31.12.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2010 bis 30.06.2010: 0,12 Prozent
  • vom 01.07 2009 bis 31.12.2009: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2009 bis 30.06.2009: 1,62 Prozent
  • vom 01.07.2008 bis 31.12.2008: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2008 bis 30.06.2008: 3,32 Prozent
  • vom 01.07.2007 bis 31.12.2007: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2007 bis 30.06.2007: 2,70 Prozent
  • vom 01.07.2006 bis 31.12.2006: 1,95 Prozent
  • vom 01.01.2006 bis 30.06.2006: 1,37 Prozent
  • vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent
  • vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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Steuertermine im Monat April 2011

Im Monat April 2011 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:

Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Umsatzsteuer - mittels Barzahlung - bis zum 11.4.2011 und - mittels Zahlung per Scheck - bis zum 8.4.2011.

Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Lohnsteuer - mittels Barzahlung - bis zum 11.4.2011 und - mittels Zahlung per Scheck - bis zum 8.4.2011.

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung auf das Konto des Finanzamtes endet am 14.4.2011. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!

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