Monatsbrief Mai 2010

WCR-B-05-2010

Inhaltsverzeichnis:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

Vertragsgestaltung: Nicht jede Nebentätigkeit beim Konkurrenten des Arbeitgebers darf verboten werden

Einem Arbeitnehmer ist während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt. Das gilt auch bei Nebentätigkeiten, sofern diesen nicht jede unterstützende Tätigkeit für das Konkurrenzunternehmen abgesprochen werden kann.

Diese Entscheidung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Arbeitnehmerin, die langjährig als Briefsortiererin mit 15 Wochenstunden bei der beklagten Deutschen Post AG beschäftigt war. Im Jahre 2006 teilte sie ihrem Arbeitgeber mit, dass sie frühmorgens eine Nebentätigkeit als Zeitungszustellerin mit einer Wochenarbeitszeit von sechs Stunden bei einem anderen Unternehmen ausüben wolle. Dieses andere Unternehmen stellt nicht nur Zeitungen, sondern auch Briefe und andere Postsendungen zu. Die vorgesehene Tätigkeit der Arbeitnehmerin beschränkt sich auf die Zustellung von Zeitungen. Der Arbeitgeber untersagte die Ausübung der Nebentätigkeit. Er berief sich auf die einschlägige Tarifregelung, die die Untersagung u.a. aus Gründen des unmittelbaren Wettbewerbs ermöglicht. Hiergegen wendet sich die Arbeitnehmerin. Sie macht insbesondere geltend, dass sie wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung auf die Einnahmen aus der Nebentätigkeit angewiesen sei.

Das BAG stellte klar, dass die Arbeitnehmerin die betreffende Nebentätigkeit ausüben dürfe. Ob nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen auch bei untergeordneten Tätigkeiten jede Unterstützung eines Konkurrenzunternehmens verboten sei, erscheine zweifelhaft, könne aber dahinstehen. Die anwendbare Tarifregelung lasse eine Untersagung jedenfalls nur bei unmittelbarer Wettbewerbstätigkeit zu. Sie weiche deshalb zugunsten der Arbeitnehmer von den allgemeinen Grundsätzen ab. Eine unmittelbare Wettbewerbstätigkeit liege nicht vor. Zwar würden sich die beiden Unternehmen mindestens bei der Briefzustellung in Konkurrenz zueinander befinden. Die Arbeitnehmerin sei aber bei der Nebentätigkeit weder in der Briefzustellung tätig, noch überschnitten sich ihre Tätigkeiten bei den beiden Unternehmen. Durch die Nebentätigkeit würden keine schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt. Die nur untergeordnete wirtschaftliche Unterstützung des Konkurrenzunternehmens reiche nicht aus (BAG, 10 AZR 66/09).

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Tarifrecht: Zulage für ständige Wechselschichtarbeit ist auch bei Urlaub zu zahlen

Nach den Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst in der für kommunale Krankenhäuser geltenden Fassung (TVöD-K) haben Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit leisten, Anspruch auf eine Zulage von 105 EUR monatlich. Beschäftigte, die ständig Schichtarbeit leisten, erhalten 40 EUR monatlich. Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan/Dienstplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen der Beschäftigte längstens nach Ablauf eines Monats erneut zu mindestens zwei Nachtschichten herangezogen wird.

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Krankenpflegers, der in Wechselschicht bei der Beklagten tätig war. Die Beklagte legte bis zum 15. eines jeden Monats die Einteilung der Arbeitnehmer für den Folgemonat fest. Der Kläger hatte von Mitte August bis Mitte September Erholungsurlaub. Er hat deswegen erst nach mehr als einem Monat wieder in Nachtschichten gearbeitet. Ohne urlaubsbedingte Freistellung wäre er spätestens nach Ablauf eines Monats erneut zu mindestens zwei Nachtschichten herangezogen worden. Die Arbeitgeberin hat dem Kläger für den Monat September nur die Zulage für ständige Schichtarbeit, nicht aber die für ständige Wechselschichtarbeit gezahlt. Die Differenz macht er im vorliegenden Rechtsstreit geltend.

Das BAG hat der Klage stattgegeben. Falle eine tariflich für den Zulagenanspruch geforderte Schicht nur deshalb aus, weil der Beschäftigte wegen der Gewährung von Erholungsurlaub oder aus anderen im Tarifvertrag genannten Gründen (z.B. Arbeitsunfähigkeit während des Entgeltfortzahlungszeitraums) von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei sei, so stehe dies dem Anspruch auf die Zulage für ständige Wechselschichtarbeit nicht entgegen. Entscheidend sei, ob der Beschäftigte ohne die Arbeitsbefreiung die geforderten Schichten geleistet hätte. Den tariflichen Regelungen lasse sich nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit ein Abweichen von den Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes oder des Entgeltfortzahlungsgesetzes zulasten der Beschäftigten entnehmen (BAG, 10 AZR 58/09).

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Feiertagszuschläge: Ostersonntag ist kein gesetzlicher Feiertag

Auch wenn ein Tarifvertrag Zuschläge für gesetzliche Feiertage vorsieht, haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Zahlung eines Feiertagszuschlags für die Arbeiten am Ostersonntag oder am Pfingstsonntag. Diese beiden Feiertage sind nämlich keine gesetzlichen Feiertage, wie das Bundesarbeitsgericht aktuell klargestellt hat (BAG, 5 AZR 317/09).

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AGG: Keine Entschädigung bei Stellenablehnung als „Ossi"

Eine Stellenbewerberin kann bei einer Ablehnung als „Ossi“ keine Entschädigung wegen einer Benachteiligung aus Gründen der ethnischen Herkunft als Ostdeutsche verlangen.

Dies hat das Arbeitsgericht (ArbG) Stuttgart im Fall einer aus der ehemaligen DDR stammenden Frau entschieden. Diese hatte sich bei einem Unternehmen in Stuttgart erfolglos beworben. Auf dem zurückgesendeten Lebenslauf befand sich unter anderem der Vermerk „(-)OSSI“. Der Arbeitgeber, der nach eigener Darstellung mehrere Mitarbeiter aus Ostdeutschland beschäftigt, hatte vorgebracht, die Stellenabsage sei nicht wegen der Herkunft der Klägerin erfolgt. Die Frau verlangte daraufhin eine auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gestützte Entschädigung.

Diese Entschädigung wurde ihr vom ArbG jedoch versagt. Das Gericht hat hierzu ausgeführt, die Bezeichnung als „Ossi“ könne zwar diskriminierend gemeint sein und/oder so empfunden werden. Sie erfülle jedoch nicht das Merkmal der ethnischen Herkunft im Sinne des AGG. § 1 AGG lautet: „Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen“. Bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot sieht das Gesetz in § 15 Abs. 1 und 2 Schadenersatz- und/oder Entschädigungsansprüche vor. Selbst wenn davon ausgegangen werde, so das Gericht, dass mit dem Begriff „Ethnie“ Populationen von Menschen beschrieben werden, die durch ihre Herkunft, ihre Geschichte, ihre Kultur, durch ihre Verbindung zu einem spezifischen Territorium und durch ein geteiltes Gefühl der Solidarität verbunden sind, so werde die Bezeichnung „Ossi“ nicht dem Begriff der Ethnie als Gesamtgefüge dieser Elemente gerecht. Die Gemeinsamkeit ethnischer Herkunft könne sich in Tradition, Sprache, Religion, Kleidung oder in gleichartiger Ernährung ausdrücken. Außer der Zuordnung zum ehemaligen DDR-Territorium fehle es bei den „Ossis“ an diesen Merkmalen, zumal die DDR nur wenig mehr als eine Generation, nämlich 40 Jahre lang, eine von der Bundesrepublik unterschiedliche Entwicklung genommen habe (ArbG Stuttgart, 17 Ca 8907/09).

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AGG: Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft durch Ausgestaltung des Auswahlverfahrens

Ein kurzer unangemeldeter Telefonanruf beim Bewerber ist nicht geeignet, eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung seiner Deutschkenntnisse zu liefern. Lässt sich der Arbeitgeber bei seiner Auswahlentscheidung alleine hiervon leiten, liegt darin ein zum Schadenersatz verpflichtender Verstoß gegen das Verbot der mittelbaren Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft.

Diese Entscheidung traf das Arbeitsgericht (ArbG) Hamburg im Fall eines Unternehmens der Postbranche, das Postzusteller suchte. Die Stellenausschreibung sah vor, dass die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrscht wird. Hierauf bewarb sich der an der Elfenbeinküste geborene Kläger, dessen Muttersprache Französisch ist. Bei Bewerbungen dieser Art nahm der Arbeitgeber üblicherweise den Erstkontakt über das Telefon auf. Auch der Kläger wurde aufgrund seiner Bewerbung von einer Mitarbeiterin des Arbeitgebers angerufen. Sie fragte ihn, ob er Fahrrad fahren könne. Da die Mitarbeiterin bei dem Telefongespräch zu der Einschätzung gelangte, dass der Kläger sich nicht ansprechend klar und deutlich in deutscher Sprache auszudrücken vermochte, wurde die Bewerbung des Klägers abgelehnt. Dieser fühlte sich durch diese Vorgehensweise diskriminiert und verlangte Schadenersatz.

Das ArbG gab ihm recht. In der Vorgehensweise des Arbeitgebers liege nach Ansicht des Gerichts eine mittelbare Benachteiligung von Bewerbern, deren Muttersprache nicht deutsch sei. Denn für Angehörige anderer Ethnien sei es typischerweise schwerer als für muttersprachlich deutsche Bewerber, bei dem telefonischen Erstkontakt ein ansprechend klares und deutliches Ausdrucksvermögen in deutscher Sprache zu zeigen. Das vom Arbeitgeber angewandte Auswahlverfahren sei nicht durch ein legitimes Ziel sachlich gerechtfertigt. Das Verfahren sei weder geeignet noch erforderlich, um zu ermitteln, ob ein Bewerber die für die Tätigkeit eines Postzustellers notwendigen Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift mitbringe. Zum einen sei ein kurzer telefonischer Kontakt keine hinreichende Grundlage, um die sprachlichen Fähigkeiten des Bewerbers festzustellen. Zum anderen sei das herangezogene Auswahlkriterium - nämlich das ansprechend klare und deutliche Ausdrucksvermögen in deutscher Sprache (am Telefon) - für die zu besetzende Stelle eines Postzustellers nicht angemessen. Erforderlich sei für einen Postzusteller lediglich eine für die Kundenkommunikation und die Kommunikation mit dem Arbeitgeber und den Kollegen hinreichende Sprachkenntnis in Wort und Schrift (ArbG Hamburg, 25 Ca 282/09).

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Baurecht

Abnahme: Tragwerksplanung kann auch konkludent abgenommen werden

Eine Tragwerksplanung kann auch konkludent - also durch ein schlüssiges Verhalten - abgenommen werden.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) kann ein solches konkludentes Verhalten darin liegen, dass der Besteller nach Fertigstellung der Leistung, Bezahlung der Rechnung des Tragwerkplaners und mehrere Monate nach Einzug in das nahezu fertiggestellte Bauwerk keine Mängel der Tragwerksplanung rügt.

Hinweis: Eine solche konkludente Abnahme birgt eine besondere Gefahr für den Besteller. Auch hier erleidet er nämlich einen Rechtsverlust, wenn er sich die Rechte wegen der ihm bekannten Mängel nicht vorbehält (BGH, VII ZR 64/09).

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Gewährleistungsfrist: Leistungen von Vermessungsingenieuren

Gewährleistungsansprüche wegen behaupteter Mängel an Vermessungsleistungen verjähren in zwei Jahren, wenn diese lediglich die planmäßige Erfassung des Leistungsnetzes zum Gegenstand haben und nur für die Durchführung zukünftiger Erhaltungsmaßnahmen von Bedeutung sind, aber weder der Herstellung noch der grundlegenden Erneuerung oder Erweiterung des Leitungsnetzes dienen.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem entsprechenden Fall und wies eine Mängelanspruchs-Klage wegen Verjährung ab. Die Richter machten dabei deutlich, dass vorliegend die zweijährige Verjährungsfrist gelte. Diese finde Anwendung für Werke, deren Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache oder in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür bestehe. Die fünfjährige Verjährungsfrist gelte dagegen nur für Ansprüche bei einem Bauwerk und einem Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsarbeiten hierfür bestehe (OLG Köln, 11 U 3/10).

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Ausschreibungsverfahren: Auch einzelne Einheitspreise können sittenwidrig sein

Ein spekulatives Bieterverhalten (bis zu 560-facher Überschreitung des durchschnittlichen Preises für eine Einzelposition bei einem Einheitspreisvertrag) ist auch dann nicht schützenswert, wenn durch die anstößig überhöhte Position Verluste bei anderen Positionen ausgeglichen werden sollen.

Das verdeutlichte das Oberlandesgericht (OLG) Dresden im Fall eines Bauunternehmers, der bei einer öffentlichen Ausschreibung den Zuschlag für den Neubau einer Halle erhalten hatte. Bei der Position „Unterstützungskörbe“ hatte er für die ausgeschriebene Menge von 5 kg einen Einheitspreis von 843 EUR/kg eingetragen. Der günstigste Bieter hatte 1,34 EUR gefordert, der Durchschnittsbetrag lag bei 6,15 EUR. Diese starke Abweichung fiel auf, weil tatsächlich 530 kg verbaut - und berechnet - wurden. Der Bauherr weigerte sich, die geforderten 509.515 EUR für 525 kg Baustahl zu zahlen.

Die Klage des Bauunternehmers blieb erfolglos. Die Richter schrieben ihm ins Stammbuch, dass auch einzelne Einheitspreise sittenwidrig sein können, selbst wenn der Gesamtpreis trotz Mengenmehrung noch nicht anstößig werde. Der Unternehmer dürfe wegen des bauvertraglichen Kooperationsgebots Ausschreibungsfehler nicht zu unangemessenem Gewinn nutzen. Auch wenn er hier bei Zugrundelegung von geringeren Mehrmengen in dieser Position lediglich Wagnis und Gewinn in Höhe von ca. 57.000 EUR oder 2,33 Prozent auf die Gesamtauftragssumme kalkuliert und zum Ausgleich bei allen anderen Positionen auf jegliche Gewinnanteile verzichtet habe, ergebe sich nichts anderes. Er habe damit eingeräumt, das Vergabeverfahren bewusst missbraucht zu haben, um sich regelwidrig einen Vorteil zu verschaffen (OLG Dresden, 4 U 1070/09).

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Familien- und Erbrecht

Aktuelles: Versorgungsausgleichskasse ging am 1.4.2010 an den Start

Mit der Versorgungsausgleichskasse hat zum 1.4.2010 eine neue Pensionskasse den Betrieb aufgenommen, die mit der Strukturreform des Versorgungsausgleichsrechts im September 2009 beschlossen worden war. In die Versorgungsausgleichskasse können in Zukunft nach einer Scheidung die Betriebsrentenansprüche des ausgleichsberechtigten Ehepartners fließen.

Zum Hintergrund: Nach der Reform des Versorgungsausgleichs werden Betriebsrentenansprüche künftig unmittelbar in den jeweiligen Betriebsrentensystemen geteilt: Der Arbeitgeber des ausgleichspflichtigen Ehepartners muss den ausgleichsberechtigten Ehepartner im Normalfall in sein Versorgungssystem aufnehmen (interne Teilung). Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch der anteilige Betriebsrentenanspruch ausgezahlt werden (externe Teilung). Bei Auszahlung kann der ausgleichsberechtigte Ehepartner entscheiden, in welche andere - bestimmten Mindestanforderungen genügende - Alterssicherung der Kapitalbetrag fließen soll. Das kann zum Beispiel eine Riester-Rente oder auch die gesetzliche Rentenversicherung sein. Trifft der Ehepartner keine Wahl, fließt das Kapital ab sofort automatisch in die neue kapitalgedeckte Versorgungsausgleichskasse. Diese zahlt dann eine monatliche Zusatzrente im Alter. Die neue Kasse garantiert dabei Leistungen nach gesetzlich festgelegten Kriterien. Abschlusskosten werden von ihr nicht erhoben. Ein Zugriff auf das von der Kasse verwaltete Kapital vor Rentenbeginn ist wie bei der betrieblichen Altersversorgung ausgeschlossen. Die neue Pensionskasse ist zudem Pflichtmitglied beim Sicherungsfonds "Protektor" und damit gegen Insolvenzrisiken geschützt.

Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.versorgungsausgleichskasse.de.

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Ehegattenunterhalt: Feststellung der Erwerbsobliegenheit im Abänderungsverfahren

Hat das Gericht dem unterhaltsberechtigten Ehegatten im Vorprozess keine zusätzlichen Erwerbseinkünfte fiktiv zugerechnet und damit zugleich entschieden, dass er seiner Erwerbsobliegenheit genügt hat, ist diese Feststellung auch im Abänderungsverfahren maßgebend.

Deshalb könne der Unterhaltsverpflichtete in einem solchen Fall nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht einwenden, der Unterhaltsberechtigte erleide bei Aufnahme der ihm obliegenden Erwerbstätigkeit keinen ehebedingten Nachteil, weshalb eine Befristung des Unterhalts aus diesem Gesichtspunkt ausscheidet. Etwas anders gelte nach Ansicht der Richter nur, wenn der Unterhaltsverpflichtete eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse dargelegt habe, die eine solche Obliegenheit im Nachhinein begründen könnte (BGH, XII ZR 100/08).

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Elternunterhalt: Erfüllung der Unterhaltspflicht auch durch häusliche Pflege möglich

Betreut ein Kind einen pflegebedürftigen Elternteil, kann es seine Unterhaltspflicht durch in Natur erbrachte Unterhaltsleistungen erfüllen. Daneben besteht kein Anspruch auf eine Geldrente. Damit entfällt ein zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch, der auf den Träger der Sozialhilfe übergehen könnte.

Mit dieser Begründung wies das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg die Klage eines Sozialhilfeträgers gegen die Tochter einer 90-jährigen, nahezu erblindeten und stark dementen Seniorin ab. Die Mutter lebte in einem Pflegeheim. Da ihre Renteneinkünfte nicht ausreichten, erhielt sie von dem Sozialhilfeträger einen monatlichen Zuschuss von 700 EUR. Nunmehr nahm der Sozialhilfeträger die Tochter auf Zahlung eines monatlichen Betrags von 106 EUR in Anspruch. Dazu hat sie vorgetragen, dass die Tochter diesen Betrag aufbringen könne. Sie verfüge selbst zwar nur über ein Renteneinkommen von rund 1.190 EUR. Zusammen mit der Rente ihres Ehemanns komme aber ein Familieneinkommen von rund 3.110 EUR zusammen.

Das OLG hielt die Inanspruchnahme jedoch für unberechtigt. Der Sozialhilfeträger haben keinen Anspruch auf Barunterhalt gegen die Tochter. Ein solcher könne sich nur aus dem Sozialgesetzbuch SGB XII ergeben. Zwar werde die Unterhaltsrente grundsätzlich in Geld geschuldet. Abweichungen durch Vereinbarungen der Unterhaltsbeteiligten seien jedoch möglich und könnten auch stillschweigend getroffen werden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Tochter erhebliche Versorgungs- und Pflegeleistungen für ihre Mutter im Heim für betreutes Wohnen übernehme. Erbringe ein Kind aber erhebliche Leistungen zur häuslichen Pflege, stelle sich die Inanspruchnahme auf ergänzenden Barunterhalt zugleich als unzumutbare Härte im Sinne des Gesetzes dar. Dies gelte insbesondere, wenn der Leistungsträger durch die familiäre Pflege weitere Leistungen erspare, die das von ihm gezahlte Pflegegeld noch deutlich übersteigen (OLG Oldenburg, 14 UF 134/09).

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Schwedischer Erblasser: Keine Erhöhung der Erbquote nach deutschem Güterrecht

Findet nach einem Erbfall ausländisches Erbrecht und deutsches Güterrecht Anwendung, so erhöht sich die Erbquote der Ehefrau nach § 1371 BGB nicht, wenn das ausländische Erbrecht eine solche Quotenregelung nicht kennt.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. im Fall eines schwedischen Erblassers und seiner deutschen Frau, die in Deutschland geheiratet und hier auch ihren Lebensmittelpunkt hatten. Der Erblasser war in erster Ehe mit einer Schwedin verheiratet, die verstorben ist. Aus dieser Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, die schwedische Staatsangehörige sind. Ein Testament liegt nicht vor. Das Amtsgericht hatte durch Vorbescheid die Erteilung eines Erbscheins angekündigt, der die Ehefrau zu 1/2 und die beiden Kinder zu je 1/4 als Erben ausweist. Auf die Beschwerde der Kinder hob das Landgericht (LG) den Beschluss auf.

Das OLG bestätigte nun die LG-Entscheidung. Hauptstreitpunkt war, ob der Erbteil der Ehefrau - wie im Vorbescheid angekündigt - über § 1371 BGB aufgestockt werden muss. Danach erhält die Ehefrau als Zugewinnausgleich neben ihrem normalen Erbteil zusätzlich 1/4 der Erbschaft ihres verstorbenen Mannes. Die Richter machten deutlich, dass sich das Erbstatut des Erblassers hier nach schwedischem Erbrecht richte. Danach erben die Beteiligten hier zu je 1/3, weil die beiden Kinder keine gemeinsamen Kinder des Erblassers und der erbenden Ehefrau seien. Für diesen Fall des Zusammentreffens von ausländischem Erbrecht und deutschem Güterrecht komme eine Aufstockung des Erbteils des Ehegatten nicht in Betracht, wenn das ausländische Erbrecht eine solche Quotenbildung nicht kenne. Die Anwendung der Quotenregelung auf das schwedische Erbrecht würde zur Folge haben, dass die Ehefrau mehr erben würde, als ihr nach deutschem Erbrecht zustehe, nämlich 1/3 zuzüglich 1/4 mithin 7/12, statt 1/2 (6/12). Die deutsche erbrechtliche Lösung des Güterrechts dürfe nicht über die Erbquote in das schwedische Erbrecht hineinwirken (OLG Frankfurt a.M., 20 W 80/07).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)

Mietmangel: Anspruch auf Elektrizitätsversorgung für haushaltsübliche Geräte

Der Mieter hat grundsätzlich Anspruch auf eine Elektrizitätsversorgung, die zumindest den Betrieb eines größeren Haushaltsgeräts wie einer Waschmaschine und gleichzeitig weiterer haushaltsüblicher Geräte wie zum Beispiel eines Staubsaugers ermöglicht.

Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Rechtsstreit. Nach Ansicht der Richter könne der Mieter nur auf eine unterhalb dieses Mindeststandards liegende Beschaffenheit bei einer eindeutigen Vereinbarung verwiesen werden. Dem genüge eine Formularklausel, nach der der Mieter in der Wohnung Haushaltsmaschinen nur im Rahmen der Kapazität der vorhandenen Installationen aufstellen dürfe, nicht (BGH, VIII ZR 343/08).

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Wohnflächenberechnung: Ermittlung bei einer Maisonettewohnung

Der Bundesgerichtshof (BGH) setzt seine Rechtsprechung zur Wohnflächenberechnung weiter fort. Zur Ermittlung der Wohnfläche einer Maisonettewohnung haben die Richter nun entschieden, dass die Fläche des zu Wohnzwecken mitvermieteten Galeriegeschosses unabhängig davon zu berücksichtigen sei, ob die Räume des Galeriegeschosses nach bauordnungsrechtlichen Vorschriften deswegen nicht zur Wohnfläche zu rechnen sind, weil sie zu weniger als der Hälfte der Grundfläche eine lichte Höhe von mehr als 2,20 m aufweisen und deshalb nicht als Aufenthaltsräume gelten. Die öffentlich-rechtlichen Nutzungsbeschränkungen müssten bei der Berechnung außer Acht bleiben, da das Galeriegeschoss ausdrücklich als Wohnraum mitvermietet worden sei (BGH, VIII ZR 39/09).

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Schadenersatz: Das Abholzen von Bäumen auf einem Miet-Grundstück kann teuer werden

Der Mieter einer Mietsache darf das Eigentum des Vermieters nicht schädigen. Wenn der Mieter eines Grundstücks ohne vorherige Zustimmung des Grundstückeigentümers zahlreiche Bäume auf dem Grundstück fällt, macht er sich daher schadenersatzpflichtig.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg in einem Rechtsstreit zwischen Mieter und Vermieter eines Grundstücks. Auf diesem Grundstück ließ der Mieter insgesamt 55 Bäume fällen, um die Sicherheit der von ihm betriebenen Anlage zu erhöhen. Der Vermieter erfuhr erst später hiervon. Er verklagte den Mieter auf rund 40.000 EUR Schadenersatz, weil er das Grundstück mit Baumbestand für einen höheren Kaufpreis hätte verkaufen können. Die Bäume hätten einen Sichtschutz geboten. Ein fest zum Kauf entschlossener Käufer hatte nach den Baumfällarbeiten kein Interesse mehr an dem Grundstück.

Das OLG war gleicher Ansicht wie der Vermieter und verurteilte den Mieter zum Schadenersatz. Dieser habe schuldhaft seine Pflichten aus dem Mietvertrag verletzt, da ein Einverständnis des Grundstückseigentümers mit den Baumfällarbeiten nicht vorgelegen habe. Die Höhe des Schadenersatzes ergebe sich aus dem entgangenen Gewinn des Vermieters (OLG Oldenburg, 14 U 77/09).

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WEG: Vermietung der Eigentumswohnung an Feriengäste

Wenn die Teilungserklärung nichts anderes bestimmt und die Wohnungseigentümer nichts anderes vereinbart haben, ist die Vermietung einer Eigentumswohnung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste Teil der zulässigen Wohnnutzung.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) hin und wies daher die Klage einer Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen der Wohnungseigentümer ab (BGH, V ZR 72/09).

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Verbraucherrecht

Reiserücktrittsversicherung: Reisestornierung trotz Vorerkrankung

Ein Anspruch aus einer Reiserücktrittskostenversicherung kann auch begründet sein, wenn dem Versicherten, der bereits unter Rückenschmerzen leidet, erst nach Reisebuchung bekannt wird, dass er wegen eines akuten Bandscheibenvorfalls stationär operativ behandelt werden muss und er die Reise deshalb absagen muss.

Mit dieser Kernaussage entschied das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz zugunsten eines Mannes, der eine Reiserücktrittskostenversicherung abgeschlossen hatte. Nach den Versicherungsbedingungen bestand Versicherungsschutz, wenn die gebuchte Reise wegen einer „unerwarteten schweren Erkrankung” nicht angetreten werden kann. Im Oktober traten bei dem Mann nach Gartenarbeiten anhaltende Rückenschmerzen auf, die von seinem Hausarzt mit Spritzen behandelt wurden. Nach einer Besserung traten im November weitere Schmerzen auf. Anfang Dezember buchte er für sich und seine Ehefrau eine 15-tägige Rundreise durch Argentinien und Chile. Einige Tage später stellte ein Neurologe einen Bandscheibenvorfall fest und hielt eine sofortige Operation für erforderlich. Daraufhin stornierte der Mann die gebuchte Reise. Der Versicherer weigerte sich, die Stornokosten von 3.803 EUR pro Person zu übernehmen.

Die Klage des Mannes hatte Erfolg. Die Richter stellten klar, dass mit der Stornierung der Reise der Versicherungsfall eingetreten sei. Der operativ zu behandelnde Bandscheibenvorfall stelle eine unerwartete schwere Erkrankung dar. Als unerwartet sei eine Erkrankung anzusehen, die aus der subjektiven Sicht des Versicherten nicht voraussehbar ist. Die Diagnose eines operativ zu behebenden Bandscheibenvorfalls und damit die Reiseunfähigkeit des Mannes zum geplanten Reisebeginn seien aus der subjektiven Sicht des Mannes nicht mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen. Allein das Bestehen wochenlanger Rückenschmerzen begründe für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer keine Wahrscheinlichkeit eines Bandscheibenvorfalls, wenn den Beschwerden - wie hier - ein Verhebetrauma bei Gartenarbeiten vorausgegangen sei und auch der konsultierte Orthopäde als Facharzt nach gründlichen Untersuchungen keine Feststellungen getroffen habe, die auf einen akuten Bandscheibenvorfall hindeuteten. Selbst wenn aufgrund der längeren Beschwerden unklarer Ursache mit einem Bandscheibenvorfall zu rechnen gewesen wäre, habe der Mann nicht damit zu rechnen brauchen, dass die Erkrankung nur operativ zu behandeln wäre und er deshalb nicht reisefähig sein werde (OLG Koblenz, 10 U 613/09).

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Vertragsrecht: Patient muss für versäumten Massagetermin zahlen

Versäumt jemand einen vereinbarten Massagetermin, muss er beweisen, dass es ihm unmöglich war, die Massagepraxis zu besuchen, zum Beispiel durch ein ärztliches Attest. Gelingt ihm dies nicht, muss er die Massage bezahlen.

Das musste sich eine Frau vor dem Amtsgericht (AG) München sagen lassen. Sie hatte von ihrem Arzt 10 Massagen verordnet bekommen. 9 der 10 Massagen wurden in der Massagepraxis auch durchgeführt. Der letzte Termin war an einem Montag geplant, wurde aber von der Patientin nicht eingehalten. Der Inhaber der Massagepraxis stellte daraufhin 10 Termine in Rechnung. Die Patientin zahlte allerdings nicht, sondern wollte eine Rechnung über 9 Behandlungen. Als sie weiterhin nicht zahlte, erhob der Inhaber der Praxis Klage. Die Patientin wandte ein, dass sie am Vortag einen Migräneanfall gehabt habe, der strenge Bettruhe erforderte. Sie habe noch am gleichen Tag versucht, den Termin abzusagen. In der Praxis sei jedoch nur der Anrufbeantworter mit der Durchsage der Öffnungszeiten geschaltet gewesen. Als sie am Montagmorgen angerufen habe, sei ihr die Verlegung des Termins versagt worden. Außerdem habe sich der Masseur Aufwendungen erspart. Schließlich gäbe es in der Praxis immer auch andere Arbeiten, die er stattdessen hätte machen können.

Der zuständige Richter beim AG gab dem Masseur jedoch recht. Vorliegend handele es sich um einen Dienstvertrag. Bei einem solchen Vertragsverhältnis schulde derjenige, der Dienste in Anspruch nehme, auch die Annahme dieser Dienste. Versäume er dies, müsse er die vereinbarte Vergütung bezahlen. Aufgrund des fest vereinbarten Termins liege ein solcher Annahmeverzug vor. Die Vergütungspflicht entfalle nur, wenn es der Kundin tatsächlich unmöglich gewesen wäre, zu kommen. Dies müsste diese aber beweisen. Vorliegend sei ihr dies aber nicht gelungen. Ihr Wort allein gelte dafür nicht, ärztliche Bescheinigungen lägen nicht vor. Diese Rechtslage gelte auch für ärztliche Verordnungen. Wenn sie eine weitere Behandlung wünsche, müsse sie sich diese erneut verordnen lassen. Auch ein Abzug von den Behandlungskosten müsse nicht vorgenommen werden. Der bloße Hinweis auf vielleicht vorhandene andere Arbeiten reiche dafür nicht aus. Es hätte eine tatsächliche geldwerte Ersparnis aufseiten des Klägers vorgetragen werden müssen (AG München, 163 C 33450/08).

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Reiserecht: Minderungsquote bei Routenänderung auf einer Kreuzfahrt

Routenänderungen einer geplanten Seereise sind nur dann zulässig, wenn die Gründe hierfür nach Vertragsschluss eintreten. Entfallen bei einer Kreuzfahrt von acht vorgesehenen Anlaufhäfen drei ist eine Minderungsquote von 25 Prozent angemessen.

So entschied das Amtsgericht (AG) München im Fall eines Ehepaars, dass eine dreiwöchige Kreuzfahrt gebucht hatte. Über Durban in Südafrika sollte die Route nach Sansibar, Mombasa, Port Victoria, Safaga, Soukhna und durch den Suezkanal nach Messina, Neapel und Genua führen. Nachdem die Reisenden in Durban eingetroffen und bereits eingeschifft waren, wurde ihnen eröffnet, dass wegen möglicher Piratenattacken im Bereich der somalischen Küste im Golf von Aden die Route verändert würde. Es entfielen die Anlaufstationen Sansibar mit dem sechsstündigen Aufenthalt, Safaga und Soukhna mit jeweils geplanten elfstündigen Aufenthalten. Hinzu kam ein zusätzlicher fünfstündiger Aufenthalt im Hafen von Sharm El Sheik. Die Reisenden wollten dafür eine fünfzigprozentige Minderung des Reisepreises vom Reiseveranstalter. Dieser wollte nicht zahlen, schließlich sei die Änderung nicht wesentlich und aufgrund der Gefahrenlage auch notwendig gewesen. Routenänderungen seien nach den Geschäftsbedingungen auch zulässig.

Die zuständige Richterin beim AG München gab den Eheleuten teilweise Recht: Die Routenänderung stelle einen Mangel dar, da eine wesentliche Änderung an dem Reiseverlauf vorgenommen worden sei. Von den vorgesehenen acht Häfen seien drei entfallen. Der Ersatzhafen habe eine wesentlich kürzere Anlaufzeit gehabt. Diese Änderung sei von den Klägern auch nicht deswegen hinzunehmen, weil der Reiseveranstalter sich eine solche in den Geschäftsbedingungen vorbehalten habe. Eine solche Umstellung sei nämlich nur zulässig, wenn die Gründe dafür nach Vertragsabschluss einträten. Bei der Buchungsbestätigung sei die Gefahr durch Piratenangriffe aber bereits bekannt gewesen. Verkaufe ein Reiseunternehmen eine Reise trotz bereits bestehendem Sicherheitsrisiko, müsse sie das Anfahren entweder trotzdem ermöglichen (z.B. durch bewaffnete Patrouillenboote) oder es hinnehmen, dass die Reisenden Minderungsrechte wahrnehmen. Als Minderungsquote seien allerdings nur 25 Prozent angemessen. Hierbei sei zum einen zu berücksichtigen, dass wesentliche Teile der Reise nicht betroffen waren, da die meisten Reisetage sowieso auf See stattfänden. Auch die Verpflegung und die Unterbringung an Bord seien nicht beeinträchtigt gewesen. Andererseits seien gerade Häfen die Höhepunkte einer Kreuzfahrt. Das Reiseunternehmen selbst beschreibe die Reise als Entdeckungsreise zu drei Kontinenten, auf welcher man Afrika erkunde, auf die alten Ägypter treffe und traumhafte Inselparadiese erlebe. Durch die Routenänderung reduziere sich das Treffen mit den alten Ägyptern von zwei elfstündigen Aufenthalten auf einen fünfstündigen Aufenthalt. Durch den Wegfall von Sansibar entfalle ein Land ganz. Zwar seien rein rechnerisch nur 28 Stunden der Reisezeit entfallen, aber auch gerade die Stunden, welche das Wesen der Transatlantikkreuzfahrt als Entdeckungsreise bestimmen. In der Gesamtschau sei daher eine Minderung um 25 Prozent angemessen, wobei dafür der Gesamtreisepreis maßgebend sei (AG München, 281 C 31292/09).

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Zwangsvollstreckung: Pfändbarkeit eines Pkw, den der Ehegatte zur Erwerbstätigkeit benötigt

Ein Kraftfahrzeug, das der Ehegatte des Schuldners zur Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit benötigt, ist unpfändbar.

Diese Klarstellung traf der Bundsgerichtshof (BGH) im Fall einer Schuldnerin, gegen die eine Zwangsvollstreckung lief. Die Frau ist erwerbsunfähig und bezieht nur eine kleine Rente. Sie lebt mit ihrem Ehemann und drei Kindern in einem Dorf. Der Ehemann ist in der Kreisstadt beschäftigt. Für die Fahrten zur Arbeitsstelle und zurück benutzt er einen Pkw, der auf die Schuldnerin zugelassen ist. Die Gläubigerin hat die Gerichtsvollzieherin beauftragt, diesen Pkw zu pfänden. Das hat die Gerichtsvollzieherin abgelehnt.

Die Rechtsmittel der Gläubigerin hiergegen blieben auch beim BGH ohne Erfolg. Die Richter entschieden, dass auch die Gegenstände unpfändbar seien, die der Ehegatte des Schuldners für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit benötige. Zur Begründung haben sie unter anderem ausgeführt, dass hierdurch der Unterhalt der Familie geschützt werden solle. Durch eine Pfändung wäre die wirtschaftliche Existenz der Familie in gleicher Weise gefährdet wie durch Pfändung beim erwerbstätigen Schuldner. Welcher Ehegatte den zu pfändenden Gegenstand für seine Erwerbstätigkeit benötige, könne daher nicht entscheidend sein. Zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit erforderliche Gegenstände könnten auch Kraftfahrzeuge sein, die ein Arbeitnehmer für die täglichen Fahrten von seiner Wohnung zu seinem Arbeitsplatz und zurück benötige. Das Kraftfahrzeug sei für die Beförderung allerdings nicht erforderlich, wenn der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne. Das sei hier nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Beschwerdegerichts wegen der ungünstigen Verkehrsanbindung im ländlich geprägten Gebiet nicht der Fall (BGH, VII ZB 16/09).

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Verkehrsrecht

Unfallschadenregulierung: Fahrradfahrer auf Abwegen...

Kollidiert ein rechtsabbiegender Autofahrer mit einem ihm entgegenkommenden, also auf der falschen Straßenseite fahrenden Radfahrer, den er allerdings vorher bemerken konnte, haftet der Fahrradfahrer zu einem Drittel. Der Autofahrer muss seinen Schaden zu zwei Dritteln selbst tragen.

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht (AG) München im Fall eines Autofahrers, der mit seinem Pkw rechts abbiegen wollte. Dabei kam ihm eine Radfahrerin entgegen, die auf dem Radweg in falscher Richtung unterwegs war. Der Autofahrer sah die Radfahrerin. Nachdem er aber noch 200 Meter entfernt war, ließ er sein Auto leicht anrollen und blickte nach hinten. Beim Abbiegen kam es dann zu einer Kollision. Dabei wurden beim Pkw die Stoßstange, der Kotflügel und die Türe links verschrammt. Der Autofahrer verlangte die Reparaturkosten von ca. 2500 EUR von der Radfahrerin erstattet. Diese wollte allerdings nicht bezahlen. Schließlich habe der Autofahrer ihre Vorfahrt missachtet.

Die zuständige Richterin beim AG gab dem Autofahrer nur zum Teil recht. Grundsätzlich sei bei einem Verkehrsunfall mit einem Kraftfahrzeug zulasten des Autofahrers die Betriebsgefahr zu berücksichtigen, die von seinem Auto ausgehe. Auf der anderen Seite habe die Fahrradfahrerin aber unstreitig den Radweg in der falschen Richtung benutzt und dadurch zum Unfallgeschehen beigetragen. Weiter sei zu berücksichtigen, dass das Verkehrszeichen „Vorfahrt gewähren“ grundsätzlich allen Verkehrsteilnehmern auf der bevorrechtigten Straße den Vorrang gewähre, also auch Radfahrern, die aus der falschen Richtung kämen. Hinzu käme noch, dass der Autofahrer die Radfahrerin schon kommen sah. Er hätte sie also im Auge behalten und vor dem Abbiegen noch einmal in ihre Richtung schauen müssen. Dann hätte er gesehen, dass sie schon näher war als erwartet. Allerdings hätte auch die Fahrradfahrerin nicht einfach weiterfahren dürfen, als sie das Auto abbiegen sah. Unter Abwägung all dieser Gesichtspunkte sei daher eine Haftung in Höhe von einem Drittel für die Radfahrerin angemessen. Zwei Drittel müsse der Autofahrer selber tragen (AG München, 343 C 5058/09).

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Prozessrecht: Ordnungsgemäße Anklage bei Serienstraftaten

Wird der Angeklagte einer Vielzahl von Fahrten ohne Fahrerlaubnis beschuldigt, deren Zeitpunkte sich aus sichergestellten Tachoscheiben eindeutig ergeben, entspricht die Anklage nicht den Konkretisierungsanforderungen der Strafprozessordnung, wenn sie nur die Anzahl von Fahrten pro Monat mitteilt.

Dieser Mangel kann nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg auch nicht durch einen rechtlichen Hinweis des Gerichts geheilt werden, der die einzelnen Fahrtdaten enthält. Der Angeschuldigte müsse schon vor der Eröffnungsentscheidung Gelegenheit erhalten, umfassend informiert zu werden, um eventuell seine Gründe darlegen zu können, warum das Hauptverfahren nicht eröffnet werden darf. Eine Verschiebung der Mängelbeseitigung vom Zwischenverfahren in das Hauptverfahren würde dem zwingenden Grundsatz des rechtlichen Gehörs zuwiderlaufen. Das OLG hat daher die Verurteilung durch das Amtsgericht aufgehoben und das Verfahren eingestellt (OLG Oldenburg, 1 Ss 192/09).

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Blutentnahme: Polizeilich angeordnete Blutentnahme zur Nachtzeit ist rechtmäßig

Die polizeiliche Anordnung einer Blutentnahme bei einem Trunkenheitsdelikt zur Nachtzeit ist in Bayern grundsätzlich rechtens.

Dies stellte das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg klar. In dem zu beurteilenden Fall hatte ein Polizeibeamter anlässlich einer Verkehrskontrolle gegen Mitternacht bei einem verdächtigen Alkoholsünder eine Blutentnahme angeordnet, ohne eine richterliche Entscheidung herbeizuführen.

Umstritten war, ob diese Blutprobe, deren Entnahme nicht durch einen Richter, sondern einen Polizeibeamten angeordnet worden war, vor Gericht verwertet werden durfte. Nach der Strafprozessordnung ist eine Blutentnahme bei Tatverdächtigen grundsätzlich nur nach richterlicher Anordnung gestattet. Nur in Eilfällen, bei denen der Untersuchungserfolg gefährdet ist („Gefahr im Verzug“), erlaubt das Gesetz die Anordnung durch Staatsanwaltschaft oder Polizei. Bislang war es bei Trunkenheitsdelikten gängige Übung, wegen des drohenden Alkoholabbaus im Blut generell einen solchen Eilfall anzunehmen. Dem ist das Bundesverfassungsgericht und in der Folge zahlreiche Oberlandesgerichte entgegengetreten: Der Richtervorbehalt dürfe nicht unterlaufen werden, weshalb auch bei Trunkenheitsdelikten für eine Blutentnahme in aller Regel versucht werden müsse, einen Richter zu erreichen. Das OLG wies nun darauf hin, dass in Bayern entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts die ständige Erreichbarkeit eines Richters durch einen Bereitschaftsdienst zwischen 06.00 Uhr und 21.00 Uhr gewährleistet sei. Es sei daher ausgeschlossen, gegen Mitternacht einen Ermittlungsrichter zu erreichen. Deshalb habe der Polizeibeamte die Blutentnahme von vornherein selbst anordnen dürfen, entschieden die Bamberger Richter und korrigierten damit ein insoweit anderslautendes Urteil des Amtsgerichts.

Hinweis: Die Frage ist bisher durch den Bundesgerichtshof nicht abschließend entschieden worden und wird in den verschiedenen Oberlandesgerichtsbezirken unterschiedlich gehandhabt. Die Verwertbarkeit einer ohne Richteranordnung durchgeführten Blutentnahme muss daher jeweils im Einzelfall genau geprüft werden (OLG Bamberg, 2 Ss OWi 1283/09).

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Vollstreckung: Österreichische Geldbußen, wenn Kfz-Halter den Fahrer nicht benennt

Eine Vollstreckung österreichischer Geldbußen wegen Nichtbenennung des Fahrers ist in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig.

Diese Entscheidung traf das Finanzgericht (FG) Hamburg in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren. Auslöser des Rechtsstreits war, dass das auf den Antragsteller zugelassene Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Parkzone in Wien/Österreich mehrfach abgestellt worden war. Da sich der Antragsteller gegenüber den österreichischen Behörden weigerte, Auskunft über die Person zu geben, an die er sein Fahrzeug überlassen hatte, erließ der Magistrat der Stadt Wien ein Straferkenntnis über eine Geldstrafe in Höhe von rund 350 EUR. Ein Straferkenntnis ist mit einem Bußgeldbescheid nach deutschem Recht vergleichbar. Der Antragsteller zahlte hierauf jedoch nicht. Deshalb ersuchte der Magistrat der Stadt Wien die Finanzbehörde Hamburg, im Wege der Amts- und Rechtshilfe das Straferkenntnis gegenüber dem Antragsteller zu vollstrecken.

Der Antragsteller fand vor dem FG Gehör. Das Gericht führte aus, dass die Vollstreckung des österreichischen Straferkenntnisses in der Bundesrepublik Deutschland gegen wesentliche Rechtsgrundsätze der verfassungsmäßigen Ordnung verstoße. Sie sei deshalb unzulässig. Denn mit dem Straferkenntnis aus Österreich solle der Antragsteller allein dafür sanktioniert werden, dass er als Halter des Fahrzeugs keine Auskunft über Namen und Anschrift der Personen gegeben habe, denen er das Kraftfahrzeug zu bestimmten Zeitpunkten überlassen habe. Die Vollstreckung eines solchen Straferkenntnisses verstoße nach Ansicht des Gerichts gegen das Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung und gegen das Schweigerecht des Angeklagten.

Hinweis: Allerdings muss der Antragsteller noch ein wenig zittern. Denn das FG hat die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zugelassen. Erst dessen Entscheidung wird endgültig Klarheit darüber geben, ob eine Vollstreckung zulässig ist (FG Hamburg,1 V 289/09).

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Abschließende Hinweise

Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 30. Juni 2010 beträgt 0,12 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 5,12 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 2,12 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,12 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.07 2009 bis 31.12.2009: 0,12 Prozent
  • vom 01.01.2009 bis 30.06.2009: 1,62 Prozent
  • vom 01.07.2008 bis 31.12.2008: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2008 bis 30.06.2008: 3,32 Prozent
  • vom 01.07.2007 bis 31.12.2007: 3,19 Prozent
  • vom 01.01.2007 bis 30.06.2007: 2,70 Prozent
  • vom 01.07.2006 bis 31.12.2006: 1,95 Prozent
  • vom 01.01.2006 bis 30.06.2006: 1,37 Prozent
  • vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent
  • vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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Steuertermine im Monat Mai 2010

Im Monat Mai 2010 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:

Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Umsatzsteuer - mittels Barzahlung - bis zum 10.5.2010 und - mittels Zahlung per Scheck - bis zum 7.5.2010.

Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Lohnsteuer - mittels Barzahlung - bis zum 10.5.2010 und - mittels Zahlung per Scheck - bis zum 7.5.2010.

Gewerbesteuerzahler: Zahlung - mittels Barzahlung - bis zum 17.5.2010 und - mittels Zahlung per Scheck - bis zum 14.5.2010.

Grundsteuerzahler: Zahlung - mittels Barzahlung - bis zum 17.5.2010 und - mittels Zahlung per Scheck - bis zum 14.5.2010.

Bei der Grundsteuer kann die Gemeinde abweichend von dem vierteljährlichen Zahlungsgrundsatz verlangen, dass Beträge bis 15 EUR auf einmal am 16.8.2010 und Beträge bis einschließlich 30 EUR je zur Hälfte am 15.2.2010 und am 16.8.2010 zu zahlen sind. Auf Antrag kann die Grundsteuer auch jeweils am 1.7.2010 in einem Jahresbetrag entrichtet werden.

Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung auf das Konto des Finanzamtes endet am 14.5.2010 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am 20.5.2010 für die Gewerbe- und Grundsteuerzahlung. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!

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