Monatsinfo Januar 2007

Inhaltsverzeichnis:

Internetrecht:

Arbeitsrecht:

Baurecht:

Familien- und Erbrecht:

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG):

Verbraucherrecht:

Verkehrsrecht:

Abschließende Hinweise:

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Arbeitsrecht


Befristung: Tatsächliche Beschäftigung muss dem sachlichen Grund der Befristung entsprechen

Wird ein befristet eingestellter Arbeitnehmer nicht entsprechend dem für die Befristung vorgesehenen sachlichen Grund beschäftigt, fällt der sachliche Grund weg. Die Befristung wird damit unwirksam. Es entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

Das musste sich ein öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber sagen lassen, bei dem eine Arbeitnehmerin aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge als Angestellte in der Zentralbibliothek beschäftigt war. Der letzte Arbeitsvertrag sah eine Beschäftigung vom 1. Januar 2004 bis zum 30. April 2004 vor. In den Verwaltungsvorschriften des Landes über die vorläufige Haushaltsführung für das Haushaltsjahr 2004 waren Haushaltsmittel für den Abschluss befristeter Dienstverträge zur Bewältigung von Nachfragespitzen im Direktleihverkehr und für Vertretungsfälle vorgesehen. Die Klägerin wurde nicht entsprechend dieser Zweckbestimmung beschäftigt.

Das BAG hielt die Befristungskontrollklage daher für berechtigt. Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) liege ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet werde, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt seien, und er entsprechend beschäftigt werde. Danach sei eine zweckgebundene Zuweisung der Haushaltsmittel für die Erledigung von zeitlich begrenzten Tätigkeiten erforderlich. Die Ausweisung von Haushaltsmitteln für die befristete Beschäftigung von Arbeitnehmern ohne eine besondere Zweckbestimmung erfülle diesen Tatbestand nicht. Sie stelle daher keinen sachlichen Grund für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags dar (BAG, 7 AZR 419/05).

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Kündigung: Keine Abgeltung nach Freistellung unter Urlaubsanrechnung

Wird ein Arbeitnehmer "unter Anrechnung noch offener Urlaubsansprüche bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt", hat er danach keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung mehr.

Im Urteilsfall vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) verlangte ein Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Urlaubsabgeltung. Seiner Ansicht nach war der Urlaub während der Kündigungsfrist nicht erfüllt worden, weil der Arbeitgeber ihn im Kündigungsschreiben nicht ausdrücklich unwiderruflich von der Arbeitspflicht befreit habe. Das sah das BAG nicht so. Nach Ansicht der Richter sei der Urlaubsanspruch vielmehr durch Erfüllung erloschen.

Hinweis: Arbeitgeber sollten im Kündigungsschreiben auf eine unwiderrufliche Freistellung verzichten. Das kann für den Arbeitnehmer den Verlust der Sozialversicherungspflicht nach sich ziehen (BAG, 9 AZR 11/05).

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Kündigungsrecht: Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr kann aus Sozialauswahl herausfallen

Will der Arbeitgeber wegen des Wegfalls von Arbeitsplätzen eine entsprechende Anzahl von Kündigungen aussprechen, muss er unter den betroffenen vergleichbaren Arbeitnehmern eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten treffen. Dies gilt nicht, soweit berechtigte betriebliche Interessen der Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten entgegenstehen. Ein solches betriebliches Interesse kann darin liegen, dass der betroffene Arbeitnehmer Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr ist.

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Reinigungskraft, die bei der beklagten Gemeinde beschäftigt war. Wegen der teilweisen Vergabe der Reinigungsarbeiten an Dienstleistungsunternehmen kündigte die Beklagte mehreren Reinigungskräften, darunter der Klägerin. Diese hat Kündigungsschutzklage erhoben und eine fehlerhafte Sozialauswahl gerügt. Die Beklagte habe eine andere Reinigungskraft nicht in die Sozialauswahl einbezogen, die nach sozialen Gesichtspunkten vorrangig zur Kündigung angestanden hätte. Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, für die Weiterbeschäftigung dieser Arbeitnehmerin habe ein besonderes betriebliches Bedürfnis wegen deren Mitgliedschaft in der Freiwilligen Feuerwehr bestanden.

Diese Ansicht bestätigte nun das BAG. Nach Ansicht der Richter stünden die von der Beklagten geltend gemachten Belange angesichts ihrer besonderen gesetzlichen Verpflichtung zur Sicherstellung des Brandschutzes der Einbeziehung der betreffenden Arbeitnehmerin in die Sozialauswahl entgegen. Da die Gemeinde keine Berufsfeuerwehr unterhalte, sei sie zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum Brandschutz auf den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr angewiesen. Angesichts der gesunkenen Mitgliederzahlen in der Freiwilligen Feuerwehr habe sie ein besonderes Interesse, die jederzeitige Einsatzbereitschaft sicherzustellen (BAG, 2 AZR 748/05).

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Kündigungsrecht: Stehlender Polizeibeamter kann aus dem Dienst entfernt werden

Ein Polizeibeamter, der während seines Diensts einen Ladendiebstahl begeht und dabei sowohl seine Uniform trägt als auch seine Dienstwaffe bei sich führt, ist in der Regel aus dem Polizeidienst zu entfernen.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Polizeibeamten, der in einem Drogerie-Markt eine kosmetische Creme mit einem Warenwert von rund acht Euro entwendet hatte. Dabei hatte er seine geladene Dienstwaffe bei sich geführt. Das Amtsgericht verurteilte den Beamten daraufhin wegen Diebstahls mit Waffen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung. Im anschließenden Disziplinarverfahren wurde der Mann aus dem Dienst entfernt.

Seine dagegen eingelegte Berufung blieb vor dem OVG erfolglos. Die Richter machten deutlich, dass es zu den zentralen Dienstpflichten eines Polizeibeamten gehöre, Straftaten zu verhindern, aufzuklären und zu verfolgen. Er verstoße daher nicht nur in besonders schwerwiegender Weise gegen seine Pflichten, wenn er innerhalb des Diensts ein Eigentumsdelikt begehe und dabei seine Dienstwaffe bei sich führe. Er füge zugleich auch dem Ansehen der Vollzugspolizei des Landes Rheinland-Pfalz einen ganz erheblichen Schaden zu. Deshalb sei ein endgültiger Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit eingetreten, so dass der Beamte im Polizeidienst schlichtweg untragbar sei (OVG Rheinland-Pfalz, 3 A 11094/06.OVG).

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Baurecht


Aktuelle Gesetzgebung: Die Neuerungen bei der Vergabe- und Vertragsordnung (VOB/B)

Vorgaben der EU haben eine Überarbeitung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) notwendig gemacht. Das Resultat liegt nun vor. Die neue VOB/B ist zwischenzeitlich im Bundesanzeiger veröffentlicht worden und damit in Kraft getreten (BAnz, Nummer 196 vom 18.10.2006, 6738).

Nachfolgend stellen wir Ihnen die Neuerungen vor, die sich in der VOB/B ergeben.

1. Kündigung bei Insolvenz
Das Kündigungsrecht des Auftraggebers bei einer Insolvenz des Auftragnehmers wird erweitert (§ 8 Nummer 2 Absatz 1 VOB/B).
Der AG darf den Vertrag kündigen, wenn der Insolvenzantrag

  • vom Auftragnehmer selbst,
  • vom Auftraggeber (neu) oder
  • von einem anderen Gläubiger des Auftragnehmers gestellt wurde (neu).

Wichtig: Wenn Sie selbst Auftraggeber eines Auftragnehmers sind, der Insolvenzantrag gestellt hat, sind Sie gut beraten, den Vertrag trotz der Änderung in der VOB/B nicht leichtfertig oder voreilig zu kündigen. Lassen Sie sich anwaltlich beraten. Die Rechtsprechung setzt sehr hohe Anforderungen an die Voraussetzungen der Kündigung. Außerdem stellen sich im Zusammenhang mit der Kündigung so viele Fragen (zum Beispiel Zulässigkeit der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen und/oder Fragen der Fremdvergabe der noch nicht durchgeführten oder mangelbehafteten Arbeiten), dass Sie das nur mit Hilfe eines Anwalts bewältigen können.

2. Allgemeine Verjährungsfrist
Geändert worden ist die Regelung zur allgemeinen Verjährungsfrist für Mängel in § 13 Nummer 4 Absatz 1 Satz 1 VOB/B. Die Vorschrift bestimmte bisher, dass Mängel an "Arbeiten an einem Grundstück" in zwei Jahren verjähren. Diese Formulierung ist jetzt durch "... andere Werke, deren Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache besteht ..." ersetzt worden.

Das führt zu einigen Unsicherheiten. Obwohl mit der Neufassung der Vorschrift nach Auskunft des Bundesbauministeriums keine inhaltliche Änderung, vor allem keine Änderung der Verjährungsfrist eintreten soll, sieht das in der Praxis wohl anders aus. "Andere Werke" im Sinne des neuen § 13 Nummer 4 Absatz 1 Satz 1 VOB/B 2006 umfasst nämlich unter anderem auch unbewegliche Sachen wie Erdarbeiten. Diese würden danach nun bereits nach zwei Jahren verjähren und nicht erst nach der gesetzlichen Regelverjährung von drei Jahren (§ 634a Absatz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 195 BGB). Daneben gelten folgende Verjährungsfristen:

  • Mängel an Grundstücksarbeiten verjähren weiterhin in zwei Jahren (wie bei § 634a Absatz 1 Nummer 1 BGB).
  • Mängel an Bauwerken verjähren in vier Jahren (bei BGB-Verträgen sind es fünf Jahre - § 634a Absatz 1 Nummer 2 BGB).
  • Landschaftsbauarbeiten im Sinne der DIN 18320 unterliegen weiterhin der zweijährigen Verjährungsfrist.

Unser Tipp: Da nach wie vor unterschiedliche Verjährungsfristen bei VOB- bzw. BGB-Verträgen gelten, sollten Sie im Zweifelsfall immer prüfen,

  • ob überhaupt wirksam ein VOB-Vertrag mit den Verjährungsregelungen des § 13 VOB/B vereinbart worden ist (wenn nicht, gelten entweder die vertraglich vereinbarten Fristen oder die Verjährungsregeln des BGB) und ob
  • nicht selbst in wirksamen VOB-Verträgen längere Verjährungsfristen gelten (zum Beispiel durch Bezugnahme auf die Verjährungsvorschriften des BGB).

3. Verjährungsfrist bei maschinellen und elektrischen Anlagen§ 13 Nummer 4 Absatz 2 VOB/B stellt klar, dass sich die Verjährungsfrist für Mängel an maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen, bei denen die Wartung Einfluss auf die Sicherheit und Funktionsfähigkeit hat, von vier Jahren auf zwei Jahre verkürzt, wenn der Auftraggeber mit dem Auftragnehmer für die Dauer der Verjährungsfrist keinen Wartungsvertrag abschließt.

4. Zahlungspläne für Abschlagszahlungen
§ 16 Nummer 1 Absatz 1 Satz 1 VOB/B erklärt es nun ausdrücklich für zulässig, mit dem Auftraggeber feste Zeitpunkte zu vereinbaren, zu denen er Abschlagszahlungen leisten muss.

5. Einwände gegen die Prüffähigkeit der Schlussrechnung
Werden Einwendungen gegen die Prüfbarkeit unter Angabe der Gründe hierfür nicht spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Schlussrechnung erhoben, kann der Auftraggeber sich nicht mehr auf die fehlende Prüfbarkeit berufen. Mit dieser Ergänzung in § 16 Nummer 3 Absatz 1 VOB/B wurde die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs umgesetzt.

Wichtig: Die Ergänzung in § 16 VOB/B sagt nur aus, dass der Auftraggeber binnen zwei Monaten die Prüffähigkeit der Schlussrechnung monieren muss, wenn er diese bezweifelt. Tut er das nicht, gilt die Rechnung als prüffähig. Der Auftraggeber kann dann aber immer noch die rechnerische Richtigkeit der Rechnung (Höhe der Rechnung bzw. einzelner Positionen) in Zweifel ziehen.

Hinweis: Für den Auftragnehmer ist es wichtig, den Zugang der Rechnung beim Auftraggeber (oder den späteren Zahlungstermin, den er dem Auftraggeber individuell zugesteht) als üblichen Fälligkeitstermin intern zu vermerken. Hierfür sprechen zwei Gründe:

  • Der Schuldner kann erst in Verzug geraten, wenn die Rechnung fällig geworden ist. Vorherige Mahnungen sind unwirksam und beeinträchtigen das Geschäftsklima zum Kunden.

  • Das Gesetz knüpft den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist unter anderem an die Fälligkeit (§ 199 BGB). Falsch wäre es also, die Fälligkeit der Schlussrechnung erst nach oder bei Ablauf der Zwei-Monats-Frist anzusetzen und danach den Lauf der Verjährung zu berechnen. Das kann gerade bei Rechnungen, die am Jahresende gestellt werden, zu bösen Überraschungen führen (verjährte Forderungen!).

Die zwei Monate, die der Auftraggeber Zeit hat, um zu prüfen, ob die Rechnung prüffähig ist, haben mit der Fälligkeit der Rechnung erst einmal nichts zu tun. Nur wenn der Auftraggeber innerhalb der Zwei-Monats-Frist die fehlende Prüfbarkeit moniert, hat das Folgen für die konkrete Rechnung. Sie ist dann auch nicht fällig. Eine nicht fällige Rechnung kann aber auch nicht verjähren. Außerdem kann sie durch eine neue prüfbare Rechnung ersetzt werden.

6. Frist für Begründung des Vorbehalts gegen SchlusszahlungBestehen Vorbehalte gegen die Schlusszahlung des Auftraggebers, muss der Auftragnehmer diese innerhalb von 24 Werktagen geltend machen. Dies regelt § 16 Nummer 3 Absatz 5 Satz 1 VOB/B. Der neue Satz 2 stellt nun klar, dass dieser Vorbehalt hinfällig wird, wenn der Auftragnehmer nicht innerhalb von weiteren 24 Werktagen - beginnend am Tag nach Ablauf der in Satz 1 genannten 24 Werktage -

  • eine prüfbare Rechnung über die vorbehaltenen Forderungen einreicht oder
  • den Vorbehalt zumindest eingehend begründet.

Im Klartext: Der Auftragnehmer darf sich also nicht darauf beschränken, beim Auftraggeber zu monieren, dass seine Schlusszahlung nicht alle Forderungen abdeckt. Er muss vielmehr Zusätzliches leisten.

Unser Tipp: Sowohl bei den Vorbehaltserklärungen als auch bei allen anderen einseitigen Erklärungen (zum Beispiel Übergabe von Unterlagen, Rechnungen, Mahnungen, Kündigungen, Bedenken- oder Behinderungsanzeigen, Nachtragsforderungen) sollte der Auftragnehmer stets bedenken, dass er die Beweislast dafür trägt, dass er diese Erklärungen abgegeben hat, wann das der Fall war und welchen Inhalt diese hatten. Er muss nachweisen können, dass und welche Erklärung beim Vertragspartner angekommen ist. Ein Absendenachweis (zum Beispiel Faxbericht) reicht nicht! Gleiches gilt für E-Mails oder Telefonate, die nur zwischen den Vertragspartnern stattgefunden haben. Sicherer sind der Zugang gegen Empfangsbekenntnis bzw. Quittung oder Bestätigungsschreiben, Zustellungen per Boten, Einschreiben/Rückschein, Gerichtsvollzieher.

Auch wenn es lästig erscheint, sollte der Auftragnehmer auf der Baustelle Erklärungen/Bedenken/Nachtragsforderungen kurz schriftlich formulieren und sich den Empfang vom Bauherrn quittieren lassen. Soll die Erklärung gegenüber dem Bauleiter, Projektleiter oder Architekten auf der Baustelle abgegeben werden (häufigster Praxisfall), muss vorher geklärt werden, ob diese zum Empfang solcher Erklärungen durch den Bauherrn bevollmächtigt sind. Letzteres könnte zum Beispiel bereits im Bauvertrag konkret verankert werden, indem dort die jeweils Bevollmächtigten ausdrücklich benannt werden.

7. Einstellung der Arbeiten bei Zahlungsverzug des Auftraggebers
Zahlt der Auftraggeber nicht, obwohl die Rechnung fällig ist und der Auftragnehmer ihn zur Zahlung aufgefordert und ihm eine Nachfrist gesetzt hat, dürfen die Arbeiten eingestellt werden (§ 16 Nummer 5 Absatz 5 VOB/B). Es bedarf hierfür keiner doppelten Fristsetzung. Der Auftragnehmer muss dem Auftraggeber nur einmal eine Nachfrist setzen. Voraussetzung bleibt aber weiterhin, dass ein entsprechender Bautenstand nachgewiesen wird.

Hinweis: Denkbar ist es jetzt aber, einen bestimmten Bautenstand (zum Beispiel Rohbau) oder auch monatliche Zahlungen zu vereinbaren, die sich am konkreten Baufortschritt bemessen.

8. Einrichtung eines Sperrkontos
In der Praxis wird ein "Sperrkonto" nach § 16 Nummer 5 VOB/B häufig ausschließlich vom Auftraggeber eröffnet. Es wird lediglich im Innenverhältnis geregelt, dass ein Zugriff nur gemeinsam mit dem Auftragnehmer möglich ist. Wird der Auftraggeber insolvent, kann das dazu führen, dass das Konto in die Insolvenzmasse fällt, und der Auftragnehmer das Geld auf dem Sperrkonto nie wieder sieht. Aus diesem Grund wurde in § 16 Nummer 5 VOB/B der Begriff "Und-Konto" eingefügt.

Damit ist endgültig geklärt, dass beide (Auftraggeber und -nehmer) bei vereinbartem Sicherheitseinbehalt über das Sperrkonto nur gemeinsam verfügen dürfen. Das Sperrkonto muss ein "Und-Konto" im bankrechtlichen Sinne sein. Nur ein solches Konto, das von Auftraggeber und -nehmer gemeinsam eröffnet worden ist, ist insolvenzfest.

Weiter gilt aber auch eindeutig: Behält der Auftraggeber zur Sicherheit Geld ein, muss er den Betrag ebenfalls auf ein Sperrkonto einzahlen, über das er mit dem Auftragnehmer nur gemeinsam verfügen kann (§ 17 Nummer 6 Absatz 1 Satz 3 VOB/B). Das Sperrkonto muss ebenfalls ein "Und-Konto" im bankrechtlichen Sinne sein.

Unser Tipp: Zahlt der Auftraggeber das Geld nicht innerhalb der Frist des § 17 Nummer 6 Satz 3 VOB/B auf das Sperrkonto ein (18 Tage nach Mitteilung über die Höhe des Auszahlungsbetrags) und hat ihm der Auftragnehmer nach Ablauf dieser Frist eine weitere angemessene Frist zur Einzahlung gesetzt (1 Woche genügt völlig), kann der Auftragnehmer danach die volle Auszahlung der Rechnungssumme verlangen und braucht keine Sicherheit mehr zu stellen (§ 17 Nummer 6 Absatz 3 VOB/B).

9. Höhe des Sicherheitseinbehalts in § 13b-Fällen
Teilweise hatten Auftraggeber bei der Berechnung des Sicherheitseinbehalts in "13b-Fällen" fiktiv die Umsatzsteuer auf die Rechnungssumme des Auftragnehmers aufgeschlagen, hiervon den Sicherheitseinbehalt berechnet und den so errechneten - zu hohen - Betrag von dem netto an den Unternehmer gezahlten Betrag in Abzug gebracht. Dies ist in der neuen VOB 2006 für unzulässig erklärt worden. § 17 Nummer 6 Absatz 1 Satz 2 VOB 2006 stellt klar: "Sofern Rechnungen ohne Umsatzsteuer gemäß § 13 b UStG gestellt werden, bleibt die Umsatzsteuer bei der Berechnung des Sicherheitseinbehalts unberücksichtigt."

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Steuerabzug am Bau: Belgische Variante ist EU-widrig

Der "belgische Steuerabzug am Bau", mit dem Auftraggeber verpflichtet werden, bei Verträgen mit nicht in Belgien registrierten Auftragnehmern von der Auftragssumme 15 Prozent einzubehalten und an die Steuerverwaltung abzuführen, ist nicht mit der Dienstleistungsfreiheit gemäß Artikel 49, 50 EG-Vertrag vereinbar.

Diese Entscheidung traf der Europäische Gerichtshof (EuGH). Das ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker des deutschen Pendants - der Bauabzugssteuer nach § 48 Einkommensteuergesetz. Sie fordern die Abschaffung dieser Regelung, und stützen diese Forderung darauf, dass

  • die Regelung deutschen Bauunternehmen einen erheblichen bürokratischen Aufwand aufbürdet

  • und dass der Europäischen Kommission seit Februar 2003 auch eine Beschwerde gegen die Bauabzugssteuer vorliegt.

(EuGH, C-433/04)

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VOB/B: Wann kann der Bauherr die Leistung des Bauunternehmers ablehnen?

Entspricht die Leistung des Bauunternehmers den vom Auftraggeber freigegebenen Plänen des Architekten, kann der Auftraggeber die Leistung nicht einfach ablehnen und den Unternehmer dazu auffordern, fachgerecht zu arbeiten.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg müsse er schon konkret mitteilen, welche Leistungen er fordere und mit dem Bauunternehmer über einen Nachtrag verhandeln. Tue er das nicht, sondern verweigere er dies kategorisch, könne der Bauunternehmer den Vertrag kündigen und die vertraglich vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen verlangen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Entscheidung bestätigt, indem er die Nichtzulassungsbeschwerde des Auftraggebers zurückgewiesen hat.

Wichtig: Im konkreten Fall haben die Richter nicht einmal eine Kündigungsandrohung des Bauunternehmers mit Fristsetzung nach § 9 VOB/B für erforderlich erachtet. Wir raten aber, in vergleichbaren Fällen auf Nummer sicher zu gehen. Der Bauunternehmer sollte dem Auftraggeber daher mitteilen, dass er den Vertrag kündigen werde, wenn die Vertragserfüllung verweigert werde (OLG Nürnberg, 6 U 114/03; BGH, VII ZR 40/06).

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Leistungsverzeichnis: Leistungsverweigerung bei Streit über Umfang der Tätigkeit kann zu Nachteilen führen

Stellt das Leistungsverzeichnis, das der Architekt des Auftraggebers dem Bauunternehmer zur Verfügung stellt, dessen Leistungspflichten nicht ausreichend klar, sollte der Bauunternehmer darauf schon im Rahmen der Auftrags- bzw. Vertragsverhandlung hinweisen.

Das gilt - so das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg - vor allem, wenn sich aus den verfügbaren weiteren Unterlagen die bestimmte Art der Ausführung nicht mit hinreichender Klarheit ergibt, der Bauunternehmer darauf aber bei seiner Kalkulation maßgeblich abstellt. Verweigert der Bauunternehmer nämlich die Leistung, weil der Auftraggeber für diese Leistung, die seiner Ansicht nach im Leistungsverzeichnis enthalten ist, keine zusätzliche Vergütung zahlen will, kann der Auftraggeber den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen (OLG Brandenburg, 12 U 111/04).

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Familien- und Erbrecht


Kindschaftsrecht: Auskunftsanspruch über persönliche Verhältnisse des Kindes

Nach § 1686 BGB kann jeder Elternteil vom anderen Elternteil bei einem berechtigten Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des gemeinsamen Kindes verlangen. Diese Bestimmung erlangt vor allem Bedeutung, wenn die Kindseltern getrennt leben und kein regelmäßiges Umgangsrecht stattfindet oder der Umgang gar ausgeschlossen ist.

Der Auskunftsanspruch war verschiedentlich Anlass für gerichtliche Entscheidungen. Dabei haben die Gerichte insbesondere Folgendes klargestellt:

  • Auskunftsberechtigt ist jeder Elternteil, auch der allein Sorgeberechtigte gegenüber dem anderen Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet. Maßgebend ist allein die Elternschaft. Sonstige Umgangsberechtigte haben kein Auskunftsrecht.
  • Zur Auskunft verpflichtet ist grundsätzlich der jeweilige andere Elternteil, der das Kind in der Obhut hat, nicht aber ein Dritter.
  • Das notwendige persönliche Interesse liegt i.d.R. vor, wenn sich der Elternteil über die Entwicklung des Kindes nicht anders unterrichten kann. Es ist zu verneinen, wenn damit dem Kindeswohl abträgliche Interessen verfolgt werden.
  • Bei kontinuierlichem Umgang mit dem Kind genügt i.d.R. eine halbjährige Auskunft, bei erheblichen Spannungen der Eltern, die die Auskunftserteilung jeweils zum Anlass neuer Auseinandersetzungen nehmen, kann der Berichtszeitraum auf ein Jahr ausgedehnt werden.
  • Das Auskunftsverlangen ist auf die persönlichen Verhältnisse des Kindes beschränkt und richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Kriterien sind die Rücksichtnahme auf
    • das Alter des Kindes,
    • den Willen des Kindes.
  • Verlangt werden können:
    • Schulzeugnisse,
    • Fotos,
    • Berichte über die Entwicklung des Kindes.
  • Nicht verlangt werden können:
    • Kopien eines Vorsorgeuntersuchungshefts,
    • Vorlage von Schul- und Klassenarbeitsheften,
    • laufende Auskunft zu schulischen Leistungen des Kindes,
    • die Mitteilung der geheimen Telefonnummer.

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Ausbildungsunterhalt: Volljähriges Kind muss grundsätzlich für sich selber sorgen

Ein volljähriges Kind ist grundsätzlich verpflichtet, seinen Unterhaltsbedarf in der Zeit zwischen Beendigung des Zivildiensts und des Beginns einer Ausbildung selbst zu decken. Erforderlichenfalls müsse es hierfür eine Aushilfstätigkeit aufnehmen.

Werde in diesem Zeitraum ein - nicht vergütetes - Praktikum absolviert, rechtfertige dies nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nur soweit und solange, wie das Praktikum für die Berufsausbildung vorgeschrieben sei. Sei die Verlängerung des Praktikums aus Ausbildungsgründen nicht erforderlich, sei dies unterhaltsrechtlich nicht hinzunehmen. Der Unterhaltsverpflichtete könne dann nicht zu weitergehenden Unterhaltszahlungen verpflichtet werden (OLG Zweibrücken, 2 WF 87/06).

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Namensrecht: Unterschiedliche Vornamensgebung in deutschem Geburtenbuch und türkischem Personenstandsregister

Die Vornamensgebung für ein in Deutschland geborenes Kind türkischer Eltern ist abgeschlossen und rechtlich bindend, wenn der von den Eltern bestimmte Name in das deutsche Geburtenbuch eingetragen wird.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Entsprechend bleibe nach Ansicht der Richter die Beurkundung eines anderen Vornamens in der später erfolgten Eintragung in das türkische Personenstandsregister für die Beurteilung der Richtigkeit der Namensführung ohne Bedeutung. Eine Berichtigung der Eintragung im Geburtenbuch könne auch im Lichte des verfassungsrechtlichen Schutzes des Persönlichkeitsrechts nicht erfolgen, wenn ein abweichender Vorname über lange Jahre hinweg geführt wurde. Dies gelte zumindest solange, wie der Betroffene nicht die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft habe, nach türkischem Recht eine Berichtigung der Eintragung des dortigen Personenstandsregisters und eine anschließende behördliche Änderung des Vornamens zu erwirken (OLG Hamm, 15 W 183/05).

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Erbrechtsberatung durch Banken: Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz

Eine Bank ist nicht berechtigt, einen Kunden bei der Abfassung eines Testaments zu beraten und dieses auszufertigen.

Diese Klarstellung traf jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe im Fall einer deutschen Großbank. Eine Kundin der Bank wollte einen Teil ihres Vermögens auf ihren Sohn übertragen. Auf Anregung eines Filialmitarbeiters wurde vereinbart, dass ein Mitarbeiter der Zentrale mit ihr die Verwaltung ihres Vermögens für den Fall ihres Todes besprechen solle. Nach dem Gespräch erstellte der Mitarbeiter einen Testamentsentwurf und eine Stiftungssatzung.

Das OLG sah darin einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz und verurteilte die Bank, es zu unterlassen, auf dem Gebiet des Erbrechts beratend und/oder rechtsbesorgend tätig zu werden. Die Bank dürfe weder in Fragen von Testamentserrichtungen inhaltlich beraten, Testamentsentwürfe erstellen oder überarbeiten, sowie Satzungen für Stiftungen erstellen. Die Richter wiesen darauf hin, dass die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung geschäftsmäßig nur von Personen betrieben werden dürfe, denen dazu die Erlaubnis erteilt worden sei. Die Erlaubnispflicht entfalle bei der Bank auch nicht, wenn sie hierfür einen Volljuristen beschäftige. Während ein selbstständiger Rechtsanwalt den Mandanten unabhängig berate, verfolge der Angestellte einer Bank deren Interessen, z.B. bei einer erbrechtlichen Beratung, dass die Bank zur Testamentsvollstreckerin ernannt werden will. Zudem wolle das Rechtsberatungsgesetz den Ratsuchenden schützen. Gerade wegen der Kompliziertheit der gesetzlichen Regelungen zum Erbrecht und der Vielfalt testamentarischer Gestaltungsmöglichkeiten müssten hohe Anforderungen an die juristische Qualifikation des Beraters gestellt werden (OLG Karlsruhe, 4 U 174/05).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)


Zurückbehaltungsrecht: Kündigung nach unsorgfältiger Beratung durch den Mieterschutzverein

Ein Wohnraumvermieter kann das Mietverhältnis ordentlich kündigen, wenn der Mieter unberechtigt Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von insgesamt mehr als zwei Monatsmieten einbehalten hat und dies auf dem Verschulden eines Mieterschutzvereins beruht, der den Mieter insoweit fahrlässig falsch beraten hat.

Auf diese Gefahr machte der Bundesgerichtshof (BGH) aufmerksam. In dem betreffenden Fall hatte der Mieter über ein Jahr lang keine Vorauszahlungen auf die Betriebskosten geleistet, obwohl diese nach dem Mietvertrag monatlich geschuldet waren. Der Einbehalt geschah auf Empfehlung des örtlichen Mieterschutzvereins. Dieser hatte dem Mieter dazu geraten, weil die Vermieterin trotz Aufforderung keine Fotokopien der Rechnungsbelege zu alten Betriebskostenabrechnungen übersandt hatte. Nachdem die rückständigen Zahlungen die Summe von zwei Monatsmieten überschritten hatten, erklärte die Vermieterin die (fristgemäße) Kündigung des Mietverhältnisses. Mit der Klage hat sie Räumung und Herausgabe der Wohnung verlangt.

Der BGH gab der Räumungsklage der Vermieterin statt. Diese habe ein berechtigtes Interesse an der Kündigung, weil der unberechtigte Einbehalt eines Betrags in Höhe von mehr als zwei Monatsmieten eine nicht unerhebliche Vertragsverletzung darstelle. Der Mieter sei nicht berechtigt, die laufenden Betriebskostenvorauszahlungen zurückzubehalten, weil die Vermieterin ihm keine Belege zu den Betriebskostenabrechnungen für vergangene Jahre übersandt habe. Im März 2006 hat der BGH insoweit entschieden, dass dem Mieter preisfreien Wohnraums grundsätzlich kein Anspruch gegen den Vermieter auf Überlassung von Fotokopien der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung zustehe.

Den Mieter treffe zwar kein eigenes Verschulden, weil er der entsprechenden Empfehlung des Mieterschutzvereins gefolgt sei. Allerdings müsse er für schuldhaftes Verhalten des von ihm eingeschalteten Mieterschutzvereins einstehen. Vorliegend habe der Mieterschutzverein den Mieter fahrlässig falsch beraten. Zu jener Zeit - also vor der BGH-Entscheidung aus März 2006 - sei die betreffende Frage in der Rechtsprechung der Instanzgerichte umstritten gewesen. Der Mieterschutzverein habe daher angesichts der unklaren Rechtslage damit rechnen müssen, dass ein solcher Anspruch - und damit auch ein darauf gestütztes Zurückbehaltungsrecht - später von der Rechtsprechung verneint werden würde (BGH, VIII ZR 102/06; VIII ZR 78/05).

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Nachbarstreit: Belästigung mit unbestellten Warenlieferungen hat strafrechtliche Folgen

Wer seinen Nachbarn mit unbestellten Warenlieferungen belästigt, muss erhebliche strafrechtliche Konsequenzen fürchten.

Dies bestätigte nun das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Den Gang vor das oberste Gericht hatte der Mieter eines Mehrfamilienhauses angetreten, weil er sich ungerecht behandelt fühlte. Um seinen Nachbarn zu ärgern, hatte er bei 35 Firmen unter dem Namen des Nachbarn Waren und Dienstleistungen an dessen Adresse bestellt. Der Nachbar erhielt daraufhin wiederholt Lieferungen von örtlichen Apotheken, Pizzadiensten und Getränkemärkten. Mehrmals sollte Heizöl geliefert werden, eine Lkw-Ladung Kies wurde angeliefert und auf dem Grundstück abgekippt, Mitarbeiter des Recyclinghofs wollten seine Couch zur Entsorgung abholen und am frühen Abend klingelte der Sanitär-Notdienst wegen angeblich verstopfter Toiletten. Für den Nachbarn hatte dieser Stress gesundheitliche Folgen, er musste sich wegen Unruhezuständen, Nervosität und Schlafstörungen über mehrere Monate mit einem Psychopharmakon ärztlich behandeln lassen. Der Verursacher wurde daraufhin vom Landgericht wegen Betrugs und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt. Gegen diese Verurteilung half ihm auch die Verfassungsbeschwerde nicht weiter. Das BVerfG nahm sie nicht zur Entscheidung an. Die Verurteilung sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie verletze weder das Willkürverbot noch das Gebot der Schuldangemessenheit der Strafe (BVerfG, 2 BvR 1603/06).

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WEG: Entscheidung über Verteilung der Müllabfuhrkosten

Über die Verteilung der Müllabfuhrkosten kann nur durch Mehrheitsbeschluss entschieden werden, wenn eine eindeutige Zuordnung zum Sondereigentum möglich ist.

Mit dieser Entscheidung beendete das Oberlandesgericht (OLG) Köln den Streit innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft über die Verteilung der Müllabfuhrkosten. Der Streit war an einem Beschluss entbrannt, nach dem in Abänderung der Teilungserklärung die Müllabfuhrkosten künftig nach Köpfen abgerechnet werden sollten. Diesen Beschluss hielt einer der Wohnungseigentümer für unwirksam.

Das OLG sah dies ebenso und erklärte den Beschluss für unwirksam. Da die Teilungserklärung keine Bestimmung zur Verteilung der Gemeinkosten enthielt, greife die gesetzliche Regelung. Danach seien die entsprechenden Kosten nach Eigentumsanteilen zu tragen. Soweit Kosten des Gemeinschaftseigentums betroffen seien, hätte die Eigentümergemeinschaft für eine Änderung dieses gesetzlichen Kostenverteilungsschlüssels keine Beschlusskompetenz. Dies sei vorliegend der Fall, da die Müllabfuhrkosten auch das Gemeinschaftseigentum beträfen. Zwar falle der Müll in erster Linie bei der Nutzung des Sondereigentums - also in den jeweiligen Wohnungen - an. Vorliegend umfasse die Wohnungseigentumsanlage 35 Wohneinheiten. Bei einer solch großen Anlage falle erfahrungsgemäß aber auch außerhalb des Sondereigentums Müll in größeren Mengen an. Erfolge eine Abrechnung der Müllkosten nach Köpfen, müsse sichergestellt werden, dass der außerhalb des Sondereigentums anfallende Müll gesondert erfasst und abgerechnet werde. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall gewesen (OLG Köln, 16 Wx 223/05).

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WEG: Vertreterklausel kann zur Einberufungsfrist-Verlängerung führen

Zahlreiche Gemeinschaftsordnungen enthalten sog. Vertreterklauseln. Deren Inhalt ist, dass sich ein Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung nur durch einen anderen Wohnungseigentümer, den Verwalter oder durch einen Ehegatten vertreten lassen darf. Solche Klauseln sind nach h.M. zulässig. Doch was, wenn eine solche Klausel dazu führt, dass ein einzelner Wohnungseigentümer dadurch faktisch von der Teilnahme an der Versammlung ausgeschlossen wird?

Einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe kürzlich zu entscheiden. Dort lebte ein Wohnungseigentümer in den USA. Das nahm das OLG zum Anlass, zu entscheiden, dass in diesem Fall die Frist zur Einberufung der Eigentümerversammlung auf zwei Wochen zu verlängern sei. Außerdem sei dem in den USA lebenden Wohnungseigentümer die Einladung zur Versammlung per Mail oder Fax zuzusenden. Nur so könne er die zwei Wochen ausnutzen, um einen Vertreter zu beauftragen, der der Vertreterklausel entspreche (OLG Karlsruhe, 14 Wx 50/04).

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Verbraucherrecht


Autokauf: Bei Verkauf ohne Briefübergabe bleibt Verkäufer Eigentümer

Beim Autokauf kann der Käufer, der den Kaufpreis noch nicht gezahlt hat, die Einbehaltung des Fahrzeugbriefs bei der Übergabe des Fahrzeugs regelmäßig nur dahin verstehen, dass der Verkäufer ihm das Eigentum am Fahrzeug zur Sicherung seiner Kaufpreisforderung nur unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen will.

Diese Feststellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Mannes, der seinen Pkw an ein Autohaus verkauft hatte. Das Fahrzeug übergab er, nicht aber den Brief. Ohne den Kaufpreis an den Mann gezahlt zu haben, veräußerte das Autohaus den Wagen an einen Dritten. Dieser zahlte und bekam das Fahrzeug. Der Brief sollte nachgeschickt werden. Dies unterblieb jedoch, weil er noch im Besitz des ursprünglichen Verkäufers war. In dem Rechtsstreit verlangt der Verkäufer u.a. Herausgabe des Fahrzeugs, während der Käufer den Brief haben möchte.

Nach Ansicht des BGH habe der Verkäufer sein Eigentum am Fahrzeug weder auf das Autohaus übertragen noch infolge gutgläubigen Erwerbs des Käufers verloren. Dass das Eigentum nicht vom Verkäufer auf das Autohaus übergegangen sei, wird mit einem konkludent vereinbarten Eigentumsvorbehalt begründet. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts im Vertrag oder anlässlich der Übergabe habe das Autohaus die Einbehaltung des Briefs nur im Sinne der obigen Auslegung verstehen können. Alles andere werde dem Sicherungsinteresse eines Autoverkäufers nicht gerecht. Der Verkäufer habe sein Eigentum auch nicht durch die Weiterveräußerung des Autohauses an den Käufer verloren. Als säumiger Kaufpreisschuldner sei das Autohaus nicht stillschweigend zur Weiterveräußerung ermächtigt gewesen. Schließlich habe der Käufer auch nicht gutgläubig Eigentum an dem Pkw erworben. Er habe grob fahrlässig gehandelt, weil er sich nicht anhand des Briefs über das Eigentum oder die Verfügungsbefugnis des Autohauses vergewissert habe.

Hinweis: Angesichts zunehmender Insolvenzen von Autohäusern haben deren Kunden, Verkäufer wie Käufer, ein verstärktes Sicherungsinteresse. Verkäufer sind gut beraten, sich das Eigentum bis zur vollen Bezahlung des Kaufpreises kaufvertraglich ausdrücklich vorzubehalten, jedenfalls den Brief vorher nicht herauszugeben. Dass der beklagte Erwerber grob fahrlässig gehandelt haben soll, verwundert etwas. Es ist übliche Autohauspraxis, bei bargeldloser Zahlung des Kaufpreises den Brief erst nach Eingang des Geldes per Post zu schicken. Insbesondere bei größeren Autohäusern sehen Käufer, auch beim Gebrauchtwagenkauf, erfahrungsgemäß davon ab, sich den Brief vorher zeigen zu lassen. Für diese Fälle sollte die Entscheidung eine Warnung sein (BGH, VIII ZR 184/05).

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Vereinsrecht: Was gilt bei undurchführbaren Satzungsbestimmungen?

Ist die Satzungsbestimmung eines Vereins nicht (mehr) durchführbar, tritt an ihre Stelle grundsätzlich die gesetzliche Bestimmung.

Darauf hat das Kammergericht (KG) hingewiesen. Die Entscheidung betraf einen Verein, dessen Vorstand laut Satzung durch einen "Bezirksgruppenleiter" (von außen) berufen wurde. Ein solcher Bezirksgruppenleiter existierte aber seit geraumer Zeit nicht mehr. Die Mitgliederversammlung hatte deswegen den neuen Vorstand selbst gewählt. Seine Eintragung wurde aber vom Registergericht mit Verweis auf die bestehende Satzungsregelung abgelehnt. Der Verein sei nicht mehr handlungsfähig. Es müsse deswegen ein Notvorstand bestellt werden, der dann eine Mitgliederversammlung einberuft, die die nicht mehr durchführbare Satzungsregelung ändert.

Das KG belehrte das Registergericht eines Besseren: Der Verein kann, wenn die satzungsmäßige Bestellung des Vorstands nicht mehr möglich ist, den Vorstand nach den gesetzlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) berufen - also per Wahl durch die Mitgliederversammlung. Sind einzelne Regelungen einer Satzung nichtig, bleibt die Satzung im Übrigen grundsätzlich wirksam. An die Stelle der unwirksamen Regelungen treten die Vorschriften des BGB oder die sonst geltenden. Der Verein sei also durchaus noch handlungsfähig, die Bestellung eines Notvorstands deswegen nicht nötig (KG, 1 W 428/05).

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Gesetzliche Unfallversicherung: Anspruch auf Hörgeräte über Festbeträge hinaus

Anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung ist in der gesetzlichen Unfallversicherung eine Heilbehandlung nur auf Festbeträge beschränkt, wenn es sich um das für den Versicherten geeignete Mittel handelt. Der sozialen Rehabilitation kommt dabei eine gleichwertige Bedeutung zu.

Diese Entscheidung traf das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Schreinermeisters, bei dem eine berufsbedingte Lärmschwerhörigkeit durch die zuständige Berufsgenossenschaft anerkannt war. Seit 1995 war er mit Hörgeräten versorgt. Seit vielen Jahren bildete er als ehrenamtlicher Dirigent im Blasorchester seines Heimatorts junge Musiker aus. 2004 verlangte er von seiner Berufsgenossenschaft, ihn mit besonderen Hörgeräten zu versorgen, deren Kosten erheblich über dem Festbetrag für Hörgeräte liegen. Er brauche diese Hörgeräte für die Dirigenten- und Ausbildertätigkeit in dem Orchester. Die Berufsgenossenschaft lehnte die Kostenübernahme ab. In Anbetracht des Ausmaßes der Hörbehinderung genüge eine Versorgung mit Hörgeräten nach den Festbeträgen für das "normale" Leben in der Gesellschaft. Die Tätigkeit im Blasorchester sei ein Hobby des Klägers und dem privaten Bereich zuzuordnen. Wenn er für diese sehr spezielle private Tätigkeit besonders hochwertige Hörgeräte brauche, könne sie die Mehrkosten nicht übernehmen.

Schon das Sozialgericht Koblenz hat die Berufsgenossenschaft zur Kostenübernahme verurteilt. Diese Entscheidung hat jetzt das Landessozialgericht im Berufungsverfahren bestätigt. Die langjährige ehrenamtliche Mitwirkung des Klägers in dem Musikverein sei eine Aufgabe von allgemeiner gesellschaftlicher Relevanz, die über ein persönliches Hobby hinausgehe. Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung sei es auch, ihren Versicherten die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Hiervon sei auch das kulturelle Leben umfasst. Vor diesem Hintergrund habe der Schreinermeister Anspruch auf die verlangten Hörgeräte (LSG Rheinland-Pfalz, L 3 U 73/06).

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Krankenkasse: Wechsel ist auch ohne Mitgliedsbescheinigung möglich

Eine Krankenkasse kann gegen das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses nicht einwenden, ihrem Versicherten keine Mitgliedsbescheinigung ausgestellt zu haben.

Das hat das Sozialgericht (SG) Speyer entschieden. Im zugrunde liegenden Fall kündigte die Klägerin ihr Versicherungsverhältnis bei ihrer früheren Krankenkasse zum 31. Mai 2003 und übte ihr Wahlrecht gegenüber der beklagten Krankenkasse aus. Diese stellte ihr keine Mitgliedsbescheinigung aus, nahm aber Gesamtversicherungsbeiträge für die Klägerin entgegen. Nachdem ihr keine Versichertenkarte ausgehändigt wurde, kündigte die Klägerin ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 30. September 2004. Die Beklagte weigerte sich jedoch, die Kündigung zu bearbeiten sowie die Mitgliedschaft zu bestätigen.

Die von der Klägerin erhobene Klage hatte Erfolg. Das SG stellte fest, dass sie vom 1. Juni 2003 bis zum 30. September 2004 Mitglied der beklagten Krankenkasse war. Dem stehe nicht entgegen, dass nach dem Gesetz eine Kündigung bei der früheren Krankenkasse erst wirksam werde, wenn ihr die Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch Vorlage einer Mitgliedsbescheinigung nachgewiesen werde. Hierauf könne sich die Beklagte als ausgewählte Krankenkasse nicht berufen. Diese Regelung diene nämlich allein dem Schutz der versicherungspflichtigen Mitglieder der Gesetzlichen Krankenkassen vor einem Verlust ihres Versicherungsschutzes bei einem missglückten Krankenkassenwechsel. Sie solle außerdem sicherstellen, dass die grundsätzlich bestehende 18-monatige Bindungsfrist des Versicherten an eine Krankenkasse eingehalten werde. Die gewählte Krankenkasse dürfe es letztlich nicht in der Hand haben, neue, ihr unliebsame Mitglieder abzulehnen. Dies würde die freie Krankenkassenwahl der Versicherten entgegen der Intention des Gesetzgebers einschränken. Das gelte insbesondere mit Blick auf chronisch Kranke und ältere Menschen (SG Speyer, S 7 KR 44/05).

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Verkehrsrecht


Handyverbot im Straßenverkehr: Handy-Nutzung vor Ampel bei ausgeschaltetem Motor

Es liegt keine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit vor, wenn der Kraftfahrzeugführer mit ausgeschaltetem Motor vor einer Rotlicht anzeigenden Lichtzeichenanlage steht und auf seinem Handy telefoniert.

Diese Klarstellung traf nun das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg. Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass der genaue Gesetzeswortlaut zu beachten sei. Danach gelte das Verbot der Handynutzung nicht, "wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist." Diese ausdrücklich angeordnete Tatbestandseinschränkung dürfe nicht zulasten des Betroffenen ausgedehnt werden. Die im Gesetz verwandten Begriffe "steht" und "ausgeschaltet" würden ihrer Wortbedeutung nach lediglich ein statisches Moment bezeichnen. Beiden Begriffen könne - ihrem möglichen Wortsinn nach - ein bestimmtes Zeitmoment im Hinblick auf die Dauer des jeweiligen Zustands oder eine Abhängigkeit zu einer bestimmten Verkehrssituation gerade nicht entnommen werden. Es sei daher unerheblich, ob durch die Nutzung des Mobiltelefons bei stehendem Fahrzeug und ausgeschaltetem Motor in der konkreten Verkehrssituation objektiv eine mögliche Behinderung des Verkehrs liege, z.B. eine Verzögerung beim Umschlagen der Ampel auf grün (OLG Bamberg, 3 Ss OWi 1050/06).

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Fahrradstraße: Es gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h

Fahrradstraßen dürfen höchstens mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h befahren werden.

Dies hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entschieden und einen Autofahrer zur Zahlung eines Bußgelds verurteilt. Dieser hatte als Anlieger eine Straße mit einer Geschwindigkeit von 43 km/h befahren und war dabei in eine Verkehrskontrolle geraten. Bei der Straße handelte es sich um eine "Fahrradstraße", an deren Beginn ein Verkehrsschild mit dem Zeichen "Fahrradstraße" (Fahrrad im blauen Kreis) und folgendem weiteren Aufdruck angebracht war: "Diese Straße ist dem Radverkehr vorbehalten. Ausnahme: Kfz-Anliegerverkehr mit mäßiger Geschwindigkeit". Gegen den Bußgeldbescheid in Höhe von 15 Euro war der Autofahrer vor Gericht gezogen und in erster Instanz freigesprochen worden.

Nach Ansicht des Amtsgerichts habe keine Geschwindigkeitsüberschreitung vorgelegen, da der Begriff der "mäßigen Geschwindigkeit" nach den konkreten örtlichen Straßenverhältnissen betrachtet werden müsse. Daher sei vorliegend auch noch ein Tempo von 50 km/h erlaubt gewesen. Das sah das OLG jedoch anders und hob den Freispruch auf. Die Richter nutzten das Verfahren, um in einer Grundsatzentscheidung nunmehr die Höchstgeschwindigkeit in Fahrradstraßen einheitlich festzusetzen. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts komme es dabei nicht darauf an, ob sich gerade ein Fahrradfahrer im Straßenbereich befinde. Vielmehr werde dem Charakter der "Fahrradstraße" als Sonderweg nur eine allgemeingültige und von der konkreten Verkehrssituation unabhängige Geschwindigkeitsbegrenzung gerecht. Als "mäßig" sei dabei eine Geschwindigkeit anzusehen, welche sich der des Fahrradverkehrs anpasse. Dabei könne allerdings nicht auf die als sehr niedrig einzuschätzende Durchschnittsgeschwindigkeit von Fahrradfahrern von 14-17 km/h abgestellt werden. Wegen der Teilnahme auch von schnelleren Radfahrern sei hierunter eine Geschwindigkeit von höchstens 30 km/h zu verstehen. Dies gelte aber nur, soweit die konkreten Verkehrsverhältnisse eine solche Geschwindigkeit überhaupt erlauben. Nach dieser Regel sei der Autofahrer 13 km/h zu schnell gewesen, so dass das Bußgeld in Höhe von 15 Euro gerechtfertigt sei (OLG Karlsruhe, 2 Ss 24/05).

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Geldbuße: Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen

Die in der Bußgeldkatalogverordnung vorgesehenen Regelsätze können unterschritten werden, wenn ein Festhalten dazu führen würde, dass gegen den Betroffenen eine unverhältnismäßige, da von ihm nicht leistbare, Sanktion festgesetzt wird.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hin. Es machte deutlich, dass der Tatrichter bei nicht geringfügigen Ordnungswidrigkeiten prüfen müsse, ob ein Arbeitsloser zur Bezahlung des im Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelsatzes in der Lage sei.

Hinweis: Hat der Tatrichter die Regelgeldbuße trotz schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse des Betroffenen nicht reduziert, bleibt immer noch die Ratenzahlung. Diese muss der Verteidiger dann ggf. beantragen (OLG Karlsruhe, 1 Ss 82/06).

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Bußgeldverfahren: Eineiiger Zwilling schützt nicht vor Verwaltungsgebühr

Kann die Straßenverkehrsbehörde nicht feststellen, wer von zwei eineiigen Zwillingen den Verkehrsverstoß begangen hat, kann sie das Verfahren einstellen und eine Verwaltungsgebühr für die Androhung verlangen, im Wiederholungsfall die Führung eines Fahrtenbuchs anzuordnen.

Diese Vorgehenspraxis einer Behörde bestätigte nun das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt im Fall einer Pkw-Halterin, mit deren Fahrzeug eine rote Ampel überfahren wurde. Zur Person des Fahrers machte sie keine Angaben. Auf dem von der Überwachungsanlage gemachten Foto war ein ca. 60- bis 70-jähriger Mann mit Oberlippenbart zu erkennen, der dem Ehemann der Klägerin glich. Gegen diesen wurde ein Bußgeldbescheid erlassen. Der Ehemann äußerte sich nicht zum Vorwurf und legte das Foto seines eineiigen Zwillingsbruders - mit gleicher Frisur und ebenfalls mit Oberlippenbart - vor. Daraufhin wurde wegen der großen Ähnlichkeit der Brüder das Bußgeldverfahren eingestellt. Die Straßenverkehrsbehörde drohte der Pkw-Halterin für den Wiederholungsfall die Führung eines Fahrtenbuchs an und setzte hierfür eine Gebühr in Höhe von 10,20 EUR fest. Dagegen erhob diese nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage beim Verwaltungsgericht.

Das VG wies die Klage ab. Aufgrund der durchgeführten zumutbaren Ermittlungen sei die Feststellung des Fahrzeugführers nicht möglich gewesen. Weder die Pkw-Halterin noch ihr als Fahrer in Betracht kommender Ehemann hätten verwertbare Angaben zum Fahrzeugführer gemacht. Die Behörde habe daher weitere - wenig Erfolg versprechende - Ermittlungen unterlassen können. Insbesondere sei es angesichts des konkreten Verkehrsverstoßes, nämlich des Überfahrens einer Rotlichtanlage, offensichtlich unverhältnismäßig und damit unzumutbar, ein anthropologisches Gutachten einzuholen (VG Neustadt, 6 K 839/06.NW).

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Abschließende Hinweise


Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2006 bis zum 31. Dezember 2006 beträgt 1,95 Prozent.
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 6,95 Prozent

  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 4,45 Prozent

  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 9,95 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.01.2006 bis 30.06.2006: 1,37 Prozent
  • vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent
  • vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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