Monatsinfo Dezember 2005

Internetrecht:

Arbeitsrecht:

Baurecht:

Familien- und Erbrecht:

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG):

Verbraucherrecht:

Verkehrsrecht:

Abschließende Hinweise:

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Arbeitsrecht


Weihnachtsgratifikation: Gleichbehandlung von Angestellten und Arbeitern

In besonderen Fällen darf ein Arbeitgeber Angestellte und Arbeiter bei der Zahlung einer Weihnachtsgratifikation unterschiedlich behandeln.

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) hin. Anlass der Entscheidung war die Klage eines Arbeiters. Dessen Arbeitgeber hatte den ca. 70 Angestellten eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines vollen Monatsgehalts gezahlt. Die ca. 150 Arbeiter sollten dagegen nur 55 Prozent ihres Monatsverdiensts erhalten. Ein Arbeiter verlangte ebenfalls ein volles Monatsgehalt.

Das BAG machte deutlich, dass der Arbeitgeber grundsätzlich an den Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden sei, wenn er seinen Arbeitnehmern eine Weihnachtsgratifikation als freiwillige Leistung gewähren wolle. Dieser Grundsatz sei nicht nur bei einer willkürlichen Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer verletzt. Bilde der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern, verbiete der Gleichbehandlungsgrundsatz auch eine sachfremde Gruppenbildung. Die Gruppenbildung entspreche lediglich sachlichen Kriterien, wenn sich der Grund für die Differenzierung aus dem Leistungszweck ergäbe. Beispiel: Zahle der Arbeitgeber den Angestellten einen höheren Anteil ihrer Monatsvergütung als Weihnachtsgratifikation als den Arbeitern, entspreche die Schlechterstellung der Arbeiter gegenüber den Angestellten sachlichen Kriterien, wenn der Arbeitgeber die Angestellten aus sachlichen Gründen stärker an sein Unternehmen binden wolle. Demgegenüber sei das im vorliegenden Fall vom Arbeitgeber behauptete unterschiedliche Ausbildungs- und Qualifikationsniveau zwischen Arbeitern und Angestellten nach dem Leistungszweck der Weihnachtsgratifikation kein sachlicher Grund für die Differenzierung. Der Arbeitgeber habe auch nicht dargetan, dass Angestellte mit den bei ihm benötigten Kenntnissen und Fähigkeiten im Gegensatz zu Arbeitern auf dem Arbeitsmarkt nicht oder nur schwer zu finden seien und in der Regel eine längere interne Ausbildung durchlaufen müssten (BAG, 10 AZR 640/04).

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Schadenersatz: Arbeitgeber haftet entlassenem Arbeitnehmer nicht für fehlenden Hinweis auf Meldepflicht bei der Arbeitsagentur

Erfährt ein Arbeitnehmer vom Ende seines Arbeitsverhältnisses, muss er sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden. Dieser Termin liegt üblicherweise schon vor dem Termin, zu dem er die Leistungen der Agentur für Arbeit in Anspruch nimmt. Die Verletzung der Pflicht führt bei Eintritt der Arbeitslosigkeit zur Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (§ 140 SGB III). Arbeitgeber sollen die Arbeitnehmer vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses frühzeitig über diese Verpflichtung zu unverzüglicher Meldung informieren. Diese Informationspflicht bezweckt eine Verbesserung des Zusammenwirkens von Arbeitgeber, Arbeitnehmer und den Agenturen für Arbeit. Sie dient aber nicht dem Schutz des Vermögens des Arbeitnehmers. Unterlässt der Arbeitgeber den entsprechenden Hinweis, ist er dem Arbeitnehmer nicht zum Schadenersatz verpflichtet (BAG, 8 AZR 571/04).

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Telefonbetrug: Dienstbezüge eines Beamten dürfen gekürzt werden

Ein Beamter, der während der Dienstzeit private Telefongespräche unter missbräuchlicher Kennzeichnung als Dienstgespräche führt, bereichert sich vorsätzlich zum Nachteil des Dienstherrn. Ihm können daher die Dienstbezüge auf bestimmte Zeit gekürzt werden.

Das bestätigte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Beamten des mittleren Diensts. Dieser hatte während der Dienstzeit innerhalb eines Jahres 424 Gespräche mit einer Gesamtdauer von 117 Stunden geführt. Dem Dienstherrn waren dadurch Telefonkosten in Höhe von 262,86 EUR entstanden. Im Disziplinarklageverfahren kürzte das Verwaltungsgericht die Dienstbezüge des Beamten auf die Dauer von sechs Monaten um 1/20 (monatlich rund 135 EUR brutto).

Auf die Berufung des Dienstherrn erhöhte das OVG die Dauer der Gehaltskürzung auf 15 Monate. Zur Begründung führte es aus, dass ein Beamter gegenüber seinem Dienstherrn beim Umgang mit der dienstlichen Telefonanlage zu einem Höchstmaß an Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit verpflichtet sei. Wer diese Erwartung nicht erfülle, sondern vorsätzlich seinen Dienstherrn schädige und ungerechtfertigt Leistungen erschleiche, disqualifiziere sich regelmäßig in seinem statusrechtlichen Amt. Ein solches Fehlverhalten wiege so schwer, dass es je nach den Gegebenheiten des Falls grundsätzlich die Zurückstufung, gegebenenfalls sogar die Entfernung aus dem Dienst rechtfertige. Von diesen Maßnahmen sei jedoch vorliegend abzusehen. Unter Berücksichtigung der im konkreten Fall zu Gunsten und zu Lasten des Beamten sprechenden Umstände sei vielmehr ausnahmsweise die Kürzung der Dienstbezüge in dem genannten Umfang ausreichend, aber auch erforderlich (OVG Rheinland-Pfalz, 3 A 10933/05.OVG).

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Arbeitszeugnis: Unterschrift des Arbeitgebers muss als Unterschrift erkennbar sein

Eine vom Arbeitgeber im Arbeitszeugnis verwendete überdimensionierte, im Wesentlichen aus bloßen Auf- und Abwärtslinien bestehende Unterschrift ist nicht ordnungsgemäß, wenn dadurch der Verdacht aufkommen kann, der Arbeitgeber wolle sich von dem Zeugnisinhalt, zu dessen Aufnahme in das Zeugnis er durch rechtskräftiges Urteil verpflichtet worden ist, distanzieren.

Mit dieser Entscheidung wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg einen Arbeitgeber zurecht, der seinem Protest gegen die Entscheidung im vorangegangenen Verfahren durch eine besonders "kunstvolle" Unterschrift Ausdruck verliehen hatte. Er wurde nun verurteilt, das Zeugnis mit ordnungsgemäßer Unterschrift neu zu erteilen. Das LAG merkte an, dass der Arbeitgeber durch die Beschränkung der Freiheit, eine Unterschrift beliebig zu gestalten, nicht in unzumutbarer Weise in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt werde. Das Interesse des Arbeitnehmers an der - durch Vorlage eines ordnungsgemäßen Zeugnisses erleichterten - Wiedererlangung eines Arbeitsplatzes sei gewichtiger (LAG Nürnberg, 4 Ta 153/05).

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Baurecht


Skontoabzug: Kein Abzug bei ersparten Aufwendungen nach Kündigung des Auftraggebers

Ein vereinbartes Skonto kann nach einer freien Kündigung des Auftraggebers nicht von der für nicht erbrachte Leistungen geschuldeten Vergütung als ersparte Aufwendung des Auftragnehmers abgezogen werden.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) hin. Er machte deutlich, dass der Auftragnehmer nach freier Kündigung des Auftraggebers seine Vergütung für nicht erbrachte Leistungen auf der Grundlage des dafür vereinbarten Preises abzüglich anderweitigen Erwerbs und der Kosten berechnen könne, die bei Fortführung des Bauvertrags tatsächlich entstanden wären. Entsprächen diese Kosten seiner Kalkulation, könne er diese vortragen (BGH, VII ZR 63/04).

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Subunternehmer: Bestreiten von Mängeln vor Gericht ist keine endgültige Verweigerung der Mängelbeseitigung

Übernimmt ein Subunternehmer als Streithelfer des Generalunternehmers dessen Behauptung im Prozess mit dem Bauherrn, Mängel aus dem Aufgabenbereich des Subunternehmers lägen nicht vor, liegt in diesem Prozessverhalten grundsätzlich noch keine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Mängelbeseitigung im Vertragsverhältnis zwischen Generalunternehmer und Subunternehmer.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hin. In dem betreffenden Rechtsstreit hatte ein Generalunternehmer seinen Subunternehmer auf Schadenersatz wegen Mängeln verklagt. Eine Frist zur Mängelbeseitigung hatte er nicht gesetzt.

Das OLG machte deutlich, dass dem Subunternehmer grundsätzlich die Möglichkeit der Mängelbeseitigung durch Setzen einer entsprechenden Frist gegeben werden müsse. Diese Fristsetzung sei nur entbehrlich, wenn bereits eindeutig feststehe, dass er die Mängelbeseitigung nicht vornehmen werde. Vorliegend habe der Subunternehmer im Rechtsstreit des Generalunternehmers mit dem Bauherrn in einer Stellungnahme behauptet, Mängel würden nicht vorliegen. Hierin könne jedoch entgegen der Ansicht des Generalunternehmers eine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Mängelbeseitigung nicht gesehen werden. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Erklärung nicht in dem hier streitigen Verhältnis, sondern gegenüber dem Bauherrn erfolgt sei. Mit diesem habe der Subunternehmer aber kein Vertragsverhältnis gehabt (OLG Schleswig, 16 U 41/04).

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Vertragsklausel: Abnahmeverweigerung bei fehlenden Unterlagen ist unwirksam

Enthält ein Bauvertrag eine Bestimmung, nach der der Auftraggeber berechtigt ist, die Abnahme wegen fehlender Unterlagen zu verweigern, ist diese unwirksam.

Das Oberlandesgericht (OLG Rostock) ist der Ansicht, dass eine solche Vertragsklausel den Auftragnehmer unangemessen benachteilige. Dies sei ein Verstoß gegen die gesetzlichen Bestimmungen zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (OLG Rostock, 3 U 43/04).

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Familien- und Erbrecht


Umgangsrecht: Schadenersatz bei Verweigerung des Umgangsrechts

Das Umgangsrecht ist ein absolutes Recht i.S. des § 823 BGB. Eine Verweigerung des Umgangs kann zur Schadenersatzpflicht führen.

Mit dieser Entscheidung sprach das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. einem Kindesvater einen Schadenersatzanspruch zu. Ihm war gerichtlich das Recht eingeräumt worden, mit seinen beiden Töchtern einen Ferienaufenthalt in Dänemark zu verleben. Die Kindesmutter hatte am Abreisetag die Kinder nicht herausgegeben, da diese angeblich nicht hätten mitfahren wollen. Der Kindesvater hat daher die Reise, an der auch seine jetzige Ehefrau teilnehmen sollte, nicht angetreten und von der Kindesmutter als Schadenersatz den Reisepreis verlangt.

Das OLG hielt einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 50 Prozent des Reisepreises für gerechtfertigt. Der Anspruch selbst ergebe sich aus § 823 BGB, da das Umgangsrecht ein absolutes Recht i.S. dieser Vorschrift sei. Dieses Recht habe die Kindesmutter rechtswidrig und schuldhaft verletzt, weil sie ohne rechtfertigenden Grund die Kinder am Abreisetag nicht herausgegeben habe. Der Einwand, die Kinder hätten nicht gewollt, greife nicht. Die Kindesmutter sei verpflichtet, auf die Kinder derart einzuwirken, dass diese den Urlaub mit dem Vater anträten. Der Höhe nach seien 50 Prozent des Schadens als zurechenbar verursacht anzusehen. Der vollständige Ausfall der Reise beruhe auch auf dem Willensentschluss des Vaters, ohne seine beiden Töchter mit seiner Ehefrau nicht allein in Urlaub zu fahren. Es handele sich insoweit um eine psychisch vermittelte "Kausalität". Voraussetzung einer Schadenersatzpflicht sei jedoch, dass der Schaden nach Art und Entstehung nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit liege und unter den Schutzzweck der Norm falle. Der Kläger habe entsprechende Mehraufwendungen dadurch gehabt, dass neben zwei Erwachsenen auch die beiden Kinder mitreisen sollten. Dass er auf Grund der Umgangsverweigerung den Urlaub vollständig habe ausfallen lassen und somit den vollen Urlaubspreis nutzlos aufgewandt habe, sei dagegen vom Schutzzweck des Umgangsrechts nicht mehr umfasst (OLG Frankfurt a.M., 1 UF 64/05).

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Kindesunterhalt: Berufsausbildung kann vor Unterhaltspflicht treten

Hinter den Unterhaltsinteressen minderjähriger Kinder treten die Interessen des unterhaltspflichtigen Elternteils, unter Zurückstellung bestehender Erwerbsmöglichkeiten eine Aus- oder Weiterbildung aufzunehmen, grundsätzlich zurück. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Unterhaltspflichtige erstmals eine abgeschlossene Berufsausbildung erlangen will.

Diese Klarstellung traf nun das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem Unterhaltsrechtsstreit. Hier war die unterhaltspflichtige Mutter von ihren Kindern auf Unterhalt verklagt worden. Sie besaß keine abgeschlossene Berufsausbildung und war zunächst verschiedenen Tätigkeiten als Verkäuferin und Servicekraft nachgegangen. Sie trug nun vor, leistungsunfähig zu sein. Sie befinde sich erstmals in einem Ausbildungsverhältnis. Die geringe Ausbildungsvergütung von ca. 500 EUR brutto benötige sie für ihren eigenen Unterhalt.

Das OLG machte deutlich, dass es im Unterhaltsrecht nicht nur auf die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, sondern auch auf seine Erwerbsfähigkeit ankomme. Soweit seine tatsächlichen Einkünfte für Unterhaltszahlungen nicht ausreichen würden, müsse er eine andere oder aber eine zusätzliche Erwerbstätigkeit ausüben. Dies gelte jedoch im vorliegenden Falle nicht. Solle erstmals eine abgeschlossene Berufsausbildung erlangt werden, müsse allein auf die hier erlangte Ausbildungsvergütung abgestellt werden. Die Erlangung einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf gehöre zum eigenen Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen, den er grundsätzlich vorrangig befriedigen dürfte. Hinzu trete, dass eine abgeschlossene Berufsausbildung auch geeignet sei, den Unterhalt der Unterhaltsberechtigten in Zukunft dauerhaft und in betragsmäßig deutlich größerem Umfang zu sichern (OLG Hamm, 11 UF 34/05).

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Erbrecht: Wohin mit einem Testament oder Erbvertrag?

Ein praktisches Problem ist die richtige Aufbewahrung eines Testaments oder eines Erbvertrags, damit der Wille des Erblassers nach seinem Tod auch umgesetzt werden kann. Die folgende Übersicht zeigt die entsprechenden Verwahrungsmöglichkeiten bei Testament und Erbvertrag auf.

Aufbewahrung eines Testaments:
Verwahrung: Maßgeblich ist, um welche Art von Testament es sich handelt:

  • Eigenhändig errichtetes Testament: Der Testator kann das von ihm errichtete Testament grundsätzlich selbst aufbewahren.

    Gefahr: Das Testament kann im Laufe der Zeit verloren gehen oder nach dem Erbfall nicht oder zu spät auffindbar sein. Es kann auch von jemandem beiseite geschafft werden, der mit einem anderen Inhalt des Testaments gerechnet hatte.

    Lösung: Um diese Risiken auszuschließen, kann ein eigenhändig errichtetes Testament beim Amtsgericht in Verwahrung gegeben werden.

    Hinweis: Das Amtsgericht händigt dem Hinterleger einen Hinterlegungsschein aus. Dieser sollte gut aufbewahrt werden, weil er im Fall einer Rücknahme des Testaments aus der amtlichen Verwahrung vorgelegt werden muss.

  • Notarielles Testament: Der Notar soll dieses stets in amtliche Verwahrung nehmen.

    Praxishinweis: Diese Soll-Vorschrift ist für den Notar als Muss-Vorschrift zu verstehen. Der Notar legt die Testamentsurkunde in einen dafür vorgesehenen Umschlag, der mit einem Prägesiegel verschlossen wird und von dem Notar zu unterzeichnen ist. Auf dem Umschlag sind die wichtigsten Bestimmungsdaten anzugeben (Personalien des Erblassers, Name und Amtssitz des Notars, Datum und Nr. der Urkunde). Für die besondere amtliche Verwahrung des Testaments ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hat. Eine Ausnahme besteht für Baden-Württemberg, wo die staatlichen Notariate für die amtliche Verwahrung zuständig sind. Das Amtsgericht stellt nach Zahlung der Verwahrungsgebühr dem Erblasser einen Hinterlegungsschein aus. Auf Wunsch des Erblassers kann das Testament auch bei einem anderen als dem örtlich zuständigen Amtsgericht hinterlegt werden, wenn dieses z. B. sich näher an seinem Wohnsitz befindet. Dieses wird häufig das spätere Nachlassgericht sein.

  • Nottestamente nach § 2249 BGB: Diese werden vor dem Bürgermeister oder dem Vorsteher eines Gutsbezirks errichtet. Für sie ist das Amtsgericht zuständig, zu dessen Bezirk die Gemeinde oder der Gutsbezirk gehört.

Registrierung: Das Amtsgericht, bei dem ein privatschriftliches oder ein notariell beurkundetes Testament in amtliche Verwahrung gegeben wird, teilt dies dem Standesamt am Geburtsort des Erblassers mit. Der Standesbeamte des Geburtsorts macht einen Vermerk in seiner Testamentskartei und im Geburtenbuch des Erblassers. Beim Todesfall benachrichtigt das Standesamt des Sterbeorts, bei dem der Sterbefall beurkundet wird, das Standesamt des Geburtsorts zwecks Austragung im Geburtenbuch. Der Standesbeamte des Geburtsorts wird durch den Vermerk im Geburtenbuch auf seine Testamentskartei verwiesen. Daraufhin teilt er dem angegebenen verwahrenden Amtsgericht zum Aktenzeichen der Hinterlegung den Sterbefall mit. Dieses leitet daraufhin das Testaments-Eröffnungsverfahren ein.

Aufbewahrung eines Erbvertrags:

Verwahrung: Die Urschrift eines Erbvertrags muss in besondere amtliche Verwahrung des Amtsgerichts gegeben werden, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hat. Die Beteiligten erhalten vom Notar beglaubigte Abschriften der Erbvertragsurkunde.

Die Vertragsparteien, die die besondere amtliche Verwahrung des Erbvertrags ausgeschlossen haben, können später beantragen, dass der Vertrag nachträglich in die besondere amtliche Verwahrung gebracht werde.

Die Urschrift des Erbvertrags darf selbst dann nicht an die Parteien herausgegeben werden, wenn sie den Erbvertrag aufgehoben haben (etwas anderes gilt nur, wenn die Urkunde im Ausland verwendet werden soll). Die Verwahrung des Erbvertrags bei Gericht kann aufgehoben werden, allerdings nur mit der Wirkung, dass er an den Urkundsnotar, nicht an die Parteien herausgegeben wird und sodann offen in der Urkundensammlung des Notars zu verwahren ist. Die Aufhebung der Verwahrung bei Gericht hat nicht - wie die Rückgabe des öffentlichen Testaments - die Wirkung eines Widerrufs.

Registrierung: Der Notar trägt die Urkunde unter einer fortlaufenden Nummer in seine Urkundenrolle ein. Die Übergabe des Erbvertrags ist in der Urkundensammlung des Notars zu vermerken. Die Eröffnung des Erbvertrags nach dem Eintritt des Erbfalls folgt nach dem gleichen Verfahren wie bei einem Testament.

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Erbschein: Antragsteller hat keine Ermittlungspflichten

Ein Antragsteller im Erbscheinsverfahren muss nur die nach den §§ 2354 bis 2356 BGB erforderlichen Angaben machen und Urkunden vorlegen. Eine darüber hinausgehende Ermittlungspflicht trifft ihn nicht. Er muss aber an den weiteren Ermittlungen des Nachlassgerichts durch vollständige und wahrheitsgemäße Angabe mitwirken.

Hierauf wies das Kammergericht (KG) in folgendem Fall hin: Die Tochter des verstorbenen Erblassers beantragte die Erteilung eines sie als Alleinerbin ausweisenden Erbscheins. Grundlage dafür war ein notarielles Testament, in dem der Erblasser sie zur Alleinerbin eingesetzt und ihrem Halbbruder den Pflichtteil zugewandt hatte. Das Nachlassgericht hatte den Antrag zurückgewiesen, nachdem sie der Aufforderung zur Einreichung der Sterbeurkunde und der Angabe des Namens und der Anschrift der Tochter des Halbbruders nicht nachgekommen war. Die Antragstellerin hatte lediglich mitgeteilt, dass ihr Halbbruder verstorben sei, er aber wohl eine Tochter habe. Deren Name und Anschrift seien ihr nicht bekannt.

Das KG machte deutlich, dass diese Zurückweisung zu Unrecht erfolgt sei. Ein Antragsteller sei nicht uneingeschränkt verpflichtet, im Erbscheinverfahren eine Anhörung durch Vorlage von Urkunden und Ermittlungen hinsichtlich gesetzlicher Erben zu ermöglichen. Welche Unterlagen vorzulegen seien und welche Angaben der Antragsteller machen müsse, ergebe sich aus §§ 2354 bis 2356 BGB. Die Antragstellerin habe vorliegend die nach den genannten Vorschriften notwendigen Unterlagen und auch die entsprechenden Angaben beigebracht. Die Vorlage einer Sterbeurkunde des Halbbruders und die Ermittlung der möglicherweise vorhandenen Tochter könne nicht von ihr verlangt werden (KG, 1 W 159/05).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)


Rückzahlung der Mietkaution: Wann darf der Vermieter aufrechnen?

Will der Vermieter bei Mietende die Kaution ganz oder teilweise einbehalten, sollte er sich vorher über die Rechtslage informieren. Die Checkliste gibt die Antworten auf die acht häufigsten Fragen.

1. Darf der Vermieter mit Gegenansprüchen aufrechnen?
Ja. Gegenüber dem Anspruch des Mieters auf Rückgewähr der Kaution kann der Vermieter aufrechnen. Der Vermieter darf auch noch nach Ablauf der Prüfungsfrist aufrechnen, da sich aus ihrem Ablauf kein Aufrechnungsverbot ergibt.

2. Mit welchen Ansprüchen genau kann der Vermieter aufrechnen?
Das hängt von der Sicherungsabrede der Parteien ab. Soweit diese keine besonderen Abreden getroffen haben, ist davon auszugehen, dass sämtliche Vermieterforderungen gesichert werden sollen, z.B. auch evtl. Ansprüche aus § 546a BGB. Es sind jedoch folgende Ausnahmen zu beachten:

  • Mit den Kosten eines laufenden Prozesses kann der Vermieter nicht aufrechnen. Der Sicherungszweck der Mietsicherheit erfasst zwar auch diesen Anspruch, jedoch muss ein vorläufig vollstreckbarer Titel vorliegen, so dass eine Aufrechnung im laufenden Prozess ausscheidet.

  • Die Gegenansprüche müssen auf demselben Mietverhältnis wie der Rückzahlungsanspruch des Mieters beruhen. Der Vermieter kann daher nicht mit Ansprüchen aus früheren oder anderen Mietverhältnissen aufrechnen.

  • Nach § 9 Abs. 5 S. 1 WoBindG ist eine Mietsicherheit nur zulässig, wenn sie Ansprüche aus Schäden an der Wohnung oder unterlassenen Schönheitsreparaturen sichern soll. Eine Vereinbarung im Mietvertrag, nach der eine Sicherheit zur Absicherung weiterer Verpflichtungen des Mieters dienen soll, ist insgesamt unwirksam. Gegen den Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution kann der Vermieter daher bei preisgebundenem Wohnraum nur mit den bezeichneten Schadenersatzansprüchen aufrechnen.

3. Darf der Vermieter mit Gegenforderungen aufrechnen, wenn diese verjährt sind?
Grundsätzlich ja, § 215 BGB. Das gilt auch, wenn der Vermieter nicht innerhalb von sechs Monaten seit Beendigung des Mietvertrags abgerechnet hat.

4. Gilt dies auch, wenn der Mieter mittels Bürgschaft Sicherheit geleistet hat?
Nein. Gegenüber dem Bürgen besteht i.d.R. keine Aufrechnungslage, sondern nur ein Zahlungsanspruch. Wird dieser erst nach Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht, kann sich der Bürge auf die Verjährung der gesicherten Forderung berufen.

5. Gibt es sonstige Einschränkungen und Ausnahmen?
Der Vermieter kann auch nicht mit Gegenforderungen aufrechnen, die bereits bei Entstehung der Aufrechnungslage, d.h. bei Rückgabe der Mietsache, verjährt waren. Die Aufrechnungslage ist hier erst mit Rückgabe der Mietsache gegeben. Davor hat der Mieter nur einen aufschiebend bedingten Anspruch auf Rückgewähr der Mietsicherheit.

Die Aufrechnung mit einer verjährten Gegenforderung ist ebenfalls ausgeschlossen, wenn der Mieter schon vorher seinen fälligen Rückzahlungsanspruch gegen eine andere, unverjährte Forderung des Vermieters wirksam aufgerechnet hat. Maßgeblich ist die zeitlich frühere wirksame Aufrechnung. Das gilt auch bei einem Aufrechnungsverbot im Mietvertrag.

Hinweis: Der Vermieter kann aber vorsorgen. Seine Ansprüche können unterschiedlichen Verjährungsfristen unterliegen. So gilt für Ersatzansprüche i.S. des § 548 BGB eine Verjährungsfrist von sechs Monaten. Dagegen verjähren die Ansprüche auf rückständige Miete und Betriebskosten in drei Jahren. Der Vermieter sollte also, wenn die Kaution nicht für seine gesamten Gegenforderungen ausreicht, eine Aufrechnungsreihenfolge bestimmen. Er kann dann mit den verjährten Forderungen aufrechnen - soweit nicht eine der o.g. Ausnahmen eingreift - und die nicht verjährten Forderungen einklagen. Macht er von seinem Bestimmungsrecht keinen Gebrauch oder widerspricht der Mieter unverzüglich, gilt die gesetzliche Reihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB. Es kann auch von vornherein eine Tilgungsreihenfolge im Mietvertrag vereinbart werden. Formularklauseln zu Gunsten des Vermieters sind jedoch nur wirksam, wenn die Interessen des Mieters angemessen berücksichtigt werden.

6. Ist der Vermieter berechtigt, wegen noch nicht abgerechneter Betriebskosten die Kaution (oder einen Teil) einzubehalten?
Diese Frage ist umstritten:

  • Es wird die Auffassung vertreten, dass ein Zurückbehaltungsrecht nur ausgeübt werden kann, wenn es vertraglich vereinbart ist. Der BGH hat sich bisher zu dieser Frage noch nicht geäußert.

  • Die überwiegende Ansicht bejaht ein Zurückbehaltungsrecht des Vermieters, wenn ein Nachzahlungsanspruch zu seinen Gunsten für noch nicht fällige Betriebskosten zu erwarten ist.

Einschränkung: Der Vermieter muss darlegen, dass die zu erwartende Nachforderung die Höhe der Sicherheit erreicht, die einbehalten wird. Falls sie nicht die gesamte Höhe erreicht, darf der Vermieter (nur) einen angemessenen Teil einbehalten, begrenzt auf drei bis vier Monatsmieten. Das Zurückbehaltungsrecht entfällt ganz, wenn der Vermieter die Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB nicht eingehalten hat.

7. Verzichtet der Vermieter auf seine Gegenrechte, wenn er die Mietsicherheit vorbehaltlos zurückgibt?
Ja. Die h.M. sieht in der vorbehaltlosen Rückgabe der Mietsicherheit bei Vertragsende ein "negatives deklaratorisches Schuldanerkenntnis". Dieses habe den Inhalt, dass der Vermieter den Zustand der Mietsache als vertragsgemäß anerkenne und auf die Geltendmachung von Ersatzansprüchen wegen erkennbarer Mängel oder Beschädigungen verzichte. Damit ist die spätere Geltendmachung von solchen Ansprüchen des Vermieters ausgeschlossen, die dieser gekannt hat oder hätte kennen können.

Hinweis: Die Ansprüche des Vermieters auf zum Zeitpunkt der Rückgabe der Mietsicherheit noch nicht fällige Betriebskostennachforderungen sollen von dem Anerkenntnis nicht umfasst sein, da es dem Vermieter freistehe, ob er wegen dieser Ansprüche ein Zurückbehaltungsrecht geltend macht.

8. Verliert der Vermieter seine Gegenrechte, wenn er die Rückgewähr der Sicherheit vorbehaltlos zusagt?
Ja. Er kann dann weder aufrechnen noch Zurückbehaltungsrechte geltend machen.

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Nießbrauch: Muss der vermietende Nießbraucher dem mietenden Eigentümer die Instandhaltung zahlen?

Enthält der Mietvertrag zwischen dem Vermieter, dem der Nießbrauch an der Sache zusteht, und dem Eigentümer, der die Sache gemietet hat, keine den Nießbrauch und die gesetzliche Lastenverteilung berührende Vereinbarung, wird hierdurch die vom Gesetz vorgegebene Verteilung der Pflichten zwischen Eigentümer und Nießbraucher nicht abbedungen. Der Eigentümer kann daher vom Nießbraucher keine Instandhaltung der Mietsache (hier: Erneuerung der Elektroinstallation) verlangen.

Diese Klarstellung traf nun der Bundesgerichtshof (BGH) in folgendem Fall: Der Kläger ist Eigentümer eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks. Dieses ist zu Gunsten der Beklagten mit einem lebenslangen Nießbrauch belastet. Er hat eine in diesem Haus gelegene Wohnung von der Beklagten gemietet. Wegen Sicherheitsmängeln hat der Kläger die Beklagte vergeblich zur Erneuerung der gesamten Elektroinstallation aufgefordert. Seine Klage auf Zahlung eines Kostenvorschusses wurde abgewiesen.

Der BGH hat diese Entscheidung bestätigt. Er führt aus, dass der Mieter grundsätzlich zur Mangelbeseitigung durch Ersatzvornahme berechtigt sei. Daher könne er die erforderlichen Aufwendungen erstattet verlangen, wenn die Wohnung einen Mangel aufweise. Hierzu könne er einen Kostenvorschuss beanspruchen. Der Vorschussanspruch stehe dem Mieter grundsätzlich auch zu, wenn der Vermieter das Grundstück nur in Ausübung seines Nießbrauchs vermietet habe. Eine Ausnahme gelte jedoch, wenn der Mieter zugleich Eigentümer des mit dem Nießbrauch belasteten Grundstücks sei. Würde der Nießbraucher die geforderte Erneuerung der Elektroinstallation durchführen, könne er gemäß § 1049 BGB seinerseits vom Eigentümer Ersatz seiner Aufwendungen nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen. Es verstoße daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn der Eigentümer einen Betrag fordern könne, den er anschließend sofort zurückzahlen müsse (BGH, VIII ZR 311/04).

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Mietsicherheit: Ändert sich die Kautionshöhe, wenn sich herausstellt, dass die Wohnung kleiner als angenommen ist?

Stellt sich im Laufe des Mietverhältnisses heraus, dass die Wohnungsgröße im Mietvertrag zu hoch angesetzt wurde, kann der Mieter einen Teil der hierauf basierenden Kaution zurückfordern.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Mieters, dessen Wohnung entgegen der Angabe von 180 qm im Mietvertrag nur eine Fläche von 154,83 qm hatte. Der Mieter forderte daraufhin eine Neuberechnung der Kaution und Rückzahlung des Differenzbetrags.

Der BGH erläuterte die Rechtslage wie folgt: Eine Mietkaution dürfe höchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete ohne die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten betragen. Maßgeblich für die zulässige Höhe sei die im Zeitpunkt der Kautionsvereinbarung geschuldete Miete. Durch nachträgliche Veränderungen der Miethöhe nach unten oder oben werde die zulässige Kautionshöhe grundsätzlich nicht tangiert. Liege ein Mangel vor, trete zwar teilweise oder vollständige Befreiung von der Mietzinspflicht ein, solange die Gebrauchstauglichkeit herabgesetzt oder aufgehoben sei. Die Minderung habe jedoch keinen Einfluss auf die Berechnung der dreifachen Monatsmiete. Die zulässige Obergrenze der Mietsicherheit könne nicht jeweils davon abhängen, ob und gegebenenfalls welche Mängel vorlägen, in welchem Umfang der Mieter Mängel dem Vermieter anzeige und inwieweit der Vermieter Abhilfe schaffe. Anders liege der Fall allerdings, wenn der Vermieter eine Wohnung vermietet, die - z.B. wegen der tatsächlichen geringeren Wohnungsgröße - von vornherein und auf Dauer einen unbehebbaren Mangel aufweise. Anknüpfungspunkt für die Berechnung der zulässigen Kautionshöhe könne dann nur die geminderte Miete sein, weil der Mieter von Anfang an auch nur diese schulde. Den gezahlten Mehrbetrag könne der Mieter zurückfordern (BGH, VIII ZR 347/04).

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WEG: Bei Errichtung eines Wintergartens müssen die übrigen Wohnungseigentümer zustimmen

Die Errichtung eines Wintergartens stellt in der Regel eine bauliche Veränderung dar, die der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedarf.

Mit dieser Entscheidung gab das Oberlandesgericht (OLG) München einer Wohnungseigentümergemeinschaft Recht, die von einem Miteigentümer die Beseitigung eines "ungenehmigten" Wintergartens gefordert hatte. Das OLG stützte seine Entscheidung darauf, dass der Bau eines Wintergartens über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgehe. Daher müssten die anderen Wohnungseigentümer der Baumaßnahme zustimmen. Eine solche Zustimmung habe nicht vorgelegen. Hinzu trete, dass ein Wintergarten bei typisierender Betrachtungsweise eine weitaus intensivere Nutzung der betroffenen Gemeinschaftsfläche zulasse als eine Terrasse. Entsprechend sei mit stärkeren Beeinträchtigungen zu rechnen, etwa durch Geräusche und Beleuchtung. Darauf, dass die Antragsgegner nach eigenem Vorbringen bemüht seien, die Störungen gering zu halten, komme es bei der gebotenen typisierenden Betrachtung nicht an. Der Wintergarten müsse daher wieder entfernt werden (OLG München, 34 WX 43/05).

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Verbraucherrecht


Aktuelle Gesetzgebung: Ab sofort sind Kapitalanleger-Musterverfahren möglich

Im November ist das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) und das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) in Kraft getreten.

Das KapMuG ermöglicht geschädigten Kapitalanlegern eine verbesserte Durchsetzung ihrer Schadenersatzansprüche. Es kann nunmehr ein Musterverfahren durchgeführt werden. Hierin wird geklärt, ob eine falsche oder unterlassene öffentliche Kapitalmarktinformation vorlag. Tatsachen- und Rechtsfragen, die sich in mindestens zehn individuellen Schadenersatzprozessen stellen, werden nur einmal mit Bindungswirkung für alle geschädigten Anleger geklärt. Dabei muss das Gericht nur einmal in die Beweisaufnahme eintreten. Früher war dies in allen zehn Verfahren erforderlich. Das Prozesskostenrisiko für den einzelnen Anleger wird dadurch deutlich gesenkt. Kapitalanleger können sich mit dem neu geschaffenen elektronischen Klageregister unter www.ebundesanzeiger.de darüber informieren, ob bereits ein Musterverfahren beantragt oder gar eingeleitet worden ist. So wird die Entscheidung, selbst Klage einzureichen und sich diesem Musterverfahren anzuschließen, erleichtert.

Das UMAG bringt wichtige Modernisierungen und Veränderungen an den Rahmenbedingungen unserer börsennotierten Aktiengesellschaften. Dabei sind insbesondere drei Punkte hervorzuheben:

  • Die Haftungsklage, also die Schadenersatzklage der Gesellschaft gegen Vorstand und Aufsichtsrat wegen Unredlichkeiten und groben Rechtsverstößen wird in der Durchsetzung verbessert.

  • Die Anfechtungsklage gegen Hauptversammlungsbeschlüsse wird vor missbräuchlicher Ausnutzung geschützt.

  • Das System der Anmeldung und Legitimation von Aktionären zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Stimmrechtsausübung wird modernisiert und auf internationale Gepflogenheiten umgestellt.

Das UMAG schafft unter www.ebundesanzeiger.de ein Aktionärsforum für klagewillige Kleinaktionäre. Damit können Aktionäre Mitstreiter für das Erreichen gesetzlicher Quoren und zur Stimmrechtsausübung suchen und zum Mitmachen aufrufen.

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Haftungsrecht: Ansprüche bei Hörschäden nach einem Konzertbesuch

Der Besuch eines Musikkonzerts kann auf Grund der Lautstärke gesundheitliche Schäden wie einen Hörsturz oder einen dauernden Hörschaden (Tinnitus) verursachen. Hierdurch kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Schadenersatzanspruch gegen den Konzertveranstalter geltend gemacht werden:

  • Ein Konzertveranstalter muss dafür sorgen, dass die Besucher nicht über den Zeitraum eines Konzerts hinweg einem pflichtwidrig hohen Lärmpegel ausgesetzt sind. Konzertbesucher können sich darauf verlassen, dass die Lautstärke bei einem Konzert nicht gesundheitsgefährdend ist (OLG Koblenz, 5 U 1324/00).

  • Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, die einen Maximalwert an Dezibel während einer Musikveranstaltung vorschreibt. Die DIN 15905 Teil 5 enthält zwar Grenzangaben für "Tontechnik in Theatern und Mehrzweckhallen", stellt jedoch keine Rechtsgrundlage dar. Sie kann aber herangezogen werden, wenn es um die Frage der Einhaltung von Verkehrssicherungspflichten geht (LG Nürnberg, 6 O 4537/03). Gem. DIN 15 905 Teil 5 muss der Schallpegel während des gesamten Konzerts mit Hilfe eines speziellen Messgeräts dokumentiert werden. Bei einer Beschalldauer von zwei Stunden ist als Grenze 99 dB(A) vorgegeben. Das LG Hamburg (O 281/02) lehnte den Schmerzensgeldanspruch eines Zuhörers mit dem Hinweis auf die Einhaltung der erlaubten dB(A)-Werte ab. Der Veranstalter habe seiner Verkehrssicherungspflicht entsprochen. Die Wahrung von DIN-Normen schließt jedoch die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht noch nicht aus.

  • Anders als nach Ansicht des OLG Karlsruhe (19 U 93/99) können für den BGH (VI ZR 142/00) auch solche Maßnahmen Bestandteil der dem Veranstalter obliegenden Verkehrssicherungspflichten sein, mit deren Hilfe überhaupt erst ermittelt werden kann, ob ein gesundheitsgefährdender Geräuschpegel vorgelegen hat. Verletzt der Veranstalter seine Pflicht zu andauernder Messung des Schallpegels, kann ein Beweis des ersten Anscheins für die Kausalität der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf den erlittenen Hörschaden eines Zuhörers sprechen.

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Gebrauchtwagenhandel: Beweislastumkehr gilt auch bei Karosseriebeschädigungen

Auch Karosserieschäden können unter die Beweislastumkehr (§ 476 Bürgerliches Gesetzbuch) fallen.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) zu Ungunsten eines Kfz-Händlers entschieden. Im Urteilsfall ging es um einen Ford Fiesta, der bei einem Händler als Vorführwagen gelaufen war. Mit einer Laufleistung von 13.435 km hatte der Händler ihn für 11.500 Euro an einen Verbraucher verkauft. Vier Wochen später monierte der Käufer unter anderem eine leichte Verformung des Kotflügels und des Stoßfängers vorne rechts. Der Händler lehnte es ab, diese Schäden zu beseitigen. Begründung: Bei Übergabe waren sie nicht da. Daraufhin erklärte der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der BGH gab ihm Recht. Die Beweislastumkehr sei anzuwenden, obwohl es um äußerliche Beschädigungen in einem Bereich ging, der auch für den Käufer sichtbar war.

Beachten Sie: Ausgeschlossen hat der BGH die Beweislastumkehr jedoch in Fällen, in denen die Beschädigungen auch "einem fachlich nicht versierten Käufer" auffallen müssen. Hat er den Wagen in einem solchen Fall ohne Beanstandung abgenommen, sei die Vermutung der Mangelhaftigkeit bei Übergabe entkräftet (BGH, VIII ZR 363/04).

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Gebrauchtwagenhandel: Keine Unfallfreiheit bei 800-Euro-Nachlackierung

Mit der Zusicherung der "Unfallfreiheit" müssen Kfz-Händler vorsichtig sein.

Das zeigt ein Urteil des Landgerichts (LG) Karlsruhe. Der Kunde hatte bei einem Kfz-Händler einen gebrauchten Pkw für 25.000 Euro gekauft. Im Kaufvertrag war im Feld "unfallfrei" das Wort "ja" eingedruckt. Nachdem der Käufer einen Farbunterschied an der hinteren linken Seitenwand festgestellt hatte, bestätigte ihm der Händler, dass der Pkw vor seiner Erstzulassung mit einem Aufwand von rund 800 Euro (interne Kosten) repariert worden sei. Der Käufer wollte die Rückabwicklung des finanzierten Kaufs.

Das LG gab ihm Recht. Das Autohaus habe die Unfallfreiheit garantiert. Die Richter wiesen auf den Charakter des Pkw als "junger Gebrauchter" hin, ferner auf den Status des Beklagten als "angesehener Kfz-Vertragshändler". Die Zusage "unfallfrei" bedeute zwar nur, dass keine wesentlichen Vorschäden vorlägen. Bagatellschäden würden keine Rolle spielen. Das konnte den Händler jedoch nicht retten. Zum einen lagen schon die internen Reparaturkosten bei 800 Euro. Zum anderen war die Instandsetzung nicht perfekt gelungen, weil ein sichtbarer Farbunterschied vorhanden war.

Hinweis: Als Nutzungsvergütung hat das LG - auf Basis einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km und einem Kilometer-Stand von 15.244 km bei Übergabe - 0,1065 Cent pro Kilometer zu Grunde gelegt (LG Karlsruhe, 8 O 614/04).

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Bankdarlehen: Bank darf bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nicht in jedem Fall kündigen

Eine fristlose Kündigung von Bankdarlehen aus wichtigem Grund ist nach Treu und Glauben unzulässig, wenn zwar eine Veränderung (Verschlechterung) der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden eingetreten ist, der Kunde die vereinbarten Darlehensraten aber weiter pünktlich tilgt und die Bank wegen ihrer Forderungen auch bei vorsichtiger Bewertung hinreichend und insolvenzfest gesichert ist.

Hierauf machte das Kammergericht (KG) aufmerksam. Für die Frage der Berechtigung zur fristlosen Kündigung müsse stets eine Gesamtwürdigung der besonderen Umstände des einzelnen Falls und eine Abwägung der Interessen beider Vertragsteile erfolgen. Es komme nicht darauf an, ob lediglich aus der Sicht der Gläubigerin eine Vermögensgefährdung eingetreten sei. Entscheidend sei vielmehr, ob dies objektiv der Fall ist (KG, 16 U 113/03).

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Verkehrsrecht


Fußgängerüberweg: Kein Ersatzanspruch des Fußgängers, der neben der Ampel die Straße überquert

Die besonderen Rücksichts- und Wartepflichten des Abbiegenden bestehen nur gegenüber Fußgängern, mit denen zu rechnen ist. Überquert ein Fußgänger eine Fahrbahn im Abstand von ca. 20 Metern von der Fußgängerampel, verhält er sich unsorgfältig. Hiermit muss der Autofahrer nicht rechnen.

Mit dieser Entscheidung wies das Oberlandesgericht (OLG) Celle die Klage eines Fußgängers auf Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall zurück. Der Fußgänger hatte eine stark befahrene, fünfspurige Straße im Einmündungsbereich einer anderen Straße überqueren wollen, obwohl eine Fußgängerampel nur etwa 20 Meter entfernt war. Dabei wurde er von einem Pkw-Fahrer angefahren, der ihn wegen Schneefall und Hagel nicht rechtzeitig erkannt hatte.

Das OLG begründete seine Entscheidung damit, dass der Fußgänger grob gegen die Verkehrsregeln verstoßen habe. Fußgänger müssten bei der Überquerung von Fahrbahnen ampelgeregelte Fußgängerüberwege an Kreuzungen benutzen, wenn die Verkehrslage dies erfordere. Das gelte insbesondere bei breiten und viel befahrenen Straßen. Verstießen sie gegen diese Pflicht, würden sie grob fahrlässig handeln. Hinter diesem Verschulden trete die Haftung des Autofahrers aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs vollständig zurück (OLG Celle, 14 W 32/05).

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Parkraum: Es besteht kein Anspruch auf kostenloses Parken

Der Nutzer eines Flughafens mit ausschließlich kostenpflichtigem Parkraum hat keinen Anspruch darauf, in der nahegelegenen Ortsgemeinde kostenfrei parken zu können.

Diese Entscheidung traf das Verwaltungsgericht (VerwG) Koblenz. Verklagt war eine Ortsgemeinde in der Nachbarschaft zum Flughafen Frankfurt-Hahn. Der Flughafen bietet seit 2003 keine kostenfreien Parkplätze für Passagiere mehr an. Daher wichen immer mehr Nutzer des Flughafens auf die Ortsstraßen und Parkplätze der Nachbarorte aus. Als in der beklagten Gemeinde ein Zonenhalteverbot eingerichtet wurde, wollte ein Pkw-Fahrer die Ortsgemeinde verpflichten, in ihrem Bereich kostenfreien Parkraum zur Verfügung zu stellen.

Das VerwG wies die Klage jedoch ab. Der Kläger könne nicht verlangen, dass kostenfreie Parkmöglichkeiten geschaffen oder bereitgestellt würden. Ein solcher Anspruch ergebe sich allein schon deswegen nicht aus kommunalrechtlichen Vorschriften, weil der Kläger kein Einwohner der Gemeinde sei. Auch straßenverkehrsrechtliche Vorschriften begründeten nicht dieses Begehren, sondern ließen nur die Nutzung der vorhandenen Parkmöglichkeiten im Rahmen der Widmung und der Verkehrsvorschriften zu. Überdies betreibe die Ortsgemeinde selbst keine Einrichtung, welche die Bereitstellung neuer Stellplätze erforderlich mache (VerwG Koblenz, 6 K 3266/04.KO).

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Aktenverlust: Einstellung des Verfahrens muss zwingend erfolgen

Gehen nach Einlegung und Begründung der Revision Akte und Anklageschrift verloren und können diese nicht vollständig rekonstruiert werden, ist das Verfahren zu Gunsten des Angeklagten einzustellen.

Dies gilt nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg insbesondere, wenn die Wiederherstellung der Anklageschrift und des Eröffnungsbeschlusses nicht möglich ist. In diesen Fällen könne nicht ausgeschlossen werden, dass Anklageschrift und/oder Eröffnungsbeschluss nicht ordnungsgemäß seien oder sich nicht auf die abgeurteilte Tat beziehen würden (OLG Oldenburg, Ss 408/04 (I 83)).

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Erzwingungshaft: Bei der Erzwingungshaft muss das Übermaßverbot beachtet werden

Bei der Vollstreckung von sehr geringen Geldbußen (hier: 5 Euro) gebietet es das Verhältnismäßigkeitsprinzip, besonders hohe Anforderungen an zuvor erfolglose Vollstreckungsversuche zu stellen. Eine Erzwingungshaftanordnung bei einer zu zahlenden Geldbuße von 5 Euro verstößt grundsätzlich gegen das Übermaßverbot.

Diese Klarstellung traf das Amtsgericht (AG) Lüdinghausen. Es wies darauf hin, dass bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien. In der Regel sollten zunächst die Maßnahmen zur Beitreibung der Geldbuße möglichst ausgeschöpft werden. Diese seien nämlich im Verhältnis zur Erzwingungshaft weniger einschneidend. Bei absolut geringwertigen Bußgeldern seien besonders hohe Anforderungen an zuvor erfolglose Vollstreckungsmaßnahmen zu stellen. Es sei nicht ausreichend, eine schriftliche Zahlungsaufforderung zu versenden und Vollstreckungsversuche allein am Wohnort der Betroffenen zu üblichen Arbeitszeiten durchzuführen, wenn diese dort nicht angetroffen werden (AG Lüdinghausen, 10 OWi 22/05).

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Abschließende Hinweise


Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2005 beträgt 1,17 Prozent.
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 6,17 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 3,67 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 9,17 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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