Monatsinfo Oktober 2005

Internetrecht:

Arbeitsrecht:

Baurecht:

Familien- und Erbrecht:

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG):

Verbraucherrecht:

Verkehrsrecht:

Abschließende Hinweise:

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Arbeitsrecht


Arbeitslosengeld: Die Anrechnung von Arbeitseinkommen auf ALG II kann zu bösen Überraschungen führen

Der Arbeitnehmer ist zur Vorleistung verpflichtet. Löhne und Gehälter werden nach § 614 S. 2 BGB i.d.R. erst zum Monatsende fällig. Hingegen besteht Anspruch auf Arbeitslosengeld II (ALG II) frühestens ab Antragstellung (§ 37 Abs. 2 S. 2 SGB II). Nachstehend wird anhand einiger Beispiele erläutert, welche negativen Folgen dieser Umstand für Arbeitnehmer beim Wechsel zwischen ALG II-Bezug und Erwerbsleben haben kann und was bei verspäteter Lohnzahlung durch den ArbG zu beachten ist.

Grundsatz: Das Zuflussprinzip
Bei der Berechnung des ALG II gilt das "Zuflussprinzip": Einkommen ist in dem Monat zu berücksichtigen, in dem es zufließt. Unerheblich ist, ob es sich um laufende Einnahmen z.B. aus einer Nebentätigkeit handelt oder um Zahlungen aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Beispiel: A bezieht ALG II. Zwischen dem 1.2. und 31.3.05 ist er befristet beschäftigt. Danach ist er wieder arbeitslos, ohne Anspruch auf ALG I zu haben. Scheidet A am 31.3.05 aus dem Arbeitsverhältnis aus und wird sein Lohn Anfang April bezahlt, ist diese Zahlung als Einkommen im April zu berücksichtigen. Das Februar-Gehalt fand bei Zahlung im März Berücksichtigung. Im Februar hatte A demnach kein Einkommen.

Es ist zu empfehlen, den Antrag auf ALG II trotz des Beginns eines Arbeitsverhältnisses mindestens für den Monat der Arbeitsaufnahme aufrecht zu erhalten. Zahlt der Arbeitgeber erst im Folgemonat das Gehalt, hat der Arbeitnehmer auch Anspruch auf ALG II im Monat der Arbeitsaufnahme.

Anrechnung von Ausgaben bei der Einkommensberechnung
Von dem um Steuern und Sozialversicherungsabgaben geminderten Bruttoeinkommen (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB II) können auch die mit der Erzielung des Einkommens notwendigen Ausgaben wie Fahrtkosten abgezogen werden (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 SGB II). Hinzu kommt weiterhin der Erwerbstätigen-Freibetrag gem. § 11 Abs. 2 Nr. 6 SGB II.

Beispiel: B bezieht seit dem 1.2.05 ALG II. Aus einem früheren Beschäftigungsverhältnis hat er noch Gehaltsansprüche von 3.000 EUR brutto aus Oktober und November 04, die sein früherer ArbG am 15.3.05 ausgezahlt hat. Sein Rechtsanwalt stellt ihm für seine außergerichtliche Tätigkeit 308,21 EUR in Rechnung, die er noch im März 05 bezahlt. Anwaltskosten sind gem. § 11 Abs. 2 Nr. 6 SGB II abziehbar. Alleine der Rechnungserhalt stellt noch keine Ausgabe i.S. des § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II dar. Will B die Anwaltsrechnung erst in einem späteren Monat zahlen, in dem er aber kein Einkommen hat, bringt er sich um die Anrechnungsmöglichkeit.

Das nach Abzug aller Freibeträge verbleibende Nettoeinkommen wird sodann auf das ALG II für die Folgemonate angerechnet (§ 2 ALG II-V). Die Anrechnung erfolgt also nicht nur auf das ALG II für den Monat März 2005.

Beispiel: Hat B im Beispiel 2 ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.500 EUR und einen monatlichen Bedarf von 750 EUR, erhält er in den Monaten März und April 2005 keine Leistungen.

Wegen der Einkommensanrechnung kann es im Einzelfall ratsam sein, auf eine Geltendmachung rückständiger Gehaltsansprüche gegen frühere ArbG zu verzichten. Der ALG II-Träger hat nach § 33 Abs. 1 SGB II die Möglichkeit, die Ansprüche an sich zu ziehen. Zudem ist der wirtschaftliche Nutzen für den ALG II-Bezieher, gerade in Hinblick auf das Kostenrisiko, regelmäßig fraglich.

Berücksichtigung von Schulden
Schulden aus Dispo-Krediten sind bei der ALG II-Berechnung nicht zu berücksichtigen.

Beispiel: Im Beispiel 2 hat B im Dezember 04 wegen des ausbleibenden November-Gehalts seinen Dispo-Kredit um 1.000 EUR überzogen, da er über keinerlei Geldreserven verfügte. Diese Schulden sind bei Stellung des ALG II-Antrags am 1.2.05 noch vorhanden. Die Schulden sind bei der ALG II-Berechnung II nicht berücksichtigungsfähig: Es handelt sich insbesondere nicht um Ausgaben, die mit der Erzielung von Einkommen notwendig verbunden sind.

Ob der Arbeitgeber für solche Schäden bei Vorliegen der Voraussetzungen des Verzugs aufkommen muss, ist soweit ersichtlich bisher nicht geklärt. Ausgeschlossen erscheint dies insbesondere nicht, wenn der Arbeitgeber Kenntnis vom bevorstehenden ALG II-Bezug hatte. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat geurteilt, dass der ArbG bei über das Jahresende hinaus verzögerter Lohnzahlung auch für einen Steuerschaden aufkommen muss (BAG, 8 AZR 488/01). Problematisch könnte sein, ob dem Arbeitnehmer infolge der unterlassenen Antragstellung ein Mitverschulden anzulasten ist.

Bei verzögerten Lohnzahlungen vermeidet nur eine Meldung bei der Arbeitsagentur Nachteile wie im Beispielsfall 4. Diese kann nämlich auch im bestehenden Arbeitsverhältnis zur Leistung von ALG II verpflichtet sein. Dringend abzuraten ist von der Inanspruchnahme von Krediten.

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Betriebsübergang: Wirksamkeit eines gleichzeitig vereinbarten Aufhebungsvertrags

Die Arbeitsvertragsparteien können das Arbeitsverhältnis im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang wirksam durch Aufhebungsvertrag auflösen, wenn die Vereinbarung auf das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gerichtet ist. Ein Aufhebungsvertrag ist jedoch wegen gesetzwidriger Umgehung der Rechtsfolgen des § 613a BGB unwirksam, wenn zugleich ein neues Arbeitsverhältnis zum Betriebsübernehmer vereinbart oder zumindest verbindlich in Aussicht gestellt wird. Wirksam ist dagegen ein Aufhebungsvertrag, wenn die mit einer solchen Vertragsgestaltung verbundenen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen sachlich berechtigt sind. Das kann beim Abschluss eines dreiseitigen Vertrags unter Einschaltung einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft zur Vermeidung einer Insolvenz der Fall sein.

Diese Entscheidung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitnehmers, der bei der N-GmbH beschäftigt war. Diese betrieb bis zum 31. August 2003 ein Vier-Sterne-Hotel mit Restaurantbetrieb. Vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten und zur Vermeidung einer Insolvenz entschloss sie sich im Jahr 2003 zu Umstrukturierungsmaßnahmen. Deshalb schloss der Kläger, die N-GmbH und die BQ-GmbH, eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft, im August 2003 einen dreiseitigen Vertrag. Darin wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der N-GmbH einvernehmlich zum 31. August 2003 beendet und zwischen dem Kläger und der BQ-GmbH ein neues befristetes Arbeitsverhältnis begründet. Eine andere Gesellschaft erwarb die Immobilie der N-GmbH nebst sämtlicher Betriebsmittel und schloss mit der Beklagten einen Betriebsfortführungsvertrag. Diese führte demzufolge den Geschäftsbetrieb der N-GmbH ab dem 1. September 2003 weiter. Der Kläger unterzeichnete am selben Tag einen befristeten Arbeitsvertrag mit der Beklagten für die Dauer von drei Monaten. Anschließend wurde der Arbeitsvertrag nicht mehr verlängert. Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der N-GmbH auf Grund eines Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen oder durch den dreiseitigen Vertrag beendet worden ist. Die Vorinstanzen hatten der Klage stattgegeben. Das BAG hat die Klage insgesamt abgewiesen. Es hat den Aufhebungsvertrag des Klägers als wirksam und das befristete Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten mit Fristablauf für beendet angesehen (BAG, 8 AZR 523/04).

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Kündigung: Arbeitnehmer muss innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erheben

Will sich ein Arbeitnehmer gegen eine Kündigung durch den Arbeitgeber wehren, muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage vor dem Arbeitsgericht erheben. Dies gilt für alle Gründe, die gegen die Wirksamkeit der Kündigung vorgebracht werden. Wird dies nicht beachtet, ist die Kündigung wirksam.

Hierauf machte das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein aufmerksam. Es warnte zugleich, dass derjenige, der die Dreiwochenfrist verpasse, in der Regel keine Chance habe, die Unwirksamkeit der Kündigung gerichtlich feststellen zu lassen. Zwar könne die Kündigungsschutzklage nachträglich zugelassen werden. Voraussetzung sei dabei unter anderem, dass der Arbeitnehmer die Einhaltung der Dreiwochenfrist schuldlos versäumt habe. Die Anforderungen dazu seien aber sehr hoch. Es sei kein Entschuldigungsgrund, wenn ein Arbeitnehmer die Dreiwochenfrist nicht kenne oder meine, dass die Frist erst nach Ablauf der Kündigungsfrist beginne. Ein Arbeitnehmer müsse die Grundzüge des Kündigungsschutzrechts kennen oder sich zumindest zeitnah informieren. Ebenso wenig rechtfertige die Ankündigung des Arbeitgebers, die Kündigung gegebenenfalls zurückzunehmen, das Verpassen der Dreiwochenfrist (LAG Schleswig-Holstein, 2 Ta 105/05 und 2 Ta 94/05).

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Arbeitsunfall: Kein Schmerzensgeld bei grob fahrlässig eröffneter Gefahrenquelle

Auch nach neuem Recht haftet der mögliche Schadensverursacher bei einem Arbeitsunfall des Mitarbeiters nur dann auf Zahlung eines Schmerzensgelds, wenn der Unfall vorsätzlich herbeigeführt wurde und nicht schon dann, wenn vorsätzlich eine Gefahrenquelle eröffnet wird, die sich zum Unfallgeschehen entwickelt.

Dieser Fall des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz betraf einen Anstreicher, der sich beim Sturz vom Gerüst verletzte. Sein Vorgesetzter hatte das Gerüst wegen fehlender Materialien nicht sichern können, gleichwohl aber den Beginn der Malerarbeiten angeordnet. Das sei nach Ansicht des LAG keine vorsätzliche Herbeiführung eines Unfalls gewesen. Der Vorgesetzte habe lediglich eine Gefahrenquelle geschaffen. Das begründe noch keinen Schadenersatzanspruch. Die Klage des verletzten Anstreichers wurde daher abgewiesen (LAG Rheinland-Pfalz, 6 Sa 839/04).

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Baurecht


Werklohn: Die Duldungsvollmacht des Architekten

Weiß ein Bauherr, dass sein Architekt Zusatzaufträge vergibt, und duldet er dies, muss er sich die Zusatzaufträge auf Grund einer Duldungsvollmacht zurechnen lassen.

Mit dieser Entscheidung hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf einem Bauunternehmen Werklohn für zusätzliche Leistungen in Höhe von rund 68.000 EUR zuerkannt. Die Entscheidung ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Beschwerde des Bauherrn gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.

Wichtig: Voraussetzung für eine Duldungsvollmacht ist, dass der Bauherr Kenntnis von den Zusatzaufträgen hat. Das kann der Bauunternehmer z.B. erreichen, indem er ihm und dem Architekten die mündlichen Aufträge schriftlich bestätigt. Widerspricht der Bauherr nicht, gilt das als Zustimmung (OLG Düsseldorf, 23 U 220/02; BGH, VII ZR 4/04).

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Vertragsrecht: Abnahme bei Beseitigung der im Abnahmeprotokoll genannten Mängel

Enthält ein Abnahmeprotokoll die Formulierung, dass die Abnahme erteilt wird, wenn genau beschriebene Mängel beseitigt wurden, liegt in der Unterschrift des Bauherrn noch keine Abnahme des Bauwerks. Die Abnahme (Beginn der Gewährleistungsfrist) ist vielmehr erst erteilt, wenn der Bauherr bestätigt hat, dass die Mängel ordnungsgemäß beseitigt wurden.

Die bloße Beseitigung der Mängel genügt nicht, so das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken in einer zwei Jahre alten Entscheidung, die vor kurzem Rechtskraft erlangt hat. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nämlich die Beschwerde des Bauunternehmens gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.

Hinweis: Der Bauunternehmer muss sicherstellen, dass der Bauherr sein Werk abnimmt, und zwar nachdem die Mängel beseitigt wurden. Ansonsten beginnt die Gewährleistungsfrist nie zu laufen. Am besten ist natürlich eine schriftliche Abnahmeerklärung (OLG Saarbrücken, 7 U 930/01-212; BGH, VII ZR 211/03).

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Amtshaftung: Gemeinde haftet für fehlerhafte Bürgermeister-Zusage hinsichtlich Erschließungskosten

Eine Gemeinde ist dem Käufer eines Grundstücks zum Schadenersatz verpflichtet, wenn der Bürgermeister bei den Kaufvertragsverhandlungen falsche oder unvollständige Angaben zur Höhe der Erschließungskosten der öffentlichen Abwasserentsorgung macht.

Mit dieser Entscheidung verhalf das Oberlandesgericht (OLG) Thüringen mehreren Grundstückseigentümern zu ihrem Recht, die von einer Stadt ein Betriebsgrundstück gekauft hatten. Ihnen war im notariellen Vertrag zugesichert worden, dass Erschließungskosten für das Grundstück maximal in Höhe von 9,00 DM pro qm anfallen. Damals waren die Kläger davon ausgegangen, dass die Entwässerung über eine dezentrale Kläranlage erfolgen würde. Nach späterer Gründung eines Abwasserzweckverbands, deren Mitglied auch die beklagte Gemeinde ist, wurde eine zentrale Kläranlage errichtet. Hierüber wurde dann auch die Entwässerung des betreffenden Grundstücks vorgenommen. Die Kläger wurden daraufhin mit einem umgerechnet fast 30.000 EUR höheren Betrag für Erschließungskosten in Anspruch genommen.

Das OLG sah in dem Verhalten des Bürgermeisters eine schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung. Die durch ihren Bürgermeister vertretene Gemeinde habe die Kläger über sämtliche vertraglich relevanten Umstände aufklären müssen, die für deren Willensbildung bei Abschluss des Vertrags erkennbar bedeutsam sein konnten. Von der Aufklärungspflicht sei danach jeglicher Hinweis umfasst, der im Zusammenhang mit den Erschließungskosten in absehbarer Zeit für die Kläger relevant werden konnte. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass der Bürgermeister diesbezüglich gegenüber den Klägern einen Wissensvorsprung gehabt habe, den er diesen nicht vollständig offenbart habe. Insbesondere habe er von den Plänen zur Errichtung einer zentralen Kläranlage gewusst. Er habe erkennen müssen, dass dieser Umstand für die Kläger von erheblicher Bedeutung sein könne. Einer Haftung der Gemeinde stehe auch nicht entgegen, dass diese auf die Errichtung der zentralen Kläranlage und die damit verbundene Erhebung der Erschließungsbeiträge rechtlich gar keinen Einfluss nehmen konnte. Entscheidend für die haftungsbegründende Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht der Gemeinde sei die Tatsache, dass der Bürgermeister die ihm bekannten Informationen pflichtwidrig zurückgehalten habe (OLG Thüringen, 8 U 1045/04).

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Vertragsrecht: Wann ist eine Vertragsstrafe für Zwischenfristen wirksam?

Eine in Besonderen Vertragsbedingungen eines Einheitspreisvertrags vereinbarte Vertragsstrafe für die Überschreitung einer Zwischenfrist ist unwirksam, wenn sich die Vertragsstrafe nach einem Promille-Satz der Endabrechnungssumme bemessen soll.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Celle. Die Vertragsstrafe wäre nur wirksam, so das OLG, wenn der mit der Zwischenfrist zu erreichende Leistungsstand Bemessungsgrundlage der Vertragsstrafe wäre (OLG Celle, 7 U 17/05).

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Familien- und Erbrecht


Ehescheidung: Welche Gegenstände sind bei der Hausratsteilung zu berücksichtigen?

Bei der Trennung der Eheleute muss geklärt werden, welcher Partner Anspruch auf die in der Ehewohnung befindlichen Gegenstände hat. Hier ist zunächst zu differenzieren zwischen der persönlichen Habe eines Partners und den Hausratsgegenständen, die dem gemeinsamen Gebrauch dienen.

Unproblematisch ist die Mitnahme persönlicher Gegenstände bei Auszug eines Partners.

Checkliste: Persönliche Gegenstände zum Mitnehmen:

  • Persönliche Dokumente
  • Versicherungspolicen
  • Sparbücher
  • Zeugnisse
  • Kontoauszüge
  • Beruflich genutzte Gegenstände:
    • Werkzeuge
    • Aktenmaterial
    • Computer
  • Kleidung
  • Schmuck
  • Spielzeug und Schulsachen für die Kinder
  • Gegenstände für ein Hobby:
    • Angelutensilien
    • Golfausrüstung
    • Musikinstrumente etc.

      Hinweis: Bei Musikinstrumenten wird es aber problematisch, wenn sie von allen Familienmitgliedern genutzt werden. Beim Hobbymusiker müssen die Interessen der anderen Familienmitglieder unter dem Gesichtspunkt von Billigkeit und Notwendigkeit gegeneinander abgewogen werden. Dagegen darf ein Berufsmusiker sein Instrument mitnehmen.

Problematisch wird es bei der Aufteilung des Hausrats. Zum Hausrat gehören alle beweglichen Sachen, die der Gestaltung des gemeinsamen Lebens der Eheleute und der mit ihnen zusammenlebenden Kinder dienen und die tatsächlich zur Gestaltung des gemeinsamen Lebens verwendet werden. Entscheidend sind also Funktion und Zweckbestimmung der Gegenstände für Wohnung, Haushalt, Zusammenleben der Familie und Freizeitgestaltung. Für diese Gegenstände gilt die sog. Hausratsteilung.

Checkliste: Hausrat oder kein Hausrat?

Hausrat:

  • Pkw: Ein Pkw zählt zum Hausrat, wenn es sich dabei um das sog. Familienauto handelt, das privat für die ganze Familie genutzt wird. Unerheblich ist, ob der Pkw geleast ist, wenn er zweckbestimmt ebenfalls zur Haushalts- und privaten Lebensführung dient, also zum Einkauf für den Familienbedarf, für Fahrten mit den Kindern zur Schule, Kindergarten, Klavierunterricht etc. sowie zu Urlaubs- und Ausflugsfahrten.

  • Wohnmobil: Dies kann je nach Zweckbestimmung Hausrat sein. Hier gelten die gleichen Erwägungen wie beim Pkw.

  • Rechte: Rechte, die den Hausrat betreffen, etwa Ansprüche auf Versicherungs- oder Schadenersatzleistungen, Ansprüche auf Sicherungsübereignung oder Benutzungsrechte und Anwartschaften können Hausrat sein.

Kein Hausrat:

  • Pkw: Ein Partner nutzt das Auto überwiegend für berufliche Zwecke und nur gelegentlich wird es als Familienauto genutzt, wie z.B. der Wagen eines Installateurs, in dem sich auch die Handwerkszeuge befinden und mit dem die Familie gelegentlich am Wochenende Ausflüge macht.

    Hinweis: Zählt der Pkw nicht zum Hausrat, ist er im Rahmen der Berechnung des Zugewinnausgleichs wertmäßig zu berücksichtigen, so dass auch der Ehegatte, der den Pkw nicht erhält, insoweit nicht leer ausgeht.

  • Oldtimer: Gleiches gilt für den Oldtimer des Hobbyautofreaks.

  • Kapitalanlagen: Gegenstände, die als Kapitalanlage dienen, wie z.B. Antiquitäten. Achtung: Die wertvollen Gegenstände können aber Hausrat sein, wenn sie im Rahmen eines hohen Lebensstandards die Ehewohnung ausschmücken. Letztlich kommt es auf die Bestimmungen der Ehegatten beim Erwerb und auf die tatsächliche Nutzung an. Grundsätzlich ist es empfehlenswert, eine entsprechende Bestimmung schon bei Erwerb derartiger Gegenstände schriftlich festzulegen.

  • Einbaumöbel: Bei Bücherwänden, Schränken oder Einbauküchen gilt Folgendes: Sind sie wesentliche Bestandteile (§ 94 Abs. 2. BGB) bzw. Zubehör (§ 97 Abs. 2 BGB) eines Gebäudes und damit des Grundstücks, unterliegen sie nicht der Hausratsverteilung. Dies ist der Fall, wenn die Möbel unter Zugrundelegung räumlicher Maße nach Plan erstellt und den baulichen Gegebenheiten angepasst worden sind.

    Hinweis: In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, wem die Ehewohnung gehört und ob die Möbel auf Dauer oder nur zu einem vorübergehenden Zweck eingebaut worden sind. Dies ist Tatsachen- und Beweisfrage.

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Getrennt Lebende: Kein Gesamtschuldnerausgleich für Kosten der allgemeinen Lebensführung

Bei Getrenntlebenden findet im Zweifel kein Gesamtschuldnerausgleich für solche Ausgaben statt, die einer der Ehegatten getätigt hat, um hierdurch Kosten der allgemeinen Lebensführung zu bestreiten.

So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg im Fall zweier Eheleute, die in einem gemeinsam angemieteten Haus getrennt lebten. Der Ehemann hatte die Rechnungen für Energieversorgung, Telefon und Miete bezahlt. Als er später von seiner Ehefrau die Hälfte der Ausgaben erstattet verlangte (Gesamtschuldnerausgleich), verweigerte diese die Zahlung. Die Zahlungsklage des Ehemanns wurde abgewiesen.

Das OLG erkannte zwar an, dass nach einem Scheitern der Ehe Zahlungen auf gemeinsame Verbindlichkeiten zu einem Ausgleichsanspruch unter den Eheleuten führen können. Voraussetzung hierfür sei aber, dass es sich tatsächlich um gemeinsame Verbindlichkeiten handele. Daran fehle es vorliegend. Die betreffenden Ausgaben seien nämlich Zahlungen für den laufenden Lebensbedarf der Eheleute gewesen. Damit habe es sich durchweg um Unterhaltsleistungen gehandelt. Der Begriff des Unterhalts beschränke sich dabei nicht auf Ausgaben des täglichen Bedarfs. Er umfasse vielmehr alle Leistungen, die einen Bezug zum Familienunterhalt hätten. Bei solchen Zahlungen bestehe die gesetzliche Vermutung, dass Ehegatten im Zweifel auch dann keinen Ausgleich beanspruchen wollten, wenn die Leistung eines Ehegatten den Umfang seiner gesetzlich vorgeschriebenen Unterhaltspflicht übersteige. Diese Vermutung hätte der Ehemann zwar widerlegen können. Dazu hätte er aber bereits bei Zahlung der jeweiligen Beträge einen Rückforderungswillen gehabt haben müssen. Zudem hätte er dies der Ehefrau unmissverständlich deutlich machen müssen. Das habe er vorliegend jedoch nicht getan (OLG Oldenburg, 12 UF 22/05).

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Mietvertrag: Ehe und nichteheliche Lebensgemeinschaft sind rechtlich verschieden

Hat bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nur einer der Partner die Wohnung angemietet, kann der andere nach dessen Auszug nicht den Eintritt in den Mietvertrag verlangen.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer Frau, die zu ihrem unehelichen Lebensgefährten in dessen Wohnung gezogen war. Als dieser auszog, wollte sie das Mietverhältnis allein weiterführen. Das OLG verneinte jedoch einen solchen Anspruch. Es liege keine "Ehewohnung" gem. § 5 Hausratsverordnung vor. Die ausschließlich auf Ehegatten zugeschnittenen Vorschriften der Hausratsverordnung seien auch nicht entsprechend auf nichteheliche Lebensgemeinschaften anzuwenden. Das folge daraus, dass Ehe und nichteheliche Lebensgemeinschaft zunächst rechtlich nicht gleichwertig seien. Durch die in § 5 Hausratsverordnung eröffnete Möglichkeit, als Mieter in ein Mietverhältnis anstelle des anderen Ehegatten einzutreten, werde zudem massiv in die Eigentumsrechte des Vermieters eingegriffen (OLG Hamm, 4 WF 86/05).

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Sorgerecht: Einstweilige Entziehung von Teilen der elterlichen Sorge wegen Schulschwänzens

Ist ein geregelter Schulbesuch durch andere Maßnahmen nicht zu erreichen, kann den Eltern die Personensorge für ihre Kinder teilweise entzogen werden.

Hierauf machte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Fall einer Familie aufmerksam, deren drei Kinder nur sehr unregelmäßig die Schule besuchten. Als sich dies trotz gerichtlicher Ermahnung nicht änderte, entzog das Familiengericht den Eltern die Personensorge, soweit diese das Aufenthaltbestimmungsrecht und das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten betraf.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das OLG zurück. Da öffentliche Hilfen in der Vergangenheit kein Ergebnis gezeigt hätten, erscheine derzeit nur eine Trennung der Kinder von den Eltern möglich. Nur dadurch sei gewährleistet, dass die Kinder regelmäßig am Schulbesuch teilnähmen. Das OLG verkenne dabei nicht, dass insbesondere der Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts im Rahmen der Personensorge eine einschneidende Maßnahme sei. Bei der Abwägung der Vor- und Nachteile einer familiengerichtlichen Maßnahme sei insbesondere auch die Auswirkung auf die Entwicklung der Eltern-Kind-Beziehung zu berücksichtigen. Vorliegend führe die Abwägung jedoch dazu, dass derzeit keine andere Maßnahme ersichtlich sei, um der Gefährdung des Kindeswohls zu begegnen. Zuletzt seien die Kinder dem Schulunterricht nahezu gänzlich ferngeblieben. Trotz aller Versuche des Jugendamts hätten die Eltern die angebotenen Hilfen nicht wahrgenommen. Sie hätten vielmehr immer andere Ausflüchte gesucht, um die Fehlzeiten zu entschuldigen. Eine vom Jugendamt angebotene stationäre Familienhilfe sei strikt abgelehnt worden. Nachdem alle vom Jugendamt vorgeschlagenen Maßnahmen seitens der Eltern abgelehnt worden seien, verbliebe keine mildere Maßnahme, als der Entzug der teilweisen Personensorge (OLG Koblenz, 13 WF 282/05).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)


Wohnraummiete: Die neun häufigsten Fragen zum Kinderlärm

Kommt es über das Verhalten von Kindern in einem Mietshaus zum Streit, treten immer wieder typische Fragen auf. Die neun in der Praxis häufigsten Fragen werden nachstehend beantwortet.

Inwieweit dürfen Kinder in der Mietwohnung spielen?
Kinder des Mieters dürfen in der Wohnung spielen. Die damit verbundenen Geräusche müssen die Mitmieter und der Vermieter hinnehmen, soweit sie dem natürlichen Bewegungs- und Spieldrang entsprechen. Auch Lachen, Weinen und Schreien von Kleinkindern überschreitet nicht den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung.

Sind dabei Ruhezeiten einzuhalten?
Eltern müssen dafür sorgen, dass die allgemeinen Ruhezeiten (22.00 - 7.00 Uhr) eingehalten werden. Dies gilt auch für Babies. Deren natürliches Verhalten muss allerdings berücksichtigt werden, so dass auf kurze Zeit beschränktes Babygeschrei in der Nacht hingenommen werden muss. Kümmern sich die Eltern nicht darum, so dass das Geschrei längere Zeit anhält, sind die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs aber überschritten. Das gilt auch für absichtlichen Lärm, den die Eltern nicht unterbinden. Denn sie sind für das Verhalten ihrer Kinder verantwortlich.

Was gilt für das Spielen auf Hof- oder Spielflächen?
Lärm durch Spielen auf dem Hof - außerhalb der Ruhezeiten - hält sich im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs, soweit der Lärm wegen des natürlichen Spiel- und Bewegungsdrangs der Kinder unvermeidbar ist. Daher sind auch laute Zurufe oder Abzählverse hinzunehmen. Die von einem Spielplatz in der Wohnanlage ausgehenden Geräusche spielender Kinder und Jugendlicher sind hinzunehmen. Sozialadäquater Lärm und Belästigungen durch einen Kinderspielplatz sind hinzunehmen, wenn der Spielplatz bei Vertragsschluss schon vorhanden war, selbst wenn er später erweitert wurde. Die Grenze des Zumutbaren ist überschritten, wenn Kofferradios auf den Hof mitgebracht werden und daraus laute Musik abgespielt wird, die durch die Wände der benachbarten Wohnungen dringt. Auch das Spielen der Kinder mit luftgefüllten Bällen und die Benutzung von anderen lärmverursachenden Spielgeräten auf dem Hof braucht von den Mitbewohnern nicht geduldet zu werden.

Kann die Hausordnung Kinderverhalten verbindlich regeln?
Über Art und Umfang des Kinderspielens können auch in Hausordnungen nähere Regelungen getroffen werden. Diese dürfen allerdings das Spielen nicht völlig verbieten. Aufzugfahren als Spiel ist nicht mehr vertragsgemäß.

Kann der betroffene Mieter die Miete mindern?
Voraussetzung für die Minderung ist ein Mangel der Mietsache, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder nicht nur unerheblich einschränkt. Soweit der Mieter Kinderlärm hinnehmen muss (s.o.), ist sein vertragsgemäßer Gebrauch nicht eingeschränkt. Schon deswegen scheidet eine teilweise Herabsetzung der Miete aus. Dagegen ist eine Minderung um fünf Prozent wegen Lärmbeeinträchtigungen von einer Skaterbahn in einem Mischgebiet bejaht worden, wenn der nicht mehr ortsübliche Lärm auch in erheblichem Umfang außerhalb der Schulzeiten verursacht wird. Für Kinderlärm nach 20.00 Uhr ist eine Minderung von zehn Prozent gerechtfertigt.

Wann darf der Vermieter den Eltern des Kindes kündigen?
Der Vermieter kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund kündigen. Ein wichtiger Grund liegt erst vor, wenn dem Vermieter wegen konkreter Pflichtverletzung des Mieters die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zu dessen sonstiger Beendigung nicht zugemutet werden kann. Hält sich der Lärm im Rahmen des Vertrags, scheidet eine Kündigung aus - auch eine fristgerechte, da das notwendige berechtigte Interesse in Form der Pflichtverletzung des Mieters fehlt. Zudem ist bei der fristlosen Kündigung das Verschulden als Abwägungskriterium zu berücksichtigen, für die fristgemäße Kündigung ist es Kündigungsvoraussetzung.

Beispiel: Lärmbelästigungen durch Kinder eines taubstummen Ehepaars können daher eine Kündigung nicht rechtfertigen, wenn das Ehepaar wirksame Abhilfemaßnahmen (Lautstärkeregler an Geräten, optische Lärmanzeige, Abschaffung von Stereoanlagen) ergriffen hat.

Durch altersgerechtes kindliches Verhalten ausgelöste Störungen rechtfertigen nie die Kündigung. Verstoßen Kinder des Mieters wiederholt gegen die Hausordnung, ist ein beharrlicher, uneinsichtiger und zur fristlosen Kündigung berechtigender Verstoß gegen die Vertragspflichten nur zu bejahen, wenn dem Mieter zuvor mittels Abmahnung Gelegenheit gegeben wird, auf die Kinder einzuwirken. Zudem muss ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Abmahnung, erneutem Verstoß und Kündigung bestehen. Diese Frist ist mit ca. zwei Wochen zu bemessen. Ein Jahr und mehr zwischen Abmahnung und Kündigung ist zu lang.

Dürfen Mieter vom Vermieter die Kündigung des Mitmieters verlangen?
Ja. Wird ein Mieter durch nicht mehr sozialadäquaten Lärm der Kinder eines anderen Mieters in den Ruhezeiten und /oder an Sonn- und Feiertagen ständig belästigt, kann er vom Vermieter die fristlose Kündigung des Mitmieters verlangen. Nach anderer Ansicht kommt es auf die Beseitigung der Störung an; die Wahl der Mittel bleibt beim Vermieter.

Wann dürfen gestörte Mitmieter kündigen?
Der Mieter kann fristlos kündigen, wenn der Vermieter ihm den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung entzogen hat, die Gebrauchsbeeinträchtigung erheblich ist und der Vermieter trotz Fristsetzung seitens des Mieters keine Abhilfe schafft. Hierunter fällt auch jede erhebliche Störung des Mietgebrauchs durch nicht sozialadäquate Lärmbelästigungen von Kindern.

Auch die fristlose Kündigung durch den Mieter ist erst zulässig, nachdem der Mieter dem Vermieter erfolglos eine angemessene Frist zur Beseitigung der Störung gesetzt hat. Der Mieter muss den Vermieter zunächst auffordern, die Lärmbelästigung, die zu einer erheblichen Hinderung oder Vorenthaltung des Gebrauchs geführt hat, zu beseitigen. Dazu muss die Lärmbelästigung der Art, dem Umfang und dem Zeitpunkt nach, in dem sie aufgetreten ist, genau bezeichnet werden.

Ferner muss der Mieter den Vermieter auffordern, diese Lärmbelästigung zu beseitigen, wozu eine bloße Mängelanzeige nicht ausreicht. Er muss dem Vermieter eine Frist zur Beseitigung dieser Mängel setzen. Die Länge dieser Frist hängt davon ab, innerhalb welchen Zeitraums dem Vermieter die Beseitigung der Mängel zugemutet werden kann. Ist die vom Mieter gesetzte Frist zu kurz, tritt an die Stelle dieser Frist die - notfalls durch Urteil zu bestimmende - angemessene Frist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein eventueller Räumungsprozess gegen den für den Lärm seiner Kinder verantwortlichen Mitmieter sich längere Zeit hinziehen kann. Grundsätzlich sollte die Frist kalendermäßig bestimmt werden. In dringenden Fällen reicht aber auch das Begehren nach "unverzüglicher Abhilfe" aus. Eine Fristsetzung ist entbehrlich (§ 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB), wenn der Vermieter die Abhilfe ernstlich und endgültig verweigert hat oder wenn eine Mängelbeseitigung innerhalb angemessener Frist unmöglich ist.

Schließlich setzt das Kündigungsrecht noch voraus, dass der Vermieter die ihm vom Mieter gesetzte Frist fruchtlos hat verstreichen lassen. Eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund kommt nicht mehr in Betracht, wenn der Mangel nach Ablauf der vom Mieter gesetzten Frist (z.B. wegen Auszugs des Mitmieters mit den lärmenden Kindern) nicht mehr besteht.

Grundsätzlich reicht allein der Ablauf der Frist aus, um das Kündigungsrecht zu begründen. Warum der Vermieter innerhalb der ihm vom Mieter gesetzten angemessenen Frist den Mangel nicht beseitigt hat, ist unerheblich. Daher besteht das Kündigungsrecht auch, wenn den Vermieter kein Verschulden trifft. Auch eine teilweise Beseitigung der Störung durch den Vermieter genügt nicht, um das Kündigungsrecht des Mieters zu beseitigen.

Kann der Mieter gegen den Mitmieter auch direkt vorgehen?
Ja. Der Mieter kann vom den Lärm seiner Kinder nicht verhindernden Nachbarn Unterlassung der Lärmbeeinträchtigung gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen, wenn der Kinderlärm über das sozialadäquate Maß hinausgeht. Zwar spricht diese Norm nur von Beeinträchtigung des Eigentums. Nach h.M. sind aber auch alle absoluten Rechte, wie Gesundheit usw., durch § 1004 Abs.1 S. 1 BGB geschützt. Die Eltern der Kinder sind als mittelbare Störer in Anspruch zu nehmen, wenn sie den Lärm ihrer Kinder nicht verhindern. Die gegen einen im strafrechtlichen Sinn schuldunfähigen Minderjährigen gerichtete Klage auf Unterlassung des Lärms wäre unzulässig. In der Regel begründet eine einmalige Lärmverursachung eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr, die der störende Nachbar zu widerlegen hätte. Der zur Unterlassung verurteilte Nachbar schuldet konkrete Maßnahmen zur Unterbindung des Lärms durch seine Kinder. Untätigkeit allein reicht nicht aus.

Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Mieter zur Duldung verpflichtet ist (§ 1004 Abs.2 BGB), also immer, wenn der Lärm den sozial-adäquaten Rahmen nicht sprengt. Auch die Einwilligung des Mieters steht dem Unterlassungsanspruch entgegen. Längere Duldung bedeutet aber noch nicht Einwilligung, so dass auch eine längere Hinnahme des Lärms den Unterlassungsanspruch nicht entfallen lässt.

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Gewerberaummiete: Flächenabweichung kann Mangel darstellen

Auch bei der Miete von Geschäftsräumen stellt eine Mietfläche, die um mehr als 10 Prozent unter der im Mietvertrag vereinbarten Fläche liegt, einen erheblichen Mangel dar.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Im Mittelpunkt des Falls stand ein vermieteter Verkaufsraum, der ca. 10 Prozent kleiner war, als im Grundriss ausgewiesen. Bei den Nebenräumen machte die Differenz sogar ca. 50 Prozent aus. Im Verkaufsraum befanden sich über die vereinbarten zwei Säulen hinaus zwei weitere Säulen, sowie ein zusätzlicher Wandvorsprung. Darüber hinaus war der Türbereich statt 9 m nur 8,03 m breit.

Der BGH hat einen Mangel bejaht. Er hielt die fristlose Kündigung des Mieters für rechtswirksam, da ihm der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache nicht rechtzeitig gewährt wurde. Das ergab sich daraus, dass ihm die Mietsache nicht im vertraglich vereinbarten Zustand, sondern mangelhaft angeboten wurde. "Mangel" bedeute die Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache vom vertraglich Vereinbarten. Nehme der Mietvertrag zur Beschreibung der Mieträume auf einen Grundriss Bezug, der wesentlicher Bestandteil des Mietvertrags sei, hätten die Vertragsparteien eine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung bezüglich Größe, Raumgestaltung und Zuschnitt getroffen und damit die geschuldete Leistung festgelegt. Würden dann die dem Mieter bei Übergabe angebotenen Räume davon abweichen, handele es sich um einen Mangel der Mietsache (BGH, XII ZR 254/01).

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WEG: Sondernutzungsrecht für Verkaufsfläche auf Gehweg

Ein Sondernutzungsrecht mit dem Inhalt, auf den vor den Läden befindlichen Gehwegflächen Verkaufseinrichtungen aufzustellen, umfasst nicht das Recht, die Gäste eines Speiserestaurants an auf den Gehwegflächen aufgestellten Tischen zu bewirten.

Das musste sich ein Restaurantbesitzer sagen lassen, der vor seinem Lokal Außensitzplätze aufstellen wollte. Als die Wohnungseigentümergemeinschaft dies untersagte, zog er vor Gericht. Zu Unrecht, befand nun das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG). Es müsse hier nämlich strikt unterschieden werden. Das Aufstellen von Verkaufseinrichtungen sei etwas anderes als die Bewirtung von Gästen. Das ergebe sich aus folgenden Punkten:

  • Eine "Verkaufseinrichtung" sei die Ausstattung, die dem Verkauf von Waren diene. Schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch liege kein Verkaufsvorgang vor, wenn in einem Restaurant am Tisch Speisen oder Getränke zu sich genommen würden.

  • Zudem störe das Aufstellen von Tischen und Stühlen vor dem Restaurant mehr als eine auf den Gehwegflächen aufgestellte Verkaufseinrichtung (z.B. eine Eistheke).

(BayObLG, 2Z BR 239/04)

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Verbraucherrecht


0190er-Nummern: Vertragsschluss nur bei klarem Hinweis auf Mitwirkung des Verbindungsnetz- und Plattformbetreibers

Zwischen dem Inhaber eines Telefonanschlusses, von dem aus ein Mehrwertdienst (0190er- bzw. 0900er-Nummer) angewählt wird, und dem Verbindungsnetz- sowie dem Plattformbetreiber kommt kein Vertrag über die Erbringung von Verbindungsleistungen zu Stande, wenn die Mitwirkung des Betreibers an der Herstellung der Verbindung nach außen nicht deutlich wird.

Mit dieser Entscheidung stärkte der Bundesgerichtshof (BGH) die Stellung des Verbrauchers weiter. Dabei hatte er über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Der Beklagte war Inhaber eines Telefonanschlusses bei der DT AG (sog. Teilnehmernetzbetreiber). Die Klägerin verlangte von ihm die Zahlung von Entgelten für Verbindungen zu Mehrwertdienstenummern (0190- und 0900-Nummern). Dieser Anbieter stellte als sog. Verbindungsnetzbetreiber Verbindungen zwischen verschiedenen Telekommunikationsnetzen her. Ferner war das Unternehmen als Plattformbetreiber Inhaber von Mehrwertdienstenummern, die es Anbietern solcher Dienste zur Verfügung stellte und zu denen es die aus anderen Fernmeldenetzen kommenden Anrufe beziehungsweise Interneteinwahlen weiterleitete. Für den Nutzer war die Mitwirkung des Verbindungsnetz- und Plattformbetreibers an dem Zustandekommen der Verbindung von seinem Telefonanschluss zu dem Mehrwertdienst nicht zu erkennen.
Die Klägerin behauptete, vom Anschluss des Beklagten aus seien verschiedene Mehrwertdienste über den Verbindungsnetzbetreiber und die von ihm betriebene Plattform in Anspruch genommen worden. Sie vertrat die Auffassung, zwischen dem Telefonanschlussinhaber einerseits sowie dem Verbindungsnetz- und Plattformbetreiber andererseits komme durch die Anwahl der Mehrwertdienstenummer ein Vertrag über die Erbringung von Verbindungsdienstleistungen zu Stande.

Der BGH hat die von den Vorinstanzen ausgesprochene Klageabweisung bestätigt. Zwischen dem Inhaber eines Telefonanschlusses, von dem aus ein Mehrwertdienst angewählt werde, und dem Verbindungsnetz- sowie dem Plattformbetreiber komme kein Vertrag über die Erbringung von Verbindungsleistungen zu Stande, wenn die Mitwirkung des Betreibers an der Herstellung der Verbindung nach außen nicht deutlich werde. Dem durchschnittlich verständigen und informierten Telefon- und Internetnutzer sei die Leistungskette zwischen dem Teilnehmernetzbetreiber und dem Mehrwertdiensteanbieter nicht bekannt. Ihm sei deshalb nicht bewusst, dass die Verbindung zu dem Mehrwertdienst durch zwischengeschaltete Leistungserbringer hergestellt werde. Selbst wenn dem Nutzer die Einschaltung von Verbindungsnetz- oder Plattformbetreibern bekannt sei, würden sich in Fällen wie dem Vorliegenden deren Leistungen bei objektiver Betrachtung nur als diejenigen eines Erfüllungsgehilfen des Teilnehmernetzbetreibers oder des Mehrwertdienstanbieters ohne eigenen vertraglichen Vergütungsanspruch darstellen (BGH, III ZR 3/05).

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Gebrauchtwagen: Starker Reifenverschleiß ist nicht unbedingt ein Sachmangel

Wenn die Reifen unüblich stark verschleißen, liegt nicht automatisch ein Sachmangel vor.

Gerade bei tiefergelegten, sportlichen Fahrzeugen sei ein erhöhter Reifenverschleiß noch normal, urteilte das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Im Urteilsfall ging es um einen Alfa 156 2,4 JTD, den der Kunde bei einem Kilometerstand von knapp unter 15.000 bei einem Kfz-Händler gekauft hatte. Der Alfa war werksseitig tiefergelegt und mit Breitreifen ausgerüstet. Bei einer Inspektion in einer Fremdfirma hieß es: "Alle vier Reifen haben Auswaschungen und sollten erneuert werden". Daraufhin trat der Kunde vom Kaufvertrag zurück. Zu Unrecht, entschied das OLG. Angesichts der Tieferlegung und des sportlichen Looks habe der Kunde damit rechnen müssen, dass die Reifen nicht so lange wie im Normalfall halten (OLG Düsseldorf, I - 1 U 28/05).

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Gebrauchtwagen: Bei Nachfrage muss Verkäufer über reparierten Totalschaden aufklären

Wenn das verkaufte Fahrzeug einen wirtschaftlichen Totalschaden hatte und der Käufer ausdrücklich danach fragt, muss der Händler ihn über den Schaden aufklären. Ohne Nachfrage des Kunden reicht ein Hinweis auf den Unfall.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Kfz-Betriebs. Dieser hatte einen Mitsubishi Pick up nach einem schweren Unfall als unreparierten Unfallwagen für 7.450 Euro angekauft und nach Instandsetzung als "Unfallwagen, Jahreswagen ... Überschlag bed. fahrbereit" im Internet für 14.900 Euro angeboten. Für 13.500 Euro wurde das Fahrzeug unter Ausschluss der Gewährleistung verkauft. Als der Käufer erfuhr, dass es sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden handelt und er das Schadengutachten zu Gesicht bekam, sah er sich getäuscht und forderte Schadenersatz in Höhe von 6.100 Euro. Das OLG entschied gegen den Kfz-Betrieb. Er habe seine Aufklärungspflicht vorsätzlich verletzt. Denn er hätte auf die gezielte Nachfrage des Käufers hin über den Umfang des Schaden informieren müssen. Außerdem habe der Händler das wahre Ausmaß des Unfallschadens verharmlost, nicht zuletzt durch die teilweise Instandsetzung des Fahrzeugs (OLG Hamm, 28 U 125/04).

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Immobilienrecht: Verkäufer muss über schikanösen Nachbarn aufklären

Der Verkäufer eines Wohnhauses muss den Erwerber auch ungefragt über Umstände aufklären, die für den Kaufentschluss wesentlich sind, wenn der Erwerber redlicherweise Aufklärung erwarten darf.

Das gilt nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a.M. auch für das schikanöse Verhalten eines Nachbarn, das jedes sozialübliche und im nachbarschaftlichen Miteinander zu tolerierende Maß übersteigt. Die Klägerin hatte von den Verkäufern ein Wohnhaus erworben und aufwendig renoviert. Schon kurz nach ihrem Einzug kam es zu erheblichen Belästigungen durch einen Nachbarn, die sich in Schreianfällen und lauter Musik während der Nacht, Beschimpfungen, Beleidigungen, Beschmieren der Haustüre mit Yoghurt und Erbrochenem sowie Morddrohungen gegen die Klägerin äußerten. Den Verkäufern war das Verhalten des Nachbarn schon lange bekannt. Sie selbst waren jahrelang terrorisiert worden.

Über diese Vorfälle hätten sie nach Ansicht des OLG die Käuferin aufklären müssen. Ihr Hinweis, im Haus sei es nicht immer leise, der Nachbar sei auch schon mal laut, sei stark verharmlosend und daher nicht ausreichend gewesen. Die Käuferin habe daraus nicht schließen können, dass sich das Lautsein des Nachbarn in einer Weise äußert, die jedes sozialübliche und im nachbarschaftlichen Miteinander zu tolerierende Maß übersteigt. Die Verkäufer hätten bei Vertragsschluss auch nicht davon ausgehen können, dass das aggressive Verhalten des Nachbarn sich wesentlich abschwächen oder endgültig aufhören würde. Nach ihren Erfahrungen mit dem Nachbarn hätten sie davon ausgehen müssen, dass sich dessen Verhalten auch gegen die neuen Nachbarn richten würde. Die Verkäufer müssen der Klägerin daher sämtlichen durch den Immobilienerwerb entstandenen Schaden, insbesondere die Erwerbs-, Finanzierungs- sowie Renovierungskosten, insgesamt über 200.000 Euro nebst Zinsen, gegen Rückgabe des Wohnhauses ersetzen (OLG Frankfurt a.M., 4 U 84/01).

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Sozialrecht: Arbeitslosengeld II umfasst auch Kinderbett und Kinderwagen

Neben den Kleidungspauschalen für Schwangerschaft und Babykleidung besteht ein Anspruch auf einmalige Hilfe für ein gebrauchtes Kinderbett und einen gebrauchten Kinderwagen.

Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein arbeitsloses Ehepaar für sein noch nicht geborenes Kind als Erstausstattung des Hausrats ein Kinderbett und einen Kinderwagen beantragte. Der Antrag wurde abgelehnt, zugleich wurden aber Kleidungspauschalen für Schwangerschaft von 150 Euro und Babykleidung von 180 Euro bewilligt. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Sozialgericht hatte zunächst keinen Erfolg.

Das LSG verurteilte nun die Verwaltung im Beschwerdeverfahren, ein gebrauchtes Kinderbett und einen gebrauchten Kinderwagen als einmalige Hilfen zu gewähren. Das Gesetz sehe neben den Regelleistungen Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung vor. Dabei sei das Tatbestandmerkmal "Erstausstattung" nicht zeitlich, sondern bedarfsbezogen zu verstehen. Die Erstausstattung einer Wohnung umfasse alle Wohnungsgegenstände, die für eine geordnete Haushaltsführung und ein menschenwürdiges Wohnen erforderlich seien. Darunter falle in einer Wohnung, in die ein Säugling aufgenommen werden solle, auch ein Kinderbett mit Lattenrost und Matratze sowie ein Kinderwagen. Es sei jedoch durchaus zumutbar, sich mit gebrauchten Möbeln auszustatten (LSG Rheinland-Pfalz, L 3 ER 45/05 AS).

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Schlägerei: 100.000 EUR Schmerzensgeld nach Verlust eines Auges

Wegen des Verlusts eines Auges hat das Landgericht (LG) Osnabrück einem 22-jährigen Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 EUR zugesprochen.

Der Kläger hatte eine Diskothek besucht, wo es zu einer Auseinandersetzung mit dem Beklagten kam. In dessen Verlauf wurde das linke Auge des Klägers mittels eines Glases derart schwer verletzt, dass es später entfernt werden musste. Die Sehkraft auf dem verbleibenden rechten Auge liegt unkorrigiert bei 20 bis 30 Prozent, im korrigierten Zustand bei etwa 63 Prozent. Da der Kläger nach dem Vorfall dreidimensional nicht mehr sehen kann, kann er seinen Wunschberuf als Mechatroniker nicht erlernen.

Zur Begründung des hohen Schmerzensgelds hat das LG einmal auf die schweren Verletzungen des Klägers, die nunmehr eingeschränkte Berufswahl sowie seine lebenslange optische Beeinträchtigung hingewiesen, die durch ein Implantat nicht vollständig beseitigt werden könne. Ausdrücklich hat das LG auch die erheblichen Schmerzen des Klägers berücksichtigt, der tagelang unter unerträglichen Schmerzen litt, weil das Augenlid des linken Auges ständig über die verletzte Oberfläche des zertrümmerten Augenkörpers glitt. Darüber hinaus hat sich auf die Höhe des Schmerzensgelds der Umstand ausgewirkt, dass der Beklagte die Verletzung einschließlich des Verlusts des Auges beabsichtigt hätte. Er habe sich zudem bis zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung mit keinem Wort beim Kläger entschuldigt, sondern vielmehr versucht, diesem die Verantwortung für die erlittenen Verletzungen durch eine wahrheitswidrige Darstellung des Geschehens aufzubürden. Nach der Vernehmung von sieben Zeugen habe es das LG aber für erwiesen angesehen, dass der Beklagte nach einer eigentlich schon beendeten harmlosen Rempelei dem Kläger plötzlich ohne Vorwarnung mit voller Wucht ein Glas in dessen linkes Auge geschlagen habe. Das Glas sei durch die Wucht des Schlags im Gesicht zerbrochen. Anschließend hätte der Beklagte den Stiel des Glases noch nachgedrückt, so dass sich dieses in das Auge bis zur hinteren Wand der Augenhöhle vorgeschoben hätte (LG Osnabrück, 1 O 2232/04).

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Verkehrsrecht


Geschwindigkeitsüberschreitung: Blinkende "Vorampel" verpflichtet nicht zur Geschwindigkeitsreduzierung

Ein vor einer Wechsellichtzeichenanlage ortsfest installiertes und mit deren Phasenwechsel gekoppeltes gelbes Blinklicht verpflichtet den Kraftfahrer nicht, bereits wegen der blinkenden "Vorampel" die Geschwindigkeit unter die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu reduzieren. Er darf vielmehr unter Beibehaltung derselben weiter auf die Wechsellichtzeichenanlage zufahren und muss erst bei deren Phasenwechsel auf Gelb und auch nur anhalten, wenn ihm dies bei normaler Betriebsbremsung noch möglich ist.

Diese Klarstellung traf nun der Bundesgerichtshof (BGH) in folgendem Fall: Beim Versuch, eine ampelgeregelte Kreuzung mit seinem Fahrrad zu überqueren, war der Kläger von einem Transporter erfasst und schwer verletzt worden. Der Kraftfahrer war mit einer Ausgangsgeschwindigkeit von mind. 78 km/h bei Gelb in die Kreuzung eingefahren. In ca. 150 m Entfernung war eine "Vorampel" installiert, die phasenweise gelb blinkte. Nach der Behauptung des Klägers habe der Beklagte die an der Unfallstelle zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h weit überschritten. Demgegenüber haben die Beklagten vorgebracht, selbst bei Tempo 70 sei ein gefahrloses Anhalten vor der Haltelinie nicht mehr möglich gewesen. Alleinverantwortlich für den Unfall sei der Kläger, weil er bei Rot gefahren sei. LG und OLG haben die Haftung zu je 50 Prozent verteilt. Beide Instanzen sind von einem Rotlichtverstoß des Klägers ausgegangen. Die hälftige Mithaftung des Beklagten wurde damit begründet, dass die Betriebsgefahr des Transporters durch einen schuldhaften Lichtzeichen-Verstoß des Beklagten erheblich erhöht gewesen sei. Wegen der gelb blinkenden "Vorampel" könne er sich nicht darauf berufen, er habe an der "Hauptampel" nicht mehr rechtzeitig anhalten können. Das sah der BGH nicht so. Er entschied vielmehr, dass die blinkende "Vorampel" nur eine Warn- und keine Regelungsfunktion habe. Damit war der Vorwurf des OLG, der Beklagte habe gegen das Gebot verstoßen, bei Gelb vor Rot anzuhalten, nicht mehr tragfähig (BGH, VI ZR 228/03).

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Fiktive Reparaturkosten: Nachweis einer "Billigwerkstatt" schließt fiktive Gutachtensabrechnung nicht aus

Einem Unfall-Geschädigten ist es auch dann nicht verwehrt, seinen Fahrzeugschaden auf der Grundlage des von ihm eingeholten Gutachtens fiktiv abzurechnen, wenn der Schädiger bzw. Versicherer kostengünstigere Reparaturmöglichkeiten in nicht markengebundenen bzw. fremdmarkengebundenen Fachwerkstätten nachweist.

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht (AG) Aachen im Fall eines Autofahrers, der nach einem Unfall seinen Fahrzeugschaden durch einen Sachverständigen seiner Wahl schätzen ließ. Sodann rechnete er auf Gutachtenbasis (fiktiv) ab. Der Versicherer, dessen Einstandspflicht dem Grunde nach unstreitig war, nahm eine Reihe von Kürzungen vor, u.a. bei den Lohnkosten für Karosserie- und Lackierarbeiten. Er berief sich auf ein "Gegengutachten", in dem kostengünstigere Reparaturmöglichkeiten in freien Werkstätten ausgewiesen waren.

Das AG sprach dem Autofahrer sämtliche strittigen Positionen zu. Bei den Lohnkosten (Stundenverrechnungssätze) legte das AG die Ansätze im Sachverständigengutachten des Autofahrers zu Grunde. Zur Begründung führte es aus, dass einem Geschädigten der Reparaturschaden auf der Basis der (höheren) Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt auch zu ersetzen sei, wenn der Schädiger konkret kostengünstigere Reparaturmöglichkeiten in freien bzw. fremdmarkengebundenen Fachwerkstätten nachweise. Dem Geschädigten könne nicht das Risiko auferlegt werden, dass die alternative Werkstatt genauso kompetent sei wie eine Markenfirma. Zudem würde außer Betracht bleiben, dass der Schädiger unabhängig von den Dispositionen des Geschädigten zur vollständigen Schadensbehebung verpflichtet sei.

Hinweis: Der Versicherer kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) den fiktiv abrechnenden Geschädigten auf eine diesem mühelos zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen (BGH, VI ZR 398/02). Ob auch eine nicht markengebundene ("freie") Werkstatt als gleichwertige Alternative in Frage kommen kann, hat der BGH bisher nicht entschieden. Wenn überhaupt, ist das nur in engen Grenzen zu bejahen, wobei auch Gesichtspunkte der Garantie und Gewährleistung eine wichtige Rolle spielen, ebenso die Frage einer eventuell höheren Wertminderung. Jedenfalls müssen die Tatsachen, die a) die Gleichwertigkeit und b) die "mühelose" Zugänglichkeit der Alternativwerkstatt begründen, vom Schädiger/Versicherer dargelegt und notfalls bewiesen werden (BGH, a.a.O.); (AG Aachen, 5 C 81/05).

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Linksabbieger: Bei Unfall mit überholendem Fahrzeug spricht erster Anschein gegen den Abbiegenden

Kommt es in unmittelbarem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Linksabbiege-Vorgang zu einer Kollision mit einem links überholenden Fahrzeug, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Sorgfaltspflichtverletzung des Linksabbiegers.

Mit dieser Begründung sprach das Kammergericht (KG) einem Autofahrer Schadenersatz zu. Dieser hatte einen vor ihm fahrenden Pkw überholt, als jener plötzlich nach links abbog. Bei dem Zusammenstoß hatte es erheblichen Blechschaden gegeben. Das KG verwies darauf, dass der erste Verschuldensanschein gegen den Linksabbieger spreche. Es müsse davon ausgegangen werden, dass er die besonderen Sorgfaltspflichten nicht beachtet habe. Er hätte nicht nur rechtzeitig den linken Fahrtrichtungsanzeiger setzen müssen. Er hätte sich vielmehr zusätzlich auch möglichst weit nach links zur Straßenmitte einordnen müssen. Schließlich wäre es erforderlich gewesen, vor dem Einordnen einmal und vor dem Abbiegen ein weiteres Mal auf nachfolgenden Verkehr zu achten. Wäre der Linksabbieger diesen Verpflichtungen nachgekommen, wäre es voraussichtlich nicht zu dem Zusammenstoß gekommen (KG, 12 U 21/04).

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Führerscheinentzug: Ausländische Fahrerlaubnis ist wegen Europarecht in Deutschland gültig

Eine nach der Entziehung der deutschen Fahrerlaubnis in Tschechien erteilte Fahrerlaubnis ist auf Grund europarechtlicher Vorschriften in Deutschland wirksam.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in einem Eilverfahren. Dem Antragsteller war 2001 die ihm auf Probe erteilte Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt entzogen worden. Nach der Teilnahme an einem Aufbauseminar erteilte die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis erneut. 2004 beging der Antragsteller eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 29 km/h. Die medizinisch-psychologische Begutachtung kam zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet sei. Er verzichtete deshalb auf seine Fahrerlaubnis. 2005 wurde ihm sodann eine tschechische Fahrerlaubnis ausgestellt. Nachdem die deutsche Fahrerlaubnisbehörde dies erfahren hatte, entzog sie dem Antragsteller die tschechische Fahrerlaubnis.

Das OVG stellte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen diese Fahrerlaubnisentziehung her. Nach europäischem und deutschem Recht seien ausländische Fahrerlaubnisse im Inland grundsätzlich anzuerkennen. Zwar sehe die deutsche Fahrerlaubnisverordnung eine Ausnahme von dieser Anerkennungspflicht vor. Dies betreffe aber nur Fälle, in denen die Fahrerlaubnis im Inland von einem Gericht oder von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden sei oder der Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis - wie der Antragsteller - im Inland auf seine Fahrerlaubnis verzichtet habe, um einer Entziehung zuvorzukommen. Jedoch widerspreche diese Regelung der EU-Führerscheinrichtlinie, wie sie der Europäische Gerichtshof ausgelegt habe. Danach könne einer ausländischen Fahrerlaubnis die Anerkennung ausnahmsweise nur versagt werden, wenn

  • die deutsche Fahrerlaubnis zuvor von einem Strafgericht entzogen worden sei,
  • die Fahrerlaubnisbehörde vor Ablauf einer bestimmten Sperrfrist keine neue Fahrerlaubnis erteilen dürfe und
  • diese Frist noch nicht abgelaufen sei.

Diese Voraussetzungen lägen bei der behördlichen Entziehung der Fahrerlaubnis oder dem Verzicht auf die Fahrerlaubnis nicht vor (OVG Rheinland-Pfalz, 7 B 11021/05.OVG).

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Abschließende Hinweise


Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2005 beträgt 1,17 Prozent.
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 6,17 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 3,67 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 9,17 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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