Monatsinfo Juni 2005

Internetrecht:

  • Freispruch im Hyperlink-Prozess
  • Domainrecht: Kollision von Allgemeinbegriff und geschütztem Kennzeichen

Arbeitsrecht:

Baurecht:

Familien- und Erbrecht:

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG):

Verbraucherrecht:

Verkehrsrecht:

Abschließende Hinweise:

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Arbeitsrecht


Zeugnis: Diese Inhalte müssen das einfache und das qualifizierte Zeugnis haben

Einer der Hauptstreitpunkte im Arbeitsrecht ist die Frage der Zeugniserteilung. Der folgende Beitrag erläutert, welche Ansprüche der Arbeitnehmer hat, wie das Zeugnis aussehen muss und welche Formulierungen gewählt werden müssen.

Der Anspruch auf Erteilung eines Abschlusszeugnisses
Anspruchsgrundlage für die Erteilung eines schriftlichen Zeugnisses in deutscher Sprache ist seit dem 1.1.03 für alle Arbeitnehmer § 109 GewO. Diese Vorschrift hat § 630 BGB als Anspruchsgrundlage für die Zeugniserteilung abgelöst, der hingegen weiterhin für den Zeugniserteilungsanspruch in freien Dienstverhältnissen seine Bedeutung hat. Nach § 8 BBiG können Auszubildende vom Ausbilder ein Zeugnis verlangen. Nach § 84 Abs. 2 HGB steht ein Zeugniserteilungsanspruch auch freien Handelsvertretern zu. In jedem Fall kann auch der angestellte Geschäftsführer ein Zeugnis verlangen, sofern er nicht gleichzeitig Gesellschafter ist.

Der Zeugniserteilungsanspruch des Arbeitnehmers richtet sich gegen den Arbeitgeber als Aussteller und kann von diesem auf den jeweiligen Fachvorgesetzten des Arbeitnehmers delegiert werden. Der Anspruch entsteht spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist im Rahmen eines gekündigten Arbeitsverhältnisses. Das gilt auch für den Fall, dass gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben wurde.

Der Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses
Vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann bei Vorliegen eines triftigen Grunds ein Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses bestehen. Ein triftiger Grund kann dabei der Wechsel des Arbeitgebers, des Vorgesetzten, bei erheblicher Veränderung der Tätigkeit oder Ruhen des Arbeitsverhältnisses wegen Wehrdiensts, Elternzeit o.Ä. gegeben sein. Die Grundsätze der Zeugniserteilung hinsichtlich Form und Inhalt gelten auch für das Zwischenzeugnis.

Die Verjährung und Verwirkung des Anspruchs auf Zeugniserteilung
Der Zeugniserteilungsanspruch unterliegt der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren, kann hingegen bereits vorher verwirken. Er ist daher angemessene Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen. Gleiches gilt für den Anspruch auf Berichtigung eines erteilten Zeugnisses. Wenn der Arbeitgeber ein qualifiziertes Zeugnis erteilt hat, kann er davon ausgehen, dass Einwendungen gegen den Wortlaut des Zeugnisses alsbald nach Erteilung bzw. Erhalt des Zeugnisses durch den Arbeitnehmer geltend gemacht werden. Zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer 15 Monate abwartet, um einen Anspruch auf Berichtigung des Zeugnisses geltend zu machen, führt dies regelmäßig zur Verwirkung des Anspruchs auf Abänderung des Zeugnisses. Regelmäßig wird ein Anspruch auf Berichtigung des Zeugnisses nach einem Zeitraum von 10 Monaten oder mehr als verwirkt anzusehen sein. Im Bereich von Arbeitsverhältnissen, die dem Anwendungsbereich von Tarifverträgen unterliegen, sind darüber hinaus hinsichtlich der Ansprüche auf Zeugniserteilung bzw. -berichtigung die tarifvertraglichen Ausschluss- bzw. Verfallfristen zu beachten.

Die Form des Zeugnisses
Das Zeugnis ist frei von Rechtschreibfehlern schriftlich zu erteilen und auf Firmenpapier zu verfassen, sofern die Verwendung des Firmenpapiers üblich ist. Darüber hinaus ist es mit Ausstellungsdatum zu versehen und persönlich vom Aussteller zu unterzeichnen. Die Unterzeichnung hat mit einem dokumentenechten Stift zu erfolgen. Nach § 109 Abs. 3 GewO ist die Ausstellung in elektronischer Form nicht zulässig. Es besteht kein Anspruch auf Erteilung eines ungeknickten Zeugnisses, wenn das Originalzeugnis kopierfähig ist und Knicke sich nicht auf den Kopien abzeichnen.

Der Inhalt des Zeugnisses
Das so genannte "einfache" Arbeitszeugnis erstreckt sich nur auf Art und Dauer der Beschäftigung. Aus ihm müssen die Person des Arbeitnehmers mit Namen, Vornamen, Beruf und akademischem Grad hervorgehen, ebenso die Anschrift und das Geburtsdatum. Die Art der Beschäftigung ist genau und vollständig zu beschreiben. Die Dauer des Arbeitsverhältnisses ist anzugeben, wobei kürzere Unterbrechungen wegen Urlaub und Krankheit außer Betracht zu bleiben haben. Der Beendigungsgrund ist nur auf Verlangen anzugeben.

Das qualifizierte Arbeitszeugnis erstreckt sich neben Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses auch auf Führung (Verhalten) und Leistung des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Es muss daher neben den o.g. Angaben des einfachen Arbeitszeugnisses auch Tatsachen zur Beurteilung der Leistung und des Verhaltens enthalten.

Die Wortwahl hinsichtlich der Formulierung der Bewertungskriterien steht grundsätzlich im Ermessen des Arbeitgebers, es ist hingegen der Verkehrssitte Rechnung zu tragen, die mit bestimmten Formulierungen bestimmte Bewertungen verbindet (siehe die folgenden Checklisten). Typischerweise werden Arbeitszeugnisse mit einer Schlussformel versehen (z.B. Dank für die Zusammenarbeit und gute Wünsche für die berufliche Zukunft). Der ArbG ist jedoch nicht verpflichtet, das Zeugnis mit einer solchen Formel abzuschließen.

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Zeugnis: Die Notenskalen im Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse verwenden üblicherweise bestimmte Standardformulierungen. Die wichtigsten sind nachfolgend aufgezeigt:

  • Die Beurteilung der Leistung
    Hinsichtlich der Beurteilung der Leistung geht die Praxis heutzutage im Wesentlichen von einer fünfstufigen Notenskala aus, die wie folgt aufgebaut ist:

    • "stets (jederzeit, immer) zu unserer vollsten Zufriedenheit" = sehr gute Leistung;
    • "stets zu unserer vollen Zufriedenheit" = gute Leistung;
    • "stets zu unserer Zufriedenheit" oder "zu unserer vollen Zufriedenheit" = befriedigende bzw. gute durchschnittliche Leistung;
    • "zu unserer Zufriedenheit" = unterdurchschnittliche, aber ausreichende Leistung;
    • "insgesamt (im Großen und Ganzen) zu unserer Zufriedenheit" = mangelhafte Leistung;
    • "der Arbeitnehmer hat sich bemüht" = unzureichende bzw. ungenügende Leistung.
  • Die Beurteilung der Arbeitsweise
    Arbeitserfolg und Arbeitsweise werden im Allgemeinen dahingehend formuliert, dass eine "Erledigung der Aufgaben mit äußerster Sorgfalt und großer Genauigkeit" sehr gut, "mit großer Sorgfalt und Genauigkeit" gut und das Weglassen des "groß" als befriedigend anzusehen ist. Formulierungen unterhalb dieser Normen sind als ausreichend bis mangelhaft anzusehen.

  • Die Beurteilung des Verhaltens
    Auch die Bewertung des Verhaltens eines Arbeitnehmers gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern und Dritten wird heute im Wesentlichen standardisiert vorgenommen. Es haben sich folgende Formulierungen herausgebildet:

    • "sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern war stets
    • einwandfrei/vorbildlich" = sehr gut
    • ohne stets = gut
    • "sein Verhalten war gut" = befriedigend
    • "stets befriedigend" = ausreichend
  • Die Bewertung des Verhaltens hat sich dabei nicht auf ein sozialethisches Verhalten, sondern auf das Sozialverhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Dritten, sowie die Verantwortungsbereitschaft, die Beachtung der betrieblichen Ordnung und das Führungsverhalten gegenüber den unterstellten Mitarbeitern zu beziehen.

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Zeugnis: Aufbau des Zeugnisses

Auch der Aufbau eines Arbeitszeugnisses folgt festgelegten Regeln. Dabei ist üblicherweise folgende Reihenfolge einzuhalten:

  1. Firmenbogen (Briefkopf/Angaben zum Arbeitgeber),
  2. Überschrift (Schluss- oder Zwischenzeugnis),
  3. Eingangsformel (Personalien des Arbeitnehmers),
  4. Dauer des Arbeitsverhältnisses (Vordienst- oder Ausbildungszeiten/ggf. Dauer von Unterbrechungen),
  5. Aufgabenbeschreibung (Unternehmensbereich/Branche/Aufgabengebiet/Art der Tätigkeit/Berufsbild und berufliche Entwicklung),
  6. Leistungsbeurteilung (Arbeitsbefähigung/Arbeitsbereitschaft/Erfolg bzw. Erwartungen des Arbeitgebers; herausragende Erfolge oder Ergebnisse, Zusammenfassung),
  7. Führungsleistung (bei Vorgesetzten),
  8. Verhaltensbeurteilung,
  9. Beendigungsmodalitäten (Schlusszeugnis)/Zeugnisvergabegrund (Zwischenzeugnis),
  10. Schlussformel,
  11. Aussteller (Ort, Datum, Unterschrift).

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Übertarifliche Zulagen: Wann ist ein Widerruf im Formulararbeitsvertrag wirksam vorbehalten?

Die Vertragsklausel in einem Formulararbeitsvertrag, nach der dem Arbeitgeber das Recht zustehen soll, "übertarifliche Lohnbestandteile jederzeit unbeschränkt zu widerrufen", ist unwirksam.

So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitnehmers, der nach dem Arbeitsvertrag Anspruch auf eine außertarifliche Zulage und Fahrtkostenersatz hatte. In dem Vertrag heißt es, die Firma habe das Recht, "diese übertariflichen Lohnbestandteile jederzeit unbeschränkt zu widerrufen". Als der Arbeitnehmer unter Bezugnahme auf diesen Widerrufsvorbehalt die genannten übertariflichen Leistungen widerrief, zog der Arbeitnehmer vor Gericht. Hier wollte er den Widerruf für unwirksam erklären lassen.

Das BAG gab dem Arbeitnehmer Recht. Zwar seien die vorliegenden Vergütungsbestandteile, die als übertarifliche Leistungen mit Rechtsanspruch (nicht bloß freiwillige Leistungen i.e.S.) zu bewerten seien, grundsätzlich widerruflich. Der Widerruf sei nur unwirksam, wenn er für den anderen Teil unzumutbar sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da durch den Widerruf der Tariflohn nicht unterschritten werde und der Schutz gegenüber Änderungskündigungen nicht umgangen werde. Die Grenze sei erst erreicht, wenn der widerrufliche Anteil am Gesamtverdienst unter 25 bis 30 v.H. liege. Der Widerrufsvorbehalt scheitere nach Auffassung des BAG jedoch daran, dass die Vertragsregelung der Parteien den formellen Anforderungen nicht genüge. Die Bestimmung müsse klar und verständlich sein. Die Bestimmung müsse die Angemessenheit und Zumutbarkeit erkennen lassen. Es müsse sich entsprechend aus der Regelung selbst ergeben, dass der Widerruf nicht ohne Grund erfolgen dürfe. Voraussetzungen und Umfang der vorbehaltenen Änderungen müssten möglichst konkretisiert werden. Die widerrufene Leistung müsse nach Art und Höhe eindeutig sein, damit der Arbeitnehmer erkennen könne, was ggf. "auf ihn zukomme". Bei den Widerrufsgründen müsse zumindest die Richtung angegeben werden, aus der der Widerruf möglich sein soll (wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers). Da vorliegend der Arbeitsvertrag keine Widerrufsgründe nenne, sondern der Arbeitgeber das Recht haben solle, die übertariflichen Leistungen "jederzeit unbeschränkt" zu widerrufen, sei die Vertragsklausel unwirksam (BAG, 5 AZR 364/04).

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Behinderung: Spezialrampe für Elektrorollstuhl ist beihilfefähig

Ein Beamter kann für eine Spezialrampe, die für den Transport eines Elektrorollstuhls notwendig ist, Beihilfeleistungen des Landes Rheinland-Pfalz erhalten.

So entschied das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt im Fall eines Beamten, der für seinen 16-jährigen, an einer Muskelerkrankung leidenden Sohn eine ärztlich verordnete Spezialrampe zu einem Preis von 761,00 EUR angeschafft hatte. Diese diente vor allem dazu, den ca. 120 kg schweren Elektrorollstuhl ins Auto zu verladen, weil Schienen zum Auffahren hierzu wegen der Kippgefahr nicht geeignet waren. Auch die Überwindung größerer Treppen war nur mit Hilfe der Rampe möglich.

Das Land hatte die Gewährung von Beihilfeleistungen mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um einen Gegenstand der allgemeinen Lebenshaltung handele; ein solcher sei nicht beihilfefähig. Das VG sah dies anders: Die Rampe sei ein beihilfefähiges Hilfsmittel, und zwar ein Zusatzgerät zum bereits vorhandenen und beihilferechtlich erstatteten Elektrorollstuhl. Der 120 kg schwere Rollstuhl könne nur mit Hilfe der Rampe überhaupt in ein Auto verladen werden. Erst dieses Zusatzgerät ermögliche deshalb dem Jugendlichen einen seinem Alter entsprechenden erweiterten Aktionsradius außerhalb des häuslichen Bereichs und damit auch eine Teilnahme zum Beispiel an Ausflugsfahrten der Familie (VG Neustadt, 6 K 1554/04.NW).

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Baurecht


Hauskauf: Arglistige Täuschung beim Kauf eines Wohnhauses

Täuscht der Verkäufer eines Wohnhauses den Käufer über das Vorhandensein einer Fußbodenheizung, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten und Schadenersatz verlangen.

Mit dieser Begründung gab das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe einer Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrags statt. Geklagt hatte der Käufer eines Wohnhauses, das aus einem Haupthaus und einem Nebenhaus mit zwei Räumen bestand. Beide Häuser waren ursprünglich mit einer Fußbodenheizung ausgestattet. Die Fußbodenheizung des Nebenhauses war einige Jahre zuvor wegen Undichtigkeit ausgefallen. Darauf ließ der Verkäufer die Heizungsrohre kappen und eine Radiatorenheizung einbauen. Wegen der fehlenden Fußbodenheizung im Nebenhaus und weiterer behaupteter Mängel verlangte der Käufer wegen arglistiger Täuschung die Rückabwicklung des Kaufvertrags und Schadenersatz. Der Verkäufer bestritt die Mängel. Er wies zudem auf deren Erkennbarkeit hin und erklärte, dass er den Käufer auf das Nichtfunktionieren der Fußbodenheizung im Nebenhaus hingewiesen hätte.

Das OLG führte aus, dass der Verkäufer dem Käufer vor Abschluss des notariellen Kaufvertrags arglistig vorgespiegelt habe, im Nebenhaus befinde sich - neben der Radiatorenheizung - eine funktionierende Fußbodenheizung. Der Anspruch des Käufers geht insbesondere auf Rückzahlung des Kaufpreises und Ersatz von Folgekosten Zug-um-Zug gegen Rückübertragung des Grundstücks unter Abzug einer monatlichen Nutzungsentschädigung. Der OLG stützt seine Überzeugung auf eine umfassende Würdigung des Parteivortrags, der Angaben des informatorisch gehörten Verkäufers, der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme und die von den Parteien vorgelegten Urkunden. Der Nachweis, dass die fehlende Fußbodenheizung dem Käufer bekannt oder die arglistige Vorspiegelung für den Kaufentschluss ohne jede Bedeutung war, sei dem Verkäufer nicht gelungen (OLG Karlsruhe, 10 U 37/04).

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VOB/B: Sicherheitsaustausch nach § 17 VOB/B

Macht der Auftragnehmer von seinem Recht nach § 17 Nr. 3 VOB/B Gebrauch und stellt er seinem Auftraggeber für einen Bareinbehalt eine Austauschsicherheit (z.B. Gewährleistungsbürgschaft), muss der Auftraggeber die einbehaltene Barsicherheit unverzüglich an ihn auszahlen. Es kommt dabei nicht darauf an, wann der Auftragnehmer das Wahlrecht ausübt, sondern nur dass der Sicherungsfall noch nicht eingetreten war.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig einem Auftraggeber ins Stammbuch geschrieben, der weder die Barsicherheit noch die Gewährleistungsbürgschaft auszahlen wollte. Sein Argument: Nach der Schlussrechnungsprüfung habe sich herausgestellt, dass auf Grund von Gegenrechten kein Vergütungsanspruch mehr bestünde. Das OLG stellte dazu klar, dass eine Aufrechnung mit Gegenforderungen nur in Frage komme, wenn der Sicherungsfall bereits eingetreten sei. Das sei im konkreten Fall nicht so gewesen. Aber selbst wenn der Sicherungsfall eingetreten sei, müsse der Auftraggeber das Austauschbegehren akzeptieren. Er dürfe seine Ansprüche nämlich nur in Höhe der vereinbarten Sicherheit wahren und nicht doppelt (OLG Schleswig, 9 U 43/04).

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Werkvertragsrecht: Sicherheit nach § 648a BGB und Kosten der Ersatzvornahme

Verlangt der Auftragnehmer von seinem Auftraggeber nach der Abnahme des Werks vergeblich eine Sicherheit gemäß § 648a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), kann er die Mängelbeseitigung verweigern und kommt trotzdem nicht in Verzug. Lässt der Auftraggeber danach die Mängel im Wege der Ersatzvornahme beseitigen, ist er nicht berechtigt, beim Auftragnehmer die Ersatzvornahmekosten durch Aufrechnung mit dessen Werklohn geltend zu machen.

Wichtig: Wird dem Auftraggeber noch eine Nachfrist gesetzt, bis zu der er die Sicherheit beibringen muss, und lässt er diese Frist verstreichen, kann der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung endgültig verweigern. In diesem Fall erhält er jedoch nur eine um die Mängelbeseitigungskosten geminderte Vergütung (OLG Düsseldorf, 22 U 108/03).

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Familien- und Erbrecht


Aktuelle Gesetzgebung: Neue Regelbeträge für den Kindesunterhalt

Die Vierte Verordnung zur Änderung der Regelbetrag-Verordnung wurde im Bundesgesetzblatt verkündet. Die neuen Regelbeträge gelten ab dem 1. Juli 2005.

Die Regelbeträge sind ein wichtiger Maßstab für die Unterhaltsverpflichtung von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern, mit denen sie nicht in einem Haushalt zusammenleben. Die Regelbeträge sind nicht mit den tatsächlich geschuldeten Unterhaltsbeträgen identisch, liegen aber der Düsseldorfer und der Berliner Tabelle zu Grunde. Sie sind deshalb in der Praxis ein wichtiger Anhaltspunkt für die Höhe des Kindesunterhalts. Die Regelbeträge sind außerdem Grundlage für die Fortschreibung dynamischer Unterhaltstitel und die Höhe des Unterhaltsvorschusses nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Das Bundesministerium der Justiz passt die Regelbeträge entsprechend der Entwicklung des durchschnittlich verfügbaren Arbeitsentgelts alle zwei Jahre an (§ 1612a BGB).

Ab dem 1. Juli 2005 gelten folgende Beträge:

  Alte Bundesländer Neue Bundesländer
1. Altersstufe
(bis zur Vollendung des 6. Lebensjahrs)
204 € (bisher 199 €) 188 € (bisher 183 €)
2. Altersstufe
(vom 7. bis zur Vollendung des 12. Lebensjahrs)
247 € (bisher 241 €) 228 € (bisher 222 €)
3. Altersstufe
(ab dem 13. Lebensjahr)
291 € (bisher 284 €) 269 € (bisher 262 €)

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Kindesunterhalt: Erwerbstätigkeit von mehr als 200 Stunden im Monat ist unzumutbar

Im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern kann von einem Unterhaltsschuldner auch unter Berücksichtigung einer im Einzelfall zumutbaren Nebentätigkeit keine Erwerbstätigkeit von mehr als 200 Stunden im Monat verlangt werden.

Aus diesem Grund wies das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg die Klage einer Kindesmutter zurück, die für die beiden gemeinsamen Kinder eine höhere monatliche Unterhaltszahlung erstreiten wollte. Sie war der Ansicht, der Kindesvater könne durch Aufnahme kleinerer Nebenbeschäftigungen neben den bereits unterhaltsrechtlich berücksichtigten 200 Arbeitsstunden pro Monat einen weiteren Verdienst erzielen.

Das OLG sah dies jedoch nicht so. Mehr als 200 Arbeitsstunden im Monat könnten dem Kindesvater nicht abverlangt werden. Damit werde nicht nur eine übertarifliche Regelarbeitszeit von 42,5 Stunden wöchentlich (182,75 Stunden monatlich) eingefordert, sondern es würden ihm auch noch 17,25 Überstunden zugemutet. Soweit von einem Unterhaltsverpflichteten ein Nebenerwerb verlangt werde, müsse am Maßstab der Verhältnismäßigkeit geprüft werden, ob die zeitlichen und physischen Belastungen durch die ausgeübte und die zusätzliche Arbeit unter Berücksichtigung der Arbeitsschutzbestimmungen abverlangt werden könnten. Diese Grenzen seien erreicht, wenn 200 Stunden pro Monat abverlangt würden. Nach dem Arbeitszeitgesetz sei das Maß der zeitlichen Belastung der Arbeitskraft normiert. Über die hier festgelegte Zeit hinaus dürfe ein Arbeitnehmer zur Sicherung seiner Gesundheit nicht zur Arbeit herangezogen werden. Dem Arbeitnehmer dürften daher täglich nicht mehr als acht Stunden zugemutet werden. Diese Arbeitszeit könne nur auf zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Monaten oder innerhalb von 24 Wochen ein Durchschnitt von acht Stunden täglich nicht überschritten werde. Hinzu komme, dass nach einer europarechtlichen Richtlinie vorgegeben werde, dass die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreiten dürfe. Wenn vom Unterhaltsverpflichteten 46,5 Wochenarbeitsstunden (200 : 4,3) abverlangt würden, liege er damit gerade noch im Grenzbereich des Zumutbaren. Darüber hinausgehende Arbeitszeiten würden den gesetzlich vorgesehenen Rahmen überschreiten (OLG Bamberg, 2 UF 273/04).

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Vergleich: Ehegattentestament und Erbvertrag

Bei einer letztwilligen Verfügung gibt es verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten. Dabei sind Unterschiede und rechtliche Konsequenzen der verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Die folgende Übersicht zeigt die Unterschiede zwischen einem Ehegattentestament und einem Erbvertrag auf. Es empfiehlt sich jedoch in jedem Fall eine eingehende Beratung.

  Ehegattentestament Erbvertrag
mögliche Formen privatwirtschaftlich
notariell
nur notariell
mögliche Partner Ehepaare und Lebenspartner zwischen Personen beliebigen Alters und beliebigen Geschlechts möglich
rechtliche Einordnung einseitige Willenserklärung, aber in der Regel Wechselbezüglichkeit der Verfügungen Vertrag
Wirksamwerden in der Regel mit dem Tod des Partners sofort
einseitige Lösung (Widerruf)    
• zu Lebzeiten des/der Partner(s) einseitige notarielle Erklärung, die dem anderen Partner zu dessen Lebzeiten zugehen muss Grundsätzlich nicht möglich. Ausnahmen: entsprechender Vorbehalt, Verfehlung des Bedachten, Aufhebung der Gegenverpflichtung
• nach dem Tod eines Partners nicht möglich, es sei denn durch entsprechende Klausel
Hinterlegung beim AG
  • das privatrechtliche gemeinschaftliche Testament muss nicht hinterlegt werden
  • das notarielle gemeinschaftliche Testament muss hinterlegt werden
Hinterlegung beim AG kann ausgeschlossen werden
Legitimation nach dem Tod/Grundbuchumschreibung/ Änderung der Eintragung im Handelsregister
  • beim privatrechtlichen Testament durch Erbschein
  • beim notariellen Testament genügt in der Regel die Vorlage des Testaments und der Eröffnungsniederschrift
in der Regel Vorlage des Erbvertrags und Eröffnungsniederschrift, anders bei Pflichtteilsstrafklausel im Erbvertrag
Aber: In der Regel ist ein Erbschein oftmals zur Verfügung über andere Vermögenswerte erforderlich (z.B. bei der Bank).

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Erbschaftsteuer: Erweiterte Meldepflicht der Banken im Todesfall

Die aktuelle Diskussion um die Einschränkung des Bankgeheimnisses verdeckt, dass es diesen Schutz im Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) schon lange nicht mehr gibt. Denn Kreditinstitute und Versicherungen erfüllen gegenüber dem Erbschaftsteuerfinanzamt umfangreiche Anzeigepflichten. Hiernach müssen alle inländischen Kreditinstitute sämtliche Vermögensgegenstände des Erblassers am Todestag dem Finanzamt melden. Diese Offenlegung gilt sogar jenseits der Grenze, was nachfolgend erläutert wird.

Alle Bankverbindungen werden transparent
Im Todesfall müssen inländische Banken und andere Geldinstitute dem Finanzamt nach Bekanntwerden des Todes eines Kunden unaufgefordert den Stand der Konten und des Wertpapierdepots vom Todestag mitteilen. Nur bei Beträgen unter 1.200 EUR kann die Meldung unterbleiben.

Diese Meldungen müssen auch inländische Kreditinstitute bezüglich ihrer ausländischen Zweigniederlassungen vornehmen. Die Anzeigepflicht verstößt nicht gegen die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten. Betroffen hiervon sind auch unselbstständige ausländische Zweigniederlassungen, die weiterhin unter der Oberleitung der deutschen Hauptniederlassung stehen. Somit müssen inländische Banken dem zuständigen Finanzamt auch die Vermögensstände ihrer Töchter jenseits der Grenze melden.

Hinweis: Diese bislang eher unbeachtete oder sogar unbekannte Pflicht wird einige Auslandsdepots enttarnen, deren Besitzer sich eigentlich hinsichtlich der Anonymität sicher waren. Denn auf Grund dieser Vorschrift werden einige Niederlassungen ihre Meldepflicht nachholen.

Erweiterte Anzeigepflicht
Die erweiterte Anzeigepflicht besteht, wenn

  • eine inländische Bank für den Erblasser Geldgeschäfte abgewickelt hat, wobei die Konten und Depots bei einer rechtlich unselbstständigen ausländischen Niederlassung geführt werden, oder

  • eine ausländische Bank über eine rechtlich unselbstständige inländische Niederlassung Geschäfte abgewickelt hat, wobei die Konten und Depots bei der ausländischen Bank geführt werden.

In beiden Fällen sind die Voraussetzungen für eine Anzeigepflicht des Kreditinstituts erfüllt. Folge: Sowohl die inländische als auch die ausländische Bank müssen im Erbfall das Vermögen anzeigen. Unerheblich ist, wo es gegenständlich oder auch nur buchtechnisch verwahrt wird. Entscheidend ist allein, dass das Kreditinstitut Zugriff auf das verwahrte Vermögen hat.

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Erbrecht: Der Widerruf des Widerrufs eines Testaments

Durch den Widerruf eines Testaments lebt ein früheres Testament nicht unbedingt wieder auf.

Hierauf wies das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) in folgendem Fall hin: Der verwitwete Erblasser hatte am 31.1. in einem handschriftlichen Testament seine Haushälterin als Alleinerbin eingesetzt. Mit notariellem Testament vom 14.2. setzte er sie erneut als Alleinerbin und ihre Abkömmlinge als Ersatzerben ein. Vorsorglich hob er alle bisherigen letztwilligen Verfügungen auf. Nur eine Woche später widerrief er durch ein notarielles Widerrufstestament sein notarielles Testament vom 14.2. vollinhaltlich. Beide notariellen Testamente wurden in amtliche Verwahrung genommen. Später erstattete der Erblasser Anzeige gegen die Haushälterin ("Heiratsschwindel") und nahm die notariellen Testamente aus der amtlichen Verwahrung. Als der Erblasser verstarb, beantragte die Haushälterin einen Alleinerbschein, gestützt auf das handschriftliche Testament vom 31.1.

Ihr Antrag blieb vor dem BayObLG erfolglos. Das handschriftliche Testament vom 31.1. sei durch das notarielle Testament vom 14.2. widerrufen worden. Letzteres wiederum sei durch das notarielle Testament vom 19.2. widerrufen worden. Dies führe aber nicht dazu, dass das handschriftliche Testament vom 31.1. wieder in Kraft trete. Denn dieses und das notarielle Testament vom 14.2. seien im Wesentlichen gleich. Das handschriftliche Testament sei auch nicht durch die Rückgabe der notariellen Testamente aus der amtlichen Verwahrung wieder in Kraft getreten. Die Rücknahme gelte zwar als Widerruf. Die Vermutung, dass der Widerruf des Widerrufstestaments vom 19.2. das notarielle Testament vom 14.2. wieder in Kraft gesetzt habe, werde aber dadurch widerlegt, dass der Erblasser zugleich auch das notarielle Testament vom 14.2. zurückgenommen habe. Dessen - erneuter - Widerruf führe nicht zum Wiederaufleben des Testaments vom 31.1. Für diese Annahme spreche auch der zeitliche Zusammenhang mit der Strafanzeige gegen die Haushälterin (BayObLG, 1Z BR 60/04).

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Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)


Vermieterpfandrecht: Durchsetzung durch Austausch der Türschlösser ist unzulässig

Der Austausch von Türschlössern ist nicht durch das Vermieterpfandrecht gedeckt.

Das musste sich ein Vermieter sagen lassen, der für zwei Jahre Büroräume vermietet hatte. Nach einem Jahr teilte die Mieterin mit, dass sie ihre Geschäfte nach Berlin verlege und die Räume ab Juni nicht mehr benötige. Im Juni und Juli entfernte sie den überwiegenden Teil der Büroeinrichtung. Die Miete für August zahlte sie nicht. Der Vermieter ließ daraufhin die Türschlösser der Büroräume austauschen. In den Räumen befanden sich noch diverse Möbelstücke, ein Kühlschrank und ein Fotokopierer. Die Mieterin weigerte sich danach, die Miete für September zu bezahlen, worauf ihr der Vermieter fristlos kündigte. Mit dieser Kündigung war die Mieterin einverstanden. Sie gab jedoch erst im Januar des Folgejahres die Schlüssel des Mietobjekts an den Vermieter zurück. Der Vermieter begehrte mit seiner Klage die Miete für die Monate August und September sowie monatliche Nutzungsentschädigung für die Zeit von Oktober bis Januar wegen Vorenthaltung der Mietsache.

Das OLG hat ausgeführt, dass der Vermieter für September keinen Anspruch auf Zahlung der Miete habe, da er der Mieterin durch den Austausch der Türschlösser den Besitz der Räume entzogen habe. Der Vermieter habe sich wegen des Mietzinsrückstands vom August nicht in den Besitz der Mieträume setzen dürfen. Das Recht zum Besitz habe die Mieterin vielmehr erst bei Beendigung des Mietvertrags verloren. Der Austausch der Türschlösser sei nicht durch ein Vermieterpfandrecht gedeckt gewesen. Das OLG hat offen gelassen, ob der Vermieter berechtigt war, die eingebrachten Sachen in Besitz zu nehmen. Er habe jedenfalls das Vermieterpfandrecht nicht dadurch geltend machen dürfen, dass er die Türschlösser auswechselte und damit der Mieterin den Besitz der Räume dauerhaft entzog. Es möge zwar sein, dass ein Vermieter unter Umständen auch Gewalt anwenden dürfe, um eine Entfernung eingebrachter Sachen vom Grundstück zu verhindern, dennoch müsse er den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Deshalb müsse er sich zunächst darauf beschränken, einer Entfernung der Gegenstände zu widersprechen. Dies habe er hier nicht getan. Der Vermieter hatte auch keinen Anlass anzunehmen, dass die Mieterin sein Vermieterpfandrecht missachten würde, wenn er einer Entfernung der eingebrachten Sachen widersprechen sollte. Die Mieterin war bis Juli ihren Mietverpflichtungen aus dem Mietvertrag nachgekommen und hatte auch nicht versucht, sich aus den Mieträumen zu stehlen.

Der Vermieter habe nach Ansicht des OLG auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung. Das Mietverhältnis sei Ende September beendet gewesen. Die Mieterin habe dem Vermieter die Büroräume danach nicht vorenthalten. Der Vermieter habe sich vielmehr zuvor schon selbst den unmittelbaren Besitz verschafft, indem er die Türschlösser ausgetauscht habe. Damit habe ihm die Mieterin nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr den Besitz vorenthalten. Der Vermieter sei nämlich auch ohne die nicht mehr passenden Schlüssel der Mieterin nicht gehindert gewesen, die Räume anderweitig zu verwenden (OLG Karlsruhe, 10 U 199/03).

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AGB: Eine 10-jährige Bindung bei Mietverträgen über Verbrauchserfassungsgeräte ist zu lang

Mietverträge über Geräte, mit denen der Verbrauch von Heizwärme oder Warmwasser in (Miet-) Wohnungen erfasst wird, können nicht formularmäßig über eine Laufzeit von 10 Jahren abgeschlossen werden.

Eine entsprechende Allgemeine Geschäftsbedingung ist nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a.M. unwirksam. Das Gericht fällte diese Entscheidung in dem Verfahren einer Verbraucherzentrale, die die Verwendung bestimmter AGB-Klauseln untersagen lassen wollte. Beklagt war ein Unternehmen, das die Messung, Erfassung und Abrechnung von Heiz- und Warmwasserkosten durchführt. Umstritten war die Wirksamkeit einer Klausel, die für Mietverträge über Verbrauchserfassungsgeräte eine Laufzeit von 10 Jahren vorsah. Zudem hatte das Gericht eine weitere Klausel zu überprüfen, nach der sich die vereinbarte Vertragslaufzeit jeweils um denselben Zeitraum verlängerte, wenn der Vertrag nicht spätestens drei Monate vor Vertragsablauf schriftlich gekündigt wurde.

Das OLG erklärte beide Klauseln für unwirksam, weil sie den Mieter der Geräte wegen der langen Laufzeit unangemessen benachteiligten. Die Laufzeit hindere den Kunden, in absehbarer Zeit zu einem anderen, in Preis oder Service günstigeren Mitbewerber zu wechseln. Auch könnte er nicht von der Möglichkeit Gebrauch machen, auf etwaige technische Neuerungen zurückzugreifen. Aus der Unangemessenheit der vereinbarten Laufzeit ergebe sich zugleich die Unangemessenheit der Verlängerungsklausel. Auch Klauseln, die den Vermieter berechtigen, im Falle des Zahlungsverzugs die Geräte wieder an sich zu nehmen, seien nach Auffassung des OLG unwirksam (OLG Frankfurt a.M., 1 U 230/04).

Gewerberaummiete: Kosten der Fassadenreinigung umlegbar

Zwar können Nebenkosten im Gewerberaummietrecht leichter auf den Mieter umgelegt werden als in der Wohnraummiete. Völlig frei sind die Parteien dabei jedoch nicht. Immer wieder kommt es daher - vor allem bei "exotischen" Nebenkostenarten - zum Streit darüber, ob entsprechende Umlageklauseln wirksam sind. In diesem Zusammenhang ist ein Urteil des Landgerichts (LG) Frankfurt a.M. ergangen. Danach dürfen die Kosten der Fassadenreinigung bei Geschäftsraum auf den Mieter umgelegt werden (LG Frankfurt a.M., 2-11 S 242/04).

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WEG: Parabolantenne trotz Kabelanschluss?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich jüngst mit dem Anbringen von Parabolantennen bei vorhandenem Kabelanschluss im Wohnraummietrecht befasst. Dabei hat er klargestellt, dass auch in einer Eigentümergemeinschaft folgende Grundsätze gelten:

  • Selbst bei vorhandenem Kabelanschluss kann das besondere Informationsinteresse eines ausländischen Wohnungseigentümers dazu führen, dass die übrigen Eigentümer den Nachteil hinnehmen müssen, der für den optischen Gesamteindruck der Wohnanlage mit einer auf dem Balkon einer Wohnung aufgestellten Parabolantenne verbunden ist.

  • Die Eigentümer können durch Vereinbarung einschränkende Voraussetzungen bestimmen und das Anbringen von Parabolantennen auch generell verbieten. Auf Grund einer Inhaltskontrolle nach § 242 BGB können solche Vereinbarungen aber unwirksam sein, wenn es für ein Festhalten vor allem an einem generellen Verbot an berechtigtem Interesse fehlt.

  • Ein generelles Verbot von Parabolantennen ist nicht durch Mehrheitsbeschluss möglich. Dieser ist allerdings nur anfechtbar. Zur Nichtigkeit führt es aber, wenn mit dem Beschluss eine Vereinbarung abgeändert wird (BGH, V ZB 51/03).

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Verbraucherrecht


Aktuelle Gesetzgebung: Vernetzung der Strafregister nimmt Gestalt an

Das Bundesjustizministerium plant, noch in diesem Jahr einen umfassenden elektronischen Informationsaustausch zwischen dem deutschen Bundeszentralregister und den französischen, spanischen und belgischen Strafregistern über die dort gespeicherten Vorstrafen zu ermöglichen. Die Vernetzung der nationalen Strafregister soll das derzeitige papiergebundene und damit zeitaufwändige System durch einen schnellen elektronischen Informationsaustausch ersetzen. So kann das Verfahren praktisch ablaufen:

  1. Eine deutsche Strafverfolgungsbehörde benötigt eine Information über einen französischen Staatsangehörigen. Sie richtet dazu eine entsprechende Anfrage an das deutsche Zentralregister.
  2. Das deutsche Register leitet die Anfrage auf vereinbarten einheitlichen Dateiformaten elektronisch über ein europäisches Datennetz an das französische Zentralregister weiter.
  3. In dem französischen Register befinden sich grundsätzlich alle Daten zu Verurteilungen von französischen Staatsangehörigen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, also auch z. B. Verurteilungen des französischen Staatsangehörigen in Spanien und Belgien.
  4. Das französische Strafregister bearbeitet die Anfrage und leitet die Auskunft über das europäische Datennetz an das deutsche Zentralregister unmittelbar weiter.
  5. Das deutsche Register informiert die deutsche Strafverfolgungsbehörde, die angefragt hatte.

Die beiden Zentralregister fungieren somit als "Kopfstellen". Eine andere Abfrage als an die des jeweiligen Heimatstaats ist für die weit überwiegende Anzahl der Fälle nicht erforderlich. Es gibt nach diesem Modell also keinen direkten Zugriff des ausländischen Strafregisters auf ein anderes Strafregister im Wege des Online-Verfahrens. Trotzdem soll der Informationsaustausch innerhalb kurzer Zeit, erforderlichenfalls innerhalb weniger Stunden realisiert werden können.

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Formfragen: Wann liegt eine wirksame Schenkung vor?

Wird ein "Geschenk" nicht an den Beschenkten herausgegeben, kann dieser die Herausgabe nur verlangen, wenn der Schenkungsvertrag notariell beurkundet wurde.

Dies musste sich eine Frau sagen lassen, die von ihrem damaligen Freund ein Schreiben bekam, in dem es hieß: "Schenkung: Hiermit schenke ich Frau ... geboren am ... mein Auto - einen Porsche 928, Fahrzeug-Ident.-Nr. ... mit sofortiger Wirkung." Der Freund hatte diesen Brief zusammen mit dem Fahrzeugbrief und einem Schlüssel für den Porsche in ihren Briefkasten geworfen. Da das Fahrzeug reparaturbedürftig war, behielt er es noch und brachte es zur Reparatur. Die Frau unterschrieb ebenfalls das Schriftstück, zur Übergabe des Wagens kam es jedoch nicht. Nachdem die Beziehung gescheitert war, verlangte die Frau die Herausgabe des Fahrzeugs.

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe wies ihre Klage jedoch ab. Ein Herausgabeanspruch stehe ihr mangels Vereinbarung weder aus Verwahrung noch aus Leihe zu. Das Schenkungsversprechen sei formunwirksam und damit nichtig, weil die erforderliche Form der notariellen Beurkundung nicht eingehalten worden sei. Dieser Formmangel sei auch nicht durch "Bewirken der versprochenen Leistung" geheilt worden. Die Frau habe kein Eigentum an dem Porsche erlangt, da eine Übergabe des Fahrzeugs nie stattgefunden habe. Für den Übergang des Besitzes reiche es nicht aus, dass die Frau die Fahrzeugschlüssel zugesendet bekommen hatte. Die Übergabe sei auch nicht durch die Vereinbarung eines so genannten mittelbaren Besitzes erfolgt. Dazu hätte es einer näheren Absprache bedurft,

  • für welchen Zeitraum der Freund weiter im Besitz des Fahrzeugs bleiben sollte,
  • ob er das Fahrzeug noch für sich nutzen durfte oder nicht,
  • gegebenenfalls welche Arbeiten er auf wessen Kosten veranlassen sollte und
  • ob und wann das Fahrzeug voraussichtlich der Frau überstellt und endgültig überlassen werden sollte.

Darüber hätten die Parteien jedoch nicht gesprochen. Die Übergabe des Fahrzeugbriefs sei zur Verschaffung des Eigentums am Fahrzeug weder erforderlich noch ausreichend, sie könne die Übergabe des Fahrzeugs nicht ersetzen. Dass der Frau durch die Übersendung des Fahrzeugschlüssels die Möglichkeit eingeräumt worden sei, sich selbst in den Besitz des Fahrzeugs zu bringen, habe sie nicht behauptet. Nach ihren Angaben vor Gericht habe sie den genauen Standort des Fahrzeugs nämlich nicht gekannt (OLG Karlsruhe, 17 U 180/04).

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Produkthaftung: Hersteller muss bei Produktfehler Schmerzensgeld zahlen

Ein Fahrradhersteller muss einer Frau Schmerzensgeld in Höhe von 7.500 EUR zahlen, weil sie infolge eines Pedalbruchs gestürzt war und sich verletzt hatte.

Zu dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg kam es wie folgt: Die Frau hatte in einem Discountmarkt ein Citydamenrad gekauft. Bei einer Fahrt am nächsten Tag brach die rechte Pedale ab. Die Frau stürzte und zog sich einen offenen Unterschenkeltrümmerbruch und eine komplizierte Daumenfraktur zu. Sie musste mehrere Wochen ins Krankenhaus und wurde zweimal operiert.

Das OLG hielt bei diesem Tatbestand den Schmerzensgeldanspruch für gerechtfertigt. Zwar habe das Produkthaftpflichtgesetz, das anders als das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eine verschuldensunabhängige Herstellerhaftung normiere, nach der zum Unfallzeitpunkt geltenden Rechtslage noch kein Schmerzensgeld vorgesehen (geändert seit 2002). Die Haftung des Fahrradherstellers folge aber aus den allgemeinen Grundsätzen des BGB, denn bei Auftreten eines Fehlers werde ein Herstellerverschulden vermutet. Es sei Sache des Herstellers, sich zu entlasten. Tue er dies nicht, hafte er. Hier habe sich der Hersteller nicht entlastet. Er hätte die Pflicht gehabt, die ausgehenden Fahrräder zumindest stichprobenartig einer Kontrolle zu unterziehen. Dass er dies nicht getan habe, gereiche ihm zum Verschulden. Dass der Hersteller werktäglich bis zu 1000 Fahrräder produziere, sei in diesem Zusammenhang ohne Belang. Gegebenenfalls hätte sich der Hersteller entsprechende Materialprüfungszertifikate für die aus Tschechien angelieferten Teile beschaffen müssen (OLG Oldenburg, 8 U 301/04).

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Straßenname: Kein Anspruch auf Beibehaltung der bisherigen Postanschrift

Die Änderung einer Straßenbezeichnung steht im Ermessen der Gemeinde. Die betroffenen Anwohner haben jedoch einen Anspruch auf Berücksichtigung ihres Interesses an der Beibehaltung der bisherigen Anschrift.

So entschied jetzt das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz, das im vorliegenden Fall einen Ermessensfehler verneinte und die Klage abwies. Geklagt hatte der Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks. Dieses Hausgrundstück war von der Gemeinde im Zuge einer Neuordnung der Anschriften und Hausnummern nach rund 30 Jahren einer anderen Straße zugeordnet worden. Anlass für die Neuordnung war die zu enge Hausnummernvergabe durch den fortschreitenden Ausbau von Scheunen im Ortskern. Die dadurch entstandene unübersichtliche Situation sollte behoben werden, um das Auffinden der Anwesen, insbesondere auch im Notfall, zu gewährleisten.

Das OVG begründete seine Entscheidung damit, dass die auf dem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht beruhende Änderung der Straßenbezeichnung gegenüber dem Kläger nicht willkürlich sei. Maßgeblich seien die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung der Gemeinde. Zu jenem Zeitpunkt habe das klägerische Grundstück keinen Zugang und keine Zufahrt zu der Straße besessen, deren Namen ihm bisher zugeteilt gewesen sei. Seine Erschließung sei vielmehr ausschließlich über die Straße erfolgt, der es jetzt zugeordnet werde. Die mit der Änderung der Anschrift verbundenen Nachteile (Druck neuer Geschäftspapiere und Visitenkarten, Änderung der Beschriftungen auf den Waren, Mitteilung der geänderten Anschrift an Kunden, Behörden etc.) lägen noch im Rahmen des Typischen und Zumutbaren (OVG Rheinland-Pfalz, 7 A 11002/04.OVG).

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Verkehrsrecht


Aktuelle Gesetzgebung: Besserer Schutz bei Schäden im Luftverkehr

Zum Stichtag 30. April 2005 ist der Opferschutz im Luftverkehr weiter verbessert worden. Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber sind ab diesem Tag verpflichtet, für Unfälle mit Luftfahrzeugen eine Haftpflichtversicherung mit den folgenden Mindestdeckungssummen abzuschließen:

  • Haftung für Fluggäste: ca. 300.000 EUR je Fluggast,
  • Haftung für Reisegepäck: ca. 1.200 EUR je Fluggast,
  • Haftung für Güter: ca. 20,50 EUR je Kilogramm,
  • Haftung für Schäden Dritter: Staffelung nach Gewicht des Luftfahrzeugs (ca. 900.000 bis ca. 840 Mio. EUR)

Bereits seit Sommer letzten Jahres gilt im internationalen und nationalen Luftverkehr eine wesentlich verbesserte Haftung für Passagier- und Güterschäden. Am 28. Juni 2004 sind das Montrealer Übereinkommen, die EG-Verordnung Nr. 889/2002 und das Gesetz zur Harmonisierung des Haftungsrechts im Luftverkehr in Kraft getreten. Jetzt treten die EG-Verordnung Nr. 785/2004 über Versicherungsanforderungen an Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber und das Gesetz zur Anpassung luftversicherungsrechtlicher Vorschriften in Kraft. Die EG-Verordnung vereinheitlicht die Anforderungen an die Versicherung für die Haftung von Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreibern europaweit, damit die Ansprüche im Schadenfall nicht ins Leere laufen. Die Vorschriften gelten sowohl für Passagier- und Güterschäden als auch für Schäden an Personen oder Sachen, die nicht im Luftfahrzeug befördert werden.

Das Gesetz zur Anpassung luftversicherungsrechtlicher Vorschriften ergänzt die EG-Verordnung: Es schließt einzelne Deckungs- und Regelungslücken, die die Verordnung offen lässt. Außerdem werden die Höchstgrenzen für die Haftung für Drittschäden im deutschen Recht an die Mindestdeckungssummen der EG-Verordnung angepasst. Das verbessert den Opferschutz insbesondere bei Unfällen mit größeren Flugzeugen. Die Verletzung der in der EG-Verordnung vorgesehenen Versicherungspflichten kann künftig mit einem Bußgeld bis zu 50.000 EUR belegt werden. Passagierinformationen des Luftfahrt-Bundesamts finden Sie unter www.lba.de.

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Hausdurchsuchung: Wann ist Durchsuchung bei Straßenverkehrsdelikt erlaubt?

Der schwerwiegende Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung durch eine Durchsuchung muss nur hingenommen werden, wenn diese mit Blick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck Erfolg versprechend ist.

Diese wichtige Klarstellung nahm jetzt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vor. In dem betreffenden Fall wurde gegen einen Autofahrer wegen des Verdachts der Nötigung im Straßenverkehr und der Sachbeschädigung ermittelt. Der Fahrer benannte einen Zeugen für eine Alibibehauptung. In der Hauptverhandlung bekundeten der durch die Tat Geschädigte und dessen Vater, nicht der Autofahrer, sondern der Zeuge sei der Täter. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin gegen den Zeugen ein Ermittlungsverfahren ein. Das Amtsgericht ordnete ca. 16 Monate nach der Tat die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Zeugen an. Die Durchsuchung sollte dem Auffinden von Unterlagen dienen, aus denen sich die persönliche Beziehung des Zeugen zu dem betroffenen Autofahrer ergebe, sowie von Hinweisen darauf, ob der Zeuge das Fahrzeug am Tattag geführt habe. Die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde des Zeugen hatte Erfolg.

Nach Ansicht des BVerfG würde der Durchsuchungsbeschluss das Grundrecht des Zeugen auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 und 2 GG) verletzen. Zwar reiche der Verdacht einer Nötigung und einer Sachbeschädigung im Straßenverkehr generell aus, eine Wohnungsdurchsuchung zu rechtfertigen. Weder handele es sich bei diesen Delikten um Bagatellkriminalität, noch könne Art. 13 GG entnommen werden, dass allein der Verdacht schwerer Straftaten eine Durchsuchung rechtfertigen könne. Die Anordnung einer Durchsuchung sei aber unverhältnismäßig gewesen. Der schwerwiegende Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung müsse nur hingenommen werden, wenn die Durchsuchung im Blick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck Erfolg versprechend sei. Es sei unerfindlich, welche Beweisgegenstände in einer Wohnung aufzufinden sein sollten, aus denen geschlossen werden könne, dass der Wohnungsinhaber an einem bestimmten, ca. 16 Monate zurückliegenden Tag das Fahrzeug eines anderen geführt haben könne. Über ein solches Ereignis würden üblicherweise keine Aufzeichnungen geführt, noch würden andere Beweiszeichen darauf hindeuten. Selbst die enge Bekanntschaft zwischen Wohnungsinhaber und Fahrzeughalter, für die eventuell Beweisgegenstände in einer Wohnung gefunden werden könnten, weise nicht auf die Fahrzeugbenutzung an einem bestimmten Tag hin. Sollten Besonderheiten in Frage gekommen sein, hätte das Amtsgericht sie benennen müssen, um die Suche auf bestimmte Gegenstände zu konzentrieren (BVerfG, 2 BvR 1467/04).

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Ordnungswidrigkeit: Unterbrechung der Verjährung bei vorläufiger Einstellung des Verfahrens

Zur Unterbrechung der Verjährung bei einer Ordnungswidrigkeit nach § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG genügt es, wenn die vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen nach der Aktenlage angenommener Abwesenheit des Betroffenen erfolgt ist. Ein Irrtum über die tatsächliche Abwesenheit ist unschädlich. Der Irrtum muss jedoch unverschuldet sein.

Mit dieser Entscheidung gab das Oberlandesgericht (OLG) Hamm einem Autofahrer Recht, der am 25.2.2003 eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hatte. Der Bußgeldbescheid konnte zunächst nicht zugestellt werden, weil die Bußgeldbehörde versehentlich den falschen Wohnort eingetragen hatte ("59379 Selm" statt "59379 Schwerte"), obwohl ihr der richtige Wohnort bekannt war. Die Bußgeldbehörde stellte das Verfahren am 23.5.2003 zunächst vorläufig ein. Der Bescheid konnte dem Autofahrer erst am 30.6.2003 zugestellt werden. Dieser berief sich daraufhin auf Verjährung. Das Amtsgericht verurteilte ihn dennoch, seine Rechtsbeschwerde beim OLG hatte jedoch Erfolg.

Das OLG verdeutlichte, dass die Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG unterbrochen werde, wenn

  • die vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen nach der Aktenlage angenommener Abwesenheit des Betroffenen erfolgt sei und
  • ein Irrtum über die tatsächliche Abwesenheit insoweit unschädlich sei.

Voraussetzung sei aber, dass sich die Behörde tatsächlich in einem Irrtum über den Aufenthaltsort des Betroffenen befände, weil z.B. die Polizeibeamten den Wohnsitz des Betroffenen nicht richtig aufgenommen haben. Dieser Irrtum müsse zudem unverschuldet sein. Denn die Bestimmungen über die Unterbrechung seien als Ausnahmevorschrift eng auszulegen und loyal zu handhaben. Fehler der Verwaltungsbehörde könnten demnach nicht dem Betroffenen insofern zum Nachteil gereichen, als mit ihnen die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung nach § 33 OWiG herbeigeführt werden könne. Vorliegend habe, wie die Aktenlage ergibt, kein unverschuldeter Irrtum über den Wohnsitz der Betroffenen bestanden. Vielmehr sei dieser von Anfang an zutreffend bekannt und zweifelsfrei gewesen. Bei einer solchen Sachlage sei kein Raum mehr für die Annahme einer verjährungsunterbrechenden Wirkung der Einstellung (OLG Hamm, 2 Ss OWi 479/04).

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Trunkenheit: Betrunkener Radfahrer verliert seinen Führerschein und darf nicht mehr Rad fahren

Die Straßenverkehrsbehörde darf einem Radfahrer, der betrunken am Verkehr teilgenommen hat, nicht nur die Fahrerlaubnis entziehen. Sie kann ihm auch das Führen von Fahrrädern untersagen.

Das geht aus einem Beschluss des Verwaltungsgerichts (VG) Neustadt hervor. Dies hatte den Fall eines Radfahrers zu entscheiden, der mit seinem Fahrrad zu Fall gekommen war und sich verletzt hatte. Ein von der herbeigerufenen Polizei veranlasster Alkoholtest ergab einen Wert von 2,02 Promille. Die Straßenverkehrsbehörde forderte den Mann daraufhin auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Frage seiner Eignung zum Führen von Fahrzeugen - auch von Kraftfahrzeugen - vorzulegen. Dieses beim TÜV eingeholte Gutachten kam zu dem Ergebnis der Ungeeignetheit des Radfahrers. Die Behörde entzog ihm deshalb den Führerschein und untersagte ihm zugleich das Führen von Fahrrädern.

Der Mann erhob hiergegen Widerspruch und beantragte wegen des angeordneten Sofortvollzugs beim Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz. Das VG entschied, dass die Maßnahmen der Behörde nicht zu beanstanden seien. Führe jemand im Straßenverkehr ein Fahrzeug mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr, könne von ihm ein medizinisch-psychologisches Gutachten verlangt werden. Zu den Fahrzeugen in diesem Sinne gehörten nicht nur Kraftfahrzeuge, sondern auch Fahrräder. Da die Gutachter des TÜV zu dem Ergebnis gekommen seien, dass der Radfahrer weder zum Führen von Kraftfahrzeugen noch zum Führen von sonstigen Fahrzeugen geeignet sei, seien die getroffenen Entscheidungen des Entzugs der Fahrerlaubnis und des Radfahrverbots rechtmäßig (VG Neustadt, 3 L 372/05.NW).

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Abschließende Hinweise


Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 beträgt 1,21 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 6,21 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 3,71 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 9,21 Prozent

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

  • vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
  • vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
  • vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
  • vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
  • vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
  • vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
  • vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
  • vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
  • vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent

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